Spurgeon, Charles Haddon - 2. Petrusbrief (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - 2. Petrusbrief (Andachten)

2. Petrus 1,4

„Teilhaftig der göttlichen Natur.“

Teilhaftig werden der göttlichen Natur, das will nicht sagen: Gott selber werden. Das ist unmöglich. Das Wesen Gottes ist unerreichbar für die Kreatur. Zwischen dem Geschöpf und dem Schöpfer muss immer eine Kluft bleiben in Beziehung auf das eigenste Wesen beider; aber gleichwie der erste Adam zum Ebenbilde Gottes erschaffen wurde, so werden wir durch die Erneuerung des Heiligen Geistes in einem viel göttlichern Sinne zum Ebenbilde des Höchsten neugeboren und werden teilhaftig der göttlichen Natur. Wir werden durch Gottes Gnade gottähnlich. „Gott ist die Liebe;“ so werden wir Liebe. „Wer lieb hat, der ist von Gott geboren.“ Gott ist die Wahrheit; so werden wir wahrhaftig und lieben, was wahrhaftig ist. Gott ist gut; und so macht Er uns gut durch seine Gnade, so dass wir die Seligen werden, die da reines Herzens sind und Gott schauen. Aber noch mehr: wir werden teilhaftig der göttlichen Natur in einem noch viel höheren Sinne, ja, in einem so erhabenen Sinne, als es nur erfasst werden kann, also dass wir fast der göttlichen Vollkommenheit selber gleichkommen. Werden wir denn nicht Glieder am Leibe der göttlichen Person Christi? Ja, dasselbe Blut, das im Haupte fließt, durchströmt auch die Glieder; und dasselbe Leben, das Christum durchdringt, durchdringt auch sein Volk, denn „ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott.“ Ja, wie wenn dies noch nicht genug wäre: wir werden Christo vermählt. Er hat uns Ihm vertraut in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit, und wer mit dem Herrn verbunden ist, der ist ein Geist mit Ihm. O geheimnisvolles Wunder! o wunderbares Geheimnis! wir sehen es vor Augen, aber wer kann‘s verstehen? Eins mit Jesu, so eins mit Ihm, dass die Rebe nicht inniger verbunden ist mit dem Weinstock, als wir mit dem Herrn, unserem Heiland und unserem Erlöser! Wenn wir uns hierüber herzlich freuen dürfen, so lasset uns bedenken, dass, wer der göttlichen Natur teilhaftig geworden ist, ihre Höhe und heilige Abstammung offenbaren muss im Umgang mit andern, und es beweisen muss täglich in Wort und Wandel, dass er dem Verderben entronnen ist, das in der Welt herrscht durch die vergängliche Lust. „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen! Darum ein jeglicher, der solche Hoffnung hat zu Ihm, der reinigt sich, gleichwie Er auch rein ist.“ Ach, Herr, schenke uns die Gnade eines heiligeren, göttlicheren Lebens!

2 Petrus 1,4

So ihr fliehet die vergängliche Lust der Welt.

Verbanne auf immer den Gedanken, dem Fleische zu Gefallen zu leben, wenn du in der Kraft deines auferstandenen Heilandes einherwandeln willst. Es wäre übel, wenn ein Mensch, der in Christum eingepflanzt ist, noch müsste im Sündenverderben verharren. „Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?“ sprach der Engel zu Magdalena. Sollte der Lebendige im Grabe bleiben? Kann das Leben aus Gott in dem Beinhause der fleischlichen Lüste eingekerkert werden? Wie können wir am Reich des Herrn Teil haben, und doch den Kelch Belials trinken? Gewiss, liebe, gläubige Seele, von den offenbaren Lastern und Sünden bist du frei geworden; aber bist du auch den geheimern und verlockendern Leimruthen des satanischen Vogelstellers entronnen? Bist du von der Lust der Hoffart frei geworden? Bist du der Trägheit entflohen? Bist du der fleischlichen Sicherheit unbeschädigt entronnen, suchst du Tag für Tag dich über die Weltlust, über die Hoffart des Lebens, über das verführerische Laster des Geizes zu erheben? Bedenke, dass du um deswillen mit den Schätzen Gottes bereichert wurdest. Wenn du wirklich ein Auserwählter Gottes und Sein liebes Kind bist, so gestatte nicht, dass alle reichen Schätze der Gnade umsonst auf dich herabgeschüttet werden. Jage der Heiligung nach; sie ist des Christen Krone und Herrlichkeit. Eine unheilige Gemeine, das würde der Welt nichts nützen, und hätte für die Menschen keinen Wert. Sie wäre eine Abscheulichkeit, ein Spott der Hölle, dem Himmel ein Entsetzen. Die furchtbarsten Gerichte, die über die Welt hereingebrochen sind, sind über sie gebracht worden durch eine unheilige Kirche. O, lieber Christ, du hast dich Gott gelobt, du bist ein Priester Gottes: so tue danach. Du bist ein Fürst Gottes: herrsche über deine Lüste. Du bist Gottes Auserwählter: mache nicht gemeinschaftliche Sache mit Belial. Der Himmel ist dein Erbe: so lebe als ein himmlischer Geist, und zeige, dass du wahrhaft an Jesum gläubig bist; denn es kann kein Glaube in einem Herzen wohnen, wenn er sich nicht in einem Leben der Heiligung ausprägt.

Lass täglich Deine Huld und Macht
Um meine Schwachheit schweben!
Dein Licht verschlinge meine Nacht,
Und meinen Tod Dein Leben!„

(Goldstrahlen Juni 26)

2. Petrus 1,8

Denn wo solches reichlich bei euch ist, wird es euch nicht faul noch unfruchtbar sein lassen, in der Erkenntnis unsres Herrn Jesu Christi.

Wenn wir wünschen, unsren Herrn durch Fruchtbarkeit zu verherrlichen, so müssen sich gewisse Dinge in uns finden; denn nichts kann aus uns herauskommen, was nicht zuerst in uns ist. Wir müssen mit dem Glauben beginnen, der die Grundlage aller Tugenden ist; und dann fleißig hinzufügen Tugend, Erkenntnis, Mäßigkeit und Geduld. Dazu müssen wir Gottseligkeit und brüderliche Liebe haben. Wenn alle diese verbunden ist, so werden wir sicherlich als unsre Lebensfrucht die Trauben nützlichen Wirkens hervorbringen, und werden nicht nur müßige Kenner, sondern wirkliche Täter des Wortes sein. Diese heiligen Dinge müssen sich nicht bloß in uns finden, sondern sie müssen sich reichlich finden, sonst werden wir unfruchtbar sein. Frucht ist das Überfließen des Lebens, und wir müssen voll sein, ehe wir überfließen können.

Wir haben Männer gekannt, die beträchtliche Fähigkeiten und günstige Gelegenheit hatten, und denen es doch nie gelang, in der Bekehrung von Seelen wirklich Gutes zu wirken; und nach genauer Beobachtung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ihnen gewisse Gnaden fehlten, die schlechthin notwendig zum Fruchttragen sind. Für ein wirklich nützliches Wirken sind Gnaden besser als Gaben. Wie der Mensch ist, so ist sein Werk. Wenn wir besser wirken wollen, so müssen wir besser sein. Lasst diesen Spruch einen leisen Wink sein für unfruchtbare Christen, und für mich selber auch.

2. Petrus 2,9

Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen, die Ungerechten aber zu behalten zum Tage des Gerichts, zu peinigen

Die Gottseligen werden versucht und geprüft. Das ist kein wahrer Glaube, der nie auf die Probe gestellt ist. Aber die Gottseligen werden aus ihren Versuchungen erlöst, und das nicht durch Zufall, noch durch Mittelursachen, sondern durch den Herrn selber. Er übernimmt persönlich das Amt, diejenigen zu erlösen die Ihm vertrauen. Gott liebt die Gottseligen oder Gottähnlichen, und Er weiß ganz genau, wo sie sind und wie es ihnen geht.

Zuweilen scheint ihr Weg ein Labyrinth, und sie können sich nicht vorstellen, wie sie drohender Gefahr entgehen werden. Was sie nicht wissen, weiß ihr Herr. Er weiß, wen Er zu erlösen hat und wann Er zu erlösen hat und wie Er zu erlösen hat. Er erlöst auf die Art, welche für den Gottseligen am wohltätigsten ist, für den Versucher am zermalmendsten und für Ihn selber am glorreichsten. Wir mögen das „Wie?“ dem Herrn überlassen und es zufrieden sein, uns darüber zu freuen, dass Er auf die eine oder andre Art die Seinen durch alle Gefahren, Leiden und Versuchungen dieses sterblichen Lebens hindurch zu seiner Rechten in der Herrlichkeit bringen wird.

Heute ist es nicht meine Sache, in meines Herrn Geheimnisse hinein zu spähen, sondern geduldig auf seine Zeit zu harren und zu wissen, dass, ob ich auch nichts weiß, mein himmlischer Vater alles weiß

2. Petri 3,18.

„Wachset in der Gnade und Erkenntnis unsres Herrn und Heilandes Jesu Christi.“

Wachset in der Gnade - nicht nur in einer einzelnen Gnade, sondern in aller Gnade. Wachset in der Grund-Gnade, dem Glauben. Vertraue, teure Seele, fester als bisher auf die Verheißungen. Dein Glaube werde völliger, beständiger, einfältiger, kindlicher. Und so wachse auch in der Liebe. O, bitte, dass deine Liebe umfassender, inniger, tätiger werde, dass sie alle deine Werke, Worte und Gedanken durchdringe. Auch in der Demut wachse. Suche recht niedrig zu werden und erkenne mehr und mehr deine Dürftigkeit, und dass du so gar nichts bist. Und wie du in die Demut hinabwurzelst, so suche auch nach oben zu wachsen, schwinge dich im Gebet höher empor zu Gott und ringe nach innigerer Gemeinschaft mit Jesu, deinem Seelenbräutigam. Gott und der Heilige Geist mögen dir auch Gnade schenken, zu „wachsen in der Erkenntnis unsres Herrn und Heilandes.“ Wer nicht wächst in der Erkenntnis Jesu, verschmähet das Heil. Ihn erkennen, ist „ewiges Leben,“ und in seiner Erkenntnis zunehmen, ist Wachstum in der Glückseligkeit. Wer sein Verlangen nach größerer Erkenntnis Christi fühlt, weiß noch nichts von Ihm. Wer einmal von diesem Wein gekostet hat, dürstet immer mehr danach; denn obgleich Christus volles Genüge gibt, so ist dies doch solch eine Befriedigung, dass das Verlangen nicht gestillt, sondern nur gemehrt wird. Wenn ihr die Liebe Jesu einmal kennt, dann dürstet eure Seele nach volleren Zügen seiner Liebe, „gleichwie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser“ (Ps. 42, 1). Wenn ihr euch nicht danach sehnt, Ihn inniger zu lieben und zu kennen, dann liebt ihr Ihn gar nicht; denn die Liebe schreit beständig: „Komm, o komm!“ Ferne von Christo sein, ist die Hölle; aber die Gnadengegenwart Jesu ist der Himmel. Darum gib dich nicht zufrieden, wenn du nicht zunimmst in der Erkenntnis Jesu. Suche Ihn näher kennen zu lernen in seiner göttlichen Herrlichkeit, in seiner menschlichen Natur, in dem, was Er vollbracht hat, in seinem Tod, in seiner Auferstehung, in seinem stellvertretenden Hohenpriesteramt und in seiner herrlichen Zukunft als König seines Reiches. Bleibe am Fuß des Kreuzes und forsche im Geheimnis seiner Wunden. Wachstum in der Liebe zu Jesu und ein völligeres Verständnis seiner Liebe zu uns sind die sichersten Zeichen vom Wachstum in der Gnade.

2. Petri 3,18.

„Demselben sei Ehre, nun und zu ewigen Zeiten.“

Der Himmel ist erfüllt von dem ununterbrochenen Lob und Preis Jesu. Ewigkeit! Deine unzähligen Jahre mögen ihre ewige Strömung noch so sehr beschleunigen, dennoch tönt‘s von Ewigkeit zu Ewigkeit: „Ihm sei Preis, und Ehre, und Dank.“ Ist Er nicht „ein Priester in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchisedeks?“ „Demselben sei Ehre.“ Ist Er nicht ein König ewiglich? Der König aller Könige und der Herr aller Herren, der Ewig-Vater? „Ihm sei Ehre zu ewigen Zeiten.“ Nie wird sein Lob ein Ende nehmen. Was mit Blut erkauft wurde, ist wert, zu dauern, solange die Unsterblichkeit währt. Die Ehre des Kreuzes kann sich nie verdunkeln; der Glanz des Grabes und der Auferstehung kann nie ermatten. O Jesu! gelobt seist Du in Ewigkeit. Solange die unsterblichen Geister leben, solange des Vaters Thron stehen bleibt, ewig, ewig, sei Dir Ehre. Gläubige Seele, du eilst voraus in die Zeiten, wo du in Gemeinschaft mit den Heiligen dort oben Jesu allein alle Ehre geben wirst; aber verherrlichst du Ihn auch schon jetzt? Die Worte des Apostels heißen: „Demselben sei Ehre, nun und zu ewigen Zeiten.“ Willst du nicht heute im Gebet flehen: „Herr, hilf, dass ich Dich möge verherrlichen; ich bin arm, hilf, dass ich Dich preise durch Geduld; es sind mir Pfunde anvertraut, gib, dass ich Dich erhöhe, damit, dass ich sie Dir weihe; ich habe Muße, Herr, lass mich sie verwenden zu Deinem Dienst; ich habe ein fühlendes Herz, Herr, lass es nur in Deiner Liebe glühen und nichts andres empfinden als den Liebesdrang zu Dir; ich habe einen denkenden Verstand, gib, dass ich an Dich und für Dich denke; Du hast mich nicht umsonst in diese Welt gestellt, Herr, zeige mir, was ich tun soll, und stehe mir bei in der Erfüllung meiner Lebensaufgabe: ich kann nicht vieles wirken; aber gleich wie die Witwe ihre zwei Scherflein, all ihre Nahrung, in den Gotteskasten legte, so, Herr, lege ich meine Zeit und meine Ewigkeit in Deinen Schatz; ich bin ganz Dein; nimm mich und schaffe, dass ich Dich jetzt verherrlichen möge in allem, was ich rede, durch alles, was ich tue, und mit allem, was ich habe.

„Nimm an den schwachen Preis und Ruhm
Von Deinem Volk und Eigentum.“

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