Brenz, Johannes - Erster Pfingstfeiertag.

Brenz, Johannes - Erster Pfingstfeiertag.

1548.

Ap.-Gesch. 2,1-13.

Und als der Tag der Pfingsten erfüllt war, waren sie alle einmütig bei einander. Und es geschah schnell ein Brausen vom Himmel, als eines gewaltigen Windes, und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen. Und man sah an ihnen die Zungen zerteilt als wären sie feurig. Und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen; und wurden alle voll des heiligen Geistes, und fingen an zu predigen mit andern Zungen, nachdem der Geist ihnen gab auszusprechen. Es waren aber Juden zu Jerusalem wohnend, die waren gottesfürchtige Männer aus allerlei Volk, das unter dem Himmel ist. Da nun diese Stimme geschah, kam die Menge zusammen, und wurden bestürzt; denn es hörte ein jeglicher, dass sie mit seiner Sprache redeten. Sie entsetzten sich aber alle, verwunderten sich, und sprachen unter einander; Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn ein jeglicher seine Sprache, darinnen wir geboren sind? Parther, und Meder, und Elamiter, und die wir wohnen in Mesopotamien, und in Judäa, und Kappadozien, Pontus und Asien, Phrygien und Pamphylien, Ägypten, und an den Enden der Libyen bei Kyrene, und Ausländer von Rom, Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie mit unsern Zungen die großen Taten Gottes reden. Sie entsetzten sich aber alle, und wurden irre, und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Die andern aber hatten es ihren Spott, und sprachen: Sie sind voll süßen Weins.

Heute geschieht die öffentliche Erwähnung des fünfzigsten Tages seit Ostern oder der Auferstehung Christi, da der heilige Geist den Jüngern gesandt worden ist. Und wir müssen wahrlich dieses Tages mit großem Fleiße achthaben, und uns dessen, was an ihm geschehen ist, gar sorgfältig erinnern. Denn auf diesen Tag haben die Propheten geachtet, besonders Jesaias, Micha und Joel. Jesaias (2,2.3) spricht: „Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, gewiss sein, höher denn alle Berge und über alle Hügel erhaben werden, und werden alle Heiden dazu laufen, und viele Völker hingehen und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege, und wir wandeln auf seinen Steigen. Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem.“ Und Joel (3,1): „Nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch.“ Auf diesen Tag blickt auch Johannes der Täufer, der da spricht: „Ich taufe euch mit Wasser, er aber wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Luk. 3,16). Desgleichen verweist auch Christus seine Jünger auf diesen Tag (Joh. 16,12.13): „Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten.“ Und (Ap.-Gesch. 1,8): „Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird.“ Da nun sowohl der Propheten, als auch Christi und Johannes des Täufers Augen auf diesen Tag der Pfingsten gerichtet waren, so ist's billig, dass auch wir mit höchstem Fleiße unsere Augen auf denselben richten und betrachten,

was uns dieser Tag gebracht hat.

Und auf dass Solches gehörig könne ausgelegt werden, wollen wir unter dem Beistande der göttlichen Gnade erwähnen: zuerst, was an diesem Tage von Gott getan ist, und sodann, welches das Ziel, welches der Nutzen dieser Wunderdinge in der Kirche Jesu Christi ist.

Von dem aber, was am Pfingsttage geschehen. ist, schreibt Lukas gar sorgfältig (Ap.-Gesch. 2). Die Apostel und die übrigen Jünger waren auf Christi Befehl in Jerusalem beisammen, am fünfzigsten Tage nach der Auferstehung, d. h.: an dem Tage, da man das Gedächtnis der einstigen Gesetzgebung feierte und eine zahllose Menge zu Jerusalem war. Da geschieht plötzlich ein Brausen vom Himmel, als eines gewaltigen Windes, in dem ganzen Hause, und alsbald erscheinen auf ihnen zerteilte feurige Zungen, durch welche Kennzeichen sich die Ankunft des heiligen Geistes offenbarte, den Christus zuvor verheißen hatte. Der Geist aber kommt im Geleite vieler großer Gaben, um die Apostel und die übrigen Jünger zu zieren; denn außer den allgemeinen Gaben bringt er auch besondere und wunderbare. Erstlich erleuchtet er ihren Geist, dass sie Christi Reich, seine Person und sein Amt klar verstehen, dass nämlich sein Reich nicht von dieser Welt, dass er seiner Person nach wahrer Gott und Mensch, dass er allein unser Heil ist. Zweitens macht er aus Furchtsamen die Tapfersten. Petrus hielt zuvor nicht einmal vor einer Magd Stand; jetzt predigt er unerschrocken auf einem öffentlichen Platz. Die Apostel hatten sich vorher in einem Hause eingeschlossen; nun aber treten sie einmütig hervor und bekennen öffentlich das Evangelium Christi. Drittens ziert er sie mit der Rede in mancherlei Sprachen; denn zu welcher Versammlung von Leuten sie kamen, mit der redeten sie in deren Sprache. Sie sagen: „Wir hören sie reden, ein Jeglicher in seiner Sprache.“ Das ist das größte, staunenswürdige Wunder. Viertens schenkt er ihnen die Gabe, Kranke, Lahme zu heilen und andere Wunder zu tun, wie geschrieben steht: „In meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen vertreiben; und so sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden“ (Marc. 16, 17. 18). So weit von dem, was am Pfingsttage geschehen ist.

Lasst uns jetzt sehen, was der Nutzen dieser staunenswürdigen Wunder und dieser wundersamen Dinge ist; denn dass Christus damit Großes hat vollbringen wollen, bezeugt er selbst: „Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.“ Der heilige Geist aber wird euch in alle Wahrheit leiten, euch zukünftiges verkünden, mich verherrlichen usw. Christus wollte also durch diese Wunder öffentlich bezeugen und bekräftigen: erstlich, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Er hat ja am Tage der Pfingsten seinen Aposteln kein Heer von Reitern oder Soldaten, auch keine Geschütze, um den Erdkreis mit ihnen zu erobern, sondern den heiligen Geist gesandt, mit den Gaben der mancherlei Sprachen und der Wunder, die zur Predigt notwendig sind. Deswegen hat er kein weltliches Reich aufgerichtet, sondern das Amt der evangelischen Predigt eingesetzt. Darum beginnen die Apostel am Pfingsttage und seit demselben nicht auf Erden zu herrschen, sondern das Evangelium von Christo zu predigen und mit Wundern zu bestätigen. Ferner hat Christus durch solche Wunder nicht bezeugen wollen, es stünde den Aposteln und Anderen frei zu predigen, was ihnen nur immer nach Menschenweise beliebe; sondern er hat seine eigene Predigt (Joh. 15,27) und die prophetischen Weissagungen über seine Person und sein Amt bekräftigen wollen. Denn an Christo sind zwei Stücke zu beachten: das eine ist seine Person, das andere aber sein Amt.

Was seine Person betrifft, ist er nicht bloß Mensch, sondern auch wahrer Gott, und hat das am Pfingsttage erwiesen; denn er hat den Aposteln die Wundergaben des heiligen Geistes gesandt. Er hätte aber in eigener Macht den heiligen Geist nicht geben können, wenn er nicht wahrer Gott wäre. Dazu hat er den Aposteln die Gabe verliehen, in seinem Namen Wunder zu tun; das aber kommt allein Gott zu, und daher haben die Pfingstwunder es erwiesen, dass Christus wahrer, ewiger Gott ist. Was aber sein Amt anlangt, so ist er allein der wahre Christus, welchen die Propheten geweissagt haben. Ist er aber Christus, so ist er allein der Sühner unserer Sünden und der Versöhner der Menschen, und es ist kein anderer Name gegeben, darinnen sie sollen selig werden. Und von Diesem zeugen alle Propheten, dass Vergebung der Sünden hat, wer nur an ihn glaubt. Dessen sind die Pfingstwunder Zeugnisse. Daher spricht Petrus (Ap.-Gesch. 2,36): „So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesum, den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christ gemacht hat.“ Das wird bewiesen, weil er dem Tode überantwortet und wiederum auferweckt ist nach der Schrift und danach den heiligen Geist gesandt hat. „Nun er durch die Rechte Gottes erhöht ist, und empfangen hat die Verheißung des heiligen Geistes vom Vater, hat er ausgegossen Dies, das ihr seht und hört“ (Ap.-Gesch. 2,33). Drittens Lehren und bestätigen die Pfingstwunder, dass dieses Evangelium von Christo, von seiner Person und seinem Amte das Werkzeug ist, wodurch der Kirche das Heil mitgeteilt wird, und dass wir keinem anderen Evangelio glauben dürfen, ob auch ein Engel vom Himmel ein anderes predigte. Das Evangelium ist eine Kraft Gottes. Viertens bestätigen die Pfingstwunder unsere Lehre, auf die wir in diesen Zeiten wider die Papisten und Mönche dringen, dass wir nämlich die Vergebung der Sünden nicht wegen der Messopfer oder der verdienstlichen Werke haben, sondern nur um Christi willen, so wir ihn im Glauben annehmen, um durch den Glauben allein gerechtfertigt zu werden. Fünftens bezeugen die Pfingstwunder, dass die Predigt des Evangeliums von Christo das wahre Mittel ist, dadurch uns der heilige Geist gegeben wird; denn er ist uns durchaus notwendig zu unserem Heil. „Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein“ (Röm. 8,9).

Was sollen wir also tun, um den heiligen Geist oder seine Gaben zu erlangen? Blicke doch hin auf die Pfingstwunder! Der heilige Geist kommt nicht über die Verächter, sondern über die Hörer des Evangeliums, die Apostel und die übrigen Jünger. Von Gelagen und unzüchtigen Reden bringt man den bösen Geist, vom Evangelio den guten Geist mit. Vermittelst der ersten Rede des Petrus werden dreitausend Menschen mit dem heiligen Geiste beschenkt. Als die Heiden (Ap.-Gesch. 10) die Predigt des Petrus hören, empfangen sie den heiligen Geist. „Ihr habt den Geist empfangen durch die Predigt vom Glauben“ (Gal. 3,2). Das ist gesagt von den wunderbaren Gaben des heiligen Geistes; aber diese Wunder bezeugen, dass das Evangelium das Werkzeug für die Geistesgaben ist, welche zu unserem Heile notwendig sind. Der Glaube ist eine zum Heil nötige Gabe. Wodurch wird er gegeben? Durch das Evangelium. Röm. 10,17: „Der Glaube kommt aus der Predigt.“ Der Gehorsam ist eine notwendige Gabe des Geistes. Wodurch wird er gegeben? Durch das Evangelium. 1. Thess. 2,13: „Da ihr empfingt von uns das Wort göttlicher Predigt, nahmt ihr's auf, nicht als Menschenwort, sondern, wie es denn wahrhaftig ist, als Gottes Wort, welcher auch wirkt in euch, die ihr glaubt.“ Hoffnung, Trost im Unglück und Geduld sind nötige Gaben des Geistes. Wodurch werden sie gegeben? Durch das Evangelium Jesu Christi. Röm. 15,4: „Auf dass wir, durch Geduld und Trost der Schrift, Hoffnung haben.“

Da hast du also, was die Pfingstwunder bedeuten. Sie haben bekräftigt die Wahrheit unserer Religion wider alle Gottlosigkeiten, bekräftigt die Gottheit der Person Christi und sein Amt, bekräftigt die Lehre des Glaubens wider die Heuchler, bekräftigt das Ansehen des Evangeliums, dass es ein Werkzeug des Geistes ist wider die Verächter, die da sagen, dass sie aus sich selber weise sind. So lasst uns denn Alles festhalten und künftighin die Predigten des Evangeliums fleißig hören, auf dass wir aus ihnen, mit den Gaben des Geistes ausgerüstet, das Leben haben in Christo. Amen.

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