Mirus, Martin - Predigt am dritten Sonntage nach heiligen drei Königen.

Mirus, Martin - Predigt am dritten Sonntage nach heiligen drei Königen.

Postilla, Jena 1605, Th. I. S. 88.

Text: Matth. 8 (V. 1-13).

Auslegung

Geliebte in dem Herrn Christo; in diesem heutigen Evangelio haben wir zwei grosse und herrliche Wunderwerke. Das erste von einem Aussätzigen, so unser geliebter Herr und Heiland Jesus Christus durch seine kräftiges und allein seligmachendes Wort wiederum geheilt und gesund gemacht. Das andere von des Hauptmanns gichtbrüchigem Knechte, welchen er abwesend nur mit einem einigen Worte curiret und zu seiner vorigen Gesundheit bringt. Dabei lobet und rühmet der Herr Christus des Hauptmanns Glauben und spricht: Er habe solchen Glauben in ganz Israel nicht funden. Zeiget daneben auch an und giebt zu verstehen, dass nicht allein die Juden, sondern auch wir armen und elenden Heiden zum Reiche Gottes berufen und kommen werden.

Und erstlich haben wir in dieser Historia ein schön und herrlich Zeugniss von dem verheissenen Messia, dass er nämlich allbereit kommen sei; denn wir hören, was sein Amt ist, dass er nämlich an Leib und Seele helfe und alle Sünder heile.

Zum Andern haben wir auch ein Exempel der kräftigen und allmächtigen Hilfe, dass er helfen kann und will, wenn alle menschliche Hilfe aufhört, und vertreibt den Aussatz mit einem einigen Wort und gebeut der Gicht, dass sie alsbald den kranken Knecht verlassen muss. Es ist der Herr über Tod und Leben. Seine Hand zu helfen hat kein Ziel, wie gross auch sei der Schade. Ps. 130.

Zum Dritten hören wir auch hie, wie er sein getreues, sorgfältiges und geneigtes Vaterherz gegen uns, seine lieben Kinder, ganz und gar nicht bergen kann, denn er spricht gar tröstlich: Ich will helfen, ich will’s thun. Dieses geneigten Herzens und väterlichen Willens tröstet sich David im 13. Psalm: Ich hoffe darauf, dass du so gnädig bist; mein Herz freuet sich, dass du so gern hilfst. Ich will dem Herrn singen, dass er so wohl an mir thut. Damit sollen sich nun heutiges Tages alle geängsteten, kranken und betrübten Christen trösten, dass unser lieber Herr und Heiland Jesus Christus, da er noch allhier auf Erden gewesen, so freundlich und holdselig mit den kranken, mühseligen und beladenen Herzen umgegangen, sie geheilt, gesund gemacht, getröstet und ergetzet, in Gleichniss er noch heutiges Tages gegen Alle, die seiner Hilfe bedürfen und mit Ernst ihn anlangen, zu thun gesinnt und gewiss versprochen, wie er denn durch sein heiliges Wort und Sacrament den Aussatz unserer Sünden täglich reinigen und abwaschen lässt. Oftmals kommt leibliche Krankheit, dass es ein Anschein hat, als wäre es Alles mit einander aus mit uns; aber Christus kommt und macht uns gesund an Leib und Seele, also wird er auch bald wiederkommen und uns ähnlich machen seinem verklärten Leibe.

Es gehört aber dieser verlesene Text in die dritte und vierte Bitte des Vaterunsers, darinnen wir hören, dass, wenn wir Christum mit gläubigem Gebet anlaufen, will er uns an Leib und Seele helfen und gesund machen. Auf dies Mal wollen wir aus diesen beiden Wunderwerken betrachten:

Erstlich, wer die Personen gewesen.
Zum Andern, wie sie Christum angeschrieen.
Zum Dritten, wie sich Christus gegen dieselben erzeiget.

Vom ersten Stück.

Anfänglich spricht der heilige Evangelist Matthäus: Da Jesus vom Berge herabging, folgte ihm viel Volks nach, und siehe, ein Aussätziger kam und betete ihn an und sprach: Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen.

Allhier hören wir, dass Christus, als er vom Berge herabgeht, einen Aussätzigen gesund macht. Dies hat sich aber also zugetragen nach der langen Predigt Matth. am 5., 6. und 7. Capitel. Nachdem er das Volk gelehrt hatte, bekräftigt er auch seine Lehre mit Wunderwerken, wie wir in diesem 8. Cap. fünf Wunderwerke haben: 1. Von dem Aussätzigen, dem er curiret und heilet. 2. Vom Gichtbrüchtigen. 3. Von Petri Schwiegerinn, der er das Fieber vertreibt. 4. Verbeut er dem Wind und Meer. 5. Treibet er von zweien besessenen Männern die Teufel aus in der Gergesener Gränze. Aber im jetzo verlesenen Evangelio haben wir nur die ersten zwei.

Die erste Person ist ein aussätziger Mann. Der Aussatz ist eine tödtliche Seuche, also, dass ein Aussätziger fast einem todten Aas gleich ist, wie Aaron von seiner Schwester Mirjam spricht Num. 12: Ach, mein Herr, lass die Sünde nicht auf uns bleiben, dass wir nicht sein wie ein Todtes, das vom Mutterleibe kommt. Und da der Feldhauptmann des Königs in Syrien zum Könige in Israel kam und ihm Briefe brachte, dass er den Hauptmann vom Aussatze reinigen sollte (2. Kön. 5), zerreisst er seine Kleider und sprach: Bin ich denn Gott, dass ich Todte wieder lebendig machen soll, dass ihr zu mir schicket, dass ich den Mann vom Aussatz soll los machen? Daher werden auch die Aussätzigen als civiliter mortui von andern Leuten geachtet.

Es ist der Aussatz wie auch andere Seuchen und Krankheiten nur eine Strafe der Sünden, wie wir lesen Deut. 28: Wenn du der Stimme des Herrn nicht gehorchen wirst (das ist: Gottes Worte), so wird dir der Herr dir die Sterbedrüse anhängen, der Herr wird dich schlagen mit Aussatz, Geschwulst, Fieber, Hitze, Brunst, Dürre, giftiger Luft etc. Und ist wohl gläublich, dass dieser arme Mensch den Aussatz mit seinen Sünden verursacht durch Fressen und Saufen, Hurerei, Unzucht und durch unordentliches Leben.

Die andere Person ist ein Gichtbrüchiger. Die Gicht ist eine bekannte Krankheit, reisst die Leute in allen Gliedern, dass sie contract werden an Händen und Füssen. Diese Krankheit wird verursacht durch viel Fressen und Saufen, daher entsteht resolutio nervorum, die werden mit zähen, schleimigen Feuchtigkeiten verstopft, dass der Mensch an Gliedern lahm wird und kann derselben nicht recht gebrauchen.

Diese Krankheit ist nun nicht bei einem reichen Wanste eingezogen, der derselben abwarten könnte, sondern ein armer Knecht liegt zu Bette und kann weder gehen noch stehen. Er vermag nicht so Viel, dass er könnte zum Herrn Christo kommen und ihn um Hilfe anlangen, aber er hat einen frommen Herrn, der thut eine Fürbitte für ihn. Dieser ist der Stadt Hauptmann zu Capernaum, da Christus gewohnt. Denn als die Nazarener ihn wollten vom Berge stürzen, entweicht er mit seiner Mutter gen Capernaum und hielt sich allda auf; daher nennt der Evangelist Capernaum auch seine Stadt, Matth. am 9. Cap. In dieser Stadt hat Christus viele Predigten gethan und dieselben mit Wunderwerken bekräftigt. Aber es sind wüste, gottlose Leute desselben Orts gewesen, darüber Christus klagt am 11. Capitel: Wehe dir, Capernaum, die du bist erhaben bis an den Himmel, du wirst bis in die Hölle hinuntergestossen werden. Denn so zu Sodom die Thaten geschehen wären, die bei dir geschehen sind, sie stünde noch heutigen Tages. Doch ich sage euch, es wird der Sodomer Land erträglicher ergehen am jüngsten Tage, denn dir!

Heutiges Tages geht’s auch also zu. Wo das Licht des Evangeliums am hellsten leuchtet und Gottes Wort am meisten gepredigt wird, da ist man am gottlosesten und sichersten. Doch hat Gott sein Häuflein; denn so wenig der Regen vom Himmel fällt ohne Frucht, so wenig geht Gottes Wort ohne Frucht ab, sondern es richtet aus, wozu es gesandt ist, Esa. 55. Cap. In dieser Stadt Capernaum ist ein Kriegsmann und Heide, und dieser, wie Lucas meldet, achtet sich nicht werth, dass er zum Herrn Christo ginge, sondern spricht die Prediger zu Capernaum an, schickt dieselben an Christum, dass sie für ihn und seinen Knecht einen Fussfall und Fürbitte thäten; denn er wusste wohl, dass die Verheissung nur die Juden anginge, wie Christus spricht Matth. am 15. Cap.: Ich bin nicht gesandt denn nur zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel. Darum will er sich den Juden nicht gleich achten. Da nun die Clerisei zu Christo kommt, giebt sie ihm ein herrlich Zeugniss und spricht, Luc. 7: Ach, Herr, er ist es werth, dass du ihm Das erzeigest, denn er hat unser Volk lieb und die Schule hat er uns erbauet.

An diesem löblichen Exempel sollen sich billig spiegeln alle Regenten, grosse Fürsten, Rathsherren, Richter, Schöffen und Amtleute, dass sie der Tugend dieses Hauptmanns nachschlagen. Von Dem wird gerühmt, dass er Gottes Wort lieb gehabt und von seinen eigenen Kosten eine Synagoge und Schule erbauet habe, darinnen die Jugend zu Gottes Wort und freien Künsten sollte unterwiesen werden. Denn die Schulen sind plantaria ecclesiae und Gottes Lustgärtlein, die soll ihm die Obrigkeit rein halten und wider alles böse, verführerische Lehre und Secte beschützen, wie denn Paulus darum die Obrigkeit nennet Gottes Dienerinn, Röm. am 13. Cap., und David nennt sie Götter, Ps. 82, dass sie sich Gottes Sachen sollen annehmen und sein Wort helfen befördern.

Ein solcher Regent war David, der wandte viel tausend Gülden darauf, dass er dem Herrn ein Haus wollte bauen. Er ging fleissig zur Kirche, ordnete die Cantorei und Ceremonieen selbst an, 1. Chron. 23. Cap. Josaphat thut’s auch, hielt Visitation im Lande und zerbrach die Götzereien.

Und wenn sich Licinius wider die Kirche Gottes auflehnte, zog Constantinus Magnus wider ihn zu Felde und liess die Bibel etliche hundert Mal umschreiben; er beruft auch das Concilium Nicenum und legt den Gelehrten selbst die Bibel vor und befahl, dass sie Nichts sollten disputiren, denn allein aus Gottes Wort. Da Dies geschah, ward der Artikel von Christi Gottheit und seiner persönlichen Vereinigung gar schön erläutert, und Arius musste mit seiner verfluchten Lehre weichen.

Vom Könige Alphonso wird gerühmt, dass er die Bibel vierzehn Mal durchlesen. Das sind gute Regenten gewesen, und wenn die regirt haben, da ist Alles wohl gestanden und glücklich ergangen. Ein solcher christlicher Hofmann ist dieser Hauptmann auch gewesen. Von ihm rühmen seine Prediger, dass er den Pfaffen nicht gram gewesen, sondern thut dem lieben Predigtamt alle Beförderung und bauet ihnen eine Synagoge.

Daniel und Joseph sind auch fromme Hofleute gewesen, Abadias versteckt hundert Propheten (1. Kön. 18), Ebedmelech nimmt sich des armen Propheten Jeremiä an, Jerem. 39. Cap. Das hat ihnen Gott auch reichlich belohnet und vergolten. Und wer die Seinigen noch liebet, ehret und fördert, sollte es auch nur mit einem Trunk kalten Wassers geschehen, so will er’s unbelohnt nicht lassen.

Dieses sind die drei Personen.

Hieraus lernen wir, dass wir mancherlei Krankheiten und Elend unterworfen sind, dass uns jetzt Dieses, bald ein Anderes am Leibe quälet, das sind signa reatus, welche uns des geistlichen Aussatzes erinnern, damit die Seele vergiftet ist. Es sind auch Busspredigten, dadurch wir nach Erkenntniss der Sünden zu Gott uns bekehren sollen, wie Theophylactus sagt: Omnes morbi sunt consciones conscientiae, alle Krankheiten sind unsere Busspredigten.

Zum Andern haben wir auch hieraus zu lernen, dass ein Mensch des andern sich annehmen soll; Esa. am 58. Cap.: Bricht dem Hungrigen dein Brodt, und Die, so im Elende sind, führe in’s Haus; so du Einen nackend siehst, so kleide ihn u.s.w. Aut sumus aut fuimus aut possumus esse quod hic est; cuique accidere potest, quodcunque alicui accidit. Heut mir, morgen dir; was Dieses begegnet, kann uns wohl heut oder morgen auch widerfahren. Denn Gott hat zu uns Allen guten Fug und Zuspruch wegen der Sünden; darum soll Einer mit dem Andern ein Mitleiden haben und für einander fleissig beten und Geduld tragen.

Zum Dritten lernen wir, dass man auch im weltichen Stande könne Gott dienen. Dieses sollen wir erkennen wider die Wiedertäufer, welche vorgeben, es sei unmöglich, dass ein weltlicher Regent oder Kriegsmann könne Gott gefallen oder ihm dienen. Aber der Herr Christus stellt hier einen Kriegsmann vor und lobet ihn wegen seines Glaubens vor allen Israeliten. An dem sollen sich alle Regenten, Amtleute, Schöffen, die über arme Leute gesetzt, bespiegeln und sehen, dass diese Tugend, so der Hauptmann an sich gehabt, auch bei ihnen erfunden werden möge. Und so Viel vom Ersten.

Vom andern Stück.

Wie schreien sie ihn an? Der Aussätzige spricht: Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen. Der Hauptmann spricht: Ich bin auch nicht werth, dass du unter mein Dach gehest. Wenn ich zu meinem Diener sage: Gehe her, so geht er; wie vielmehr werden dir (o ewiger Gott) alle Creaturen Gehorsam leisten! Darum, wenn du nur ein Wort sprichst, so müssen alle Krankheiten weichen.

An diesem Hauptmann haben wir ein schön exemplum disciplinae militaris, eines rechten, löblichen Kriegsregiments, dadurch er ihm bei seinen Unterthanen ein Ansehn und Gehorsam gemacht. Denn haben sie sich gegen ihren Hauptmann also verhalten, wie viel grössere Achtung müssen sie auf den Kaiser selbst gehabt haben!

Solche Kriegsleute sind, wie Livius schreibt, Lucius und Titus Manlius Torquatus gewesen, welche ihre eigenen Söhne, so sich wider den Obersten gelegt, köpfen lassen.

Eine solche Kriegszucht hat auch Attila gehalten. Denn als seine Kriegsknechte einem Bauersweibe einen Topf mit Milch genommen und solches vor ihn kommen, hat er von Stund an den Kriegsleuten den Bauch aufschneiden und also dem Weibe die rohe Milch lassen wiedergeben.

Vom Aureliano lesen wir, dass, nachdem seiner Kriegsknechte einer seine Wirthinn genothzüchtiget, habe er, der Kaiser, zween Bäume beugen und an derselben Gipfel den Ehebrecher mit den Beinen binden, hernachmals die Bäume wieder aufschnellen lassen, welche den Landsknecht alsbald entzwei gerissen hatten.

Dies sind Kriegsleute gewesen, diese haben Zucht gehalten, denen hat Gott auch zu ihren Kriegen Glück und Segen gegeben.

Ein solcher gottseliger Kriegsmann ist auch gewesen der Hauptmann zu Cäsarien, Cornelius, Actor. am 10. Cap., welcher gottselig und gottfürchtig gewesen mit seinem ganzen Hause und hat dem Volke viel Almosen gegeben und immer zu Gott gebetet. Ein solcher verständiger Kriegsmann ist ein Gleichniss gewesen der Amtsvogt zu Paphos, Actor. 13., und Actor. am 28. Cap. rühmet Paulus einen Obersten mit Namen Publius, der ihn aufgenommen und drei Tage beherbergt haben. Diese jetzt gemeldeten Amtleute haben nach ihrer Bekehrung ihren Stand nicht verlassen, sondern desselben in aller Gottesfurcht abgewartet und sich an ihrer Besoldung genügen lassen nach der Vermahnung Johannis des Täufers.

Zum Andern haben auch Hausväter an diesem Hauptmann ein Exempel der Hauszucht, darnach sie sich richten sollen in ihrer Haushaltung und ihre Kinder und Gesinde zum Gehorsam halten. Dieser Hauptmann ist kein Schnarcher, der Niemand in seinem Hause ein gut Wort gebe und stosse das kranke Gesinde flugs von sich aus dem Hause, wie oftmals geschieht, sondern sorgt gar fleissig für seinen treuen, kranken Knecht, hat ohne allen Zweifel die Doctores zu ihm geholt und Hilfe aus der Apotheke gesucht, und da Nichts will helfen, und er höret von Christo, geht er flugs zu den Geistlichen, die müssen zu Christo gehen und eine Fürbitte thun, dass er den armen Knecht wolle gesund machen.

Diesem Exempel sollen Regenten, Richter, Schöffen etc. abermals folgen und es mit den Unterthanen treulich meinen und wissen, dass sie nicht über die Kühe oder Gänse gesetzt sind, sondern über Die, so Christus mit seinem Blute erlöset hat.

Es sollen Herren und Frauen auch allhier lernen, das Gesinde nicht allein anzunehmen und zur Arbeit zu halten, welches ihrer viele gar wohl können und bedürfen nicht viel Unterweisens; aber wenn es zum Ablohnen kommt, oder das Gesinde wird krank, lohnen sie demselben wie den alten Jagdhunden. Nein, Das soll nicht geschehen, sondern Herzen und Frauen sollen dem Gesinde den verdienten Lohn willig und gerne folgen lassen. Dem Potiphar und Laban wird es zur Schande in die Bibel gesetzt, dass sie so untreu gegen ihr Gesinde sein, und Gott lässt’s nicht ungerochen, sondern lässt uns inne werden, dass wir auch einen Gott im Himmel haben.

Zum Dritten, Kinder und Gesinde haben hier auch zu lernen, dass sie sollen getreu und gehorsam sein. Solch Gesinde will Gott regiren, sie heute oder morgen aus der Asche hervorziehen und zu Ehren bringen, wie er an dem lieben Joseph Solches beweiset. Den lässt er seine getreuen Dienste geniessen und macht ihn zum Herrn über ganz Ägypten. Aber ungehorsam, eigensinnig und untreu Gesinde bleibet sein Leben lang beim Wasserkruge und kommt auf keinen grünen Zweig, wie wir Dessen ein Exempel haben an dem ungetreuen Haushalter; der verdarb hie zeitlich und musste vor Jedermann zu Spott und Schanden werden.

Was haben wir nun hieraus zu lernen?

Erstlich sollen wir uns erinnern des Gehorsams, den wir Gott zu leisten schuldig sind, wenn wir sehen, dass das Gesinde oder unvernünftige Thier, als Pferd, Esel etc., dem Menschen gehorsam sind, sollen wir gedenken: O ewiger Gott! Ich armer Mensch habe von dir empfangen Leib und Seele, nach deinem Ebenbilde bin ich durch deinen Sohn erlöset von Sünden, Tod, Teufel und Hölle und durch den heiligen Geist zum ewigen Leben verpfändet und versichert. Sollte ich dir denn nicht auch gehorsam sein, weil wir sterbliche Menschen an den Menschen und unvernünftigen Thieren Gehorsam finden und nicht unbillig?

Aber hie bedenke ein jeder Christ, wie oft hat uns Gott zugerufen und geschrieben? Aber wir gehen einen andern Weg, sollte er denn nicht auch Ursach haben zu zürnen? Mal. am 1. Cap. spricht Gott: Ein Sohn soll seinen Vater ehren und ein Knecht seinen Herrn; bin ich nun Vater, wo ist meine Ehre? Bin ich Herr, wo fürchtet man mich? Esa. 1. spricht er: Höret, ihr Himmel und Erde, nimm zu Ohren; denn der Herr redet: Ich habe Kinder aufgezogen und erhöhet, und sie sind von mir abgefallen.

Zum Andern haben wir hieraus zu lernen, wie wir uns in Glaubenssachen schicken sollen. Es soll uns ein Wort Gottes Mehr gelten, als Himmel und Erde. Weil wir denn Gottes Verheissung haben, dass er uns Vater sein will und sich unseres Elends annehmen, uns in allem Unglück und Nöthen beistehen, so sollen wir gedenken: Es ist eines Menschen Wort wahr, wie viel mehr wird Das wahr sein, dass der allmächtige, getreue Gott verheissen und zugesagt hat, er wolle sich meiner annehmen? Was sind wir doch für arme, elende Leute, die wir Christo nicht Glauben geben, da doch ein Wort Christi Mehr soll gelten, als Himmel und Erde und alle Creaturen und aller Welt Vernunft und Gedanken!

Es sollen alle Christen allhier fein lernen mit demüthigen, gläubigen Herzen unter das Wort Gottes sich zu ergeben, und sollen sonderlich Calvinisten an dem Hauptmann ein Exempel nehmen, bei ihm in die Schule gehen und von ihm lernen, wie sie sich in der Lehre vom Abendmahl halten sollen, dass sie Christum nicht zur Schule führen und über seinem wahren Worte Lügen strafen, welches er denn gewisslich nicht wird ungerochen lassen; denn auf Lügen gehören Maulschellen. Nun man aber den Herrn so oft meistert und Lügen straft, wie ernstlich und grimmig wird er einstmals um sich schmeissen mit seinem eisernen Scepter und wird mit seiner Sehne und Geschoss nach ihrem Angesichte zielen und ihr Angesicht ewig zu Schanden machen? Darum sollen wir seinem Wort gläuben und ihm die Ehre lassen, dass er ist Dominus dicens et faciens, und was er zusagt, hält er Alles treulich und redlich, und ist kein Ding bei ihm unmöglich. Ps. 111. Luc. am 1. Cap.

Zum Dritten lehret uns der Aussätzige mit seinem Gebet, dass wir unserm getreuen Heiland kein Ziel noch Maass in zeitlichen Dingen fürschreiben sollen, sondern Alles in seinen gnädigsten Willen und Gefallen stellen. Aber was ewige Güter anlangt, sollen wir nicht zweifeln; denn wer daran zweifelt, der macht Gott zum Lügner. Im Leiblichen heisst’s: Herr, so du willst, ist es dein Wille und soll es gereichen zu deinen göttlichen Ehren und nicht zu meinem Verderben, so gieb mir Dies oder Jenes. Dies lehrt uns auch Christus im Vaterunser: Herr, dein Wille geschehe. Also betet Christus selbst: Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Er erhöret nicht alle Zeit in leiblichen Sachen; Moses bat, dass er möchte in’s gelobte Land kommen, aber es ward ihm versagt. David ward auch nicht erhöret, als er um Abwendung der zeitlichen Strafe und des todkranken Kindes Leben bat, 2. Sam. am 12. Cap. Also auch Paulus. Denn da er bat, dass der Engel des Satans, der über ihn kam und ihn mit Fäusten schlug, möchte von ihm genommen werden, bekommt er zur Antwort: Lass dir an meiner Gnade genügen.

Also giebt er uns heut zu Tage nicht alle Zeit nach unserm Willen, dieweil es uns alle Zeit nicht nützlich ist. Gott giebt uns, was wir bitten, non ad voluntatem, sed ad salutem, sagt Augustinus, thut also wie ein getreuer Medicus, der da einem Patienten nicht giebt, was er begehret, wenn er weiss, was ihm schädlich ist.

Dieses sollen wir von dem Aussätzigen lernen, dass wir unsern Willen Gottes Willen untergeben und mit dem lieben Job sagen: Wenn mich der Herr gleich wird tödten, will ich dennoch auf ihn hoffen (Hiob 13). Und wie David saget Ps. 73: Wenn ich nur dich habe, so frage ich Nichts nach Himmel und Erden.

Vom dritten Stück.

Zum Dritten, wie erzeiget sich nun der Herr Christus? Erstlich kehrt er sich um und rühmet Denen, die ihm nachfolgen, des Hauptmanns Glauben und spricht: Solchen Glauben habe ich in Israel nicht funden. Denn Martha und Maria hatten auch einen grossen Glauben. Da Christus kam nach Lazari Absterben, spricht Martha: Herr, wärst du hier gewesen, so wäre unser Bruder nicht gestorben (Joh. Cap. 11). Aber der Hauptmann glaubt, dass Christus auch helfen könne, ob er schon nicht gegenwärtig sei.

Zum Andern verkündigt er, dass von Morgen und Abend kommen werden, die mit Abraham und Isaak im Himmelreich sitzen sollen, redet also vom Beruf der Heiden zum Reiche Gottes, wie auch Luc. am 22. Cap. steht: Ihr sollt essen und trinken über meinem Tisch in meinem Reich, das ist: Ihr sollt theilhaftig werden aller ewigen Güter.

Er vergleicht das ewige Leben einer himmlischen Hochzeit von wegen der Freude; denn da ist Freude die Fülle und lieblich Wesen, Ps. 16. dagegen sagt er, sollen die Kinder des Lichts ausgestossen werden. Das ist wahrhaftig erfüllet; denn heut zu Tage die Juden ohne Licht sind und sitzen wahrhaftig in Finsterniss. Wenn sie auch sterben, kommen sie an den Ort, da Finsterniss und Herzeleid ist ewiglich.

Wir aber, Gott Lob und Dank, die wir Heiden sind, haben das Licht des heiligen Evangelii, das Licht des Glaubens und die heiligen Sacramenta haben wir in unserm Herzen. Wenn wir sterben, kommen wir zu dem Vater des Lichts, zu Gott dem Allmächtigen, da werden wir schauen, wie er ist, von Angesicht zu Angesicht, da werden unsere Leiber leuchten wie die Sterne am Firmament, und werden unsere nichtigen Leiber ähnlich werden seinem verklärten Leibe; dies Verwesliche muss anziehen das Unverwesliche, und dies Sterbliche muss anziehen das Unsterbliche. 1. Corinth. 15.

Da nun Christus seinen Jüngern des Hauptmanns Glauben gepreiset, spricht er auch zum Hauptmann: Ich will kommen! und zum Aussätzigen: Ich will’s thun! Dies güldene Wörtlein: Ich will’s thun! soll ein jeder Christ in sein Herz fassen, dass wir wissen, wie Christus gesinnet; wenn uns der Teufel die Zweifelung will in den Sinn reden, da solle in Christ bedenken und bei sich beherzigen: Hat Christus, mein Erlöser, gesagt: Ich will’s thun! ei, so muss es geschehen; denn Himmel und Erde vergehen, aber sein Wort vergehet nicht. So hat er’s auch mit einem Eide betheuert Joh. 16.: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, so ihr den Vater Etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er’s euch geben. Selig sind wir derwegen, wenn wir solchem schweren Eide des ewigen Gottes gläuben. Als dieser arme, elende Tropf die Worte Christi höret: Sei gereinigt, alsbald ward er von seinem Aussatze rein, und wird der kranke Knecht gesund. Weil nun diese Person erlanget, warum sie gebeten, so werden wir auch Errettung finden in unseren Nöthen. Es wird entweder volle Erlösung folgen oder Linderung des Kreuzes oder lebendiger Trost im Herzen. Unter diesen dreien folget zum wenigsten eins, wo sie nicht alle drei beisammen sind; denn wenn gleich die Hilfe und Linderung aussen bleibet, so kommt doch lebendiger Trost in’s Herz, dass wir unsere Seele mit Geduld fassen und das Kreuz geduldig ausstehen, bis wir im ewigen Leben volle Genüge und Rettung bekommen und solche Freude erlangen, welcher dieser Zeit Leiden nicht werth ist.

Hiebei merket und behaltet zum Beschluss, dass wir durch ein gläubiges Gebet vom Herrn Christo gnädige Hilfe erlangen können. Wenn Christus spricht, so muss es Alles geschehen, was er will im Himmel und auf Erden. Er kann die Creatur ändern und schaffen mit einem Wort, und da er im Anfang der Schöpfung spricht: Fiat coelum et terra, da muss Himmel und Erde stehen; wie viel mehr in geringen Dingen? Auch sehen wir hier die Kraft des Glaubens; denn er ist so mächtig, dass er es bei Christo Alles erlangen kann, wie sich hier Christus dem Hauptmann gleich gefangen giebt und spricht: Es geschehe dir, wie du gegläubet hast. Und so Viel vom Dritten.

Haben also eure Liebe angehört erstlich, wer die Personen gewesen, die allhier zu Christo kommen, nämlich arme Leute, ein aussätziger Mann und ein Hauptmann, der einen kranken, schlagsiechen Knecht daheim hatte, welche Christus nicht von sich verstossen. Zum Andern, wie sie ihn um Hilfe angeschrieen und sich unter Christi Wort und Gewalt demüthigen. Zum Dritten, wie sich Christus gegen sie erzeiget, nämlich, er rühmt’s, dass sie so mit herzlichem Glauben zu ihm kommen, und gewährt ihnen Alles, was sie bitten. Dass wir ihn nun auch alle Zeit also anrufen mögen, so wolle er uns seine Gnade hiezu verleihen und geben. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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