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Apostelgeschichte, Kapitel 16

Apostelgeschichte, Kapitel 16

16:1 Er kam aber gen Derbe und Lystra; und siehe, ein Jünger war daselbst mit Namen Timotheus, eines jüdischen Weibes Sohn, die war gläubig, aber eines griechischen Vaters.

16:2 Der hatte ein gut Gerücht bei den Brüdern unter den Lystranern und zu Ikonion.

16:3 Diesen wollte Paulus mit sich ziehen lassen und nahm und beschnitt ihn um der Juden willen, die an den Orten waren; denn sie wußten alle, daß sein Vater war ein Grieche gewesen.

16:4 Wie sie aber durch die Städte zogen, überantworteten sie ihnen, zu halten den Spruch, welcher von den Aposteln und den Ältesten beschlossen war.

16:5 Da wurden die Gemeinden im Glauben befestigt und nahmen zu an der Zahl täglich.

16:6 Da sie aber durch Phrygien und das Land Galatien zogen, ward ihnen gewehrt von dem heiligen Geiste, zu reden das Wort in Asien.

16:7 Als sie aber kamen an Mysien, versuchten sie, durch Bithynien zu reisen; und der Geist ließ es ihnen nicht zu.

16:8 Sie zogen aber an Mysien vorüber und kamen hinab gen Troas.

16:9 Und Paulus erschien ein Gesicht bei der Nacht; das war ein Mann aus Mazedonien, der stand und bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!

16:10 Als er aber das Gesicht gesehen hatte, da trachteten wir alsobald, zu reisen nach Mazedonien, gewiß, daß uns der HERR dahin berufen hätte, ihnen das Evangelium zu predigen.

16:11 Da fuhren wir aus von Troas; und geradewegs kamen wir gen Samothrazien, des andern Tages gen Neapolis

16:12 und von da gen Philippi, welches ist die Hauptstadt des Landes Mazedonien und eine Freistadt. Wir hatten aber in dieser Stadt unser Wesen etliche Tage.

16:13 Am Tage des Sabbats gingen wir hinaus vor die Stadt an das Wasser, da man pflegte zu beten, und setzten uns und redeten zu den Weibern, die da zusammenkamen.

16:14 Und ein gottesfürchtiges Weib mit Namen Lydia, eine Purpurkrämerin aus der Stadt der Thyathirer, hörte zu; dieser tat der HERR das Herz auf, daß sie darauf achthatte, was von Paulus geredet ward.
Bei der Bekehrung der Purpurkrämerin Lydia ist manches Beherzigenswerte zu beachten. Dieselbe wurde durch göttliche Führungen veranlaßt. Lydia war eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, aber gerade zur rechten Zeit kam sie nach Philippi, um den Apostel Paulus zu hören; die Vorsehung, die Handlangerin der Gnade, führte sie zur rechten Stätte. Ebenso bereitete die Gnade ihre Seele zu für die Heilsbotschaft; Gnade bahnt der Gnade den Weg. Sie wußte nichts vom Heiland, aber als Jüdin waren ihr manche Wahrheiten bekannt, die als treffliche Vorstufe zur Erkenntnis Jesu dienten. Ihre Bekehrung war eine Folge ihres mit gottesfürchtigem Eifer gepflegten religiösen Sinnes. Sie kam auf den Sabbat in die Schule zur Zeit des Gebets, und dort fand auch ihr Gebet Erhörung. Wenn wir doch nur nie die Gnadenmittel versäumten! Gott kann uns segnen, auch wenn wir nicht in seinem Hause sind; aber wir haben größeren Grund zur Hoffnung, daß Er es tun will, wenn wir in der Gemeinschaft seiner Heiligen stehen. Beachtet die Worte: „Welcher tat der Herr das Herz auf.“ Sie öffnete ihr Herz nicht selber; ihre Gebete taten es nicht; Paulus tat es nicht. Der Herr selbst mußte das Herz öffnen, damit es aufnehme, was zu unserem Frieden dient. Er allein ist imstande, den Schlüssel ins Schloß der Tür zu stecken und es zu öffnen und sich Eingang zu verschaffen. Er ist nicht nur des Herzens Schöpfer, sondern auch des Herzens Beherrscher. Das erste sichtbare Zeichen ihres geöffneten Herzen war ihr Gehorsam. Sobald Lydia den Glauben an Jesum empfangen hatte, ließ sie sich taufen. Es ist ein liebliches Zeichen eines demütigen und zerschlagenen Herzens, wenn das Kind Gottes bereit ist, einem Befehl zu gehorchen, der zu seiner Errettung nicht wesentlich ist, welcher ihm nicht von selbstsüchtiger Furcht vor der Verdammnis aufgenötigt wird, sondern eine einfältige Tat des Gehorsams und des Umgangs mit seinem Meister ist. Das nächste Zeichen war Liebe, die sich in dankbarer Gesinnung gegen die Apostel betätigte. Liebe zu den Heiligen war jederzeit ein Beweis einer wahrhaften Bekehrung. Wer für Christum oder seine Gemeinde nichts tut, gibt nur ein zweifelhaftes Zeichen von einem „geöffneten“ Herzen. Herr, tue auch uns das Herz auf! (Charles Haddon Spurgeon)


Die Purpurkrämerin Lydia war eine Jüdin von Thyatira gebürtig, die sich zu Philippi wegen ihrer Handelschaft, welche sie mit Purpur trieb, häuslich niedergelassen hatte. Sie war schon als eine Jüdin gottesfürchtig. Paulus traf sie mit andern jüdischen Weibern in dem Bethaus an, welches die Juden außer der Stadt Philippi hatten, und da er mit dem ganzen Häuflein dieser Weiber von dem Glauben an Jesum redete, so that der HErr dieser vornehmen Handelsfrau das Herz auf, daß sie darauf Acht hatte, was von Paulo geredet ward. Weil ihr Gott das Herz aufthat, so konnte das Evangelium von Jesu als eine Gotteskraft darein eindringen und dasselbe rühren; wovon die unmittelbare Folge diese war, daß sie auf dasjenige, was von Paulus geredet wurde, mit einer ernsthaften Begierde und Ehrerbietung Acht hatte, folglich seine Reden vom Anfang bis zum Ende derselben zu Herzen nahm, und dadurch so gerührt und überzeugt wurde, daß sie alsbald mit ihrem Haus auf den Namen Jesu Christi getauft worden, und nach der Taufe zu Paulus und seinen Gefährten, unter denen auch Lukas war, sagen konnte: so ihr mich achtet, daß ich glaubig bin an den HErrn, so kommet hin in mein Haus und bleibet allda.
Wenn also der HErr einem Menschen das Herz aufthut, auf das Evangelium ernstlich Acht zu geben, so kann er bald glaubig werden; denn das Evangelium hat eine solche Klarheit, Kraft und zusammenhängende majestätische Weisheit in sich, und schließt sich so geziemend an den Eindruck an, den der Mensch vorher von Gott gehabt hat, und sättiget die von Gott der Seele eingepflanzten Begierden der Seele so eigentlich, daß der Mensch ohne viele Umschweife zum Glauben gelangen kann. Christus sagt Joh. 8,47.: wer von Gott ist, der höret Gottes Wort, und Joh. 18,37.: wer aus der Wahrheit ist, der höret Meine Stimme. Man darf also nur von Gott, der Jedermann nahe ist, einen guten Eindruck in sich haben (und dieses ist zutheuerst bei einem Juden, Muhamedaner oder Heiden möglich), und die Wahrheit aufrichtig lieben, so wird man in einer guten Stunde, da Gott das Herz aufthut, durch’s Hören oder Achtunggeben glaubig, und hat die weitläufigen Beweise von der Wahrheit der christlichen Religion nicht nöthig. Und fürwahr jener kurze Weg schickt sich allein für den allergrößten Theil derjenigen, die durch den Glauben an Jesum selig werden. Es gibt aber verkehrte Leute, zu denen Christus sagen kann: Meine Rede fähet nicht unter euch, oder findet in euch nicht Raum, weil ihr des Teufels Mordlust und Lügen in euch hineingenommen habt: weil Ich die Wahrheit sage, so glaubet ihr Mir nicht; denn ihr seid der Wahrheit feind. Ihr kennet Meine Sprache nicht, als eine wahrhaftige und göttliche Sprache, denn ihr könnet Meine Worte nicht mit Aufmerksamkeit hören. Ihr höret nicht, denn ihr seid nicht von Gott; und habt auch den Eindruck von Ihm, der noch vor der Bekehrung hergeht, verloren, Joh. 8,37. 44. 46. 43. 47. Bei solchen Leuten richten auch künstliche Beweise nichts aus. Aber auch bei einem Menschen, der des Glaubens fähig ist, kommt es auf die gute Stunde an, da der HErr sein Herz aufthut. (Magnus Friedrich Roos)

16:15 Als sie aber und ihr Haus getauft ward, ermahnte sie uns und sprach: So ihr mich achtet, daß ich gläubig bin an den HERRN, so kommt in mein Haus und bleibt allda. Und sie nötigte uns.

16:16 Es geschah aber, da wir zu dem Gebet gingen, daß eine Magd uns begegnete, die hatte einen Wahrsagergeist und trug ihren Herren viel Gewinnst zu mit Wahrsagen.

16:17 Die folgte allenthalben Paulus und uns nach, schrie und sprach: Diese Menschen sind die Knechte Gottes des Allerhöchsten, die euch den Weg der Seligkeit verkündigen.

16:18 Solches tat sie manchen Tag. Paulus aber tat das wehe, und er wandte sich um und sprach zu dem Geiste: Ich gebiete dir in dem Namen Jesu Christi, daß du von ihr ausfahrest. Und er fuhr aus zu derselben Stunde.

16:19 Da aber die Herren sahen, daß die Hoffnung ihres Gewinnstes war ausgefahren, nahmen sie Paulus und Silas, zogen sie auf den Markt vor die Obersten

16:20 und führten sie zu den Hauptleuten und sprachen: Diese Menschen machen unsere Stadt irre; sie sind Juden

16:21 und verkündigen eine Weise, welche uns nicht ziemt anzunehmen noch zu tun, weil wir Römer sind.

16:22 Und das Volk ward erregt wider sie; und die Hauptleute ließen ihnen die Kleider abreißen und hießen sie stäupen.

16:23 Und da sie sie wohl gestäupt hatten, warfen sie sie ins Gefängnis und geboten dem Kerkermeister, daß er sie wohl verwahrte.

16:24 Der, da er solches Gebot empfangen hatte, warf sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Stock.

16:25 Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen.

16:26 Schnell aber ward ein großes Erdbeben, also daß sich bewegten die Grundfesten des Gefängnisses. Und von Stund an wurden alle Türen aufgetan und aller Bande los.

16:27 Als aber der Kerkermeister aus dem Schlafe fuhr und sah die Türen des Gefängnisses aufgetan, zog er das Schwert aus und wollte sich selbst erwürgen; denn er meinte die Gefangenen wären entflohen.

16:28 Paulus rief aber laut und sprach: Tu dir nichts Übles; denn wir sind alle hier!

16:29 Er forderte aber ein Licht und sprang hinein und ward zitternd und fiel Paulus und Silas zu den Füßen

16:30 und führte sie heraus und sprach: Liebe Herren, was soll ich tun, daß ich selig werde?

16:31 Sie sprachen: Glaube an den HERRN Jesus Christus, so wirst du und dein Haus selig!1)
Dies Evangelium für einen Mann mit dem Schwert an der Kehle ist das Evangelium für mich. Es würde das rechte für mich sein, wenn ich im Sterben läge, und es ist alles, was ich brauche, so lange ich lebe. Ich sehe hinweg von meinem Ich und von der Sünde und allen Gedanken an persönliches Verdienst, und ich vertraue dem Herrn Jesu als dem Heiland, den Gott gegeben hat. Ich glaube an Ihn, ich verlasse mich auf Ihn, ich nehme Ihn als mein alles in allem an. Herr, ich bin errettet und ich werde in alle Ewigkeit errettet sein, denn ich glaube an Jesum. Gelobt sei Dein Name hierfür. Möge ich täglich durch mein Leben beweisen, daß ich von Selbstsucht und Weltlichkeit und jeder Form des Bösen errettet bin.
Aber diese letzten Worte über mein „Haus“: Herr, ich möchte nicht mit einer halben Verheißung davon laufen, wenn Du eine ganze gibst. Ich bitte dich, errette all die Meinen. Errette die nächsten und liebsten. Bekehre die Kinder und Enkel, wenn ich welche habe. Sei meinen Knechten und Mägden gnädig und allen, die unter meinem Dache wohnen oder für mich arbeiten. Du gibst mir persönlich diese Verheißung, wenn ich an den Herrn Jesum glaube; ich bitte Dich, tue, wie Du gesagt hast.
Ich möchte jeden Tag in meinem Gebet die Namen aller meiner Brüder und Schwestern, Eltern, Kinder, Freunde, Verwandten und Diener nennen und Dir keine Ruhe lassen, bis das Wort erfüllt ist: „und dein Haus“. (Charles Haddon Spurgeon)


Was sich in jener Nacht im Gefängnis zu Philippi zutrug, das hat zunächst nur den Kerkermeister mit Paulus zusammengebracht. Seien Frau, seine Kinder, sein Gesinde, sein Haus waren durch das, was geschah, noch nicht berührt. Der Hausvater allein war erschüttert und zur Frage getrieben, was er tun solle, damit er selig werde. Lag denn irgendwelche Bürgschaft dafür vor, dass das, was er empfing, auch in sein Haus hinüberströme? Aber Paulus zweifelt nicht, sondern greift sofort nach dem ganzen Haus des Kerkermeisters. Er trennt den Mann nicht von denen, mit denen er zusammenlebt. Indem er ihm die Verheißung gibt, gilt sie nicht ihm allein, sondern ihm und seinem Haus. Der Vorgang zeigt besonders deutlich, wie gläubig Paulus im natürlichen Geschehen Gottes Wirksamkeit erfasst und geheiligt hat, nicht nur dann, wenn der natürliche Prozess ohne unsere Mitwirkung vor sich geht, sondern auch dann, wenn unser eigener Wille mit seiner Blindheit und Bosheit an unserer natürlichen Lage beteiligt ist. Das Gefängnis von Philippi war kein sonniger Ort und die Familie, die dort heimisch war, lebte in tiefem Schatten. Grund zum Zweifeln und Fragen lag reichlich vor; wie kam wohl diese Ehe zustande und wie sieht die Frau des Kerkermeisters aus und was haben sie aus ihren Kindern gemacht? Aber Paulus kennt kein Zaudern und kein Zweifeln. Sie sind verbunden, sind ein Haus; in ihrem Haus kehrt Gottes Gnade ein. Sie kehrt aber dazu bei ihnen ein, damit ihr geglaubt werde. Nicht so wird sie zum Besitz der Familie, dass sie nur ein Gemeingut bliebe, das sich dem Besitz und Gebrauch der Einzelnen entzieht. Vielmehr entsteht aus der Gegenwart der göttlichen Gnade der persönliche Anspruch, der sich an alle Glieder des Hauses richtet und sie alle zum Glauben beruft. Glauben kann nicht das Haus, sondern die, die es bilden, und Paulus hat oft die Erfahrung gemacht, dass die natürliche Gemeinschaft durch das Evangelium zersprengt wurde. Er musste die Glaubenden von der ehelichen Pflicht entbinden, wenn ihre Gatten ungläubig blieben. Du weißt nicht, sagte er, ob du deinen Mann retten wirst. Doch dies war erst die zweite Möglichkeit, die dann eintrat, wenn der menschliche Widerstand das Ziel des Evangeliums vereitelte. Zunächst hat Paulus in der natürlichen Gemeinschaft ein Mittel gesehen, durch das die göttliche Gnade von einem zum anderen hinübergeht.
Ich stehe an meinem natürlichen Ort, lieber Gott, nicht in der Ferne von Dir, sondern da, wo Du mich hingestellt hast, und hier an meinem natürlichen Ort besucht mich Deine Gnade durch Dein Wort und durch die Gemeinschaft Deines Geistes. Nichts zerstört Deine Gnade, was Du geschaffen hast. Was Du durch die Natur mir verleihst, das heiligst Du durch Deinen Geist, füllst es mit Deiner Gnade und machst es Deinem Willen dienstbar. Darum schulde ich Dir, Herr, Dank für alles, was ich habe, für das, was die Natur mir gibt, und für das, was Dein Geist mir schenkt. Amen. (Adolf Schlatter)

16:32 Und sie sagten ihm das Wort des HERRN und allen, die in seinem Hause waren.

16:33 Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen ab; und er ließ sich taufen und alle die Seinen alsobald.

16:34 Und führte sie in sein Haus und setzte ihnen einen Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, daß er an Gott gläubig geworden war.2)
So heißt es (Ap. Gesch. 16, 34.) von dem Kerkermeister zu Philippi. Geh doch einmal hinein in diesen Kreis froher Menschen, und frage: „Was hat den Mann mit seinem ganzen Hause so froh gemacht?“ Die Freuden der Tafel, Essen und Trinken? O nein, das merkt man ihnen allen an, daß ihre Freude nicht in Küche und Keller geboren ist. Ist ihnen vielleicht eine reiche Erbschaft zugefallen? Wenn du dabei an irdisch Geld und Gut, Haus und Hof denkst - nein. Ist der Hausvater vielleicht in ein einträglicheres und ehrenvolleres Amt befördert? Nein, davon ist unter ihnen nicht die Rede. Haben sie denn etwa von Verwandten und Freunden einen Besuch bekommen und diesen zur Ehre eine Festlichkeit angestellt? Nein. Zwar sind zwei Gäste in ihrer Mitte, aber das sind ein Paar Fremdlinge, Paulus und Silas genannt, die aus fernen Landen nach Philippi gekommen, daselbst gemißhandelt und ins Gefängniß geworfen sind. Doch die Liebe, mit der ihnen von allen Hausgenossen begegnet wird, die ehrerbietige Aufmerksamkeit, mit der man ihrer Rede zuhört, die Thräne der Rührung und des Dankes, die hier und da in einem Auge steht, und so manches andere scheint darauf hinzudeuten, daß diese Männer nicht geringen Theil an der Freude des Hauses haben; wiewohl man Tags zuvor über sie geschrieen hatte: „Diese Menschen machen unsere Stadt irre, und verkündigen eine Lehre, welche uns nicht ziemet anzunehmen, noch zu thun!“ Ja, was diese Männer ins Haus gebracht haben, das hat den Kerkermeister mit seinem ganzen Hause froh gemacht. Merk es dir! Als Paulus und Silas um Mitternacht im Gefängniß beteten und Gott auch in ihren Leiden lobten, siehe, da ward schnell ein großes Erdbeben, daß sich die Grundfesten des Gefängnisses bewegten; und alle Thüren wurden aufgethan und aller Bande los. Der Kerkermeister fuhr aus dem Schlafe, sahe das, meinte die Gefangenen seien entflohen, dachte er der Strafe, die ihn treffen werde, und zog in Verzweiflung sein Schwert, um sich selbst zu erwürgen. Aber Paulus rief ihm zu: „Thue dir nichts Uebels, denn wir sind alle hier.“ Nach dieser Errettung, die er am Rande des Abgrunds erfuhr, fragte er: „Lieben Herren, was soll ich thun, daß ich selig werde“ Sie sprachen: „Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig.“ Gottes Wort und ihre Unterweisung war nicht vergeblich. Er führte sie in sein Haus, und setzte ihnen einen Tisch vor, und freuete sich mit seinem ganzen Hause, daß er an Gott gläubig geworden war. - Sieh da, was Freude, wahre Freude in die Herzen und Häuser der Menschen bringen kann. Der Glaube ist's, derselbe Glaube, den die Welt einen finstern, freudestörenden Glauben nennt. Willst du nicht auch recht froh werden? Oder bist du schon dieses Glaubens von Herzen froh geworden? Auch dein Haus mit dir? (Carl Johann Philipp Spitta)


Dieses wird von dem Kerkermeister zu Philippi gesagt, bei dem in Einer Nacht sehr Vieles vorging. Auf die rohe Sicherheit, mit welcher er eingeschlafen war, folgte ein Schrecken wegen des Erdbebens und der geöffneten Thüren, hernach eine große Furcht der Strafe, die auf ihn fallen würde, weil seine Gefangenen, wie er meinte, entflohen seien. Zu dieser Furcht schlug sich eine Wuth, mit welcher er sich selber erstechen wollte; die Furcht wurde ihm von Paulo benommen und die Wuth besänftigt, als derselbe zu ihm sagte. thue dir nichts Uebels, denn wir sind Alle hier. Als er nun nach seinen äußerlichen Umständen hätte ruhig sein können, so rührte Gott sein Innerstes, und ließ Seine Hand schwer über ihm werden. Er bekam durch das göttliche Licht einen Blick in seinen elenden Seelenzustand und in das ewige Verderben, welches derselbe nach sich ziehen müsse. Er forderte also ein Licht, sprang in’s Gefängniß hinein, und ward zitternd, und fiel Paulo und Sila zu den Füßen, und führte sie heraus, und sprach: liebe Herren, was soll ich thun, daß ich selig werde? Welch ein weiter Schritt von der Wuth, womit er sich selbst entleiben wollte, bis zu dieser wichtigen Frage, die er doch sehr bald machte, weil der Geist des HErrn ihn bewegte. Paulus und Silas sprachen zu ihm: glaube an den HErrn Jesum, so wirst du und dein Haus selig. Dieses Wort, und was sie ihm noch weiter sagten, haftete bei ihm und seinen Hausgenossen: er ließ sich taufen und alle die Seinen alsbald, und freute sich, daß er an Gott glaubig worden war. Also war in dieser für ihn höchst merkwürdigen Nacht seine letzte Gemüthsbewegung Freude, eine Freude nämlich, die daraus entstand, daß er sich nun bewußt war, er sei an Gott glaubig worden. Vorher war dieser Mann ein Götzendiener gewesen, und war ohne Gott in der Welt gewesen, wie Paulus Eph. 2,12. von den Heiden sagt; denn die Fabellehre von den falschen Göttern war so beschaffen, daß sich kein gescheidter Mensch daraus trösten, oder einen von jenen Göttern für einen wahren Gott halten konnte. Nun freute sich aber der Kerkermeister, daß er kein Atheist mehr sei, sondern an Gott glaube. Der Gedanke von Gott war ihm wichtig und süß, weil ihm überdieß gesagt worden war, daß Gott um Christi willen sein gnädiger Gott sein wolle. Auf diesen Glauben hatte er sich taufen lassen, und war nun der christlichen Kirche einverleibt, und hatte Gemeinschaft mit dem Paulus und Silas, die er als heilige Gesandte Gottes ansah, und mit allen wahren Christen.
Unsere Voreltern waren auch Heiden, lebten ohne Gott in der Welt, und waren unwissender und wilder als der Kerkermeister zu Philippi und seine Landsleute. Nun sind wir, ihre Nachkommen, getaufte Christen, und haben das Wort Gottes und die heiligen Sakramente unter uns, durch die uns der Name Gottes, an den wir glauben sollen, kund gethan und der Zugang zu Ihm gezeigt ist. Was war die Ursache, daß das Reich Gottes zu unsern Voreltern kam, da andere Nationen in der Finsterniß blieben, und daß es bisher unter uns erhalten wurde? Nichts als Seine große Gnade und Barmherzigkeit. Lasset uns nun dem Evangelio würdiglich wandeln, dieweil wir es haben, und die empfangene Taufe hoch schätzen. (Magnus Friedrich Roos)


Die Nacht, worin der Kerkermeister sich so freute, war unter allen Nächten, die er vorher durchlebt hatte, für ihn die allerwichtigste. Am Anfang derselben schlief er, hernach wollte er in einer wilden Angst sich selbst erstechen, hierauf fiel er zitternd dem Paulus und Silas, die seine Gefangenen waren, zu Füßen, und sagte: liebe Herren, was soll ich thun, daß ich selig werde? Paulus sagte hierauf ihm und allen seinen Hausgenossen das Nöthigste von dem wahren Gott und von Jesu Christo als dem Heiland der Welt. Sie glaubten, und wurden alsbald getauft; der Kerkermeister bewirthete die beiden Apostel, und freute sich mit seinem ganzen Hause, daß er an Gott glaubig worden war. Es ist unmöglich, daß diese Leute von allen Glaubensartikeln in dieser kurzen Zeit eine ausführliche und vollständige Erkenntniß bekommen konnten: sie wurden aber doch an Gott von Herzen glaubig, und freuten sich, daß sie von der Abgötterei, welche sie nun als einen thörichten Unsinn ansehen, frei gemacht, und zur Erkenntniß des wahren Gottes gebracht worden seien. Der Heilige Geist vergewisserte sie inwendig, daß die Reden Pauli wahr seien, auch war das in selbiger Nacht geschehene Erdbeben mit seinen wunderbaren Folgen ein Beweis für sie, daß Paulus und Silas heilige Männer seien, denen sie Alles glauben dürfen, was sie ihnen von dem einigen Gott und von Jesu Christo gesagt hätten.
Auch wir dürfen uns freuen, wenn wir an Gott glaubig sind. Welch’ ein Glück und Vortheil ist es für einen Menschen, wenn er glaubt und ein wenig versteht, was die drei Aussprüche bedeuten: Gott ist ein Geist, Gott ist ein Licht, und Gott ist Liebe, und wenn ihm der göttliche Name des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, auf den er getauft worden, klar und kräftig wird, und er weiß, daß Gott, dem er wegen der Schöpfung sein Wesen und Leben zu danken hat, ihm als einem Sünder eine Erlösung verschafft habe, und nun ihn als ein verderbtes Geschöpf so in Seine Bearbeitung nehme, wie ein Töpfer seinen Thon, um ihn zu einer ewigen Herrlichkeit zu bereiten! Glauben, was Gott in Seinem Wort geredet hat, Ihm sich mit einem beständigen Vertrauen überlassen und übergeben, seine Ruhe, Ehre und Freude nur in Ihm suchen, und Ihn ewiglich verehren, ist des Menschen Pflicht und Glückseligkeit. Wenn ein Hausvater auch sein ganzes Haus in die Gemeinschaft dieses Glaubens und dieser Verehrung Gottes hineinziehen kann, so ist es eine erwünschte Sache, und es kann geschehen, wenn er vorsichtig und redlich bei denen, die ihm zugehören, handelt, und treulich in seinem Hause wandelt, Ps. 101,2., eine christliche Zucht und Ordnung darin hält, und es täglich mit seinem Gebet segnet. Hat er sich aber schon bei der ersten Einrichtung seines Hauses eine gottselige Ehegattin gewählt, und ist er auch in Ansehung des Gesindes so gesinnt, wie David Ps. 101,3-7. sagt, so kann der Vorsatz desto gewisser ausgeführt werden: ich und mein Haus wollen dem HErrn dienen. Auf ein solches Haus sehen die Augen des HErrn mit Wohlgefallen, der HErr Jesus läßt Sich darin als ein gegenwärtiger guter Hirte spüren, Er beschützet und segnet es, und versammelt endlich Alle, die dazu gehören, in dem Hause Seines Vaters. (Magnus Friedrich Roos)

16:35 Und da es Tag ward, sandten die Hauptleute Stadtdiener und sprachen: Laß die Menschen gehen!

16:36 Und der Kerkermeister verkündigte diese Rede Paulus: Die Hauptleute haben hergesandt, daß ihr los sein sollt. Nun ziehet aus und gehet hin mit Frieden!

16:37 Paulus aber sprach zu ihnen: Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich gestäupt, die wir doch Römer sind, und uns ins Gefängnis geworfen, und sollten uns nun heimlich ausstoßen? Nicht also; sondern lasset sie selbst kommen und uns hinausführen!

16:38 Die Stadtdiener verkündigten diese Worte den Hauptleuten. Und sie fürchteten sich, da sie hörten, daß sie Römer wären,

16:39 und kamen und redeten ihnen zu, führten sie heraus und baten sie, daß sie auszögen aus der Stadt.

16:40 Da gingen sie aus dem Gefängnis und gingen zu der Lydia. Und da sie die Brüder gesehen hatten und getröstet, zogen sie aus.3)
Die Gemeinde zu Philippi ist die erste Christengemeinde in Europa, welche die Apostel gegründet haben; eine Gemeinde, an die noch ein Brief des Apostels Paulus vorhanden ist und die er darin seine Freude und seine Krone nennt. Mit Widerstand und unter Verfolgung seiner ersten Zeugen fing das Christenthum in Europa an. So hat es sich auch bisher durchgekämpft. Oft verfolgt, aber niemals vernichtet und ausgerottet, von der ganzen Macht des kaiserlichen und päbstlichen Roms angefallen, vermochte es keine Macht zu unterdrücken; selbst im Gefängnisse gewann es noch Siege. Sein Gang durch ganz Europa und durch alle Jahrhunderte bis zu dem Scheiterhaufen des Johann Huß, bis in die Rathhaussäle von Worms und Augsburg, und von da bis auf unsere Zeit, ist eine fortgehende Bestätigung des großen Wortes des Erlösers: „Die Pforten der Hölle sollen meine Gemeinde nicht überwältigen.“ Was ihr aber am meisten geschadet hat, ist nicht die Feindschaft ihrer Gegner, sondern die Lauigkeit ihrer eignen Bekenner gewesen; jene Lauigkeit, der es ganz gleich ist, ob und was sie glaubt, die nichts mehr fürchtet als Entschiedenheit und Eifer, die gern Frieden hält mit Jedermann, selbst auf die Gefahr, darüber ewig verloren zu gehen, die um äußern Vortheils willen jeden Augenblick der Seelen Seligkeit auf’s Spiel setzt. Vor dieser Lauigkeit bewahre uns, o Herr, sie ist der Tod des innern Lebens; gieb aber, ach, mehre in uns den lebendigen Glauben, der in gründlicher Buße geboren, Dich zuversichtlich ergreift und in wahrhaftigem und unermüdetem Fleiße der Heiligung sich geschäftig erzeigt. Bewahre uns vor Selbstbetrug, vor falschem Verstandes- und Lippenglaubens, und wirke Du selbst den rechten, lebendigen Herzensglauben in uns, der Christum auf Gnade und Ungnade ergreift, Ihm sein böses Gewissen bringt, sich von Ihm überwinden läßt und aus seiner Fülle lebt, damit wir das Ende des Glaubens, der Seelen Seligkeit, sicher und freudig davonbringen. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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