Feldhoff, August - Die geistliche Klugheit ins Himmlische.

Feldhoff, August - Die geistliche Klugheit ins Himmlische.

Predigt
von
A. Feldhoff
evangel. luther. Pfarrer in Wupperfeld,

Herr Jesu, mach' uns tüchtig
Zum Eingang in dein Reich,
Das Herz gerad' und richtig,
Ach! nur dem Deinen gleich.
Daß wir nicht stille stehn,
Nein! wie wir ausgegangen.
Das Kleinod zu erlangen.
So auch zur Hochzeit gehn!

Unser Heiland, m. A., fordert von seinen Jüngern Klugheit, aber eine solche, die nicht im Dienst der Ungerechtigkeit steht. Deshalb, nach dem er gesagt hatte: Seyd klug, wie die Schlangen, läßt er unmittelbar darauf folgen: Und ohne Falsch, wie die Tauben. (Matth. 10, 16.) Die Klugheit, die er fordert, ist die Klugheit der Einfalt, oder eines Herzens, in welchem die wahrhaftige Taube, der heilige Geist, in welchem die Liebe Gottes in unsre Herzen ausgegossen wird, seine Schwingen regt, eines Herzens, das nur nach dem Einen Nothwendigen trachtet und dem Herrn, dem lebendigen Gott dienet. Geht Falschheit der Klugheit gepaart, ist es der Geist dieser Welt, der uns unsre Klugheit eingiebt, steht sie im Dienst der Eitelkeit und Ungerechtigkeit und erzielt nur den eigenen zeitlichen Vortheil auf Kosten Anderer: so ist sie vom Argen, ein Greuel vor dem Herrn, und es trifft sie sein scharfer Tadel. Wendet sie sich aber mit Vermeidung jedes fremden Nachtheils, ohne alle weltliche Absicht, die Grasblume zeitlichen Reichthums in ihrer Vergänglichkeit erkennend, auf das Eine ewige und bleibende Gut; sind wir darauf bedacht, das Fremde und Zeitliche wohl anzuwenden und durch Erlangung des Wahrhaftigen unsern zeitlichen Schaden zu ersetzen, wieder einzubringen, was wir durch Falschheit verloren haben, um einst, am Tage der Zukunft des Menschensohnes, als eine bereite und geschmückte Braut vor ihm stehen zu mögen: so hat solche Klugheit eines graden Herzens den ganzen Beifall des Herrn, sie ist hochgeachtet in seinen Augen und das Kennzeichen eines ächten Weisen. Denn vorbedächtige Klugheit mit Lauterkeit und Aufrichtigkeit des Sinnes ist göttliche Weisheit.

Die geistliche und wahre Klugheit, um es noch bestimmter auszudrücken, besteht in der richtigen Anwendung der Gegenwart im Hinblick auf die Zukunft. Und so gefaßt können wir sagen, es sey dieselbe besonders eine zwiefache; je nach den Gaben, die uns in der Gegenwart anvertraut werden. Oder: es giebt eine Klugheit in Bezug auf den Gebrauch der zeitlichen und eiteln und eine Klugheit in Bezug auf den Gewinn der ewigen und wahrhaftigen Gaben, die wir hier besitzen oder empfangen. Von der ersteren redet der Herr bei Gelegenheit des Gleichnisses von dem ungerechten Haushalter, das er in Gegenwart der Pharisäer, welche geizig waren, aussprach. (Luk. 16, 1 - 14.) Der Haushalter des zeitlichen und ungerechten Guts weiß, als er die Absetzung von seinem Amt zu fürchten hat, weil er die Güter seines Herrn vergeudet, sich mit dem fremden Gute Freunde zu machen. Dieß sein schlaues Verfahren erscheint seinem Hausherrn, dem reichen Manne (Luk. 16, 19.), der viel Mammon der Ungerechtigkeit besaß (vgl. Matth. 4, 9.), in seinem verkehrten Sinne, als etwas Beifallswürdiges, und er lobt ihn, daß er so klüglich gehandelt habe und freuet sich, daß doch die Kinder dieser Welt klüger seyen, als die Kinder des Lichts in ihrem Geschlecht. Jesus aber spricht: - „Und auch ich sage euch: Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon,“ mit dem zeitlichen und irdischen Gut, das nämlich, will er sagen, auch euern Händen anvertrauet wird, um es nach dem Willen eures Herrn anzuwenden, und über dessen Anwendung auch ihr, wenn es nun von euch genommen werden soll, Rechenschaft ablegen müßt. Wendet es wohl an, indem ihr den Schuldnern eures Herrn, der frommen Armuth, die euch als seinen Verwaltern irdisches Gut schuldig sind, das, was sie ihm an euch verschulden, mit einem willigen, nach zeitlichem Gut nicht begierlichen Herzen erläßt. Das fordert euer Herr von seinen Haushaltern und dieses thuend handelt ihr treu nach seinem Willen; denn ihr sucht nicht eigenen, vergänglichen Gewinn mit Unrecht, sondern übet Gott wohlgefällige Barmherzigkeit. So macht ihr euch alsdann Freunde im Himmel, wie jener ungerechte Haushalter auf Erden, die Engel und Seligen (Luk. 16, 22.; Offenb. 21, 17.) euch zu Freunden, die, wenn sie über jeden Sünder, der Buße thut, sich freuen, sich nicht minder über jedes Werk barmherziger Liebe freuen; so bezeigt ihr euch klug als Kinder des Lichts in eurem Geschlecht, und seyd wie die Weisen auf das Zukünftige bedacht, daß, wenn ihr nun darbet, und der zeitlichen Güter verlustig werdet, die heiligen Engel an euerm Ende euch aufnehmen in die ewigen Hütten; so seyd ihr im Fremden treu, daß man euch das Wahrhaftige, die ächten und ewigen Schätze anvertrauen kann. - Im Besitz zeitlichen Guts mit einem geizigen und habsüchtigen Herzen nur auf den Gewinn zeitlichen Guts und äußeren Vortheils bedacht, sein, heißt also wider die wahrhaftige Klugheit, heißt thöricht handeln im Zeitlichen; aber thöricht auch würde derjenige im Ewigen handeln, der im Besitz wahrhaftiger Gabe auf den ferneren Gewinn desselben nicht bedacht wäre; ja, es erfordert die geistliche Klugheit, die empfangene Gnadengabe so zu gebrauchen, daß man des Wahrhaftigen immer mehr empfahe, daß man nehme zu ewigem Gewinn aus der Fülle Gottes Gnade um Gnade, um dereinst nicht nur im Gerichte Gottes bestehen, sondern auch vor dem Menschensohn stehen zu können in allem bräutlichen Schmucke.

Und zu dieser Klugheit ermahnt uns das Gleichniß von den 10 Jungfrauen, und von ihr insbesondere gedenke ich heute zu euch zu reden, damit alle Jungfrauen unter uns ermuntert werden möchten, zu sein wie die Weisen, nicht aber, wie die Unweisen, und auszukaufen die Zeit.

Text: Matth. 25, 1-31.

Ein nachdenkliches Gleichniß! schon, wenn wir es bloß an und für sich selbst betrachten, mehr noch durch den Zusammenhang, in den es Matthäus setzt. Voran geht ihm das Wort des Herrn von dem Hausherrn, der, wenn er die Stunde wüßte, in welcher der Dieb kommen wollte, ja wachen würde, begleitet mit der Ermahnung: Darum seid auch ihr bereit, denn, des Menschensohn wird kommen zu einer Stunde, da ihr's nicht meint. (Cap. 24., 43. 44). Voran geht ferner das Wort von dem treuen und klugen Knecht, der dem Gesinde seines Herrn die Speise zur Zeit gibt, und von dem bösen Knecht, der im Gegentheil seine Mitknechte schlägt, mit den Trunkenen ißt und trinkt, und in seinem Herzen spricht: Mein Herr verzieht noch eine Weile; von welchen jener selig gepriesen und über alle äußere Güter seines Herrn gesetzt, dieser aber zerscheitert wird und sein Theil empfangt mit den Heuchlern, allda ist Heulen und Zähnklappen (Cap. 24, 48 - 51). Das Wort nun von dem Hausherrn, der wachen soll, nimmt unser Gleichniß von den zehn Jungfrauen wieder auf mit der Ermahnung: Darum wachet, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde. Aber auf das Wort von dem bösen Knecht bezieht sich das Gleichniß von dem Edlen, der über Land zog, und seinen Knechten, welchen er seine Gelder, äußere Güter überließ, mit denselben Gewinn zu treiben; aber der dritte, ein Schalk und träger Knecht, war ein Heuchler, und während die beiden ersten über viel gesetzt werden, wird von Ihm, der noch nichts Ewiges und Eigenes hat, auch genommen das Zeitliche, das er hat, und sein Theil ist da, allwo Heulen und Zähnklappen. Merket nun: das Wort von dem Hausherrn, das Gleichniß von den zehn Jungfrauen, beziehen sich auf diejenige Klugheit, die uns in heiliger Wachsamkeit vorbedächtige Sorge tragen läßt, damit uns der Herr, wenn er nun wie ein Dieb in der Nacht kommt, nicht unvorbereitet, sondern bereit finde; wer aber sein Gefäße voll Oel hat, der wird bei seinem Herannahen bereit sein. Das Wort hinwieder von dem treuen und klugen und von dem bösen Knecht, so wie das Gleichniß von den dreien Knechten des Edlen, beziehen sich auf diejenige Klugheit, welche die zeitlichen und äußern Gaben nach dem Willen des Herrn wohl anwendet und sie auf Gewinn austhut; wer sich aber des Armen erbarmt, der leihet dem Herrn, der wird ihm seine Gutthat vergelten, spricht Salomo, (Cap. 19, 17,) und Mildthätigkeit aus aufrichtigem Herzen, und treue Anwendung äußerer Talente wird seiner Zeit auch auf Erden Gewinn bringen. Kurz: hier werden wir angewiesen, den rechten Gebrauch von den irdischen Gaben zu machen, die uns mitgetheilt sind, dort aber ermahnt, nach dem Gewinn himmlischer Güter zu trachten, die uns dargeboten werden, um so unsre Zeit bei unserm äußern Besitz und inneren Bedürfniß wohl auszukaufen.

Laßt uns nun nach dieser Vorbemerkung das Gleichniß unsres Textes selbst näher erwägen und aus ihm, wozu unser Herr und Heiland in demselben, als zu einem wesentlichen Stücke der christlichen Wachsamkeit, ermahnt:

Die geistliche Klugheit in's Himmlische.

Thun wir dieß, indem wir uns folgende vier Fragen zu beantworten suchen:

  1. Wer kann allein diese Klugheit üben?
  2. Wie wird sie geübt?
  3. Warum ist es nothwendig, sie am guten Tage zu üben?
  4. Hat solche Uebung auch Einfluß auf unser Befinden in der Ewigkeit?

I.

Jesus spricht: Alsdann wird das Himmelreich gleich oder ähnlich sein zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen aus dem Bräutigam entgegen.

Der Bräutigam ist Jesus Christus selbst, der Liebhaber der Seelen. Seine verlobte Braut ist die Kirche und diese das Himmelreich, auch die Gemeine, insbesondere ein jedes Glied derselben, das wahrhaft nach Ihm verlangt und Seine Erscheinung lieb hat. Das Wörtlein: alsdann weist uns in die Zeit, welche der letzten Zukunft des Menschensohns zum allgemeinen Gericht, und dem großen Weltbrande und damit der Stunde, die der Vater seiner Macht hat vorbehalten, nicht lange vorangehen wird. In jener Zeit wird die Kirche des Herrn in jenen besondern Gliedern gleich sein zehn Jungfrauen. Die Zehnzahl bildet den Schluß der Grundzahlen, bezeichnet eine Gesammtheit und der Hebräer sagt: Zehn Personen bilden eine Gemeine. Jungfrau aber im geistlichen Sinne ist Niemand, er habe denn die Gabe des heil. Geistes empfangen, und seine Lampen nehmen und dem Bräutigam entgegengehn, heißt mit in dem Licht der göttlichen Liebe glühenden Seelen von der Weltgemeinschaft ausscheiden und auf die Erscheinung Christi warten lebend in seinem Dienst.

Unsre erste Frage: wer dann die geistliche Klugheit üben könne? haben wir nun dahin zu beantworten, daß wir sagen: nur Jungfrauen, die ihre Lampen nehmen, und gehen aus dem Bräutigam entgegen, ja, die noch darin begriffen sind. - Wie alle christliche Tugenden nicht von Jedermann geübt werden mögen, (denn dem natürlichen Menschen fehlt die Tüchtigkeit zu irgend einer), so ist es auch nicht Jedermanns Ding, die geistliche Klugheit zu üben, von der wir reden. Menschen, deren Gut und Schatz nur im Bereich des Gegenwärtigen und Sichtbaren liegt, und daselbst ist auch ihr Herz; Menschen, welche nur die Freundschaft der Welt suchen, die doch eine Feindschaft Gottes, und können nicht glauben, weil sie Ehre von einander nehmen; Menschen, die irdisch gesinnt und denen der Bauch ihr Gott ist, die unter täglichen Abweichungen und besudelt mit mancherlei Sünden unbußfertig und sicher mit aufgehobenem Halse einhergehn-solche mögen wohl, als Kinder dieser Welt, ein großes Maaß fleischlicher Klugheit besitzen und damit glänzen in ihrem Geschlecht, aber die Uebung der wahren Klugheit kann nicht anders als ferne sein von ihrem gottentfremdeten Herzen. O daß dieselben doch erschräken über sich selbst und erkennten die große Gefahr, dem andern Tode anheimzufallen, in welcher sie stehen; o daß sie doch bedächten, was zu ihrem Frieden dient, und dem zukünftigen Zorn zu entrinnen suchten! Hat indeß durch Gottes unendliche Barmherzigkeit die Predigt der Buße uns das Herz gewonnen, da wir noch entfremdet waren von dem Leben, das aus Gott ist; wurden wir mit dem Greuel der Sünde im Allgemeinen und unsres eigenen stündlichen Verderbens insbesondere durch Sein Wort und Geist gründlich bekannt; trugen wir Leide über unsere Sünden und schrien um Erlassung unserer Schulden, nach einem Sündentilger, Heiland und Versöhner aus der Tiefe unsres Herzens; suchten wir den Gekreuzigten, Auferstandenen und zum Thron Gottes Erhöhten, unseren einigen Mittler, Versöhner und Erlöser im Gebet, und wurden gläubig an seinen Namen; stieg Er, da wir gläubig in seinem Namen zu Ihm aufstiegen, in Liebe zu uns hernieder, und wurde uns also das jungfräuliche Wesen der Gnade zu Theil; durchdrang da Wärme der göttlichen Liebe, Kraft des heiligen Geistes, Licht des göttlichen Lebens unsre Seelen und flößte uns ernstliche, auf das Himmelreich gerichtete Gedanken ein; wurde uns Jesus Christus und das Heil in Ihm, und die Gemeinschaft, die völlige, mit Ihm über Alles wichtig, daß wir die Fesseln und Bande äußerer Verhältnisse, die uns hindern wollten. Dem, den unsre Seele erkannt hatte in seiner höchsten und einigen Liebenswürdigkeit, für den unser Herz erglüht, nach dessen gänzlicher Vereinigung wir uns aufs heißeste sehnten, uns zum Dienst zu ergeben, mit entschiedenem Sinne fröhlich durchbrachen; traten wir wirklich in der Kraft des Herrn aus der Weltgemeinschaft aus, sagten uns innerlich los von ihrem unordentlichen und gräulichen Wesen und Leben, erwählten hingegen mit Freudigkeit den schmalen Weg der Selbst- und Weltverläugnung, und des Kreuzes, glaubend dem Worte, das uns verkündete von einer bevorstehenden, seligen Zukunft, und innigster Vermählung des Herrn mit denen, die, obwohl sie ihn hier nicht sehen. Ihn doch lieben; - stehe! so sind unsre Lampen entzündet worden durch die Strahlen des ewigen Lebenslichtes, so haben wir betreten den Weg der Dankbarkeit, zu sehen das Heil Gottes, und wir empfingen, erleuchtet und begnadigt in unserm Herzen, die Macht klüglich zu handeln in unserm neuen Stande und unter unserem Geschlecht.

Gelobet sei Gott, daß auch solche Jungfrauen in dieser Versammlung sein Auge kennt; möge ihre Zahl sich mehren, und in den jungfräulichen Reihen immer mehre eintreten!

Indeß, m. A.! auch Jungfrauen, die ihre Lampen genommen und ausgegangen sind dem Bräutigam entgegen, welche die Macht empfangen haben, klüglich zu handeln, können gleichwohl noch thöricht handeln in ihrem Geschlecht. Vernehmet ferner, wie dieß geschieht, und dagegen, w i e Jungfrauenklugheit geübt wird.

II.

Jesus spricht: Aber fünf unter ihnen waren thöricht und fünf waren klug. Die Thörichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen nicht Oel mit sich. Die Klugen aber nahmen Oel in ihren Gefäßen sammt ihren Lampen. Klugheit war es, daß sie bedacht waren, Oel für die Zukunft zu haben, Oel im Gefäße. Und die Gefäße der Jungfrauen sind ihre zerbrechlichen, thönernen Leiber; denn Paulus schreibt: Wir haben aber einen solchen Schatz des Lichts in irdenen Gefäßen (2. Cap. 4., 5.), und abermals an einem andern Orte redet er von Gefäßen des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammniß, denen die Gefäße der Barmherzigkeit gegenüberstehn, welche Gott bereitet hat und bereitet zur Herrlichkeit. (Röm. 9., 22. 23.)

Jungfrauenthorheit, Thorheit der Kinder des Lichts in ihrem Geschlecht, müssen wir es nennen, wenn gläubige Seelen sich mit dem ersten Geschmack des gütigen Wortes Gottes, des Geistes der Verheißung des heiligen, und der Kräfte der zukünftigen Welt begnügen lassen; wenn sie es für genugsam halten, für heute einiges Licht und Liebesfeuer in ihrem Innern zu besitzen; nicht aber sinnen auf reichern Gewinn des geistlichen Segens in überhimmlischen Gütern von dem Vater der Lichter zur Stärkung und Wachsthum ihres inwendigen Menschen; wenn sie nicht bedacht sind, aus der Fülle deß, der Alles in Allem erfüllen will, täglich Gnade um Gnade zu nehmen, damit ihr Mangel der Herrlichkeit Gottes, immer völliger aus Dem, in welchem wohnet die Fülle Gottes leibhaftig, ersetzt werde. Halt man sich bei den ersten Anfängen des geistlichen Lebens, die uns mitgetheilt worden, bereits für vollendet und am Ziel; wähnt man alsdann schon fertig und bereit zu sein, den Bräutigam zu empfangen, und mit Ihm in sein Brautgemach einzugehen, weil man zu den Kindern des Reichs gezählt worden; sieht man nicht darauf, daß unsre Glieder, die auf Erden sind getödtet werden, und hält es für eine Nebensache, wenn noch viel ungetödtete Begierden und Triebe des Fleisches sich mächtig in uns regen; trägt man nicht durch inneres, unabläßiges Gebet ernstlich Sorge, um durch und durch geheiliget zu werden, und bleibt nicht treulich in dem wahrhaftigen Weinstock, um von Ihm immer mehr gereinigt zu werden von seinen vorigen Sünden und allerlei Kraft hinzuzunehmen, was zum göttlichen Leben und Wandel dient - so ist diese geistliche Trägheit Jungfrauenthorheit, die in einem traurigen Mangel der Erkenntniß der Rechte Jesu ihren Grund hat und nicht erwägt den Willen Gottes, unsere Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn schauen (Hebr. 12, 14.). Söhne des Lichts können wir nicht ernstlich genug vor dieser Thorheit warnen. Eine Jungfrau soll vielmehr heiligen Fleiß üben, um mit allem Brautschmucke sich zieren zu lassen auf den Tag des Bräutigams. Sie handelt desfalls klüglich in ihrem Geschlecht, indem sie es sich stets angelegen sein läßt, von oben her den neuen Menschen anzuziehen, und abzulegen den alten, anzuziehen den Herrn Jesum Christum und seine Heiligkeit zu ihrer Heiligung, zur Durchdringung ihres finstern Fleischeslebens und aller seiner Triebe und Begierden mit dem Lebenslicht des Geistes, mit dem Oel der Gnaden, gänzlicher stets theilhaftig werden. Sie handelt klüglich, indem sie nicht nur sorgfältig alle Befleckung des Fleisches und des Geistes vermeidet, sondern auch anhält im Gebet und Flehen um mehr Friede und Freude im heiligen Geist, um mehr Licht, mehr Kraft, mehr geistlichen Segen in himmlischen Gütern, damit ihre Freudigkeit zum Herrn vollkommen, ihre Hoffnung eine völlige, und sie ganz und. gar, im Schmucke dessen, den ihre Seele liebt, bereitet werde zu Seinem Dienst, zum Lobe der Herrlichkeit der Gnade. Sie handelt klüglich, indem sie,- immerdar beflissen ihre Seele keusch zu machen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist, ihren Leib zu begeben zu einem lebendigen, heiligen und Gott wohlgefälligen Opfer, trachtend von aller Unlauterkeit und Falschheit erlöst und wahrhaft frei, und in ihrem Geist, der das Erbe ganz hat, und Seel und Leib behalten zu werden unsträflich auf die Zukunft ihres Herrn Jesu Christi - täglich sich Ihm darstellt, damit er von oben her sie erfülle und sie also durch Ihn und aus Ihm hinnehme und empfange in das Gefäß ihres irdenen Leibes Gnade um Gnade nach ihrem Maaß und Theil. O ihr klugen Jungfrauen! warum sind eurer doch so wenige. Begnüge dich doch nicht, mein Herz, mit deiner einmaligen Erweckung zum Leben; mit einem einmaligen Empfang geistlichen Segens. Bedenke es doch: ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, und: selig sind, die da hungern und dursten nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden! Hinweg mit dem Unverstand, der da wähnt, man könne bei so mancher ungetödteten Begierde und ohne seine Gefäße in Heiligung und Ehren zu besitzen, getrost und ruhig der Zukunft des Bräutigams warten! Hinweg mit dem Unverstand, der sich mit dem betrüglichen Trost aushilft, was doch einmal mit uns vorgegangen, und an alten Erfahrungen zehrt, ohne die Nothwendigkeit stets neuer, geistlicher Erfahrungen der erbarmenden Liebe Gottes zu bedenken! Hinweg mit dem Unverstand, der die fleißige Zukehr zu des Bräutigams reinen Augen, das tägliche Anziehen des uns angebotenen Hochzeitkleides, und Schmuckes der Auserwählten verabsäumt! Laßt uns doch klüglich handeln, und heiligen Gebetsfleiß üben auf unserm Wege dem Bräutigam entgegen, damit Alles, was in uns ist, voll werde von friedsamen Zeugnissen seines Wohlgefallen, wir aber dem Herrn anhangend zu Einem Geiste verklart mit Ihm!

Und nothwendig ist es, heiligen Fleiß am guten Tage zu üben, denn siehe! es kommen böse Tage, und wer alsdann nicht hat, wird in ihnen nichts nehmen können. Höret dieß näher, und damit die Beantwortung unserer dritten Frage, warum die Uebung geistlicher Klugheit am guten Tage so nothwendig ist?

III.

Jesus spricht: Da nun der Bräutigam verzog (oder noch eine Zeit ausblieb,) wurden sie alle schläfrig und entschliefen. Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei. Siehe! der Bräutigam kommt! gehet aus ihm entgegen. Da standen jene Jungfrauen alle auf und schmückten ihre Lampen. Die Thörichten aber sprachen zu den Klugen: Gebet uns von eurem Oel, denn unsre Lampen verlöschen. Nicht also, auf daß nicht uns und euch gebreche. Gehet vielmehr hin zu den Krämern, und kaufet für euch selbst.

Das wird in die schließliche Erfüllung gehn, wenn die 1000 Jahre, darin, die zur ersten Auferstehung gehören, mit Christo leben und regieren, vorüber sein werden. Nach diesen Jahren wird die alte Schlange noch einmal eine kleine Zeit los, Offenb. 20., 3., und dieß ist die Zeit, welche der Bräutigam mit seiner Zukunft zur Gemeine noch wartet. Eine schwere Zeit! wo die Kräfte der Finsterniß noch einmal recht mächtig und wirksam sein werden auf Erden. Eine Nacht senkt sich noch einmal auf die Gemeine herab, eine arge Nacht banger Anfechtung umfängt und bedrängt sie. Die fünf Thörichten entschlafen in ihr zuerst, endlich auch die letzte der Klugen. Sie entschlafen Alle! und es ist, als ob kein Glaubensleben sich mehr auf Erden finde. Aber wenn nun die Anfechtung ihre Höhe erreicht, die Finsterniß ihr Maaß erfüllt hat, da sendet der Hüter Israels, der nicht schläft noch schlummert, der sammt der Anfechtung auch den Ausgang macht, daß wir's ertragen mögen, - seinen Wächter aus. - Mit Hinweisung auf das von Gott aus dem Himmel fallende Feuer, welches Gog und Magog verzehrt, (Offenb. 20., 8.) wird ein: Siehe! ertönen, der Bräutigam kommt! Jenes wird das Zeichen seines Nahens sein. Dann werden die Jungfrauen alle von ihrem Schlaf erwachen und aufstehen und, erweckend die Gabe, die in ihnen ist, ihre Lampen schmücken. Indeß der tiefe Schlaf hat den Thörichten ihr Wenig Kraft und Licht geraubt; finstre Kräfte sind wieder in ihre Seelen eingedrungen, denn sie konnten am bösen Tage nicht Widerstand thun und das Feld behalten; ihr Lichtsschmuck ist wie verzehrt, ihre Seelen sind dunkel geworden, ihre Lampen drohen zu verlöschen! Auf die Gemeinschaft sich lehnend, die sie am guten Tage mit den klugen Jungfrauen gepflogen, da sie oft von diesen eines Lichtsegens theilhaftig geworden, wenn dieselben aus dem reichen Schatz ihres guten Herzens Worte des Lebens und der Kraft in ihr Herz sprachen, werden sie diese alsdann bitten, ihnen doch von ihrem Oel zu geben. Denn die Klugen haben noch Oelvorrath. Unter der Anfechtung ist ihr Lichtsschatz, den sie unter täglichem Gehorsam gegen die züchtigende Gnade Gottes am guten Tage gesammelt, ihnen nicht geraubt worden; das Oel in den Gefäßen hat ihre Lampen hell brennend erhalten, und ihr Herz wachte zum Herrn, ob auch ihr Leib vom Schlummer überwältigt wurde. Doch alsdann mittheilen, würde eine mißliche Sache sein. Die segensreiche Handreichung, welche sie früher oft geübt, - kann dann nicht mehr Statt finden. Nicht doch! werden sie weise sprechen, das gehet nun nicht mehr an, es würde für uns und für euch, für uns zusammen nicht genug sein; nachtheilig für uns, umsonst für euch und zudem dem Bräutigam nicht zur Freude, wenn wir ihm alle mit glimmenden Tochten begegneten. Und sie werden ihnen den Rath ertheilen, zu den Verkäufern hinzugehn, welche Wahrheit verkaufen, d. h. zu den Propheten und Aposteln und ihren Schriften, um demnach in der von diesen angegebenen Weise ohne Geld und umsonst durch betendes zu Ihm Nahen von dem Herrn Oel zu kaufen für sich selbst.

Geliebte! Eine Zeit schwerer Anfechtung, derjenigen ähnlich, von der unser Gleichniß redet, kann auch über uns hereinbrechen; eine Zeit, in welcher alle Jungfrauen vom Schlummer überwältigt werden und auch die treuesten Jünger, wie einst in Gethsemane, einschlafen und nur das Heilandsauge wacht. Wir wissen nicht, ob nicht ganz nahe der Gemeine der Gläubigen in der heutigen Christenheit eine solche bevorsteht. Es scheint indeß ein Abend bereits herangekommen, und eine Nacht vor der Thür. Aber umzöge sie auch nicht mit ihrem Grauen die ganze Gemeine, so dürfte doch manch' ein Glied derselben bald in schwere Prüfungsstunden hineingeführt und heftigem Andrang finsterer Kräfte ausgesetzt werden. Alsdann wirst du nicht mehr an's Einnehmen inn'rer Geistessalbung denken können; alsdann nicht mehr einen guten Schatz auf den Tag der Zukunft Jesu dir sammeln mögen; alsdann ist's zu spät um Geistessäfte und Lichteskräfte gläubig zu flehn; dann ist des Glaubens Thätigkeit gehindert und kann nur leiden und dulden, und du magst zufrieden sein, wenn du hältst, was du hast. Und wie, wenn solche Anfechtungsstunde auf deinem Sterbelager dich beträfe, und wenn du heute oder morgen auf dieß dein Sterbelager gelegt würdest; und wie, wenn nun unter der Hitze der Anfechtung dein Glaube nicht bewährt erfunden würde, und du beim nahenden Tode mit Schmerzen inne würdest, daß groß die Finsterniß in deiner Seele sei! wie, wenn auch du dann bei andern Gläubigen Trost und brüderliche Handreichung suchtest, und sie könnten dir nichts mittheilen, weil sie eben, selber angefochten, mit sich selbst ganz beschäftigt sind! wie, wenn du dann klagen müßtest und dich selber anklagen, daß du die Gnade vergeblich empfangen, und mit dieser dir anvertrauten Gabe und Macht keinen geistlichen Gewinn getrieben hättest! und nun diese Klage in deinem Herzen keine Todesfreudigkeit aufkommen ließe, und das Herannahen der letzten Stunde dich eben so mit bangem Zittern und Unruh erfüllte, wie das Herannahen des Bräutigams die thörichten Jungfrauen! Du kannst mir nicht entgegnen, thörichte Jungfrau in dieser Versammlung! „Das Wenn wird nicht kommen mit seinem Schrecken.“ Laß vielmehr das Andenken an die nahe Möglichkeit solcher bangen Zeiten, solcher unruhigen Stunde dir zu einer besondern Ermunterung dienen, dieweil es heute heißt und von diesem Tage an, so lange du es noch vermagst, für nichts so sehr Sorge zu tragen, als ewiglich dich segnen zu lassen mit geistlichem Segen in himmlischen Gütern, erfüllt zu werden in deinem sterblichen Leibe, diesem Leibe der Schwachheit und des Todes, mit dem Salböl der Gnaden Gottes, deines Heilandes, auf daß du erfüllet seist mit aller Gottesfülle, und in deiner Todesstunde entbehren könnest aller menschlichen Hülfe, weil du durch Gottes Gnade unter heiligem Fleiß empfangen hast, was zu einem würdigen Entgegengehen der Herr, dein Gott von dir fordert. Wohl mögen wir auch bei der rechten Klugheit, welche die Stunde der Anfechtung im Auge hat und des hochzeitlichen Kleides völlig theilhaftig zu werden sich befleißet, am bösen Tage die Macht des Feindes mit empfinden, aber der Wächterruf: der Bräutigam kommt! wenn er herabtönt in unsere Nacht, wird dennoch jedesmal, und wäre es in den letzten Todeskämpfen, das bange Herz nur erfreuen und ihm Antwort der Seufzer geben: Amen! ja komm Herr Jesu! O laßt uns keine Zeit verlieren! Die Zeit der Gnade wohl angewendet, stärkt für die Kämpfe des zeitlichen Lebens und trägt nicht minder für die Ewigkeit Gewinn aus. Auch darauf weiset unser Gleichniß hin und lehrt uns die Wichtigkeit der geistlichen Klugheit ins Himmlische für das zukünftige Leben.

Von den thörichten Jungfrauen heißt es: Und da sie hingingen zu kaufen - Schrift-Wahrheit, die sie bisher nicht genug beachtet, und alsdann Oel:- so kam der Bräutigam. Und welche bereitet waren, - sagt das prophetische Gleichniß - werden's die Klugen alle sein, oder unter ihnen auch noch Unterschied? so könnte man fragen - gingen mit ihm hinein zur Hochzeit. Das ist die Hochzeit des Lammes, zu welcher einzukommen, eine vorzügliche Würdigkeit gehört, und zu welcher Niemand einkommt, er sei denn vollbereitet. Und die Thüre ward verschlossen; die Thüre zum Hochzeitsaal und zur Brautkammer, nicht aber die Thüre zum Reiche Gottes überhaupt. Der Bräutigam wird den Jungfrauen die Thüre alsdann schließen, aber ein anderes ist es, wenn der Hausherr aufgestanden ist von seinem Hochzeitmahl, und den Vielen die Thüre zum Himmelreich verschließet (Lukas 13, 25 - 28). Zuletzt kamen auch die andern Jungfrauen - alle jene, die nicht bereitet und ihren völligen Brautschmuck noch nicht besaßen, sie werden Alle, wenn der Tag des Gerichts herbeikommt, bittend sprechen: Herr, Herr! thue uns auf! Viele sprechen das Herr Herr! nicht in rechter Weise, und nicht Alle, die Herr, Herr! sagen, werden in das Reich Gottes kommen, aber vom Reich Gottes werden jene Jungfrauen nach unserm Gleichniß keineswegs geradezu ausgeschlossen. Der Bräutigam wird sie nicht, wie jenen bösen Knecht und jenen geizigen und faulen Knecht, (Matth. 24, 51. 25, 30.) hinauswerfen dahin, wo Heulen und Zähnklappen; er wird sie nicht als ihr Richter verfluchen, wie jene Gottlosen am Tage des jüngsten Gerichts: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln (Matth. 25, 41). Er wird nicht zu ihnen sagen, wie dort der Hausherr bei Lukas: Ich sage euch: ich kenne euch nicht, wo ihr her seid, weichet Alle von mir, ihr Uebelthäter! (Luk. 23, 27. 28.): nicht, ich habe euch noch nie erkannt, und sie hinausstoßen. Nur den Eingang in das Brautgemach des Reiches Gottes wird er ihnen verweigern und mit einem nachdenklichen Wahrlich, das uns zu einem heiligen Gebetsfleiß ermuntern soll, zu ihnen sprechen: Ich sage euch, ich kenne euch nicht, nämlich als bereitete und gefertigte Bräute, - weiß nicht, daß ihr bereits den ganzen Brautschmuck angezogen habt, um der Gemeine zugezählt zu werden, die nicht hat einen Flecken oder Runzel, oder deß etwas!

Setzen wir, Geliebte! zum Worte Gottes nichts hinzu, das uns mindestens in dieser Stelle kein in die Hölle Gestoßenwerden der Jungfrauen lehrt. Uebersehen wir nicht, daß hier der Bräutigam redet und jene Jungfrauen nicht die zum Reiche Gottes verschlossene Thür, sondern die Thüre zum Hochzeltsaale, die verschlossen, für sich geöffnet sehen möchten. Beachten wir das Wahrlich des Bräutigams in der Weise, daß wir es als eigne Schuld der Jungfrauen erkennen, wenn sie nicht bereit sein werden, und zugleich daraus verstehen lernen, welch' eine hohe Würdigkeit dazu gehöre, zur Hochzeit des Lammes einzugehen. Beherzigen wir die Schlußermahnung des Herrn: Darum wachet, denn ihr wißt weder Zeit noch Stunde des Bräutigams! und lernen hier, daß unser Zustand in der Ewigkeit in einem genauen Verhältniß mit unserer Bereitung in der Zeit stehe.

Allerdings, m. F.! wer den Namen des Herrn anruft, wahrhaft anruft, und wär' es in der letzten Stunde, soll selig werden! Allerdings: wer Jesum Christum durch den heiligen Geist Herr nennt, geht nicht verloren. Allein, wie jene nicht bereiteten Jungfrauen dahintenblieben, und zu derjenigen Seligkeit mit ewiger Herrlichkeit nicht gelangten, zu der sie gelangt sein würden, wenn sie die Gnade weniger vergeblich empfangen hätten, wenn sie stets auf den Gewinn des himmlischen Gnadenöls bedacht gewesen waren in der Zeit- so kann es auch mit allen Gläubigen geschehen. Wir können dereinst errettet sein von der Hölle und dennoch Schaden leiden an unserm Loos und bestimmtem Theil, unsern Gnadenlohn nicht völlig empfangen. Aus Mangel der Erkenntniß der Rechte Jesu hat man gewöhnlich eine falsche Vorstellung von dem zukünftigen Stand der Seligen. Es sind gar zu allgemeine Begriffe, die man sich von dem Zustand, in den wir mit dem Tode eintreten, zumachen pflegt, und es ist einer der Irrthümer, deren doch auch in der Gemeine der Gläubigen noch manche gang und gebe sind, als ob nach diesem Leben kein Unterscheid sei zwischen denen, welche hier reichlich auf den Geist gesäet, und denen, die nur kärglich säeten, zwischen denen, die mit ganzem Ernst und kindlicher Treue ewigen und bleibenden Gewinn suchten, und denen, die darin lau und läßig waren; da es doch ausdrücklich heißt: was der Mensch säet, das wird er ernten, und: Gott wird einem Jeglichen geben nach seinen Werken; - es giebt aber auch ein Werk des Glaubens; da doch geschrieben steht: Eine andere Klarheit hat die Sonne, eine andere Klarheit hat der Mond, eine andere Klarheit haben die Sterne, denn ein Stern übertrifft den andern an Klarheit: also auch die Auferstehung der Todten (1. Cor. 15, 41). Aus jener falschen, die Wahrheit verflachenden und verkehrenden Vorstellung, entspringt vielfach, wie schon bemerkt, die geistliche Trägheit, und es befördert dieselbe den Wahn: es sei das Trachten nach Heiligung unsers ganzen Wesens, der anhaltende Fleiß im Glaubenswerk, die pünktliche Treue gegen den Herrn, eine gleichgültige Sache und ohne Einfluß für die Ewigkeit bei denjenigen, die einmal des Herrn Jesu theilhaftig geworden sind. Nein! unser Versäumniß wird an uns offenbar werden in der zukünftigen Welt, und unser Zustand im Reiche Gottes mit unserer Würdigkeit im Verhältniß stehn. Mit unsrer Würdigkeit! höre ich euch hier verwundert fragen? Ja, ich wiederhole es: mit unsrer Würdigkeit! Doch denket nicht, daß ich von einer eigenen, durch unsre Tugenden uns selbstbereiteten Würdigkeit für die himmlischen Wohnungen redete. Ich will mit diesem schriftgemäßen Wort (2. Thess. 1, 5. Luk. 21, 36.) keineswegs die große Wahrheit aufheben, daß in keinem andern Namen Heil, als in dem Namen Jesu, daß Jesus Christus, der die Wahrheit und das Leben, auch der einige Weg zum Vater und in das Reich Gottes ist. Ich weiß, nur Jesus Christus, Er allein ist unsre Würdigkeit vor Gott, wird unsre Würdigkeit, je mehr wir ihn empfangen, und von dem Herrn, der der Geist ist, von Klarheit in Klarheit verwandelt werden in sein Bild. Ich weiß, daß unsre Würdigkeit allein ein Werk der Gnade Gottes und also eine Gnadengabe ist, darüber sich der Sünder keinen Eigenruhm beizumessen hat, sondern ewig Dank zu sagen Dem, der den Elenden so herrlich hilft. Allein verschieden ist die Würdigkeit nach dem verschiedenen Erfülltsein mit dem Oel der Gnaden, mit dem Geiste der Verheißung, dem heiligen! und an dem treuen Nehmen aus der Fülle Gottes hängt dieß unser Erfülltwerden. Mit dieser mitgetheilten Gnaden-Würdigkeit wird unser Zustand im zukünftigen Leben in einem genauen Verhältnis stehn! Sehet, Gel.! Ich will den Weg des Heils euch weder leicht noch schwer machen, aber auf den heiligen Ernst unsrer Heilslehre muß ich euch hinweisen. Der Herr verlangt es von seinen Knechten, die er berufen hat, den ganzen Rath Gottes zur Seligkeit zu predigen, jeglichem Leichtsinn zu steuren. So beachtet nun den Ausspruch des Herrn: Ringet, daß ihr durch die enge Pforte eingeht; denn Viele werden trachten hineinzukommen, und werden es nicht können, Luk. 13, 24.; und ferner das Wort seines Apostels: Ich will euch aber, lieben Brüder, nicht verhalten, daß unsre Vater sind alle unter der Wolke gewesen, und sind alle durch das Meer gegangen, und sind alle auf Mosen getauft, mit der Wolke und mit dem Meer, und haben alle einerlei geistliche Speise gegessen; und haben alle einerlei geistlichen Trank getrunken, denn sie tranken von einem geistlichen Fels, der mitfolgte, welcher Fels war Christus. Aber an ihrer vielen hatte Gott kein Wohlgefallen, denn sie sind niedergeschlagen in der Wüste. Das ist aber uns zum Vorbilde geschrieben, daß wir uns nicht gelüsten lassen des Bösen, gleichwie Jene gelüstet hat; 1. Cor. 10, 1 - 6. O nein! unsre Lust sei allezeit an dem Herrn, dem wahrhaftigen Gut, so wird er uns geben, was unser Herz wünschet I Unser Verlangen sei stets gerichtet auf den Liebhaber der Seelen, den Vater der Lichter, und die volle Vermählung mit Ihm, in welcher das große Bundes-Geheimniß, das Geheimniß der Ehe, offenbar wird! Dieweil wir eine solche Verheißung haben, sei es unsre heiligste Sorge, nicht dahinten zu bleiben, sondern dem Herrn wohlgefällig zu werden in allen Stücken. O wachet denn, werdet recht munter, schöpfet fleißig aus dem Brunnen des Heils; wachet, ihr klugen Jungfrauen! und was ich euch sage, das sage ich allen: Wachet! denn der Bräutigam, des Menschen Sohn wird kommen, wie ein Dieb in der Nacht! Selig, den er bereit findet zu seinem Reich; dreimal selig, den er würdig erkennt, mit Ihm einzugehn zu seiner Hochzeit! Amen!

Quelle: Rheinische Missionsgesellschaft - Evangelische Zeugnisse aus dem Wupperthale

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