Zuletzt angesehen: Hus, Jan - Am Sonntage Estomihi.

Hus, Jan - Am Sonntage Estomihi.

Hus, Jan - Am Sonntage Estomihi.

Luk. 18, 31-43.

Unser Evangelium liest die Kirche am heutigen Tage ihren Kindern zum Andenken vor, dass sie sich des schrecklichen Leidens und des unschuldigen und grausamen Todes ihres lieben, gnädigen Heilandes erinnern und sich vor aller Eitelkeit bewahren, da sie wohl wissen, dass er ihretwegen litt und starb. O wehe den Faschingsnarren, die eine so große Wohltat vergessen, sich allen Eitelkeiten ergeben und so ihres liebreichen Vaters und Heilandes spotten. O, dass wir dieses heilige Evangelium uns recht zu Herzen nähmen, damit wir ja nicht in die Sünden verfallen, die eben in dieser Zeit die Menschen am meisten betören und beherrschen. Unser Heiland nahm zu sich seine Jünger, und sagte ihnen, dass er freiwillig nach Jerusalem hinaufgehe, und dass er werde verspottet, geschmäht und angespien werden. Und unsre Faschingsknechte laufen hin zur Hurerei, zum Fraß und zu allerhand närrischen Spielen und Belustigungen zu ihrer Seele Verderben. Und warum das? Weil sie das heilige Evangelium nicht verstehen, das heißt, sie hören es zwar, aber sie verstehen es nur fleischlich, und nehmen es nicht in ihrer Seele mit Dank und Liebe auf. Denn siehe, auch die Apostel, die noch fleischlich gesinnt waren, verstanden seine Rede nicht, obwohl sie so deutlich ist, dass sie jedermann verstehen kann.

Der heilige Lukas sagt: Er nahm zu sich die Zwölfe und sprach zu ihnen. Er nahm sie zu sich besonders oder insgeheim, wie der heilige Matthäus 20,17 berichtet, damit sich die übrigen schwächeren Jünger an seiner Rede nicht ärgerten. Er nahm zu sich die Zwölfe und folglich auch den Judas, ihn zu warnen vor seinem zukünftigen Verrat, die übrigen aber zu belehren, dass sie späterhin an seiner Auferstehung nicht zweifeln sollten. Dazu sagt der heilige Gregor: unser Heiland wusste wohl, dass sich seine Jünger wegen seines Leidens betrüben würden, deshalb sagte er ihnen lange vorher sowohl die Martern seines Leidens, als auch die Herrlichkeit seiner Auferstehung voraus. Und da seine Jünger, die noch fleischlich gesinnt waren, das Geheimnis seiner Rede nicht verstanden, so führte er sie noch zu einem Wunder, indem er vor ihnen einen Blinden heilte. So sollten sie, die das Geheimnis seiner Worte nicht verstanden, durch die Werke seiner göttlichen Macht im Glauben bestärkt werden. So der heilige Gregor. Hieraus ersieht man, dass der Herr sein Leiden den Jüngern zur Bestärkung ihres Glaubens voraussagte. Darum wird auch uns das Evangelium heute vorgelesen, dass wir uns vor Sünden hüten und in guten Werken uns stärken, indem wir seines heiligen Leidens gedenken.

Er sagt weiter: Wir gehen hinauf gen Jerusalem, das heißt, freiwillig und nicht wider Willen. Hierdurch gibt er uns seinen großen Gehorsam gegen den Vater, sowie seine tiefe Demut und unendliche Barmherzigkeit zu betrachten.

Und es wird alles vollendet werden, das geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn. Es war von ihm durch die Propheten geschrieben, was er tun und leiden, und welche Herrlichkeit er auch nach vollbrachter Erlösung erhalten sollte. Das alles war von Christo vorherverkündigt, denn er ist des Menschen Sohn, nämlich der Jungfrau Maria. Und er sagt, was vollendet werden sollte: denn er wird überantwortet werden den Heiden; und er wird verspottet, und geschmäht und angespien werden. Er wird überantwortet werden den Heiden, das heißt, der Vater wird ihn in den Tod geben, so wie Paulus Röm. 8,32 schreibt: Welcher auch seines eignen Sohnes nicht hat verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben. Er gab sich aber auch selbst für uns dahin, wie Paulus Eph. 5,2 sagt: Und hat sich selbst dargegeben für uns, zur Gabe und Opfer, Gott zu einem süßen Geruch. Wiederum hat ihn auch Judas dahingegeben, indem er nach Matth. 26,15 zu den Hohenpriestern und Pharisäern sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Es übergaben ihn auch die Bischöfe, Priester und Schriftgelehrten dem Pilatus zum Tode, wie dieser selbst es Jesu bezeugt Joh. 18,35: Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet: was hast du getan? Und zuletzt übergab ihn Pilatus zum Tode, wie das der Evangelist Lukas 23,25 berichtet: Und ließ Pilatus den los, der um Aufruhrs und Mords willen war ins Gefängnis geworfen, um welchen sie baten; aber Jesum übergab er ihrem Willen. Daraus ersiehst du, dass ihn der Vater wegen seiner großen Barmherzigkeit um unsrer Erlösung willen dahingab in den Tod und dass er sich auch selbst für uns zum Opfer gab; Judas überlieferte ihn aus großem Geiz und die Bischöfe und Priester aus Hass und Neid. Mit Judas halten es unsre Simonisten, Verräter und Verkäufer der göttlichen Wahrheit und mit den Bischöfen und Priestern unsre Neider und Hasser, welche alle diejenigen verfolgen und unterdrücken, so die göttliche Wahrheit verkündigen.

Das Evangelium sagt weiter: Und er wird verspottet werden. Sie verspotteten im Hause des Hohenpriesters Kaiphas seine Weisheit, indem sie ihn verdeckten, ins Angesicht schlugen und ihn nach Luk. 22,64 fragten: Weissage, wer ist es, der dich schlug? Sie verspotteten zum zweiten seine Sanftmut im Hause Herodis, als er nach ihrem Willen nichts antwortete, wie es bei Luk. 23,11 heißt: Aber Herodes mit seinem Hofgesinde verachtete und verspottete ihn, legte ihm ein weißes Kleid an und sandte ihn wieder zu Pilato. Zum dritten verspotteten sie seine königliche Würde bei Pilatus, wie uns Matth. 27,28.29.30 darüber berichtet: Und zogen ihn aus, und legten ihm einen Purpurmantel an; und flochten eine Dornenkrone, und setzten sie auf sein Haupt, und ein Rohr in seine rechte Hand, und beugten die Knie vor ihm, und sprachen: Gegrüßt seist du, der Juden König. Und spien ihn an, und nahmen das Rohr und schlugen damit sein Haupt. Sie verspotteten zum vierten seine Macht; denn nach Matth. 27,40 gingen sie um sein Kreuz herum, an das sie ihn gekreuzigt hatten, lästerten ihn und sprachen: Der du den Tempel Gottes zerbrichst, und baust ihn in dreien Tagen, hilf dir selber. Bist du Gottes Sohn, so steige herab vom Kreuz. Und weiter V. 43: Er hat Gott vertraut, der erlöse ihn nun.

O, möchte euch, geliebte Brüder und Christi Kinder, dies alles recht zu Herzen gehen. Seht, der Erlöser der Gefangenen ist verraten, die Herrlichkeit der Engel ist zum Gespött, der Herr der ganzen Welt wird gegeißelt, der Spiegel der Reinheit und der Abglanz der ewigen Majestät wird angespien! Und wird nicht der Herr des Lebens auch heutzutage von falschen Christen also verfolgt? Der heilige Paulus sagt dies ausdrücklich Ebr. 6,4.5.6: Die, so einmal erleuchtet sind, und geschmeckt haben die himmlische Gabe, und teilhaftig geworden sind des heiligen Geistes, und geschmeckt haben das gütige Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt, wo sie abfallen, kreuzigen wiederum ihnen selbst den Sohn Gottes, und halten ihn für Spott. Und dies gilt alles von jenen Christen, die im Glauben erleuchtet, die heilige Taufe, das Wort Gottes und Christi Leib und Blut empfingen, aber wiederum in Todsünden verfallen.

Und halten nicht auch unsre Bischöfe seine Weisheit für Spott, da sie sein heiliges Leben für Torheit halten? Wer sagt ihnen denn, dass sie die geistliche Gewalt, die eigentlich Seelenpflege heißt, die Weihe der Altäre, Kirchen und des Öls, die Lossprechung von Sünden und die Ordination der Priester nicht verkaufen sollen? Der Heiland selbst sagt es ihnen Matth. 10, 8: Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt es auch. Sagt man ihnen aber das, so rufen sie gleich: das ist ein Ketzer, ein Narr; der will uns lehren! Haut ihn, fort ins Gefängnis mit ihm, setzt ihn fest in die Finsternis, dass er uns nicht lehre! Halten sie denn nicht seine Weisheit für Spott? Ja, was Christus in seiner Weisheit anordnete, das halten die Bischöfe für Spott! Und doch ordnete er an, dass die Bischöfe nicht herrschen sollen, wie weltliche Fürsten, dass sie nicht ehebrechen, sondern predigen sollen und das Volk mit der größten Treue und Fleiß zum ewigen Heile leiten!

Auch in den Häusern der weltlichen Fürsten gefällt man sich bei der Verspottung Christi, und die Wahrheit findet bei ihren Richtern ähnlichen Schutz, wie Christus bei Pilatus. Und das rührt leider alles von den Priestern her, denn sie geben ihnen ein schlechtes Beispiel, richten selbst ungerecht und falsch, und können sie folglich nicht strafen oder ermahnen, dass sie besser richten. Sie predigen ihnen auch nicht und erteilen keinen Rat, wie man gerecht richten könnte; wo es sich aber um Unterdrückung der göttlichen Wahrheit handelt, da gehen sie ihnen an die Hand und sind ihre geschicktesten Meister. So gaben Bischöfe, Doktoren, Domherrn, Äbte, Pfarrer und Schriftgelehrte den weltlichen Richtern auf dem Rathause den Rat, dass sie viele Stücke der göttlichen Wahrheit verspotteten und deren Verteidiger von der Verkündigung des Wortes Gottes entfernten. Aber wiewohl sie das evangelische Wort verspotteten, dass Priester nicht herrschen sollen wie weltliche Herren, so bleibt doch die Wahrheit des armen und demütigen Christus aufrecht stehen, der nicht gekommen ist, dass er ihm dienen lasse, sondern dass er diene. Und er sagt zu seinen Jüngern Matth. 20,25.26: Ihr wisst, dass die weltlichen Fürsten herrschen, und die Oberherren haben Gewalt. So soll es nicht sein unter euch.

Sie verspotteten auch die Wahrheit, dass der Zehnte ein Almosen ist, denn sie wollten nicht Almosenmänner heißen; aber trotzdem leben sie von Almosen, wenn sie von Zehnten leben, denn sie haben sie weder durch Erbschaft überkommen, noch haben sie sie gekauft oder gar beim Würfelspiel gewonnen. Es mögen sie wohl viele beim Papste und seinen Prälaten kaufen und sie auf diese Weise überkommen, aber das schadet der Sache nicht: die Zehnten bleiben doch Almosen und werden. vom Volke zur Ehre Gottes gegeben. Darum nennt man sie Kirchengut, und sie selbst, die Priester, schreien und wehklagen, wenn man ihnen etwas davon nimmt, dass man das Kirchengut raube und plündere. Wo man sie aber in Ruhe davon schwelgen lässt, da nennen sie das Kirchengut: Herrschaft, bischöfliche oder erzbischöfliche Güter, Prälatengut, päpstlicher Staat usw. Die Teufelsherren! Mögen sie doch nachweisen, wo Christus der Herr sie zum weltlichen Herrschen berufen hat! Sollte das etwa bei Matthäus geschehen sein 19,21: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe was du hast, und gib es den Armen; und komm, und folge mir nach? Der heilige Augustin nennt diese Worte eine Hauptregel für Priester, Domherrn und Mönche und der heilige Bernhard schreibt sehr deutlich an den Papst, den man Eugenius nannte, dass er nicht weltlich herrschen solle, und ruft ihm die. Rede des heiligen Petrus (1. Pet. 5,2.3) und die Satzungen Jesu Christi sehr nachdrücklich ins Gedächtnis und legt sie ihm ans Herz. Und zwar sagt er das zu dem Worte Christi: die weltlichen Fürsten herrschen, aber so soll es nicht sein unter euch.

Christus hat also ausdrücklich alles weltliche Herrschen seinen Aposteln verboten. Aber sein heiliges Wort wurde zum Spott und Fabel, seit der Kaiser Konstantin dreihundert Jahre nach Christi Geburt dem römischen Bischofe eine Herrschaft gegeben, und hat man am Tage dieser Schenkung die Stimme gehört von oben: Heute wurde das Gift in die Kirche Gottes ausgegossen! Die Päpstler sagen wohl, dass dies der Teufel gerufen, aber ich glaube und halte dafür, dass das eine Engelsstimme gewesen. Und hätte selbst der Teufel nach der Ansicht der Päpstler obige Worte gesprochen, so bleiben sie doch Wahrheit. Denn durch den leidigen Reichtum, welchen Christus Luk. 16,9 ungerechten Mammon nennt, wurde sozusagen die ganze Christenheit vergiftet und geistig verdorben. Woher kommen denn die Kriege, die Bannflüche und das Gezänke unter den Päpsten, Bischöfen und übrigen Priestern? Die Hunde beißen sich wegen des Knochens; nimm ihnen den Knochen weg und sie hören auf sich zu beißen. Ist bei einer Kirche kein Gut, so findet man dazu auch keinen Pfaffen. Woher rührt die Simonie und der große Hochmut der Priester gegen die Laien? Woher ihr ehebrecherisches Leben? Alles kommt von jenem Gift her! Das wollen aber die fleischlichen Jünger Christi, die Priester, Mönche und ihre Schüler nicht verstehen, die nur ihrem Herren darum nachgehen, damit sie sich gütlich tun und ihren Leib füttern. Und welch eine große Zahl dieser fleischlichen Jünger Christi gibt es nicht, die nur Priester sind, dass sie reich werden und angesehen beim Volke, dass sie zu essen und trinken die Fülle haben und in Saus und Braus leben. O, möchten sie doch Jesu Christo und seinen heiligen Aposteln nachfolgen, und ihr Leben so einrichten, wie der Apostel 1. Tim. 6,8 vorschreibt: Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so lasst uns begnügen.

Das Evangelium sagt weiter: Es geschah aber, da er nahe zu Jericho kam, saß ein Blinder am Wege und bettelte. Nach der Erklärung des heiligen Gregor bezeichnet Jericho die Mängel und Schwächen unsrer menschlichen Natur, zu deren Abhilfe Christus nahe gekommen, als er Mensch wurde, und dem Menschen das Licht wiedergab, das er durch die Sünde verloren hatte. Er erniedrigte sich zum Menschen durch seine heilige Menschwerdung und erhob den zu himmlischen Dingen, der da gleich dem Blinden unsers Evangeliums saß und bettelte. So spricht Christus Joh. 14,6: Ich bin der Weg, und die Wahrheit, und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich. Darum ist jeder Mensch blind, der das Licht der ewigen Wahrheit nicht kennt; glaubt er aber, dass Christus der Heiland ist, so sitzt er am Wege. Er muss aber auch eifrig zu Christo beten, dass er dass ewige Licht empfange, und unterlässt er dies, so sitzt er blind am Wege, denn er bittet nicht, dass er das ewige Licht schaue. Wenn er aber glaubt und am Wege sitzt, auch demütig um Licht bittet für seine geistige Finsternis, die er erkennt, so ruft er herzlich: „Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich meiner.“

Hierbei muss man noch bei den Worten: „Ein Blinder saß am Wege und bettelte“ bemerken, dass unter unserm geistigen Elende viererlei zu verstehen sei: Erstens: Blindheit, denn es heißt ein Blinder. Zweitens: Ohnmacht, denn er saß. Drittens: Irrtum, denn der Blinde saß am Wege. Viertens: Armut, denn er bettelte. Der Mensch ist also seiner Sünde wegen blind, ohnmächtig, voll Irrtum und überaus arm.

Blind ist er, weil er Gott nicht recht erkennt; ohnmächtig, weil er nichts Heilsames zu tun vermag; voll Irrtum, weil er nach den heiligen Geboten, die Gottes Weg sind, nicht wandelt; und arm, weil er alles verloren hat, was er besaß. Denn da er in eine Todsünde verfiel, verlor er die Gnade Gottes, seine Seele und seinen Leib, und alles, was er in der Gnade Gottes hatte, so dass er nach der Lehre des heiligen Augustin nicht würdig ist, dass er noch Brot esse. Denn er ist ein Verräter und Feind Gottes und darum ist er nicht würdig, Brot oder irgend was zu genießen. Das wird dem ungläubigen Sünder, der von seiner Todsünde sich nicht bekehret, nach dem Tode sehr empfindlich bewiesen; seinen Leib werden Würmer, seine Habe andre Menschen, und seine Seele der Teufel nehmen und er wird in der Hölle nichts nach seinem Willen genießen können. Einen klaren Beweis davon sehen wir an dem reichen Manne, der nach seinem Tode in der Hölle begraben wurde und nicht einmal einen Tropfen Wasser nach seinem Wunsche haben konnte.

Darum tut es not, dass der Blinde rufe: Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich meiner. Hier ist zu merken, dass der Blinde Jesu göttliche und menschliche Natur bekannte. Denn da er sprach: Jesu, so bekannte er ihn als Gott, denn Jesus bedeutet nach der Erklärung des Engels Gabriel: Heiland; und da er ihn Davids Sohn nannte, so bekannte er ihn als Mensch. Und da er ruft: Erbarme dich meiner, bekennt er seine große Macht und Barmherzigkeit, darum sagt der heilige Johannes Chrysostomus: O Mensch! wie erkanntest du denn das Licht der Welt, der du nie Bücher lasest? Und er antwortet selbst darauf: Wahrlich, der Herr erleuchtet die Blinden!

Wie kam aber der Blinde zu dem Verstande, dass er Jesum erkannte? Durchs Hören und Fragen. So sagt es das Evangelium. Da er aber hörte das Volk, das durchhin ging, forschte er, was das wäre. Hieraus ersieht man, dass man durch Fragen und Hören von Christo zur Erkenntnis des Glaubens und zum ewigen Leben gelangt. So schreibt Paulus Röm. 10,14,16: Wie sollen sie aber glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Gottes.

Da verkündigten sie ihm, Jesus von Nazareth ginge vorüber. Sie sagen, Jesus von Nazareth, denn so hieß er bei den Juden, weil seine Geburt in Nazareth von dem Engel verkündigt und er daselbst erzogen wurde. Nazareth heißt verdolmetscht die Blüte, und überhaupt das, was blüht; und welche Blume trieb wohl herrlichere Blüten himmlischer Tugenden, als unser Herr Jesus Christus? - Und der Blinde rief, wohl mehr im Herzen, als mit dem Munde, und sprach: Jesu, das ist Heiland und folglich Gott; und: Du Sohn Davids, und folglich des Menschen Sohn, erbarme dich meiner, das heißt, erweise deine Macht und Barmherzigkeit an mir, da ich elend und deiner Erbarmung sehr bedürftig bin.

Die aber vornean gingen, bedrohten ihn, er sollte schweigen. O böse Welt, du bedrohst uns, dass wir zu unserm Heiland nicht rufen, auf dass er sich erbarme, wiewohl er selbst befiehlt Ps. 50,15: Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen. Unsre Welt ist dem Volk unsers Evangeliums ganz gleich; sie wehrt uns, dass wir den Namen Jesu Christi nicht nennen, und verabscheut diejenigen, die Jesum Christum oft anrufen. Ja, der Namen Christi war selbst im Anfange, wo das Christentum anfing sich auszubreiten, nicht so verachtet, wie er es eben in unsern Zeiten ist, und darin zeichnen sich vorzüglich Priester aus, die zwar beim Abhalten ihrer lateinischen Tagezeiten Christum nennen, aber es nicht leiden mögen, dass ein Prediger bei seiner Predigt oder jemand anders Jesum Christum nenne und anrufe. Aber ein treuer Christ achtet dieses unbeständigen, wankelmütigen Haufens nicht, der da vor Christo durchhin geht, und seine Satzungen höher hält, denn die Gebote Christi; er schreit um so mehr aus seinem Herzen und ohne Furcht: Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich meiner. Denn es ist kein Spruch in der heiligen Schrift, der uns etwa sagte, dass wir nicht erhört würden, wenn wir also Jesum Christum rufen. Und es ist sehr auffallend, dass die alten Bischöfe, Priester, Meister und Schriftgelehrten unsern Heiland nicht gerne Jesum nannten, sondern ihn am liebsten einen Säufer, Fresser, Sabbatschänder, Sünder, Samariter, Verführer, Bösewicht, Gotteslästerer oder Ketzer hießen, wovon wir in den Evangelien viele Beispiele finden. So schelten auch die heutigen Priester seine Diener, und folglich auch ihn. Denn er sagt Matthäus 25, 40: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

Jesus aber stand stille, und hieß ihn zu sich führen. So hat der gnadenreiche Heiland durch Stillestehen und Befehl, oder mit Wort und Tat seine Barmherzigkeit gezeigt. gnadenreicher Heiland Jesu Christe! Der Blinde kann nicht zu dir gehen und du erwartest ihn; man bedroht ihn, damit er nicht zu dir rufe und du lässt ihn zu dir führen! O barmherziger Jesu, du achtest mehr die Stimme eines Blinden, denn das Bedrohen eines großen Haufens. O gnadenreicher Jesu, ein Papst, Erzbischof, oder sonst ein Prälat oder König würde nicht beim Rufen eines Blinden stille stehen, auf dass er sich seiner erbarmte und dem Schreienden gerecht würde. Sie sind gerade so, wie Jesaja 1,23 sie beschreibt: Dem Waisen schaffen sie nicht Recht, und der Witwen Sache kommt nicht vor sie. Kommt aber doch endlich der Witwen Sache vor sie, so verzehren sie zuvor ihre Habe oder es vergehen Jahre bei ihrem Rechtsstreite, so dass ihr wenig oder gar nichts übrig bleibt. Auch heißen sie nicht den Armen zu sich führen, sondern jagen ihn von sich hinweg; man findet nicht gar leicht jemanden unter ihnen, der einen Dürftigen und vorzüglich einen Sünder Jesu zuführen wollte.

Da sie ihn aber nahe bei ihn brachten, fragte er ihn und sprach: Was willst du, dass ich dir tun soll? O gnadenreicher Jesu Christ, liebevoll erwartetest du den Blinden, und bereitwillig fragst du ihn: Was willst du? Lieblich und mild ergibst du dich seiner Bitte und forscht nach seinem Willen, damit du ihm danach tust. Du heilst nicht, die zu dir nicht schreien und deine Barmherzigkeit nicht anrufen; du machst aber gesund, die zu dir flehen: Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich meiner. Und du fragst nicht, als wenn du die Bitte der Schreienden nicht wüsstest, aber du willst gebeten sein, damit das Herz zu dir sich neige und voll heiliger Begierde nach dir entbrenne und du es dann hörst und beruhigst.

Er sprach: Herr, dass ich sehen möge. Hierbei muss man die Bitte des Blinden betrachten; zuerst ruft er: Jesu, du Sohn Davids, und nun spricht er zu ihm: Herr! als wenn er hätte sagen wollen: Als Davids Sohn kannst du dich wohl erbarmen, aber du kannst nicht die Blinden sehend machen, aber als Gottes Sohn bist du der Herr der ganzen Welt und kannst wohl den Blinden das Gesicht geben. Darum wurde der Blinde auch nicht gesund, so lange er Jesum als Davids Sohn bekannte; da er aber „Herr“ sprach, wurde er sogleich sehend. Denn der Herr ist es, der Blinde erleuchtet. Und da dies der Blinde wohl wusste und glaubte, so sprach er: Herr, dass ich sehen möge. Dazu sagt der heilige Gregor: Der Blinde bittet den Herrn nicht um Gold, sondern um Licht, und mag auch weiter außer Licht um nichts bitten. Denn mag der Blinde was immer haben, so kann er ohne Licht nicht sehen, was er hat. Darum lasst uns ihm, geliebteste Brüder, nachfolgen, von dem wir hören, dass er an Leib und Seele gesund wurde. Bitten wir nicht den Herrn um betrüglichen Reichtum und irdische Güter, auch nicht um vergängliche Ehre, sondern um Licht. Lasst uns auch nicht um ein Licht bitten, das man unter den Scheffel stellen, das man mit Gewalt unterbrechen und mit der Zeit auslöschen kann, und das wir auch als Sünder sehen, sondern das Licht lasst uns suchen, das wir mit den Engeln schauen werden und das weder Anfang noch Ende hat, zu welchem Lichte uns der Glaube führt.

Denn der Heiland spricht flugs zu dem Blinden, der da erleuchtet werden sollte: Sei sehend; dein Glaube hat dir geholfen. Dazu sagt aber der fleischliche Mensch: Wie kann ich geistiges Licht suchen, da ich es nicht sehen kann; es ist das eine ungewisse Sache, da es leiblichen Augen nicht entgegenleuchtet. Aber darauf gibt es eine Antwort, dass man ja auch das, was man denkt, mit dem Leibe nicht sieht, sondern allein mit der Seele fasst. Und man zweifelt auch nicht daran, dass der Mensch Seele habe, wiewohl man sie nicht sieht, und dass diese unsichtbare Seele den sichtbaren Leib regiere.

Lasst uns nun hören, was dem bittenden Blinden geschah, und was er selbst hierauf tat. Das Evangelium sagt: Und alsobald ward er sehend und folgte ihm nach und pries Gott. Der heilige Gregor sagt hierzu: Derjenige sieht und folgt Christo nach, der da wohlweislich tut, was er für gut erkennt; wer aber weiß, was gut ist, und es nicht tut, der ist wohl sehend, folgt aber Christo nicht nach.

Und alles Volk, das solches sah, lobte Gott. O, lasst auch uns, die wir Christi Werke kennen, ihm nachfolgen mit allerhand Tugenden, lasst auch uns ihn loben und preisen; denn auch wir waren geistig blind und saßen am Wege und gingen nicht den Weg, welcher er selbst ist, wie er sagt: Ich bin der Weg. Und wir waren unwürdige Bettler, die um sein heiliges Brot bettelten und selbst des leiblichen Brots nicht würdig waren. Rufen wir allezeit zu ihm: „Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich unser,“ und geben wir alle zusammen die Ehre Gott dem Vater, Sohn und heiligen Geist, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/h/hus/hus-estomihi.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain