Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Das Amt der Presbyter - Vierte Betrachtung.

Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Das Amt der Presbyter - Vierte Betrachtung.

Das Vorbild.

1. Petri 5, v. 3 Schluß. Werdet Vorbilder der Heerde.

Der Apostel Paulus schreibt an die Corinther (1 Cor. 10, 32. 33. Cap. 11, 1): „Seid nicht ärgerlich weder den Juden noch den Griechen, noch der Gemeine Gottes. Gleichwie Ich auch Jedermann in allerlei mich gefällig mache, und suche nicht was mir, sondern was. Vielen frommet, daß sie selig werden, Seid meine Nachfolger, gleichwie ich Christi.“ Und an die Römer schreibt er: „Es stelle sich aber ein Jeglicher unter uns also, daß er seinem Nächsten gefalle zum Guten, zur Besserung. Denn auch Christus nicht an ihm selber Gefallen hatte, sondern wie geschrieben stehet: die Schmach derer, die dich schmähen, ist über mich gefallen“ (Röm. 15, 2. 3)

Wer sich so stellt, daß er herrschen will, der gefällt sich selbst in seinem Amt. Wer da weiß, daß sein Amt ganz des Herrn ist, der folgt darin Christo nach, daß er nicht ihm selber gefällt; ein solcher Nachfolger Christi ist ein Vorbild der Heerde.

Wer ein Vorbild der Heerde ist, wird es also nicht in der Lehre allein sein, auch nicht in dem äußern Regieren allein, sondern auch in seinem ganzen Wandel, wie der alte Satz lautet: Das thue erst selbst was du Andere lehrt; und wie wir vom Herrn selbst lesen: „Alles was er angefangen hat zu thun und zu lehren“ (Apg. 1). Wiederum wird er es nicht in dem Wandel allein sein, sondern auch in der Lehre; denn das ist ein teuflischer Satz: „Was thut es zur Sache was. Einer lehrt, wenn er nur einen guten Wandel führet.“ Mache erst den Baum gut, so wird die Frucht gut sein. Das ist die alte Erfahrung: „Auch sie selbst, die sich beschneiden lassen, halten das Gesetz nicht, sondern sie wollen, daß ihr euch beschneiden lasset, auf daß sie sich von euerm Fleisch rühmen mögen“ (Gal. 6, 13). Was für Lehre Jemand im Innern hat, oder nach welchen Grundsätzen er regiert, das wird am Ende wohl aus dem Wandel offenbar. Und nur wer gesund in der Lehre ist, wird es auch in seinem Wandel sein. Entweder die Selbstsucht, der Hochmuth, die Herrschsucht kommen wohl bald an den Tag, ob man auch einhergeht in dem Kleide der Demuth, oder die wahrhaftige Selbstverleugnung zeigt sich in der Demuth, die einem Jeden seine Ehre gibt, und in der hingebenden Liebe, welche nie anders verfährt als geschrieben steht 1 Cor. 9, 19-23. Sie, welche Gesetzlehrer sein wollen, sei es daß ihre Lehre auf eine sogenannte Sittenlehre hinausläuft, sei es daß sie eine besondere Liebe, Brüderlichkeit, höhere Offenbarungen und einen besonderen geistlichen Wandel vorgeben, auch die, welche nach solchem Vorgeben die Gemeinen regieren, werden allemal im Verborgenen, aber auch bald im Offenbaren treiben, was der gesunden Lehre zuwider ist (1 Tim. 1, 6). Denn Gesetzlehrer sind geizig, lieblos, hochmüthig, ehrbegierig, eifersüchtig, sich selbst aufdringend und allerwärts einschleichend wie die Diebe, für ihre besonderen Zwecke zu erbeuten die Seele, und können es nicht lassen, sich durch allerlei Wege und Mittel einen Anhang zu machen. So Jemand anders lehret, schreibt der Apostel, und bleibet nicht bei den heilsamen Worten unters Herrn Jesu Christi und bei der Lehre von der Gottseligkeit, der ist verdüstert und weiß nichts, sondern ist feuchtig in Fragen und Wortkriegen, aus welchen entspringet Neid, Hader, Lästerung, böser Argwohn (1 Timoth. 6, 3. 4). Aelteste, sowohl die da arbeiten daß es in der Kirche gut bestellt bleibe mit der Lehre und Zucht, als die da arbeiten im Wort und in der Lehre, müssen an ihrem eignen Herzen erfahren haben, wie das Wort Gottes niederschlägt und wieder aufrichtet, wie es in die Hölle wirst und sodann aufnimmt vor Gottes Richterstuhl. Sie müssen in der Schule des Heiligen Geistes durch eigene Erfahrung gezüchtigt und gewitzigt worden sein, um zu verstehen, was der Geist den Gemeinen sagt, oder sie sind blinde Blindenleiter, die zu guter Letzt beide in die Grube fallen. In welcher Richtung ein treuer Aeltester sich als Vorbild darzustellen hat, das lehrt der Apostel in einer Summa in seinen Anweisungen an Titum und an Timotheum. „Allenthalben aber stelle dich selbst zum Vorbilde guter Werke, mit unverfälschter Lehre, mit Ehrbarkeit, mit heilsamem und untadeligem Wort, auf daß der Widerwärtige sich schäme, und nichts habe, daß er von uns möge Böses sagen (Tit. 2, 7. 8). Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild den Gläubigen im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Geist, im Glauben, in der Keuschheit. - Laß nicht außer Acht die Gabe die dir gegeben ist durch die Weissagung, mit Handauflegung der Aeltesten. Solches warte, damit gehe um, auf daß dein Zunehmen in allen Dingen offenbar sei. Habe Acht auf dich selbst, und auf die Lehre, beharre in diesen Stücken. Denn wo du solches thust, wirst du dich selbst selig machen, und die dich hören“ (1 Tim. 4, 14-16). Wir ergreifen nach Anleitung dieser Worte gerne die Gelegenheit, um ausführlicher darzuthun, worin das Aufseher-Amt über die Heerde besteht, und wie eben darin Aelteste Vorbilder der Gemeine werden. Dem Herrn Gott ist nur gefällig, was nach seinem Gesetz geschieht, was demzufolge aus wahrem Glauben hervorgeht; was aus eignem Gutdünken hervorgeht, kann ihm nicht gefallen. So lehret denn die erste Tafel des Gesetzes wie auch Aelteste sich gegen Gott verhalten sollen - die andere Tafel aber wie sie sich gegen den Nächsten zu betragen haben. Es sei der Aeltesten erste und ernste Frage: Ist mein Mit regieren gemäß dem Worte Gottes und den ausdrücklichen Befehlen Christi? Wandle ich so in dem Hause Gottes, stehe ich demselben so vor, wie ich bei meiner Befestigung vor Christo und seiner Gemeine gelobet habe? Oder: Wo finde ich es was ich predigen werde; wer sagt's mir an, wie ich mich zu benehmen habe, auf daß ich nicht falsche Lehre predige, oder nicht selbst verwerflich erfunden werde, während ich Andern predige? In tausend Fällen lassen Aelteste sich eine Antwort geben, wodurch sie auf Menschen hingewiesen werden. Die wahre Antwort ist: die Heilige Schrift kann dich unterweisen zur Seligkeit, durch den Glauben an Christo Jesu, denn alle Schrift von Gott eingegeben ist nütze zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit, daß ein Mensch Gottes sei vollkommen zu allem guten Werk geschickt (2 Tim. 3, 15-17). Ein guter Aeltester nimmt also alles aus der heiligen Schrift. Es thut ihm aber Noth, daß er den kenne, dessen Worte diese Schrift sind. Er muß demnach von Gott gelehret sein. Wer von Gott gelehret ist, hat vor Gott durch das Gesetz Erkenntniß von Sünden, von einem gänzlichen Tod in Sünden bekommen, er hat sich verloren gefühlt, hat erfahren was Gottes Zorn gegen die Sünde ist, und was es ist von Gott verflucht zu sein. Er hat ferner Gott so kennen gelernt, wie durch Christum, seinen Sohn, Vergebung von Sünden, Leben und Seligkeit hergestellt ist, - und wie Allen, die an Christum glauben, in ihm Gerechtigkeit und das Recht auf das ewige Leben aus Gnaden zugeeignet und geschenket wird. Solchen Glauben nun hat der Heilige Geist gewirkt in dem Verlornen und er hat Vergebung von Sünden gefunden vor dem Richterstuhl Gottes in der ihm zugerechneten Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi - so hat er denn Gott kennen gelernt, indem Er seinen Sünden gnädig gewesen und auch seiner Missethaten nicht mehr eingedenk ist. - So wird oder ist in einem guten Aeltesten der Grund gelegt durch den heiligen Geist, daß er im Geist des Glaubens, als aus Gott vor Gott in Christo Jesu predigt oder die Gemeine regiert, und der Heerde gibt, was ihm selbst vertrauet ist: das herrliche Evangelium des seligen Gottes (1 Tim. 1, 11). Die Anfangsgründe einer Gott gefälligen Ausführung eines Amtes, auch daß man der Heerde Vorbild sei, liegen für den Aeltesten in dem Erlebniß für sich selbst dessen was uns der Apostel Paulus mittheilt: Denn es ist je gewißlich wahr und ein theuer werthes Wort, daß Jesus Christus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter welchen ich der Vornehmste bin, - mir ist Barmherzigkeit widerfahren - zum Exempel. - (1 Tim. 1, 15-16). Ein guter Aeltester ist der Vornehmste der Sünder; er spricht nicht: Bleibe daheim und nahe mir nicht, denn ich bin heiliger denn du (Jes. 65, 5). Ihm ist Barmherzigkeit widerfahren, darum ist er nicht unbarmherzig wie die Pharisäer, sondern barmherzig gegen Zöllner und Sünder, die zur Buße zu rufen, wie der Herr gethan (Matth. 9, 12). Er prediget demnach Allen, die ihn hören: Thut Buße; und fügt das gnädige Wort hinzu: Denn das Himmelreich ist euch nahe gekommen. Er kann also keinen andern Grund legen, als den, der gelegt ist, Jesum Christum den Gekreuzigten. Und dieses wird der Gesammtinhalt einer Predigt sein, was uns vorgelegt wird Tit. 2, 11-15. Cap. 3, 4-7. Das ist die gesunde Lehre: Nicht um der Werke willen, die wir gethan haben, sondern nach seiner Barmherzigkeit machte er uns selig. Unser Heiland Jesus Christus hat sich selbst für uns gegeben, auf daß er uns erlösete von aller Ungerechtigkeit und reinigte ihm selbst ein Volk zum Eigenthum, das fleißig wäre zu guten Werken. Aus Gnaden seid ihr selig geworden durch den Glauben, und dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es, nicht aus den Werken, auf daß sich nicht. Jemand rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvorbereitet hat, daß wir darinnen wandeln sollen. (Eph. 2, 8-10). Wo der Aelteste selbst vor Gott sich aufs Tiefste erniedriget, wo er in den Wegen der frei waltenden Gnade gelernt hat Gott allein aufs Höchste zu erhöhen, wo er selbst Abstand genommen hat von dem Gesetz und seinen Werken, von dem „Thue das,“ von dem Sollen und Können, und hat sein Thun und Laffen, seine ganze Seligkeit, seinen Wandel und Weg Gott in die Hände gegeben, und ist nur auf das Eine aus, Christum gewonnen zu haben und in ihm erfunden zu sein (Phil. 3, 8. 9) und hat an ihm seine gute Frucht erblickt: da ist des Aeltesten Thun und Lehren gesund, die Gnade macht alles gesund. Da wird er der Gemeine die gesunde Lehre vorhalten mit Worten und Werken, wird bei Anfang und Fortgang das Gesetz handhaben um Alle zu Christo zu treiben und wird nur Evangelium predigen, auf daß die Gnade Jesu Christi verherrlichet bleibe und in Ihm der Wachsthum sei und die Reben in ihm bleiben und durch ihn Gotte die Frucht tragen, welche nicht von Menschen ist, sondern Frucht des Geistes des Glaubens. Der Apostel Paulus hält hart darauf, daß die Aeltesten ihr Aufsehen über die Heerde so führen, daß sie darüber wachen, daß solche gesunde Lehre gelehrt werde; in diesem Sinne schreibt er: „Die Hauptsumme des Gebots ist Liebe von reinem Herzen und von gutem Gewissen und von ungefärbtem Glauben (1 Tim. 1). Diese Hauptsumme aber nicht erzielt, wenn der Mensch mit Werken umgeht und also das Ende des Gesetzes außer Acht läßt. Das Ende des Gesetzes aber ist Christus einem jeglichen Glaubenden. Nur wo der Glaube ist, ist ein gutes Gewissen, denn der Glaube reiniget von den todten Werken zu dienen dem lebendigen Gott. Die Hauptsache ist, diesen Glauben und ein gutes Gewissen zu bewahren (1 Tim. 1, 19. Cap. 3, 9). Der Apostel Paulus hält wiederholt die gesunde Lehre dem Timotheo vor; so wenn er schreibt: Der uns hat selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Vorsatz und Gnade, die uns gegeben ist in Christo Jesu vor der Zeit der Welt (2 Tim. 1, 9). Und: „Kündlich groß ist das Geheimniß der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbaret im Fleisch, gerechtfertiget im Geist, erschienen den Engeln, geprediget den Heiden, geglaubet von der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit“ (1 Tim. 3, 16). Das ist das Geheimniß, das die Aeltesten in reinem Gewissen bewahren sollen, und daraus kann ein Aeltester wissen, wie er in dem Hause Gottes wandeln soll (1 Tim. 3, 15); wovon Paulus abermal schreibt: Halte an dem Vorbilde der heilsamen Worte, die du von mir gehöret hat, vom Glauben und von der Liebe in Christo Jesu (2 Tim. 1, 13). „Halte im Gedächtniß,“ schreibt er abermal, „Jesum Christum, der auferstanden ist von den Todten, aus dem Samen Davids, nach meinem Evangelio“ (2 Tim. 2, 8). Und: „Befleißige dich Gott zu erzeigen einen rechtschaffenen und unsträflichen Arbeiter, der da recht theile das Wort der Wahrheit“ (2 Tim. 2, 15). Und wiederum: „Du aber bleibe in dem, was du gelernet hat und dir vertrauet ist, sintemal du weißt, von wem du es gelernet hat“ (2 Tim. 3, 14). Und nochmal: „Wenn du den Brüdern solches vorhältst, so wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein, auferzogen in den Worten des Glaubens und der guten Lehre, bei welcher du immerdar gewesen bist“ (1 Tim. 4, 6). Indem der Herr durch die Predigt seines Wortes täglich hinzuthut zu der Gemeine, derer die da selig werden, so ist es das Amt der Aeltesten und das Ziel ihres Berufs, Seelen zu rufen und zu bekehren von der Finsterniß zu dem Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, demnach Seelen zu erretten, und die errettet sind beim Leben zu halten; oder mit andern Worten, die welche im Tode liegen, durch die Predigt zum Leben Christi zu rufen, daß sie hinübergebracht werden in den Leib Christi, und nachdem sie darin hinübergebracht sind, daß sie nunmehr auch auferbauet und gegründet und mehr und mehr gewurzelt werden in Christo, auf daß sie gerecht gemacht am Glauben der Seligkeit in Christo theilhaftig seien, und auch in diesem Leben Zeugniß von Gott erhalten, daß sie ihm gefallen. So haben denn die Aeltesten beim Vorstehen und Regieren auf Gottes Wort und nicht auf Menschen Wort zu halten, und sie haben Christum zu predigen, Christum ganz, Christum allein, und nicht Menschen Werk, die Gnade und den Glauben ganz und nicht daneben menschliche Kraft, menschlichen Willen und menschliche Vernunft. Wo Aelteste so verfahren, da handeln sie nach der ersten Tafel und geben Gotte, was Gottes ist. Von dem Lehren der Aeltesten überhaupt heißt es: So Jemand redet, daß er es rede als Gottes Wort. Ein Aeltester muß für sich diese Gewißheit haben im heiligen Geist, daß er Gottes Wort bringt, daß es vor Christo und seinen heiligen Engeln wahr und wahrhaftig ist, was er aussagt. Das Wort Gottes aber schafft einen Wandel mit Gott, oder ein aufrichtig sich zu Gott halten; was auf der Kanzel wahr sein soll, sei allererst wahr in dem Herzen und in dem Hause der Aeltesten. Auf daß also Aelteste nach der zweiten Tafel handeln und der Heerde Vorbilder seien, thut es ihnen Noth, daß sie die gesunde Lehre bei sich selbst und bei den Ihrigen handhaben. Sie sollen einen löblichen Hausstand führen, daß ihr Haus gleichsam eine kleine Kirche sei, eine kleine Heerde und Gemeinde, woran die Uebrigen ein Vorbild nehmen: „Der seinem eignen Hause wohl vorstehe, der gehorsame Kinder habe mit aller Ehrbarkeit.“ Nur die gesunde Lehre ist praktisch, sie verwirft namentlich für Aelteste den muthwilligen Cölibat, und bezeichnet das Verbot ehelich zu werden, und das Meiden der Speise, die Gott dazu geschaffen, daß man sie mit Danksagung genieße, als Lehren der Teufel. Gott hat den Lehrstand eingesetzt, um den von ihm geschaffenen aber bald nach der Erschaffung im Paradiese durch Hinterlist und Verführung des Teufels zerrütteten Hausstand wiederherzustellen. Dieser Hausstand ist da für Christum und seine Gemeine, denn aus diesem Stande geht das Heer der Auserwählten hervor, mit welchem der Herr, nachdem es hienieden seinem Rath gedient, den Himmel der Himmel bevölkert, daß es auf ewig seine Herrlichkeit schaue. Darum soll nach apostolischem Befehl ein Aeltester vor allem einen Hausstand führen, daß er damit ein Vorbild sei für den gesammten Hausstand der Gemeineglieder. Wo aber ein Hausstand ist, da sind Weib und Kinder, Alte und Junge, Knechte und Mägde, da gibt's auch Wittwer und Wittwen - kurz Berufe und Verhältnisse allerlei Art. Da geht nun für den Aeltesten die liebe Noth an, denn da kommen bei dem Aeltesten selbst allerlei Gelüste auf, der Teufel wirst sich zwischen Mann und Weib, die Kinder sind ihrer Art nach ungehorsam, Knechte und Mägde wollen nicht unterthänig sein, es brechen dazu allerlei Krankheiten herein, und allerlei Sorge der Nahrung, und es gibt der Sünden und der Noth gar viel in dem Hausstande; wo also der Aelteste Gottes Wort hat und solches bringt, da wird er vom Teufel und von dem Tode in allerlei Gestalt eben in seinem Hausstande fortwährend furchtbar angefeindet. - Da gilt's in dem Hausstande über alles Widerspiel und Widerwärtigkeit den Sieg davon zu tragen durch Jesum Christum. Denn der Teufel möchte gerne alles in dem Hause des Aeltesten abbrechen, auf daß er die gesunde Lehre drangebe, den Glauben drangebe, auf daß der Glaube nicht geprediget werde, und demzufolge ein jegliches Haus der Gemeindeglieder wüst liegen bleibe. Denn obschon der Mensch, der die Predigt von der Gnade hört, es wohl versteht, daß wo er Gnade hält er durch dieselbe Gott dienen wird mit Zucht und Furcht (Ebr. 12, 28), so ist es doch seiner verderbten Natur eigen die Gnade wegzuwerfen, um in der Sünde bleiben zu können. So soll er denn eine lebendige Predigt und ein gewaltig predigendes Vorbild haben an dem Hausstande seines Vorgängers, damit er sich bewußt sei was die Gnade thut und darstellt, auf daß er sich beuge unter das Wort und unter das Vorbild und immerdar die Gnade wieder aufnehme, damit er sich in dem Hausstande und in der Gemeinde nach Gottes Willen benehme, ein Jeglicher nach dem und wozu er berufen ist. Auf daß also der Vorgänger mit gutem Gewissen das Wort recht theile, soll es sein erstes und ernstes Anliegen sein, daß es bei ihm, in seinem Herzen und in seinem Hause also sei, wie die Gnade es wirkt und schafft vor dem Menschen her, wo er sich lediglich zu der Gnade hält. Dazu nun jage er nach der Gerechtigkeit, der Gottseligkeit, dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmuth; er kämpfe den guten Kampf des Glaubens und ergreife das ewige Leben, wozu er auch berufen ist (1 Tim. 6, 11. 12); dazu übe er sich in der Gottseligkeit, die zu allen Dingen nütze ist, und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens (1 Tim. 4, 8). Dazu bleibe er bei den heilsamen Worten unseres Herrn Jesu Christi und bei der Lehre von der Gottseligkeit (1 Tim. 6, 3); dazu thue er sich von solchen, die da meinen, Gottseligkeit sei ein Gewerbe, und handhabe allerwärts die gesunde Lehre, welche das Gebot des Lebens aufrecht hält: er wache über die Lehre und stopfe denen den Mund, die da kommen mit der unfruchtbaren Lehre der Selbstheiligung des eigenwilligen Wandels und der Werke, welche Gott nicht befohlen hat. Er reinige sich von den Gefäßen, die da nicht zu Ehren, sondern zu Unehren sind in dem Hause Gottes (2 Tim. 2, 21), und meide, nachdem er ihn einmal und abermal ermahnet (Tit. 3, 10) den ketzerischen Menschen, der sich anmaßt fromm zu sein und verachtet die Andern, und indem er Leib und Geist trennt dem Leibe das Seine entzieht und ihn zermartert, oder demselben für alle Untugend und Ungerechtigkeit den Zaum schießen läßt unter Vorgeben einer besonderen Gemeinschaft mit Gott, oder eines besonderen Glaubenslebens.“) *) Das oben Gesagte gilt nicht weniger den mitregierenden Aeltesten, denn eben sie sind es, die mit den Predigern oder auch ohne dieselben Vieles in der Gemeine zu schlichten haben, was sie nicht vermögen, wenn sie keinen Hausstand kennen oder denselben nicht gut führen. Clemens Alexandrinus bemerkt nicht ohne Grund, daß vorzügliche Gesetzgeber Unverheirathete zu hohen Staats-Aemtern für unzulässig hielten. Wenn der Apostel Paulus befiehlt, daß ein Aufseher „Eines Weibes Mann“ sein soll, so meint er offenbar, daß er verheiratet sein soll, daß er aber nicht zwei Weiber zugleich haben darf. Daß die Juden auch nach Pauli Zeit mehr als Ein Weib zugleich gehabt, wissen wir u. a. von Justinus Martyr, indem er dem Tryphon vorwirft: Eure Lehrer erlauben es euch bis auf den heutigen Tag, daß ein Jeglicher von euch vier bis fünf Weiber halte. Der Vielweiberei der Juden wurde erst im Jahre 393 durch kaiserlichen Befehl ein Ende gemacht. Mit Ausnahme der Germanen war es damals bei den Völkern, selbst bei den Römern (s. Juven. Sat. 6) nichts Unerhörtes zwei Weiber zugleich zu halten. Zum Belege dafür dienen die Canon. apost. aus dem J. 171 n. Chr., deren 17. Kanon also lautet: „Wer nach der Taufe in einer Doppelehe befangen ist, kann nicht Bischof sein.“

Ein guter Aeltester bleibt keine Woche unangefochten, kommt's nicht von Außen, so kommt's von Innen; kommt's nicht von Innen, so kommt's von Außen. Der Teufel wird stets darauf aus sein des Aeltesten innern Frieden oder seinen Hausfrieden oder den Frieden in der Gemeine zu behelligen. Es wird überdieß mit ihm gehen durch böse und gute Gerüchte, und die Feinde werden nicht aufhören selbst manche seiner Gemeindeglieder zu verkehren, um ihn laß zu machen, daß er der Predigt der Wahrheit und des reinen Evangeliums überdrüssig werde. Da thut ihm ein ungefärbter Glaube Noth, und daß er die apostolischen Worte erwäge: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht. Schäme dich nicht des Zeugnisses unseres Herrn - sondern leide dich mit dem Evangelio - nach der Kraft Gottes (2 Tim. 1, 7. 8). So sei nun stark mein Sohn, durch die Gnade in Christo Jesu. - Leide dich als ein guter Streiter Jesu Christi (2 Tim. 2, 1-3). Wem das Evangelium von der Gnade anvertrauet ist, er sei entweder regierender oder lehrender Aeltester, der darf denen die dasselbe verkehren wollen nicht um ein Haar breit nachgeben, denn die Widersacher ruhen nicht, bis sie es ganz verkehret haben; und wo nur ein wenig nachgegeben wird, da geht das Ganze schief. Nur wo das Evangelium von der Gnade ist, sind die guten Werke; auf daß nun die Wahrheit bei den Gläubigen bleibe und daß sie nicht unfruchtbar seien, soll das Evangelium tapfer gehandhabt sein, und da darf ein Aeltester weiter nach nichts fragen. In dem Wort von der Gnade steht alles; ist das Wort dahin, so ist alles vorbei, alles todt, alles ohne Segen und Frucht; denn weder Aeltester noch Gemeinde empfangen den Geist der da lebendig macht durch die Predigt des Gesetzes, sondern durch die Predigt vom Glauben. Bleibt der Aelteste bei der Predigt vom Glauben ganz und gar, ohne sich an das Sichtbare zu kehren, so hält er Gnade, und der Herr lehrt ihn und gibt ihm Verstand in allen Dingen (2 Tim. 2, 7), so daß es von selbst geht und sein eigenes Herz, sein Haus und die Gemeinde werden durch die Gnade gehalten und von der Gnade getragen. Wo aber die Gnade herrscht, da herrscht die Sünde nicht, sondern des Herrn Wort und sein Geist: so sind denn die guten Werke wohl zur Hand. Darum schreibt der Apostel Paulus: „Solches will ich, daß du fest lehrest, auf daß die so an Gott gläubig sind geworden, in einem Stande guter Werke gefunden werden. Solches ist gut und nütze den Menschen.“ Und wiederum: „Laß aber auch die Unsern lernen, daß sie im Stande guter Werke sich finden lassen, wo man ihrer bedarf (Tit. 3, 8. 14).

So gebe denn der löbliche Hausstand des Aeltesten mit allem was darin vorgeht den Beweis, daß die Predigt von der Gnade Jesu Christi Hände und Füße, Augen und ein Herz hat, und daß, wenn auch alle die gewillt sind gottselig zu leben in Christo Jesu allerlei Verfolgung zu erdulden haben (2 Tim. 3, 12), doch der Herr das Gebet erhört, die Thränen zählt, die Drangebung des eignen. Ich und alles Sichtbaren um der Auserwählten willen königlich belohnt, aus jeglicher Noth herrlich hilft und Gnade und Ehre gibt. Denn solches alles stärkt den Aeltesten, daß er Niemand zu Liebe und Niemand zu Leide ausweiche, sondern Allen rücksichtslos ihre rechten Pflichten einschärfe, daß er das Gesetz gegen einen Jeden handhabe, auf daß ein Jeder zu Christo hingetrieben werde und erfahre, wie in Christo der Gläubige zu allem Gottgefälligen zubereitet wird. - Zermalmt doch das Evangelium alle Ungerechtigkeit und eigenwillige sich absondernde Frömmigkeit, es schafft und erhält Aelteste die der Heerde Vorbilder sind, Eheleute die sich lieben wie Christus seine Gemeine geliebt, Aeltern die ihre Kinder erziehen in der Zucht und Vermahnung zum Herrn, Alte die nüchtern sind, gesund im Glauben, in der Liebe, in der Geduld, alte Frauen, die sich halten wie den Heiligen ziemt und nicht Lästerinnen sind, sondern gute Lehrerinnen. - Wo geredet wird wie sich's ziemt nach der heilsamen Lehre da erweckt diese Lehre junge Frauen die züchtig sind, ihre Männer lieben, Kinder lieben, häuslich, gütig, ihren Männern unterthan sind; da schafft die Gnade züchtige junge Männer, gehorsame Kinder, unterthänige Knechte und Mägde die nicht widerbellen, nicht veruntreuen, sondern alle gute Treue erzeigen; da wird Gott gefürchtet und der König geehret; da ist man auch seinen Vorgängern unterthänig, und sind alle also gehalten, daß sie die Lehre Gottes unseres Heilandes zieren in allen Stücken. Das ist die Schöpfung der gesunden Lehre; von allem aber was dieser heilbringenden Lehre zuwider ist (1. Tim. 1, 10), welchen frommen Anstrich es auch habe, welche Larve von besonderer Weihe es auch trage, ist das die Weisung: der thörichten und unnützen Fragen entschlage dich, denn du weißt, daß sie nur Zank gebähren. Ein Knecht aber des Herrn soll nicht zänkisch sein, sondern freundlich gegen Jedermann, lehrhaftig, der die Bösen tragen kann mit Sanftmuth, und strafe die Widerspenstigen, ob ihnen Gott dermaleinst Buße gebe die Wahrheit zu erkennen, und wieder nüchtern würden aus des Teufels Strick, von dem sie gefangen sind zu seinem Willen (2 Tim. 2, 23-26). Zieret der Vorgänger die Lehre nicht, wie werden es die thun die ihm folgen? Es gibt einen sittlichen Wandel, welcher Heuchelei ist und wobei die Gnade verachtet wird: dieser Wandel zieret den Menschen bis er sich endlich selbst schändet. Es gibt einen Wandel, wobei der Mensch ein armer Sünder ist und bleibt, aber es geht ihm darum, daß er die Lehre ziere: ein solcher Armer nimmt aus der Fülle Christi und so zieret die Lehre ihn und bringt ihn zu Ehren. Der Herr, auf den er hofft und auf den seine Augen gerichtet sind, so daß er nichts thut um von Menschen beobachtet oder gepriesen zu sein, sondern auf daß er dem gefalle der ihn gesandt, wird ihn also an seiner Hand führen, ihn also mit seinen Augen leiten, daß er das Zeugniß bekommen wird: Schauet sein Ende an und folget seinem Glauben nach. Es kann nicht ausbleiben: wo Aelteste die freie Gnade predigen, wo sie Christum ganz predigen, wo sie Gottes Gesetz handhaben und als treue Wächter die Sünden strafen und Gottes Drohungen und Gerichte den Uebertretern vorhalten, da haben sie sich darauf gefaßt zu machen, daß sie als Verführer (2 Cor. 6) als Uebelthäter (Röm. 3, 7. 8), als Friedensstörer betrachtet, gehaßt und verfolgt werden. Da haben sie aber zu beharren und werden wohl erfahren in solcher Beharrung, wie der Herr mit seinen treuen Knechten ist. Treue Aelteste werden in ihrer eigenen Noth von dem Herrn belehrt nicht mit dem Zeugnisse zurückzuhalten aus Menschenfurcht oder aus Trägheit, auch nicht darum, daß man ihnen schmeichelt oder sie mit Geschenken betrügen will. Sie werden aber auf der andern Seite auch gewitziget, nicht aus fleischlichem Eifer drauf einzuhauen, wie Solche thun die sich dadurch einen Namen machen wollen und für sich die Freiheit in Anspruch nehmen selbst die Majestäten zu lästern und gegen alle Autorität rücksichtslos zu verfahren. Wer von Gott gelehrt ist, ist ein Weiser und kennt seine Zeit, straft aus Liebe wenn er straft, und zur Besserung wo zu bessern ist, straft aber nicht als ein schwärmerischer Hitzkopf. In dem Streit mit den Feinden werden treue Hirten vor allem die gute Weide behaupten, und die Feinde nicht in die Weide hereinlassen, weil sie sonst bedroht werden aus der Weide geworfen zu werden; noch weniger werden sie auf große Versprechungen horchen, um dafür die Feinde in der Weide mitherrschen zu lassen. Sie vertheidigen aber die ihnen anvertraute Weide in solchem Geiste, daß der Verleumdung keine Gelegenheit gegeben werde, als benähmen sie sich aufrührerisch. Liebende Hirten tragen es mit Geduld, wenn sie auch bisweilen von ihren eigenen Schafen gestoßen oder sogar in ihren innigsten Gefühlen zertreten werden. Sie bleiben des Wortes eingedenk, worunter sie sich allererst für sich selbst beugen: Ich wußte wohl, daß du verachten würdest, und von Mutterleibe an ein Uebertreter würdest genannt sein (Jes. 48, 8). Ich dulde alles um der Auserwählten willen, auf daß auch sie die Seligkeit erlangen in Christo Jesu mit ewiger Herrlichkeit, schreibt Paulus (2 Tim. 2, 10). Es wird den treuen Aeltesten, sowohl den mitregierenden als den lehrenden, nicht genug sein, daß gelehrt, gestraft, ermahnt und getröstet wird, sondern es wird ihnen auch angelegen sein, so viel als möglich und ausführbar ist, zu erfahren, wie ein jegliches Glied der Gemeine beschaffen ist und ob die Predigt bei ihm einschlägt; und da werden sie nicht müde stets von neuem, im besondern und offenbar das Wort also vorzuhalten, daß die Wunden, woran. Etliche bluten, aufgedeckt werden. Denn sie wachen über die Seelen und sehen zu, ob auch etwas Ungesundes sich zeigt, ob hie und da ein Eckel entstanden sei der geistlichen Speise, ob die Zuhörer sich dem Worte wirklich unterwerfen, ob bei den Gliedern wahre und gesunde Kenntniß der Lehre der Seligkeit obwaltet, und wo bei den Einzelnen ein Zunehmen oder ein Abnehmen eines vor Gott reinen und ungeheuchelten Wandels gespürt wird. Was sich da aber wiederherstellen läßt, läßt sich nur durch die lebendige Predigt und durch ein ernstes, liebevolles, väterliches Entgegenkommen wiederherstellen - Was nicht wiederherzustellen ist, schließt ein guter Hirte aus durch die Zucht, aber nie mit Gefährdung der allgemeinen Eintracht. Alles Krumme ist nicht gerade zu machen. Wo man aber mit Geduld trägt und es Gott anheim stellt, und um so mehr in die Gewissen mit der Predigt hineindringt, da erfährt man doch, daß das Wort nicht leer wiederkehrt, sondern das ausrichtet, wozu es gesandt ist. Ein kluger Aeltester wird stets darauf aus sein, daß die Einigkeit des Geistes durch das Band des Friedens bewahret bleibe, und wird solche Weise erprobt finden die gute Ordnung in der Gemeine aufrecht erhalten zu sehen. Zu dem Aufseher-Amt der lehrenden Aeltesten gehört nächst der Predigt des lautern Wortes die schriftgemäße Bedienung der heiligen Sacramente, wie zu dem Aufseher-Amt der mitregierenden Aeltesten, daß die Sacramente demgemäß bedient werden. Da wird nun ein Aeltester ein Vorbild der Gemeinde sein, wenn er bei der Bedienung der heiligen Taufe so verfährt, daß er dabei kundgibt, daß er die Bedeutung der Taufe für sich selbst versteht und heiliget; und bei der Bedienung des heil. Abendmahls eben so verfährt, daß er mit kundgibt, wie sehr ihm vornehmlich die Sacramente Noth thun zur Stärkung seines eigenen schwachen Glaubens. Weiter gehört zu dem Aufseher-Amt der Unterricht der Jugend in den Wahrheiten des Evangeliums. Da wird ein Aeltester einen guten Lehrer abgeben und ein gutes Vorbild, wenn er bei den Kindern wie ein Kind ist, auf daß es den Kindlein nicht vorenthalten bleibe, was Gott den Kindlein will geoffenbart wissen; weiter daß er bei den Kindlein sei als ein liebender Vater, der sich die Geduld bei dem Unterricht nicht ausgehen läßt, aber auch mit Ernst darauf aus ist, daß der Kinder Charakter also gebildet werde, daß sie Gottes Wort auf sich selbst anwenden, und gut wissen, daß alle Heuchelei und Gottlosigkeit ihre gerechte Strafe findet. Das Besuchen der Kranken, sowohl durch die mitregierenden als lehrenden Aeltesten ist für den Kranken eine Wohlthat, wenn er nicht allein das Weh seiner Krankheit empfindet sondern vielmehr in dem Bewußtsein, die Krankheit sei ihm eine Mahnung daß er sein Haus bestelle, von dem Aeltesten bei Offenlegung seiner geistlichen Krankheit verlangt die himmlische Arznei. Ein Aeltester, der selbst an allerlei geistlicher Krankheit siech gewesen, wird in dem Falle am Krankenbette noch mehr Heilmittel zur Hand haben, als sogar auf der Kanzel. Aelteste, denen das Heil der ihnen anvertrauten Seelen lieb ist, werden als mitregierende keine unehrliche Handthierung treiben, auch nicht als lehrende sich abgeben mit bürgerlichen oder andern Dingen, wodurch sie von ihrem Beruf würden abgehalten werden, so wenig wie ein Arzt einen Handel oder Kaufmannschaft anfangen oder sich bei öffentlichen Vergnügungen herumtreiben und indeß die Kranken unbesucht liegen lassen wird. Der Apostel Paulus bezeugt: Kein Kriegsmann flicht sich in Händel der Nahrung, auf daß er gefalle dem, der ihn angenommen hat. (2 Tim. 2). Lehrende Aelteste, welche reich in Gott sind, gründen den Schatz ihres irdischen Durchkommens in die Liebe der Gemeindeglieder, und werden sich so benehmen in ihrem Amte, daß sie beweisen, daß sie nicht das Ihre sondern was der Gemeinde ist suchen. Die Lehre, die Ermahnung, die Bestrafung wird um so bereitwilliger, um so mehr mit Unterwerfung und als angenehm angenommen werden, wenn die Gemeinde des inne ist: unser Hirte hat uns lieb. Wie sehr der Geiz oder Geldgier die Aeltesten zu allem untauglich macht, ist wohl am Tage. Dieses Uebel hat Etliche gelüftet, schreibt der Apostel, und sind vom Glauben irre gegangen (1 Tim. 6, 10). Was aber namentlich Aelteste beiderlei Art unglücklich macht und was auch die Gemeinden mit zerstört, ist: Ehrgeiz. Dieses Uebel erstickt alles Gute, brütet falsche Lehre, verursacht Spaltungen in der Gemeine Christi, erweckt allerlei Zank und Zwietracht. Ehrgeizige Aelteste sind im Stande treue Aelteste in die Wüste zu treiben, und sich zu denen zu schlagen, mit welchen sie sonst gar nicht übereinstimmen, bloß um den Gerechten aus dem Wege zu schaffen. - Gute Hirten aber sind so vor Gott gedemüthiget, daß sie nur Gottes Ehre als Ehre ansehen, und wenn nur Gottes Wahrheit verkündiget wird, so sind sie glücklich. Guten Aeltesten gibt aber der Herr einen Dorn ins Fleisch, darum können sie sich nicht überheben, denn sie sind des am meisten inne, daß sie zu allem was zur guten Verwaltung ihres Amtes gehört untüchtig sind, und bekennen: Er ist's, der uns Tag für Tag tüchtig macht. Traun, man hebt eher einen Berg in die Höhe, als daß man aus sich selbst im Stande wäre eine einzige Sitzung zu halten und eine Stimme abzugeben, welche das Wohl der Gemeine befördert, oder eine einzige vor Gott wahre Predigt zu halten. Wo aber die Liebe Gottes den Ehrgeiz niederhält, da halten die Aeltesten der Gemeinde auch untereinander Friede und erhalten so den Frieden in der ganzen Gemeinde. Endlich werden Aelteste beiderlei Art, die Vorbilder der Gemeinde sind, sich namentlich der Einfältigen, Albernen und Dürftigen annehmen, ihnen mit Rath und That helfen und unter die Arme greifen; dazu den Reichen dieser Welt gebieten, daß sie nicht stolz seien, daß sie Gutes thun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behülflich seien, 1 Tim. 6, 17 - endlich werden sie sowohl in dem Umgang als auf der Kanzel die ungeistlichen losen Geschwätze und das Gezänke der falsch berühmten Kunst meiden. Fassen wir Alles zusammen, so wird ein guter Aeltester getrieben von der Liebe Christi. Er hat das Volk des Herrn so lieb wie seine eigene Seele, und läßt sein Leben dafür, Gut, Geld, Ehre und Alles was sichtbar ist. Er hält treu zu der gesunden Lehre und zu den einzelnen Theilen derselben, und im heil. Geist des gewiß, was Gottes Wahrheit ist, geht er im Glauben damit vorwärts und sieht nicht um. Er thut nichts Menschen zu Gefallen, hinwiederum nimmt er den Schwachen alle Steine aus dem Wege worüber sie würden fallen können, den Trotzigen aber versperrt er jeden Ausweg mit dem Gesetz des Herrn, und macht sich angenehm in den Gewissen aller, indem er die Errettung sucht selbst des Verlorensten und die Zurechtbringung selbst des Widerspenstigsten. Er sucht also nicht was sein ist, sondern was des Andern ist - all' sein Bemühen und all seine Arbeit hat nur ein Ziel: die Verherrlichung Gottes und die Seligkeit der Auserwählten. Dazu brennt in ihm ein stetes Feuer heiligen Eifers der Liebe, welches viele Wasser nicht können auslöschen. Die Kraft seiner Predigt liegt nicht in menschlicher Weisheit, sondern in dem Evangelio welches er predigt, welches ist eine Kraft Gottes zur Seligkeit allen Glaubenden. Gottes Wort ist ihm Gottes Wort ganz und gar; Kenntniß der Sprachen, überhaupt die Gelehrsamkeit, ist ihm weiter nichts als Magd des Wortes. Bei allem erfüllt ihn diese Demuth, daß er weiß: Er sei nichts, aber sein Herr, der ihn gesandt, sei es allein. Wenn wir nun aber überhaupt die Frage für einen jeden Aeltesten aufwerfen: Wie komme ich dahin, auf die wahre, Gott wohlgefällige Weise das Aufseher-Amt zu führen und der Gemeine Vorbild zu sein? so antworten wir: Es sei eben diese Demuth da anzuerkennen, daß ein Mensch eben so wenig dazu im Stande ist, als er überhaupt im Stande ist einem einzigen Gebote des Gesetzes und des ausgedrückten Willens Gottes nachzukommen. Wer sich ein Modell zu so etwas möchte aufstellen wollen, um sich demselben nachzubilden, wer sich anmaßt, er könne es, wird es ganz verfehlen. Das Gesetz wirkt nur Zorn, Unmuth, Unfreundlichkeit, Gesuch seiner selbst und Gelüste der Herrschaft. Wo Aelteste mit Werken des Gesetzes umgehen, da kann die Liebe nicht sein; die Liebe wird geboren in dem Abgrunde der Verlorenheit. Wer in diesem Abgrunde lag und sich durch die Gnade Christi aus demselben errettet sah, der nimmt vor dem Herrn tagtäglich ab, und der Herr wächst tagtäglich in seinem Innern und der Herr wird groß gemacht. Wie man da für sich arm und elend bleibt, so kann man nichts mehr als allen den Gott, Herrn und König vorhalten, der da reich ist an Gnaden. - Wo man aus. Seiner Fülle sich vor und nach überschüttet findet, da ist die Liebe zu den Brüdern und die Liebe zu Allen - und das Ganze geht nach dem Willen Gottes, denn da hat man Christi Sinn, und ist der Geist in den Rädern. - Was sollen wir weiter noch dazu erinnern? Christus, der seine Gemeinde vertritt, vertritt auch die Aeltesten der Gemeinden und gibt ihnen den Geist des Gebets, daß sie nicht laß werden die Gemeinde mit vielen Gebeten, Thränen und Danksagungen dem Herrn vorzuhalten, und da gibt er auch den Gemeinden ihrer Aeltesten stets eingedenk zu sein vor dem Herrn.

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