Kapff, Sixtus Carl von - Am Sonntag Quasimodogeniti.

Kapff, Sixtus Carl von - Am Sonntag Quasimodogeniti.

(Zugleich Konfirmation.)

Text: 1 Joh. 5,4-10.
Alles, was von GOtt geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, dass JEsus GOttes Sohn ist? Dieser ist es, der da kommt mit Wasser und Blut, JEsus Christus, nicht mit Wasser allein, sondern mit Wasser und Blut. Und der Geist ist es, der da zeugt, dass Geist Wahrheit ist. Denn drei sind, die da zeugen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese Drei sind Eins. Und Drei sind, die da zeugen auf Erden: der Geist, und das Wasser, und das Blut; und die drei sind beisammen. So wie der Menschen Zeugnis annehmen, so ist GOttes Zeugnis größer; denn GOttes Zeugnis ist das, das er gezeugt hat von seinem Sohne. Wer da glaubt an den Sohn GOttes, der hat solches Zeugnis bei ihm.

Quasimodogeniti, d.h. als die jetzt geborenen, neugeborenen Kindlein sollen wir begierig sein nach der vernünftigen, lautern Milch der göttlichen Wahrheit, auf dass wir durch dieselbige wachsen am inneren Menschen. Diese Worte des Apostels Petrus waren die ersten im Gottesdienst der alten Kirche am heutigen Sonntag, der daher den Namen Quasimodogeniti bis jetzt behalten hat. Dieser Name ist uns heute von besonderer Bedeutung. Unsere lieben Konfirmanden sollen Neugeborne sein und noch mehr werden, heute und alle Tage. Die Wiedergeburt, die in der heiligen Taufe bei ihnen angefangen hat und die seither durch viele Wirkungen des Geistes und Wortes GOttes verstärkt worden ist, soll heute eine Haupt-Konfirmation, d. h. Bestätigung, Befestigung und Erneuerung erhalten, besonders dadurch, dass sie im Abendmahl den Leib und das Blut Christi empfangen, das Hauptgnadenmittel zur Erneurung der Wiedergeburt und Vereinigung mit GOtt. Dadurch sollen die Früchte des Todes und der Auferstehung JEsu, die wir kaum erst feierten, ihnen lebendig zugeeignet und sie zu Gliedern am Leibe JEsu geheiligt werden. So soll bei ihnen geschehen, was wir kürzlich in der Natur sahen. Der neue Lebenssaft, der im Winter durch die dürren Äste und Zweige heraufstieg, hat sich zu Knospen entwickelt, in denen viele Blüten und Früchte eingehüllt lagen. Ein warmer Regen kam und schnell sind die lieblichsten Blüten, die jetzt unsere Augen entzücken, hervorgequollen.

So sollen die göttlichen Lebenskeime, die von der Taufe an in unseren Kindern lagen und durch Unterricht und Erfahrung mehr und mehr wuchsen, sich jetzt entschiedener entfalten zu kräftigen Blüten und Früchten für den Himmel. Sie haben sich freiwillig dazu erklärt, und wollen es heute öffentlich bekennen, dass sie nicht in der fleischlichen Geburt und sündlichen Natur bleiben, sondern im Glauben und in der Liebe des dreieinigen GOttes leben und sterben und als neue Menschen die Welt verleugnen, den Himmel aber ererben wollen. Dazu hilft allein der Glaube, der nach unserem Text das Zeichen und die Kraft der Wiedergeburt ist, der lebendige Glaube an die ewige Gottheit und das ewige Heil JEsu Christi. In diesem Glauben liegen alle Keime und Kräfte des Geisteslebens, das allein die Welt überwinden kann. Daher sagt unser Text: „wer den Sohn GOttes hat, der hat das Leben, wer den Sohn GOttes nicht hat, der hat das Leben nicht, der bleibt in Finsternis und Tod.“ So ruft heute Alles uns auf zur Wiedergeburt: unser Text, die schöne Auferstehung der Natur, die großen Erinnerungen der kaum gefeierten Festtage, die Feier der Konfirmation und des Abendmahles und selbst der Name des heutigen Sonntags. Unsere Konfirmation soll eine Feier der Wiedergeburt sein und in uns Allen soll die Wiedergeburt konfirmiert, bestätigt und erneuert werden dadurch, dass wir uns die große, in Christo geschehene Konfirmation der Wiedergeburt unserer Menschheit zueignen. Daher sei heute der Gegenstand unseres Nachdenkens:

Die Konfirmation der Wiedergeburt; wir sehen

  1. wie in Christo die Wiedergeburt der Menschheit konfirmiert worden sei,
  2. wie in den einzelnen Herzen die Wiedergeburt konfirmiert werde,
  3. was dazu die äußere Konfirmation wirke.

HErr JEsu, Du eingeborener Sohn des Vaters, hilf uns, dass auch wir Alle Kinder GOttes seien und bleiben. Wirke und erneure in uns die Wiedergeburt des Geistes, durch die Du uns in Dich verklären, ja der göttlichen Natur teilhaftig machen willst. O führe Deine ewigen Liebesabsichten an uns Allen und besonders an unseren lieben Konfirmanden aus und bewahre sie und uns durch Deine Gottesmacht zur ewigen Seligkeit. Amen.

I.

Unser Text spricht besonders von der Gottheit Christi und von der göttlichen Konfirmation oder Bestätigung, die für sie zeuge.

Die Gottheit Christi aber betrachtet Johannes als den Hauptgrund des Heils, und von ihr und ihrer lebendigen Erkenntnis leitet er alles Leben ab, so sehr, dass Er sagt: „wer da glaubt, dass JEsus sei der Christ, der ist von GOtt geboren.“ Das kann Johannes nur deswegen sagen, weil in der Person Christi die Wiedergeburt der Menschheit geschehen ist und so durch unsere Gemeinschaft mit Christo auch wir der Wiedergeburt teilhaftig werden.

In Christo ist die Menschheit wiedergeboren, denn er ist der Sohn GOttes und hat unsere Menschheit in sich vereinigt mit der Gottheit zu Einem Wesen. Schon seine Menschwerdung und Geburt war eine Neugeburt der Menschheit, weil in Ihm, als dem zweiten Adam, eine reine, unbefleckte Menschheit erschienen ist in Vereinigung mit dem ewigen Wort, das selbst GOtt war. Aber unsere Menschheit ist in Ihm sogar in die volle Herrlichkeit der göttlichen Natur verklärt worden, nachdem Er in seinem Leben, Leiden und Tod alle Rechte GOttes vollkommen erfüllt und eine vor GOtt ewig gültige Gerechtigkeit dargestellt hat. Durch diesen Gehorsam hat Er seiner menschlichen Natur die Rechte der göttlichen Natur erworben, daher Er schon vor seinem Tode sagt: „nun ist des Menschen Sohn verklärt und GOtt ist verklärt in Ihm.“ Aber war dies innerlich schon vor seinem Tod geschehen, so trat es auch in äußerlicher Verklärung hervor in seiner Auferstehung und noch mehr in seiner Himmelfahrt, von welcher an selbst sein menschlicher Leib im Himmel leuchtete, heller als die Sonne, und seine Augen waren wie Feuerflammen und seine Stimme wie großes Wasserrauschen, und nach seiner Menschheit wie nach seiner Gottheit konnte Er sagen: „mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“

Aber diese Verklärung der menschlichen Natur Christi ist nicht um seinetwillen geschehen, da Er nach seiner göttlichen Herrlichkeit von Ewigkeit lebte und diese Herrlichkeit seiner Gottheit keines Zuwachses fähig war. Nur um unsertwillen ist Er Mensch geworden, nur für uns ist seine Menschheit gestorben, auferstanden und verklärt worden. Deswegen ist die Verklärung Christi die vollendetste Wiedergeburt unserer Menschheit, die so in der Person Christi wieder in das Bild GOttes verklärt worden ist. Daher sagt JEsus zu seinem himmlischen Vater (Joh. 17,22.23.): „ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, dass sie Eins seien, gleichwie wir Eines sind, Ich in ihnen und Du in Mir, auf dass sie vollkommen seien in Eins, und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und liebst sie, gleichwie du mich liebst.“ Diese Worte dürfte kein Mensch denken, wenn nicht der HErr sie gesprochen hätte. Wir sollen vollkommen Eins sein mit GOtt und der Vater will uns lieben, gleichwie Er seinen eingeborenen Sohn liebt. Daher sagt Petrus geradezu: „Wir werden durch Christum teilhaftig der göttlichen Natur.“ Darin liegt die höchste Wiedergeburt unserer Menschheit, die durch die Sünde grundverdorben und dem Tod und der Hölle auf ewig verfallen war.

Dass nun aber wirklich unsere Menschheit so aus dem tiefen Verderben des Falls wiedergeboren werden soll zu der verlorenen Herrlichkeit, die der ewige Liebesvorsatz GOttes ihr zugedacht hatte, und dass durch Christum wir erhöht werden sollen zur seligsten Vereinigung mit GOtt, davon sehen wir die Konfirmation oder die Bestätigung in den großen Tatsachen des Erlösungswerkes JEsu. Davon spricht unser Text in den Worten: „dieser ist's, der da kommt mit Wasser und Blut, und außer Wasser und Blut ist es der Geist, der da zeugt, denn der Geist ist die Wahrheit.“ Was versteht wohl der Apostel unter diesen Zeugnissen, durch die uns die Gottheit Christi und daher die Wiedergeburt unserer Menschheit in Ihm bestätigt wird? Das Wasser ist das Wasser der Taufe; selbst die Juden erwarteten, der Messias werde durch die Taufe sie zu neuen Kreaturen heiligen, so musste selbst Ihnen die Taufe, die JEsus für alle Zeiten verordnete, als Bad der Wiedergeburt ein herrliches Zeugnis für die göttliche Würde und für die Wiedergebärungskraft JEsu sein, besonders wenn man sah, wie in der ersten Kirche bei der Taufe der Heilige Geist auf die Gläubigen fiel und sie mit neuen Sprachen redeten und als neue Menschen wandelten und sogar Wunderkräfte offenbarten. So war die Taufe und mit ihr der Heilige Geist eine Konfirmation oder Bestätigung der Wiedergebärungs - und Erneuerungskraft JEsu. Aber der eigentliche Grund davon lag in dem Blut, das JEsus am Kreuz für uns vergossen und durch das Er die Sünden der ganzen Menschheit auf ewig abgewaschen und uns mit GOtt versöhnt hat. Und wenn Er dieses Blut verklärt in seinem Abendmahl uns mitteilt und dadurch sein Leben in uns gibt, dass wir bleiben in Ihm und Er in uns, so ist das eine sogar sichtbare Konfirmation der von JEsu ausgehenden neuen Lebenskraft. Freilich aber gibt auch dem Blut Christi, wie dem Wasser der Taufe erst der Geist das volle Licht, daher sagt Johannes: „der Geist ist es, der da zeugt, denn der Geist ist die Wahrheit.“ Wie Niemand JEsum einen HErrn heißen, d. h. an seine Gottheit glauben kann ohne den heiligen Geist, so auch kann Niemand die Versöhnung durch das Blut Christi glauben, es sei denn, dass der Geist ihm die Vergebung der Sünden zusichere und die Kraft des Blutes Christi im Abendmahl ihm zu erfahren gebe. Daher sagt unser Text: wie der Vater, das Wort und der Heilige Geist Eines sind, so sei das Zeugnis von Wasser, Blut und Geist Eins; die Taufe hat ihre Reinigungs- und Wiedergebärungskraft durch das Blut und den Geist Christi; des Blutes Versöhnungskraft wird uns zugeeignet durch die Taufe und durch den Geist, der Geist aber wirkt durch die Taufe und durch das Blut.

Diese tatsächlichen Wirkungen, in denen sich die Wiedergeburt der Menschheit durch Christum offenbart, haben schon viele Tausende in allen Jahrhunderten erfahren. Menschen, die einer dürren Wüste oder faulen Sümpfen gleichen, sind durch das Wasser der Taufe in herrlich grünende und Frucht bringende Gärten GOttes verwandelt worden; Seelen, die in Todes- und Höllenangst verzweifelten, sind durch das Blut Christi voll göttlichen Friedens und seliger Hoffnung geworden, und alberne, geistlose Menschen, die in finsterer Unwissenheit alles Lichtes entbehrten, sind durch den Geist geleitet worden in alle Wahrheit, da die Salbung von dem, der heilig ist, sie Alles lehrte. Solche Umwandlungen von hoffnungslosen Sündern in selige Heilige sind die herrlichste Bestätigung von der Gottheit JEsu und von der Wiedergeburt unserer Menschheit durch Ihn. Aber wir fragen:

II.

wie diese Wiedergeburt in den einzelnen Herzen, also auch in dir und mir konfirmiert, befestigt und bestätigt werde? Unser Text sagt: „Alles, was von GOtt geboren ist, überwindet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, dass JEsus GOttes Sohn ist?“ Hier werden die drei Punkte: von GOtt geboren sein, an die GOttheit JEsu glauben und die Welt überwinden - als ganz bei- und ineinander seiend betrachtet. Wer an die GOttheit JEsu als unsers einzigen Heils lebendig glaubt, und wer in diesem Glauben die Kraft findet, die Welt zu überwinden, der darf es glauben, dass er von GOtt geboren sei, dass die Wiedergeburt unserer Menschheit durch Christum auch in ihm angefangen habe. An die GOttheit JEsu wahrhaft glauben und alles sein Heil nur in JEsu finden, das kann nur der, der sein Sündenelend tief erkannt und sich als ewig verloren zu betrachten gelernt hat. So lange ein Mensch noch gleichgültig in. der Welt lebt, so lange er noch mit sich zufrieden ist und das Leben des Fleisches und der Natur für recht und gut hält, so lange ist ihm die GOttheit Christi gleichgültig oder gar ein Anstoß. Er hat das Bedürfnis eines Seligmachers nicht, und sieht nicht ein, dass er sich selbst in Ewigkeit nicht helfen kann, dass auch keine menschliche Kraft aus dem Elend der Sünde zu retten vermag. Erst wenn wir erkennen, dass wir täglich viel sündigen und wohl eitel Strafe verdienen, erst wenn die tausendfachen Befleckungen und Versäumnisse und auch die immer wiederkehrenden sündlichen Gedanken uns recht zur Sünde geworden sind, erst dann sehen wir uns als die totkranken Menschen an, denen nur ein göttlicher Arzt helfen kann. Und da muss unser Sinn der sein, wie unsere Konfirmanden heute bekennen: „es ist mir von Herzen leid, dass ich wider GOtt gesündigt und Ihn, meinen getreuen Schöpfer, Erlöser und Tröster, so vielfältig und dazu manchmal vorsätzlich und mutwillig beleidigt und erzürnt habe.“ Solche Reue und solches Leid über unsere Sünde ist aber nicht unser Werk, es ist das Werk des Heiligen Geistes, dessen Amt ist, über die Sünde zu strafen und dann zu trösten. Alle Wirkungen des Heiligen Geistes aber haben eine wiedergebärende und erneuernde Kraft, und wo der Geist eine ernstliche Buße hat wirken können, da wirkt er auch als der Tröster den Glauben an JEsum und an das Heil, das durch seine GOttheit und durch seine vollkommene Versöhnung uns bereitet ist. Da wird durch den Geist Alles im Herzen lebendig, was ihm vorher nur eine tote Geschichte war; für die Wunden des Todkranken und Hoffnungslosen ist das Wort vom Kreuz ein Balsam, der das trauernde Herz erquickt, und wie dem Hungernden jeder Bissen Brot ein Labsal ist und den Matten jeder Trunk Weins stärkt, so ist für die über ihre Sünden betrübte Seele jedes Wort des Evangeliums eine Erquickung, und so wirkt der Geist immer mehr den Glauben, der nicht mehr äußerlich an JEsum glaubt, sondern in Ihn hineingeht und in Liebe mit Ihm zusammenwächst, so dass wir Nichts mehr in uns selber sein wollen, sondern Alles nur in und aus Ihm und auch Alles für Ihn. Wenn dann das Herz sich alle Früchte des Todes und der Auferstehung JEsu zueignen kann und in der Gerechtigkeit JEsu den seligen Frieden GOttes erfährt, wenn es Nichts mehr fürchten, sondern Alles hoffen darf, und die Hölle zugeschlossen, den Himmel aber eröffnet sieht, dann hat es in solchen Erfahrungen die feste Konfirmation seiner Wiedergeburt. Denn aus uns selbst haben wir das Alles nicht. Unsere Natur hat keinen Hass gegen die Sünde, unsere Natur gibt sich nicht schuldig und sucht nicht in JEsu ihr Heil, sondern in sich selbst und in der Welt. Wo also Schmerz über die Sünde und Hingabe an JEsum ist, da ist ein Werk des Heiligen Geistes und folglich eine Geburt aus GOtt; denn was der Geist wirkt, das bringt göttliches Leben in uns. Je mehr unsere Natur stirbt, desto mehr lebt GOtt in uns.

Wie tröstlich ist das Alles für eine jede gläubige Seele. Man hört so oft die Äußerung: ach, ich möchte nur auch wissen, ob ich wiedergeboren bin! und das ist auch unstreitig die wichtigste Frage. Nun höre aus unserem Text: du darfst glauben, dass der Wiedergeburtsgrund in dir gelegt sei, wenn du Freude hast an JEsu, wenn du Ihm leben willst, nicht mehr der Welt, wenn du sein Wort gerne liest, wenn du im Glauben an Ihn immer mehr wachsen möchtest, wenn du den Umgang mit Kindern GOttes lieber hast, als den Umgang mit der Welt, ja wenn du auch nur eine innere Traurigkeit über deine Sünde in dir empfindest und den Wunsch hast, ein bekehrtes Kind GOttes zu werden. Besonders ist ein Zeichen der Wiedergeburt das, wenn der Geist dich auch über kleinere Vergehungen und Untreuen, selbst über böse, törichte Gedanken züchtigt und du so dich als grundverdorben erkennst und oft denkst, es 'sei gar nichts Gutes an dir, du seist gar nicht wert, GOtt auch nur anzurufen. Von dem Zöllner, der nicht einmal seine Augen aufzuheben wagte, sagt JEsus, er sei gerechtfertigt worden vor dem gerechten Pharisäer. So darf ich dem HErrn zum Preis heute zu manchen unserer Konfirmanden sagen: du darfst glauben, dass der Geist eine Wiedergeburt in dir angefangen hat. Manche haben mit Tränen mir geklagt, sie fühlen sich eben ganz unwürdig, zum heiligen Abendmahl zu kommen, sie finden nicht genug Buße, nicht genug Glauben, nicht genug Gebetsfreudigkeit in sich, haben so manche Zerstreuung durch böse, törichte Gedanken, besonders auch beim Beten. Solchen darf man gewiss sagen, dass diese Unzufriedenheit mit sich selbst ein Beweis von der Wiedergeburtsarbeit des Heiligen Geistes im Herzen ist. Und vielleicht schenkt ihnen der HErr heute beim Abendmahl oder morgen oder später zu der Stunde, die Er für die rechte hält, Er schenkt ihnen ein Gefühl von Friede und Freude im heiligen Geist, wodurch sie der Vergebung aller Sünden gewiss werden und so die innere Konfirmation von der Wiedergeburt und seligen Kindschaft GOttes erhalten. Dadurch wird dann noch reichlicher, als vorher, die Liebe GOttes und JEsu ins Herz ausgegossen durch den heiligen Geist, und dann kommt auch die besonders wichtige Konfirmation der Wiedergeburt, die unmittelbar vor unserem Text steht: „Seine Gebote sind nicht schwer,“ und in unserem Text: „unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet, ja schon überwunden hat.“ Denn wer es weiß, was man an JEsu hat, der kann zu Allem, das bisher seine Liebe gefangen nahm, zum Mammon, zur Lust, zur Ehre, zu allen Götzen der Erde sagen: weicht, JEsus mir gefällt, besser als die ganze Welt. Da ist dann jeder Sieg über das Fleisch eine neue Bestätigung der Wiedergeburt. Denn unsere Natur kann bloß die eine Sünde durch eine andere vertreiben: aber Sünde durch Gerechtigkeit, Selbstsucht durch Selbstverleugnung, Eigenliebe durch GOttesliebe, Weltlust durch Himmelslust überwinden, das kann bloß, wer aus GOtt geboren ist.

So erkennen wir also eine Konfirmation oder Bestätigung unserer Wiedergeburt in Allem, was wir von Buße, Glaube und Heiligung in uns finden, in jeder inneren Erfahrung, da uns die Welt und unser eigen Leben entleidet, die Sünde zum Ekel, JEsus und seine Versöhnung zum Trost, seine Gerechtigkeit zum Frieden, aber auch seine Liebe zum Trieb der Liebe gegen Ihn und gegen die Brüder wird. Und so oft wir im Gebet unser Verlangen nach GOtt stillen und auch bei allem Widerstreben des Fleisches doch beten und Ihn nicht lassen, Er segne uns denn, und so oft Er uns innerlich recht nahe wird, als sähen wir Ihn, und so oft wir freudige Hoffnung selbst über den Tod hinüber in uns fühlen, als solche, die ihr Bürgerrecht und ihre Heimat im Himmel haben, so sind das Alles innere Konfirmation, Zeugnisse und Befestigungen unserer Wiedergeburt. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass das Fleisch sich nie bekehrt und daher die Sünde uns immer wieder anklebt und träge macht. Auch unsere Konfirmanden dürfen nicht denken, sie werden von heute an ein ganz anderes Lebensgefühl haben und es werde Alles bei ihnen anders sein; sie haben morgen wieder wie gestern gegen Trägheit und Versuchungen des Fleisches zu kämpfen: aber das wirkt die Wiedergeburt, dass es uns nicht mehr wohl ist ohne GOtt, dass Fleisch und Geist geschieden sind und der Geist Macht hat über das Fleisch, und wenn auch je und je das Fleisch siegt, so geht es nach unserem Konfirmationsbüchlein, dass man den Fehler sogleich wieder bereut und davon ablässt. Solches Leben der Wiedergeburt ist das Höchste, was wir heute unseren Konfirmanden wünschen und erstehen können, denn: „es sei denn, dass Jemand von Neuem geboren werde, so kann er nicht in das Reich GOttes kommen.“ Nun wollen wir nur noch kürzlich die Frage betrachten:

III.

in wiefern die äußere Konfirmation, die wir heute feiern, auch eine Konfirmation der Wiedergeburt sei. Die Konfirmationshandlung wird oft angesehen, als ob durch sie eine neue Gnade, die man ohne sie nicht haben könne, uns zu Teil werde. Das ist sie aber nicht, sonst hätte der HErr sie befehlen oder doch die Apostel sie anordnen müssen. Aber in der Bibel finden wir Nichts von ihr. Oft auch wird sie dargestellt als eine solche Erneuerung des Taufbundes, durch welche der Taufbund erst seine Gültigkeit erhalte. Aber der Taufbund hat seine Gültigkeit von der Taufe an, und was GOtt verheißen hat, bleibt ewig, und nur wir müssen uns erneuern in dem Glaubens- und Heiligungs-Gehorsam, zu dem uns die Taufe verpflichtet. Aber solche Erneuerung kann und soll jeden Tag geschehen, und ist dem HErrn zum Preis auch in manchen unserer Konfirmanden schon öfters geschehen. Ihre Konfirmation ist daher nur ein öffentliches Bekenntnis, das sie vor der Gemeine ablegen von ihrem christlichen Glauben und von ihrem Vorsatz, nicht nach eigenem Willen und nicht nach den sündlichen Gewohnheiten der Welt zu leben, sondern nach dem Willen und nach den Geboten ihres GOttes und Heilandes, der allein ihre Hoffnung und ihr höchstes Ziel sein soll im Leben, Leiden und Sterben. Das versprechen sie jedoch nicht wie einen Eid, wo sie dann denken müssten, wenn wieder Sünden vorkommen, so haben sie ihren Eid gebrochen und dann sei doch nichts mehr zu hoffen und nichts mehr zu machen, und wie der Teufel dann so Viele beredet, jetzt sei es einerlei, wie sie leben, wer seinen Eid gebrochen habe, sei doch verloren. Das Alles sind verderbliche Irrtümer. Das Versprechen in der Konfirmation ist nicht ein Eid, sondern bloß das Bekenntnis: ich habe den ernstlichen Willen, ein Eigentum JEsu zu sein und in seinen Wegen zu wandeln; ich kann dabei freilich mir selbst gar nichts zutrauen und muss bei meiner sündlichen Natur fürchten, es werden immer wieder Sünden, Versäumnisse und selbst Übertretungen vorkommen, aber dann soll JEsus meine Versöhnung, aber auch aus jeder Sünde meine Erneuerung und meine Heiligung sein. Ohne diesen Willen dürften wir unsere Kinder nicht zum heiligen Abendmahl zulassen. Wer zum Abendmahl gehen will, der muss das Maß von christlicher Erkenntnis und Glauben haben, dass er freiwillig, selbstständig, aus innerem Trieb sich JEsu hingibt, in Reue und Leid über seine Sünde und mit bußfertigem Glauben und Verlangen nach den Heilsgütern Christi. Solche Herzensstimmung und solche Erkenntnis haben unsere Kinder nicht von selbst. Dazu soll dann der Unterricht, den sie vor der Konfirmation erhalten, sie vorbereiten, und die Konfirmation soll das Bekenntnis sein, dass sie jetzt die Erkenntnis ihrer selbst und GOttes, den Glauben an das Heil in Christo und den Willen zum Leben in Ihm haben, wie man es von einem Abendmahlsgenossen erwarten muss. Dazu bekennen sie sich durch ein feierliches Versprechen und dann wird ihnen der Segen erteilt, in dem die Gemeine des HErrn ihnen ein neues Maß des Geistes ersteht zur Stärkung ihres Glaubens, zur Kraft in der Gottseligkeit, zur Geduld in allem Leiden und zur seligen Hoffnung des ewigen Lebens. Je mehr da die Kinder ihren Geist aufschließen für den heiligen Geist, desto mehr wird ihnen diese höchste aller Gaben zu Teil und sie werden so zu reiferen Gliedern des Leibes JEsu, dem sie schon in ihrer Taufe einverleibt wurden. Damit ist ihnen dann der Zugang zum heiligen Abendmahl eröffnet. Das Abendmahl ist viel wichtiger als die Konfirmation und die Konfirmation eigentlich nur der Weg zum Abendmahl. Denn im Abendmahl empfangen unsere Kinder etwas Neues, das sie bisher nicht erhalten haben, nämlich den verklärten Leib und das verklärte Blut JEsu, wodurch wir mit Ihm viel inniger und wesenhafter vereinigt werden, als durch Alles, was in der Taufe und Konfirmation, im Gebet und in allem sonstigen christlichen Leben geschieht. Das Abendmahl ist das konzentrierte Evangelium, in dem Alles, was unser Glaube umfasst, Versöhnung, Rechtfertigung, Kindschaft GOttes und Erbschaft des ewigen Lebens uns gegeben und der „Christus für uns“ zum „Christus in uns“ werden soll mit allen Früchten seines Lebens, Leidens und Sterbens, seiner Auferstehung und Himmelfahrt, ja mit dem ganzen Ewigkeitssegen seiner heilige Gottmenschheit. So ist das Abendmahl die höchste Konfirmation, die höchste Bestätigung, dass GOtt uns als seine Kinder liebt und wir in Christo das ewige Leben haben. Je mehr diese Konfirmation innerlich wird, je mehr Christus wesenhaft uns zugeeignet und wir in Ihn verklärt werden, desto mehr wächst dadurch das Wiedergeburtsleben, so dass gelten soll, was Paulus sagt: „nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Zu solcher tieferen Wiedergeburt durch das heilige Abendmahl ist die Konfirmationshandlung ein Weg und ein Mittel als feierliche Ablegung des Glaubensbekenntnisses, wodurch die Seele ihren Austritt aus Sünde, Welt und Satansreich fest erklärt und dagegen dem dreieinigen GOtt sich auf ewig hingibt, in Glaube, Liebe und Hoffnung Ihm zu leben, zu leiden und zu sterben. Solches Bekenntnis ist einerseits Probe und Frucht einer längst vorhergeschehenen Wiedergeburt, andererseits befestigt und konfirmiert es die Wiedergeburt, daher auch in der Schrift dem Bekenntnis große Wichtigkeit beigelegt wird. Paulus sagt: „so man von Herzen glaubt, so wird man gerecht, und so man mit dem Munde bekennt, so wird man selig.“ Aber unsere Konfirmanden selbst wissen, dass ein bloß äußerliches Bekenntnis wenig Wert hat; es muss ein Bekenntnis aus lebendigem Glauben und aus herzlicher Liebe zu JEsu sein und ein Bekenntnis durch frommen, Ihm gefälligen Wandel. Dazu helfe euch, liebe Kinder, der barmherzige GOtt und Vater, der euch schon in der Taufe als seine Kinder angenommen hat und der auch euch lieben will, wie Er seinen Sohn liebt, wenn nur ihr es auch an euch nicht fehlen lasst, sondern im wahren Glauben an JEsum euer Herz aufschließt für alle Gnadenwirkungen und Segnungen GOttes. O gebt Ihm euer Herz. Er hat's um euch verdient. Er hat mit seinem Blut euch teuer erkauft. Wer hat mehr Recht, eure Liebe zu verlangen, als Er? Unter Allen, die es mit Ihm hielten, hat's noch kein Einziges bereut, sondern zeitlebens haben Alle es als das größte Wunder der Gnade erkannt, dass das Wiedergeburtswelk Christi auch sie zur Seligkeit berufen und jetzt schon geführt habe. Aber bereut haben's Alle, die gegen Ihn gleichgültig blieben, bereut mit bitteren Schmerzen, ja mit Verzweiflungstränen. O wir wollen es mit Ihm halten; wer Ihn hat, der hat das Leben, hat den Himmel schon auf Erden. Dann kann man auch den Stürmen der Erde, die nicht ausbleiben, ruhig entgegen gehen. Ist Er für uns, wer und was mag wider uns sein?

D'rum überwind't mein Glaube weit
Im Geist die alte Nichtigkeit,
Und wartet auf die neue Stadt,
Die lauter neue Sachen hat.
Im Blut des Lamm's ererb' ich Alles mit,
Das ist der Sieg, darum ich sehnlich bitt', Amen.

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