Sengelmann, Heinrich Matthias - Verstehst Du auch, was Du liest - Lucä 10,28.

Sengelmann, Heinrich Matthias - Verstehst Du auch, was Du liest - Lucä 10,28.

Tue Das, so wirst Du leben.

Da sich mit diesem Worte diejenigen Leute schützen wollen, welche die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott von seinen Werken abhängen lassen, so können wir uns auf Dasjenige berufen, das oben mehrfach gegen diesen Irrtum angeführt ist. Wir begnügen uns hier den besonderen Sinn dieses Ausspruchs Christi auseinander zu setzen. Ein Schriftgelehrter, der durch sein Tun die Seligkeit erringen wollte, fragte Jesum: „Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?“ - „Du stehst noch recht auf dem Gesetzesstandpunkt!“ denkt der Herr, drum verweist er ihn auf das Gesetz und fragt: „Wie steht im Gesetz geschrieben? Wie liest Du?“

Der Schriftgelehrte nahm gerade das größte Gebot und antwortete: „Du sollst Gott, Deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte und Deinen Nächsten als Dich selbst!“ - Da Christus nun kein höheres Verlangen und keine Erkenntnis des eignen Unvermögens bei dem Gesetzeskundigen verspürte, so will er die letztere bei ihm wecken; er wählt dazu die härtere, anscheinend kalte Rede, denn in solcher sind gewiss die Worte gesprochen: „Du hast recht geantwortet; tue das, so wirst Du leben.“ Darin lag die Meinung: „Versuch es nur! Du wirst schon sehen, mit eigner Kraft vermagst Du's nicht; mit Deinem Tun wirst Du schon zu Schanden werden.“

Dass die Worte so gesprochen sein müssen, erkennen wir aus ihrer Wirkung. „Das zu erfüllen, was ich aussprach“ Dies sah der Schriftgelehrte ein - „ist nicht so leicht, hiermit werde ich nicht weiter kommen.“ Er will sich nun aber keine Blöße geben und gibt deshalb vor, er wisse nicht, wer sein Nächster sei, womit er zugleich die Schuld, den Menschen hierüber in Unwissenheit gelassen zu haben, auf den göttlichen Gesetzgeber schiebt. Dies lässt Christus ihn alsdann am Gleichnisse vom barmherzigen Samariter erkennen und selber aussprechen. Der Herr erkannte aber an der Ausflucht des Schriftgelehrten, dass sein Herz noch verstockt war, dass er von dem Eingeständnis seiner Sündhaftigkeit durch seinen Hochmut abgehalten wurde; darum schließt er wieder in derselben Weise, wie er gesagt: „Tue das, so wirst Du leben!“ indem er ihn auffordert: „So gehe hin und tue desgleichen.“ Diese Art, dem Hoffärtigen entgegenzutreten, ist ein Beleg der großen Lehrweisheit Christi. Einem Solchen die Heilswahrheit ganz auseinandersetzen, hieße, die Perlen vor die Säue werfen; hier gilt's, zuvor den Hochmut brechen und dies konnte nicht besser als dadurch geschehen, dass als die Unbarmherzigen ein Priester und ein Levit, als der Barmherzige ein Samariter genannt wurde. Diesen, und keinen anderen, Zweck hat das ganze Gleichnis und so auch das Wort: „Tue das; so wirst Du leben.“

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