Spurgeon, Charles Haddon - Exodus - 2. Buch Mose (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Exodus - 2. Buch Mose (Andachten)

2 Mose 3,7

„Ich habe ihr Leid erkannt.“

Ein Kind ist vergnügt, wenn es singt: „Es ist dem Vater wohl bekannt;“ und sollen nicht auch wir getrost sein, wenn wir entdecken, dass unser teurer Freund und Seelen-Bräutigam Alles weiß, wies mit uns steht?

1) Er ist der Arzt, und wenn Er alles weiß, so ists nicht nötig, dass es der Kranke auch weiß. Still, du verzagtes, wankelmütiges Herz, das bald weint, bald betet, bald zweifelt! Was du jetzt nicht weißt, wirst du hernach erfahren, und vor der Hand kennt Jesus, der geliebte Arzt, die leiden deiner Seele. Was braucht doch der Kranke zu wissen, wie seine Heilmittel zusammengesetzt sind, oder was braucht er die Krankheitserscheinungen zu verfolgen? Das ist Sache des Arztes, und geht mich nichts an, weil ichs nicht verstehe. An mir ists, Vertrauen zu ihm zu haben, und an ihm, mir mein Verhalten vorzuschreiben. Ich bin überzeugt, dass Alles zu einem guten Ende führt, wie seltsam auch sein Verfahren sei.

2) Er ist der Meister, und Sein Wissen muss unsern Mangel an Kenntnissen ersetzen; wir haben nur zu gehorchen und nicht zu urteilen. „Ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut.“ Hat der Baumeister nötig, jedem Handlanger die Bedeutung seines Entwurfes in allen Einzelheiten auseinander zu setzen? Der Thon auf der Töpferscheibe kann nicht sagen, welche Gestalt ihm soll gegeben werden; wenn nur der Töpfer sein Handwerk versteht, was kümmert ihn doch die Unwissenheit des Thons? Mein Herr darf von einem so unwissenden Geschöpf, wie ich, nicht durch allerlei Kreuz- und Querfragen belästigt werden?

3) Er ist das Haupt; alle Weisheit vereinigt sich in Ihm. Was weiß der Arm zu überlegen, was begreift der Fuß? Alle Macht des Erkennens und Wissens liegt im Haupt. Wozu hätten die Glieder ein besonderes Gehirn nötig, wenn das Haupt alles Denken für sie verrichtet? Darin also muss der Gläubige in seinem Leiden seinen ganzen Trost suchen, dass Jesus Alles weiß und voraussieht, wenn er selber auch nicht weiß, was es mit ihm für ein Ende nimmt. Teurer Herr Jesu, sei Du allezeit Auge und Seele und Haupt für uns, und gib, dass wir zufrieden sind mit der Erkenntnis dessen, was Du für gut findest, uns zu offenbaren. (Goldstrahlen August 14)

2. Mose 3,12

Er sprach: Gewiss, ich will mir dir sein.

Natürlich, wenn der Herr Mose mit einer Botschaft aussandte, so wollte Er ihn natürlich nicht allein gehen lassen. Die furchtbare Gefahr, die damit verbunden war und die große Macht, die dazu erforderlich, würde es lächerlich gemacht haben, wenn Gott einen armen, einsamen Hebräer gesandt, dem mächtigsten König in der Welt die Spitze zu bieten, und ihn dann allein gelassen hätte. Es ließ sich gar nicht denken, dass ein weiser Gott den armen Moses sich mit Pharao und den ungeheuren Streitkräften Ägyptens messen lassen werde. Darum spricht Er: „Gewiss, ich will mit dir sein,“; als wenn es außer aller Frage wäre, dass Er ihn nicht allein senden wolle.

In meinem Falle wird auch dieselbe Regel anwendbar sein. Wenn ich mit des Herrn Botschaft ausgehe in einfachem Vertrauen auf Seine Macht, und allein Seine Ehre im Auge habe, so ist es gewiss, dass Er mit mir sein wird. Dass Er mich sendet, verbindet Ihn, mich zu unterstützen. Ist dies nicht genug? Was kann ich mehr bedürfen? Wenn alle Engel und Erzengel mit mir wären, so möchte es mir misslingen, aber wenn Er mit mir ist, so muss es gelingen. Lasst mich nur Sorge tragen, dass ich dieser Verheißung würdig handle. Lasst mich nicht schüchtern, halbherzig, sorglos, vermessen gehen. Was für ein Mann sollte der sein, der Gott mit sich hat! In solcher Gesellschaft geziemt es mir, mich männlich zu zeigen und wie Mose ohne Furcht zu Pharao hineinzugehen.

2. Mose 4,12

So gehe nun hin: Ich will mit deinem Munde sein, und dich lehren, was du sagen sollst.

Mancher wahre Diener Gottes hat eine schwere Sprache, und wenn er berufen wird, für seinen Herrn zu sprechen, ist er in großer Verwirrung aus Furcht, eine gute Sache durch seine schlechte Vertretung zu verderben. In solchem Fall ist es gut, sich daran zu erinnern, dass der Herr die Zunge gemacht hat, die so schwer ist, und dass wir uns hüten müssen, unsren Schöpfer zu tadeln. Es mag sein, dass eine schwere Zunge kein so großes Übel ist, wie eine schnelle, und wenig Worte mögen mehr Segen mit sich führen als ein großer Wortschwall. Es ist auch ganz gewiss, dass wahrhaft errettende Macht nicht in menschlicher Rhetorik mit ihren hübschen Phrasen und hohen Worten liegt. Mangel an Geläufigkeit im Reden ist kein so großer Mangel, wie es aussieht.

Wenn Gott mit unsrem Munde ist und mit unsrem Geiste, so werden wir etwas Besseres haben, als das tönende Erz der Rhetorik oder die klingende Schelle der Überredungskunst. Gottes Belehrung ist Weisheit, seine Gegenwart ist Macht. Pharao hatte mehr Grund, sich vor dem stotternden Mose zu fürchten, als vor dem geläufigsten Schwätzer in Ägypten; denn in dem, was er sagte, war Macht; er sprach von Plagen und Tod. Wenn der Herr mit uns ist in unserer natürlichen Schwachheit, so werden wir mit übernatürlicher Kraft umgürtet sein. Deshalb lasst uns kühn für Jesum sprechen, so wie wir sprechen sollten.

2 Mose 7,5

Die Ägypter sollen es inne werden, dass ich der Herr bin.

Die ungöttliche Welt ist hart zu lehren. Ägypten kennt nicht Jahwe, und wagt deshalb, seine Götzen aufzurichten und erkühnt sich sogar zu fragen: „Wer ist der Herr?“ Jedoch, der Herr hat im Sinne, stolze Herzen zu brechen, ob sie wollen oder nicht. Wenn seine Gerichte über ihren Häuptern donnern, ihren Himmel verdunkeln, ihre Ernten zerstören und ihre Söhne erschlagen, dann beginnen sie, etwas von Jahwes Macht inne zu werden. Es werden noch Dinge auf Erden geschehen, welche Zweifler auf die Knie bringen sollen. Lasst uns nicht entmutigt werden durch ihre Lästerungen, denn der Herr vermag für Seinen eignen Namen Sorge zu tragen und wird dies in sehr wirksamer Weise tun!

Die Errettung seines Volkes war ein anderes, kräftiges Mittel, Ägypten wissen zu lassen, dass der Gott Israels Jahwe, der lebendige und wahre Gott ist. Kein Israelite starb durch eine der zehn Plagen. Keiner von dem erwählten Samen ertrank im Roten Meere. Ebenso wird die Errettung der Erwählten und die gewisse Verherrlichung aller wahren Gläubigen die hartnäckigsten Feinde Gottes zu dem Eingeständnis zwingen, dass Jahwe Gott ist.

O, dass seine überzeugende Macht durch den Heiligen Geist die Predigt des Evangeliums begleite, bis alle Völker sich vor dem Namen Jesu beugten und Ihn Herr nennten!

2 Mose 7,12

„Aber Aarons Stab verschlang ihre Stäbe.“

Die vorliegende Geschichte ist ein lehrreiches Sinnbild von dem gewissen Siege der göttlichen Führungen über alle Hindernisse. Wo auch immer ein göttlicher Funke in ein Herz fällt, so muss er, so gewiss als Gott in der Sache ist, zum gewaltigen Feuer anschwellen, das alle Feinde verzehrt, obgleich der Satan sich entgegenstellt, und ganze Heere von Widersachern dagegen herausführt. Wenn die göttliche Gnade einen Menschen in Besitz nimmt, so können die Zauberer der Weltlust alle ihre Stäbe zu Boden werfen, und jeder Stab mag ebenso gefährlich und giftig sein wie eine Schlange; dennoch wird Aarons Stab alle ihre Stäbe verschlingen. Die lieblichen Schönheiten des Kreuzes freien und werben um das menschliche Herz, und wer zuvor nur für diese betrügliche Erde gelebt hat, gewinnt jetzt Freude an den höheren Dingen, und empfängt Flügel, mit denen er sich in die Höhen der Verklärung emporschwingt. Wenn die Gnade den Sieg errungen hat, dann sucht der frühere Weltmensch die zukünftige Welt. Welcher Menge von Feinden muss unser Leben die Spitze bieten! Unsere alten Sünden: der Teufel hat diese Stäbe vor uns auf den Boden geworfen und sie sind zu Schlangen geworden. Wie ist ihrer eine so große Menge! Aber siehe, das Kreuz Christi verschlingt sie alle. Der Glaube an Christum bricht allen unseren Sünden bald das Genick. Danach hat der Teufel ein anderes Heer von Schlangen hervorgezaubert, unter der Gestalt von weltlichen Trübsalen, Versuchungen, Zweifeln; aber der Glaube an Jesum ist ihnen weit überlegen, und überwindet sie alle. Die gleiche vernichtende Kraft leuchtet hervor aus einem gläubigen Gottesdienst; mit einer innigen Liebe zu Jesu überwältigt man Schwierigkeiten, Opfer werden uns zu Freuden, Leiden zu Herrlichkeiten. Wenn aber die wahre Gottesfurcht zu einer alles verzehrenden Begeisterung werden muss, dann gibt es Viele, welche Gott mit dem Munde bekennen, Ihn aber nicht im Herzen haben; denn das, was sie haben, trägt dieses Siegel nicht. Prüfe dich hierüber, liebe Seele. Aarons Stab bewährte seine himmelentstammte Kraft. Tut das deine Frömmigkeit auch? Ist dir Christus etwas, so muss Er dir Alles sein. Ach, gönne dir keine Ruhe, bis Liebe und Glaube an deinen Herrn die herrschenden Begierden deines Herzens geworden sind. (Goldstrahlen Juni 28)

2 Mose 8,23

„Und ich will eine Scheidung setzen zwischen meinem und deinem Volk; morgen soll das Zeichen geschehen.“

Pharao hat ein Volk, und der Herr hat ein Volk. Sie mögen zusammen wohnen, und es mag scheinen, dass es ihnen gleichmäßig ergeht, aber es ist eine Scheidung zwischen ihnen, und der Herr wird sie klar machen. Nicht für immer soll dasselbe Geschick sie alle treffen, sondern es soll ein großer Unterschied zwischen der Welt und dem erwählten Volk Jehovas sein.

Dies mag der Fall sein bei Gerichten, wo der Herr das Heiligtum seiner Heiligen wird. Es ist sehr sichtbar in der Bekehrung Gläubiger, wenn ihre Sünde hinweggetan wird, während Ungläubige unter der Verdammung bleiben. Von diesem Augenblick an werden jene eine unterschiedliche Rasse unter eine neue Zucht kommen und neue Segnungen genießen. Ihre Häupter sind fortan frei von den lästigen Fliegenschwärmen, von welchen die Ägypter verunreinigt und gequält werden. Sie werden bewahrt vor der Befleckung der Lüste, dem Biß der Sorge, der Fäulnis der Falschheit und der grausamen Qual des Hasses, wodurch viele Familien verzehrt werden.

Sei versichert, angefochtener Gläubiger, obgleich du deine Leiden hast, bist du doch errettet von Schwärmen noch schlimmerer, welche die Häuser und Herzen der Diener des Fürsten dieser Welt plagen. Der Herr hat eine Scheidung gesetzt; siehe zu, dass du diese Scheidung aufrecht hältst in Geist, Ziel, Charakter und in deinem Umgang.

2 Mose 8,24

„Allein, dass ihr nicht ferner zieht.“

Das ist ein listiges Wort, dies Wort aus dem Munde des Erz-Tyrannen Pharao. Wenn die armen, geknechteten und unterdrückten Israeliten notwendig außer Landes ziehen müssen, dann marktet er mit ihnen, die Reise solle nicht weit hinweg gehen; nicht so weit, dass sie der Furcht vor seinem gewaltigen Heere entfliehen oder der Beobachtung seiner Kundschafter sich entziehen könnten. Ganz nach derselben Weise hats die Welt nicht gern, wenn man sich ihr nicht gleichstellen will, wenn man sich in Wort und Wandel, in Gesinnung und Gesittung von ihr unterscheidet; sie möchte gern freundlich mit uns tun und es nicht mit uns verderben durch eine zu harte Hand. Der Welt absterben, mit Christo begraben werden in den Tod, das sind Erfahrungen, die der fleischliche Sinn lächerlich findet und zu Spott macht; und darum wird das redliche Streben derer, die sich nach Christi Befehl und Willen richten und Ihm aufrichtig nachfolgen wollen, fast allgemein verkannt und selbst verdammt, und wenige sind, dies noch ernst damit nehmen. Die Klugheit der Welt empfiehlt den Weg der Mäßigung und redet von „Vermittlung.“ Nach der Meinung dieser fleischlichen Weisheit wird zugegeben, dass Sittenreinheit etwas sehr Wünschenswertes sei; aber wir werden gewarnt, es damit nicht zu ernst zu nehmen; Wahrheit sei ohne Zweifel ein edles Ziel, aber Zweifel solle man nicht zu strenge richten, und Irrtümer seien ohnedies nicht zu vermeiden. „Ja,“ spricht die Welt, „seid allerdings geistlich gesinnt, aber versagt euch nicht ganz alle muntere Gesellschaft, einen Tanz in Ehren oder eine schöne Oper. Was nützts, eine Sache so zu verschreien, die doch so sehr zum guten Ton gehört und die alle Welt mitmacht?“ Scharen von Christus-Bekennern geben diesen schlauen Vorstellungen nach, zu ihrem ewigen Verderben. Wenn wir dem Herrn ganz nachfolgen wollen, so müssen wir in die Wüste der Entsagung fliehen und das Ägypten der fleischlichen Welt hinter uns zurücklassen. Wir müssen ihren Grundsätzen, ihren Freuden, ihrer lauen Frömmigkeit den Abschied geben und weit hinwegziehen an die Stätte, wohin der Herr seine Geheiligten beruft. Je weiter weg von der Natter, desto besser. Allen wahren Gläubigen verkündet der Posaunenschall: „Geht aus von ihr, mein Volk, dass ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden.“

2 Mose 11,7

Aber gegen alle Kinder Israel soll nicht ein Hund mucken, gegen Menschen oder Vieh; auf dass ihr erfahret, wie der Herr Israel und Ägypten scheide.

Was! Hat Gott Macht über die Zungen der Hunde? Kann Er Hunde vom Bellen abhalten? Ja, so ist es. Er kann sogar einen ägyptischen Hund hindern, eins der Lämmer von Israels Herde zu plagen. Bringt Gott Hunde zum Schweigen, und hündische Menschen und den großen Hund am Höllentor? Dann lasst uns ohne Furcht unsren Weg verfolgen.

Wenn Er den Hunden gestattet, ihre Zungen zu bewegen, so kann Er doch ihre Zähne zurückhalten. Sie mögen einen furchtbaren Lärm machen und trotzdem uns keinen wirklichen Schaden zufügen. Doch, wie süß ist Stille! Wie schön ist es, sich unter Feinden zu bewegen und wahrzunehmen, dass Gott sie in Frieden mit uns sein lässt! Wie Daniel in der Löwengrube sind wir unverletzt unter den Verderbern.

O, dass heute dieses Wort des Herrn an Israel auch für mich wahr wäre! Plagt mich der Hund? Ich will meinem Herrn davon sagen. Herr, er kümmert sich nicht um meine Vorstellungen; sprich Du das Wort der Macht, und er muss sich niederlegen. Gib mir Frieden, o mein Gott, und lass mich Deine Hand so deutlich darin sehen, dass ich klar den Unterschied wahrnehmen möge, den Deine Gnade zwischen mir und den Ungöttlichen gemacht hat!

2 Mose 12,13

Wenn ich das Blut sehe, will ich an euch vorübergehen.

Dass ich selber das kostbare Blut sehe, ist zu meinem Troste, aber dass der Herr es sieht, ist das, was meine Sicherheit verbürgt. Selbst wenn ich nicht im Stande bin, es zu sehen, so blickt der Herr darauf und geht deshalb an mir vorüber. Wenn ich nicht so ruhig bin, wie ich es sein sollte, weil mein Glaube trübe ist, so bin ich doch ebenso sicher, weil des Herrn Auge nicht trübe ist und Er beständig das Blut des großen Opfers anschaut. Welch Freude ist dies!

Der Herr sieht die tiefe, innere Bedeutung, die unendliche Fülle alles dessen, was der Tod seines lieben Sohnes bezeichnet. Er sieht es mit ruhiger Erinnerung daran, dass die Gerechtigkeit befriedigt und alle Seine unvergleichlichen Eigenschaften verherrlicht sind. Er sah die Schöpfung in ihrem Fortschreiten und sprach: „Es ist sehr gut!“ aber was sagt Er von der Erlösung in ihrer Vollendung? Was sagt Er von dem Gehorsam, selbst bis zum Tode Seines geliebten Sohnes? Niemand kann seine Freude an Jesu beschreiben, und seine Ruhe in dem süßen Geruch, den Jesus darbrachte, als Er sich selber ohne Flecken Gott opferte.

Nun ruhen wir in stiller Sicherheit. Wir haben Gottes Opfer und Gottes Wort, das ein Gefühl vollkommener Geborgenheit in uns schafft. Er will, Er muss an uns vorübergehen, weil Er unsren glorreichen Stellvertreter nicht verschonte. Die Gerechtigkeit reicht der Liebe die Hand, um ewiges Heil für alle Blutbesprengten zu sicheren.

2 Mose 14,13

„Stehet still, und sehet zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird.“

In diesen Worten ist Gottes Befehl an den Gläubigen enthalten, wenn er in schwere Kämpfe verflochten wird und in außerordentlich schwierige Lagen gerät. Er kann nicht zurück, er kann nicht vorwärts, links und rechts ist er eingeschlossen; was soll er nun machen? Des Meisters Wort an ihn lautet: „Stehe still.“ Es ist gut für ihn, wenn er in solchen Zeiten nur auf seines Meisters Worte hört, denn es kommen andre und schlimme Ratgeber genug mit ihren eitlen Anschlägen. Die Verzweiflung flüstert ihm zu: „Leg' dich hin und stirb; gib alles verloren.“ Aber Gott will, dass wir fröhlichen Mut fassen, und uns auch in den schlimmsten Zeiten seiner Liebe und Treue freuen. Die Feigheit redet uns ein: „Kehre um; du kannst doch dein Glaubensleben nicht durchführen, es fällt dir zu schwer.“ Aber wie sehr auch der Satan dich mit seinem fluchwürdigen Beginnen in die Enge treibt, so kannst du ihm doch nicht folgen, wenn du ein wahres Gotteskind bist. Deines Gottes göttliches „Werde“ heißt dich täglich zunehmen in seiner Kraft, und du erhältst auch einen Sieg nach dem andern, und weder Tod noch Hölle darf dich von deinem Siegeslauf abwendig machen. Und ob du auch eine kleine Weile berufen wirst stille zu stehen, so geschieht dies nur, damit du gestärkt und mit neuen Kräften ausgerüstet werdest, auf dass du seiner Zeit aufs neue siegreich fortfährst in deinem Lauf. Die Übereilung ruft dir zu: „Tue doch etwas. Nimm einen rechten Anlauf; stille stehen und warten ist ein unnützer Verlust.“ Wir müssen einmal etwas tun, und wir müssen die Hand regen, meinen wir; statt dass wir auf den Herrn sehen, der nicht nur etwas, sondern der alles tun will. Die eitle Einbildung prahlt: „Wenn das Meer vor dir ist, so gehe nur mutig hinein, und harre auf das Wunder, das geschehen wird.“ Aber der Glaube hört weder auf die Einbildung, noch auf die Verzweiflung, weder auf die Feigheit, noch auf die Übereilung, sondern hört auf Gottes Wort und Befehl: „Stehe still;“ und bleibt unbeweglich wie ein Fels. „Stehe still;“ halte dich aufrecht wie ein Mann, zur Tat bereit, der weiterer Winke gewärtig ist, und geduldig und getrost auf die leitende Stimme achtet; und es geht nicht mehr lange, so wird Gott zu dir sprechen, wie einst Moses sprach zum Volk Israel: „Ziehe weiter.“

2 Mose 16,21

„Sie sammelten aber Man alle Morgen.“

Trachte danach, dass du das Gefühl deiner gänzlichen Abhängigkeit von des Herrn Wohlwollen und Wohlgefallen zur steten Erneuerung deiner reichsten Freude wach erhältst. Lass dir nie einfallen, vom alten Manna leben zu wollen, noch sehne dich nach Hilfe von dem Ägypten dieser Welt. Alles muss von Jesu kommen, sonst bist du in Ewigkeit verloren. Ein altes Salböl ist nicht imstande, dir die rechte Salbung des Geistes zu gewähren; dein Haupt bedarf frisches Öl, das darauf muss ausgegossen werden aus dem goldenen Horn des Heiligtums, sonst geht es aller Herrlichkeit verlustig. Heute bist du vielleicht auf dem Gipfel des Berges Gottes, aber der dich dorthin gebracht hat, muss dich auch dort erhalten und bewahren, sonst sinkst du schneller wieder zurück, als du dir nur träumen lässt. Dein Berg steht nur dann fest, wenn Er ihn auf der richtigen Stelle gründet; verbirgt Er aber sein Antlitz, so wirst du bald von Trübsal getroffen werden. Wenn der Heiland sieht, dass es zu deinem Besten notwendig ist, so gibts kein Fenster, durch welches du das Blau des Himmels erblickst, dass Er nicht im Augenblick verdunkeln kann. Josua hieß die Sonne stille stellen, aber Jesus kann sie in dickste Finsternis verwandeln. Er kann deinem Herzen jeden Freudenstrahl entziehen, deinem Auge jeden Lichtblick, deinem Leben jede Kraft und Regung; in seiner Hand allein liegt all dein Trost, und auf seinen Wink entschwindet er dir. Der Herr will mit Absicht, dass wir diese stündliche Abhängigkeit von Ihm fühlen und erkennen, denn Er allein ists, der uns gestattet zu bitten um „unser tägliches Brot,“ und Er allein verheißt, „dass unser Alter sei wie unsre Jugend.“ Ists nicht am allerbesten für uns, dass es so ist, auf dass wir recht oft vor seinem Gnadenthron erscheinen, und beständig erinnert werden an seine Liebe? O, wie reich ist doch die Gnade, die so unaufhörlich darreicht, und sich nicht vor unserer Undankbarkeit verbirgt! Der goldene Regen hört nimmer auf, die Segenswolke schwebt allezeit über unserer Wohnung. O Herr Jesu, wir werfen uns vor Dir nieder und bekennen, dass wir untüchtig sind ohne Dich zu allem Guten, und bei jedem Gnadengeschenk, das Du uns gibst, beten wir Deinen heiligen Namen an und preisen Deine unerschöpfliche Liebe, die uns mit dem besten Weizen speist, und mit Honig aus dem Felsen sättigt.

2 Mose 17,12

„Also blieben seine Hände steif, bis die Sonne unterging.“

So kräftig und gewaltig war das Gebet Moses, dass Alles davon abhing. Die Bitten Moses schlugen dem Feind empfindlichere Wunden, als die Waffen Josuas. Und doch waren beide notwendig. So müssen im Kampf der Seele Mut und Inbrunst, Entschiedenheit und Ergebung, Tapferkeit und Treue im Ausharren ihre Kraft vereinen; dann geht Alles gut. Du musst mit deiner Sünde ringen, aber die Hauptsache in diesem Ringkampfe muss mit Gott allein durchgerungen sein. Das Gebet erhebt, wie einst Moses, das Zeugnis des Bundes, „den Stab Gottes“, vor dem Herrn. Der Stab war das Sinnbild und Pfand, dass Gott mit Mose sein wolle; das Zeichen, dass Gott das Reich habe in Israel. Lerne, du geheiligte, betende Seele, die Verheißung und den Eid Gottes in deinen Händen hoch emporheben vor Ihm, und empfange, was dein Herz wünscht. Der Herr kann Seine eigenen Zusagen nicht aufheben.

Mose ward müde, und da stunden ihm seine Freunde bei. Wenn je einmal dein Gebet ermattet, so lass den Glauben die eine Hand und heilige Hoffnung die andere unterhalten, und das Gebet stütze sich auf den Stein Israels, den Fels unseres Heils, so wird es ausharren und überwinden. Gott bewahre uns vor der Ermattung im Gebet! Wenn Mose ihr nicht entging, wer wird ihr entrinnen? Es ist weit leichter, im offenen Kampf wider die Sünde zu stehen, als sie im Stillen zu bekämpfen. Es ist wohl zu beachten, dass Josua im Streit nicht müde ward; Mose aber wurden die Hände schwer im Gebet. Je mehr eine Anstrengung den Geist in Anspruch nimmt, umso schwerer wird es für Fleisch und Blut, darin auszuharren. Darum lass uns um besondere Stärkung bitten, und möge der Geist Gottes, der unserer Schwachheit aufhilft, uns wie einst Mose, dem Er auch Hilfe gewährte, tüchtig machen, dass unsere Hände steif bleiben, bis dass die Sonne untergeht. Nur von Zeit zu Zeit flehen, fruchtet wenig; wir müssen die ganze Nacht hindurch mit Gott ringen und unsere Hände aufheben, bis die Sonne untergeht,„ bis der Abend unseres Lebens vorüber ist, bis wir zum Aufgang einer besseren Sonne gelangen in einem Lande, wo das Gebet aufgeht in Preis und Dank. (Goldstrahlen April 16)

2 Mose 20,25

„Wo du mit deinem Messer darüber fährst, so wirst du ihn entweihen.“

Gottes Altar musste aus unbehauenen Steinen errichtet werden, damit keine Spur menschlicher Sorgfalt und menschlicher Arbeit daran sichtbar sei. Die menschliche Weisheit ist darauf erpicht, die Lehre vom Evangelium des Kreuzes in eine künstlichere Fassung zu bringen und zusammenzuordnen, damit sie dem entarteten Geschmack der gefallenen Natur glätter eingehe; aber statt dass die fleischliche Weisheit das Evangelium zu verbessern vermöchte, entweiht sie es nur und macht ein anderes Evangelium daraus und weicht von der Wahrheit Gottes ganz und gar ab. Alle Veränderungen und sogenannte Verbesserungen am Worte des Herrn sind nichts als Verunstaltungen und Entweihungen. Das stolze menschliche Herz ist gar geschäftig, seine Hand mit darin zu haben bei der Rechtfertigung der Seele vor Gott; da träumt man von Vorbereitung auf Christum, da vertraut man auf Gefühle der Demut und Reue, da beruft man sich auf gute Werke, da wird groß Aufhebens gemacht von der natürlichen Begabung, und so wird auf alle Weise versucht, mit dem menschlichen Messer über den göttlichen Altar zu fahren. Es wäre gut, wenn die Sünder bedächten, dass ihr fleischlicher selbsterwählter Hort, weit entfernt, des Heilandes Werk zu vervollkommnen, es nur entehren und entweihen kann. Der Herr allein muss im Versöhnungswerk erhöht werden und auch nicht eine einzige Spur eines menschlichen Hammers oder Meißels darf geduldet werden. Es ist eine Gotteslästerung, wenn man sucht, etwas hinzuzutun zu dem, was Christus in seinem Sterben als „vollbracht“ bezeugt hat, oder das zu verbessern, woran der Herr völliges Wohlgefallen hat. Zitternder Sünder, hinweg mit deinem Messer, und falle in demütiger Anbetung nieder; und nimm den Herrn Jesum an als den Altar deiner Versöhnung, und verlass dich allein auf Ihn. Manche Gläubige mögen sich das heutige Schriftwort zu einem Warnungsruf dienen lassen. Unter Christen ist viel zu sehr die Neigung herrschend, die Offenbarungswahrheiten zu schroten und zu schlichten; das ist Anmaßung und Unglaube; kämpfen wir dagegen; nehmen wir die Wahrheit so auf, wie sie uns geboten wird; und freuen wir uns dessen, dass die Lehren der Heiligen Schrift unbehauene Steine und umso mehr geeignet sind, den Altar des Herrn zu erbauen.

2 Mose 22,5

„Wenn ein Feuer aufkommt und ergreift die Dornen, und verbrennt die Garben oder Getreide, das noch steht, oder den Acker: so soll der wieder erstatten, der das Feuer angezündet hat.“

Aber was kann der wieder erstatten, der die Feuerbrände des Irrtums oder die feurige Gluth des Leichtsinns umherstreut und die Menschenseelen mit höllischem Feuer in Brand steckt? Solches Verschulden ist unermesslich, und die Folge ist ein unwiederbringlicher Verlust. Wenn ein solcher Missetäter Vergebung empfängt, welchen Kummer muss es ihm machen, wenn er auf seine Vergangenheit zurückblickt und erkennen muss, wie er das Unglück, das er angerichtet hat, nie wieder gut machen kann! Ein böses Beispiel kann eine Flamme anfachen, welche Jahre eines bußfertigen Wandels nicht wieder auszulöschen vermögen. Eines Menschen Nahrung zu verbrennen, ist arg genug, aber wie viel ärger, wenn man seiner Seele Mordbrenner wird! Es mag segensreich für uns sein, wenn wir darüber nachdenken, wie weit wir in früheren Tagen uns hierin versündigt haben, und wenn wir weiter fragen, ob uns vielleicht noch jetzt allerlei Böses anhafte, das den Seelen unserer Angehörigen Schaden bringen könnte.

Das Feuer der Streitsucht ist ein furchtbares Unglück, wenn es eine christliche Gemeine verheert. Wo die Zahl der Bekehrten wächst und Gott verherrlicht wird, betreiben Eifersucht und Neid die Arbeit des Teufels gar eifrig und wirksam. Wo die goldenen Garben eingesammelt werden, um die schwere Arbeit des großen Boas zu belohnen, da bricht das Feuer der Zwietracht aus und lässt wenig anderes übrig als Rauch und Ruß und ein Häuflein Asche. Wehe denen, durch welche das Ärgernis kommt. Ach, dass doch solches Unheil nie durch uns veranlasst werde; denn obgleich wir nichts wieder gut machen können, so müssen wir doch am meisten darunter leiden, wenn wir die Hauptanstifter sind. Wer das Feuer ernährt, verdient gerechte Strafe, wer es aber anzündet, hat die größere Schuld. Die Zwietracht ergreift zuerst die Dornen; es wird genährt bei den Heuchlern und unlautern Bekennern in der Gemeine, und angefacht von dem Wehen der Hölle, endlich erfasst es auch die Rechtschaffenen und Aufrichtigen, und wer weiß, was das für ein Ende nimmt. O Du Herr und Heiland des Friedens, mache uns zu Friedfertigen. (Goldstrahlen August 24)

2. Mose 23,22

Wirst du aber seine Stimme hören und tun alles, was ich dir sagen werde: so will ich deiner Feinde Feind und deiner Widerwärtigen Widerwärtiger sein.

Der Herr Christus soll inmitten seines Volkes anerkannt und gehört werden. Er ist der Mitregent Gottes und spricht in des Vaters Namen, und es ist unsre Sache, unbedingt und unverzüglich zu tun, was Er befiehlt. Wir werden die Verheißung verlieren, wenn wir die Vorschrift aus den Augen setzen.

Ein wie großer Segen wird dem vollen Gehorsam! Der Herr geht ein Schutz und Trutz-Bündnis mit seinem Volk ein. Er will diejenigen segnen, die uns segnen, und denjenigen fluchen, die uns fluchen. Gott will mit Herz und Seele mit seinem Volk gehen und mit tiefster Teilnahme auf ihre Angelegenheiten eingehen. Was für einen Schutz gewährt uns dies! Wir brauchen uns nicht um unserer Gegner willen zu beunruhigen, wenn wir versichert werden, dass sie die Gegner Gottes geworden sind. Wenn Jahwe sich unsres Streites angenommen hat, so können wir unsre Widerwärtigen in seinen Händen lassen.

Soweit es unser eigenes Interesse betrifft, haben wir keine Feinde; aber für die Sache der Wahrheit und Gerechtigkeit greifen wir zu den Waffen und ziehen aus zum Kampfe. In diesem heiligen Kriege sind wir mit dem ewigen Gott verbündet, und wenn wir sorgfältig dem Gesetz unsres Herrn Jesu gehorchen, so hat Er verheißen, alle seine Kraft für uns aufzuwenden. Deshalb fürchten wir keinen Menschen.

2 Mose 23,25

Dem Herrn, eurem Gott, sollt ihr dienen, so wird Er dein Brot und dein Wasser segnen.

Was für eine Verheißung ist dies! Gott zu dienen ist an sich eine hohe Wonne. Aber was für ein Vorrecht obendrein, dass der Segen Gottes in allen Dingen auf uns ruht! Unsre gewöhnlichsten Dinge werden gesegnet, wenn wir selber dem Herrn geweiht sind. Unser Herr Jesus nahm Brot und segnete es; siehe, wir essen auch von gesegnetem Brote. Jesus segnete Wasser und machte es zu Wein! Das Wasser, das wir trinken, ist für uns weit besser als der Wein, womit die Menschen fröhlich gemacht werden; jeder Tropfen enthält eine Segnung. Der göttliche Segen ruht auf dem Manne Gottes in allem, und soll jederzeit bei ihm bleiben.

Was tuts, wenn wir nur Brot und Wasser haben! Es ist doch gesegnetes Brot und Wasser. Brot und Wasser sollen wir haben. Das liegt darin einbegriffen, denn es muss da sein, damit Gott es segne. „Sein Brot wird ihm gegeben, sein Wasser hat er gewiss“. Mit Gott an unsrem Tische bitten wir nicht nur um Segen, sondern wir haben ihn. Nicht nur am Altar, sondern auch am Tische segnet Er uns. Er dient denen gut, die Ihm gut dienen. Dieser Tischsegen ist nicht aus Verdienst, sondern aus Gnaden. In der Tat, hier ist dreifache Gnade; Er gewährt uns Gnade, Ihm zu dienen, Er speiset uns durch seine Gnade mit Brot und segnet es dann in seiner Gnade.

2. Mose 23,28

Ich will Hornissen vor dir her senden, die vor dir ausjagen die Heviter, Kanaaniter und Hethiter.

Was die Hornissen waren, brauchen wir nicht zu erörtern. Sie waren Gottes eigenes Heer, das Er vor seinem Volk hersandte, um die Feinde zu stechen und Israels Sieg leicht zu machen. Unser Gott wird durch die von ihm selbst gewählten Mittel für sein Volk streiten und den Feinden Schaden zufügen, noch ehe sie in den wirklichen Kampf kommen. Oft setzt Er die Gegner der Wahrheit durch etwas in Verwirrung, wozu die Verteidiger derselben gar nichts beigetragen haben. Die Luft ist voll von geheimnisreichen Einflüssen, die Israels Feinde plagen. Wir lesen in der Offenbarung Johannis, dass „die Erde dem Weib half“.

Wir wollen uns niemals fürchten. Die Sterne in ihren Bahnen streiten wider die Feinde unserer Seele. Oft finden wir, wenn wir zum Kampfe ausziehen, kein Heer, mit dem zu streiten ist. „Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“ Gottes Hornissen können mehr tun als unsre Waffen. Wir hätten uns nie träumen lassen, dass der Sieg durch solche Mittel, wie Jahwe sie gebraucht, gewonnen werden würde. Wir müssen unsrem Marschbefehl gehorchen und ausziehen zur Eroberung der Völker für Jesum, und wir werden finden, dass der Herr vor uns hergegangen ist und den Weg bereitet hat; so dass wir am Ende fröhlich bekennen werden: „Er sieget mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.“

2 Mose 25,6

„Öl zur Lampe.“

Meine Seele, wie sehr hast du Öl nötig, denn ohne Öl wird deine Lampe nicht mehr lange brennen. Dein Docht wird rauchen und üblen Geruch verbreiten, wenn dein Licht ausgeht; und ausgehen wirds, wenns an Öl gebricht. Du hast keinen sprudelnden Ölquell in deiner menschlichen Natur, und darum musst du hingehen zu den Ölverkäufern und für dich einkaufen, sonst musst du mit den fünf törichten Jungfrauen ausrufen: „Unsre Lampen verlöschen!“ Auch die geheiligten Lampen vermochten ohne Öl kein Licht zu verbreiten; obgleich sie im Tempel standen, mussten sie dennoch mit Öl gespeist werden; obgleich kein rauer Wind gegen sie blies, mussten sie dennoch „geschmückt“ werden, und dein Bedürfnis ist ebenso groß. Unter den glücklichsten Verhältnissen kannst du keine Stunde länger das Licht deines Glaubens leuchten lassen, wenn nicht neues Gnadenöl in dich gegossen wird. Nicht jegliches Öl durfte im Dienste des Herrn verwendet werden; weder das Erdöl, das in früheren Zeiten namentlich im Morgenlande so reichlich der Erde entquoll, noch das Fett der Fische, noch das Öl von Nüssen durfte Verwendung finden; auf ein einziges Öl fiel die Wahl, und das war das auserlesenste Olivenöl. Die angemaßte Tugend natürlicher Herzensgüte, oder die eingebildete Tugend äußerlicher Heiligkeit ist nie und nimmer ein Öl nach dem Herzen Gottes. Der wahrhaft Gläubige weiß, dass der Herr kein Wohlgefallen hätte an ganzen Strömen solchen Öles. Er geht zur Ölpresse auf Gethsemane, und holt seinen Bedarf bei Dem, der darin gekeltert wurde. Das Öl der Heilsgnade ist rein und frei von Hefen und Unreinigkeiten, und darum ist das Licht, das mit diesem Öl ernährt wird, klar und hell. Unsre Gemeinden sind die goldenen Leuchter des Heilandes, und weil sie sollen Lichter sein in der Welt, so bedürfen sie viel Öl des Heiligtums. O, bitten wir doch für uns, für unsre Hirten und für unsre Gemeinden, dass es doch nie am „Öl zur Lampe“ gebrechen wolle. Wahrhaftigkeit, Heiligkeit, Freude, Erkenntnis, Liebe, das alles sind Flammen des geheiligten Lichtes; aber sie schlagen nicht aus uns empor, wenn wir nicht im Kämmerlein Öl empfangen von Gott dem Heiligen Geiste. Er aber, der Geber alles Guten, schenke uns täglich neues Öl in die Gefäße unseres Glaubens, damit unsre Lampen allezeit geschmückt seien zum Empfang des Seelenbräutigams.

2 Mose 28,38

„Die Missetat des Heiligen.“

Was enthüllt sich uns in diesem Wort, was offenbart es unserm Blick! Es ist demütigend und lehrreich zugleich, wenn wir jetzt einen Augenblick dabei verweilen und dieses düstere Bild betrachten. Unsre Gottesdienste mit ihrem heuchlerischen, äußerlichen, lauen, ehrfurchtslosen, zerstreuten, gottesvergessenen Wesen, welch ein Übermaß von Sündigkeit stellen sie uns vor Augen! Unsre Arbeit für die Sache des Herrn, in die sich Neid, Selbstsucht, Sorglosigkeit, Trägheit und Unglaube einnisten, wie ist sie doch so voller Befleckung! Unser Gebet im Kämmerlein mit seiner Schläfrigkeit, Kälte, Nachlässigkeit, Gleichgültigkeit und Selbsttäuschung, welch eine weite Wüste dürren Landes! Und wenn wir sorgfältiger nachsehen möchten, so könnten wir uns überzeugen, wieviel größer diese Gottentfremdung ist, als es uns beim ersten Blick vorkommt. Ein ernster Freund schrieb an seinen Bruder: „In meiner Gemeinde und leider auch in meinem Herzen siehts aus wie im Garten des Faulen; und was noch schlimmer ist, ich entdecke oft, dass mein Verlangen nach einem bessern Zustand beider aus dem Hochmut, aus der Eitelkeit und aus der Arbeitsscheu entspringt. Ich betrachte das Unkraut, das meinen Garten überwuchert, und seufze ernstlich, es möchte ausgerottet werden. Aber warum? Was erregt diesen Wunsch? Vielleicht ginge ich gern drin umher und spräche dann zu mir selber: Wie ist dein Garten so schön in der Ordnung! Das ist Hochmut. Oder es möchten meine Nachbarn über den Zaun sehen und sagen: Wie herrlich blüht doch dieser Garten! Das ist Eitelkeit. Oder ich möchte gern das Unkraut aus den Augen haben, weil mich das Ausreißen müde macht. Das ist Arbeitsscheu.“ So kann selbst unsre Sehnsucht nach der Heiligung mit unreinen Beweggründen befleckt sein. Unter dem grünsten Rasen bergen sich Würmer; wir brauchen nicht lange zu suchen, so kommen wir ihnen auf die Spur. Wie köstlich ist nun der Gedanke, dass der Hohepriester, der die Missetat des Heiligen trug, die Worte auf der Stirn trug: „Die Heiligkeit des Herrn!“ Und so erscheint der Herr Jesus, der unsre Sünde trägt, vor seines Vaters Angesicht nicht mit unserer Unheiligkeit, sondern mit seiner vollkommenen Heiligkeit. O, welch eine Gnade, dass wir mit dem Auge des Glaubens unsern großen Priester schauen dürfen.

2 Mose 33,14

Er sprach: Meine Gegenwart soll mit dir gehen, und ich will dir Ruhe geben.

Köstliche Verheißung! Herr, mache mich fähig, sie mir als mein Eigentum zuzueignen!

Wir müssen zu gewissen Zeiten von unsrem Wohnplatz weggehen, denn wir haben hier keine bleibende Stätte. Es geschieht oft, dass wir, wenn wir uns am meisten heimisch an einem Ort fühlen, plötzlich hinweg gerufen werde. Hier ist das Gegenmittel für dieses Übel. Der Herr selber will uns Gesellschaft leisten. Seine Gegenwart, die seine Huld, seine Gemeinschaft, seine Sorgfalt und seine Macht einschließt, soll immer mit uns sein auf jedem unserer Gänge. Dies bedeutet weit mehr als es sagt; denn tatsächlich bedeutet es alles. Wenn Gott bei uns gegenwärtig ist, sind wir im Besitz von Himmel und Erde. Geh´ mit mir, Herr, und dann befiehl mir zu gehen, wohin Du willst!

Aber wir hoffen, einen Ort der Ruhe zu finden. Der Text verheißt es. Wir sollen Ruhe haben, die Gott selber gibt, schafft und bewahrt. Seine Gegenwart wird machen, dass wir ruhen, selbst wenn wir auf dem Marsche sind, ja, sogar mitten in der Schlacht. Ruhe! Dreimal gesegnetes Wort. Kann sie je von Sterblichen genossen werden? Ja, hier ist die Verheißung, und durch den Glauben berufen wir uns darauf. Ruhe kommt von dem Tröster, von dem Friedensfürsten, und von dem glorreichen Vater, der am siebenten Tage von all seinen Werken ruhete. Mit Gott sein, das heißt ruhen im höchsten Sinne des Wortes.

2 Mose 34,20

„Aber den Erstling des Esels sollst du mit einem Schaf lösen, wo du es aber nicht lösest, so brich ihm das Genick.“

Jedes erstgeborene Geschöpf sollte des Herrn sein; weil aber der Esel ein unreines Tier war, so durfte er nicht zum Opfer gebracht werden. Was war zu tun? Sollte der Esel frei ausgehen von dem allgemeinen Gesetz? Auf keine Weise. Gott lässt keine Ausnahmen zu. Der Esel gehört Ihm zu, aber Er nimmt ihn nicht an; Er will seinem Anspruch nichts vergeben, aber dennoch hat Er kein Gefallen am Opfer. Es blieb kein anderes Mittel übrig, als die Lösung durch Stellvertretung. Das Tier musste durch ein Lamm gelöst werden, das seine Stelle einnahm; wurde es aber nicht gelöst, so musste es sterben. Meine Seele, hier kannst du etwas lernen. Das unreine Tier bist du; du bist auch gerade so gut das Eigentum des Herrn, der dich erschaffen hat und dich erhält; aber du bist so sündhaft, dass Gott dich nicht annehmen kann noch will. Und nun kommts darauf hinaus, dass das Lamm Gottes an deine Stelle treten muss, oder du musst eines ewigen Todes sterben. Lass alle Welt erkennen, wie dankbar du dem unbefleckten Lamm bist, das für dich geblutet und dich von dem schrecklichen Fluche des Gesetzes erlöst hat. Muss es für den Israeliten nicht oft zweifelhaft gewesen sein, ob er den Esel solle aufgeben, oder das Lamm opfern? Mochte nicht der Fromme sich oft besinnen, schätzen und vergleichen? Gewiss ist kein Vergleich zwischen dem Wert der Menschenseele und dem Leben des Herrn Jesu, und dennoch stirbt das Lamm, und der Mensch, der unreine, wird gelöst. Meine Seele, bewundere die unbegrenzte Liebe Gottes gegen dich und deine Mitgenossen. Das Blut des Sohnes erkauft uns arme Würmer dem Höchsten! Staub und Asche wird versöhnt mit einem Preis, der alles Silber und Gold überbietet! Welch eine Verdammnis hätte meiner gewartet, wenn nicht eine vollgenügende Erlösung eingetreten wäre! Wenn dem Esel das Genick gebrochen wurde, so war das nur ein schnell vorübergehender Schmerz; wer aber ermisst die Größe des zukünftigen Zornes, von dessen Grenze wir uns keine Vorstellung zu machen imstande sind? Unschätzbar teuer ist das hochgelobte Lamm, das uns erlöst hat von einer solchen Verdammnis.

2 Mose 35,8

„Spezerei zur Salbe.“

Von diesem Salböl wurde unter der Herrschaft des Gesetzes ein umfassender Gebrauch gemacht, und das, was es symbolisiert, ist von größter Wichtigkeit unter der Zucht des Evangeliums. Der Heilige Geist, der uns zu jedem geheiligten Dienste salbt, ist uns unentbehrlich, wenn unser Gottesdienst dem Herrn soll angenehm sein. Ohne seinen Beistand sind unsre Andachtsübungen ein vergebliches Opfer und unsre innere Erfahrung ein toter Schmuck. Sobald unser Gottesdienst ohne Salbung geschieht, ist er eine betrübte Sache; und auch die Gebete, Gesänge, Betrachtungen und Bemühungen der einzelnen Christen sind um kein Haar besser. Eine heilige Salbung ist die Seele und das Leben der Frömmigkeit; wenn sie uns fehlt, sind wir die unglückseligsten unter allen Menschen. Wenn wir ohne Salbung vor den Herrn treten, so ist es, wie wenn ein gemeiner Levit sich in den Dienst des Priesters eindrängt; seine Verrichtungen sind viel mehr Sünde als Gottesdienst. Wagen wir es nur nie, uns mit heiligen Übungen abzugeben, wenn wir nicht durch die Salbung dazu geheiligt sind. Die Salbe trieft über uns von unserm herrlichen Haupt; wir, die wir sind wie der Saum seines Gewandes, nehmen teil an seiner Salbung, dieweil Er gesalbt ist.

Köstliche Spezereien wurden nach der feinsten Apothekerkunst zusammengemischt zum heiligen Salböl, damit wir hieran erkennen, wie reich überall der Einfluss des Heiligen Geistes sei. Alles Gute findet sich in dem göttlichen Tröster. Unvergleichlicher Trost, unfehlbare Erleuchtung, unsterbliches Leben, geistliche Kraft und göttliche Heilung; alles dies liegt mit noch andern Vorzügen vereinigt in jener heiligen Augensalbe, dem himmlischen Salböl des Heiligen Geistes. Diese Salbe teilt der Person und dem Charakter des Menschen, auf welchen sie ausgegossen wird, einen köstlichen Wohlgeruch mit. Es ist ihresgleichen nicht zu finden unter allen Schätzen der Reichen, noch unter allen Geheimnissen der Weisen. Sie kann nicht nachgemacht werden. Sie kommt einzig von Gott und wird frei geschenkt durch Jesum Christum einer jeden Seele, die auf Ihn harrt. Diese Salbe lasst uns suchen, denn wir können sie empfangen, vielleicht gerade jetzt. O Herr, salbe doch Deine Knechte!

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