Arnd, Johann - Der Deutsche Theologe,

Inhaltsverzeichnis

Arnd, Johann - Der Deutsche Theologe,

Vorläufer Luther’s als Lehrer in der Wüste.

Abdruck nach der Ausgabe Arnd’s Magdeburg 1605.

besorgt von

Johann Andreas Detzer

Lehrer der hebräischen Sprache und Collaborator am Gymnasium zu Erlangen.

Der Zeit Geburten sollen mit der Zeit verschwinden, Und nur die Wahrheit muß im Kampfe überwinden!

Die Todten werden anfangen ihre Todten zu begraben, denn der Geist Gottes weht gewaltig über dem Todtenacker: ob zur Auferstehung und zum Leben, oder zum Gerichte und zum Tode? auf diese Frage kann nur der Geist Jeglichem Antwort geben. Ezech. 37.

Auf Kosten des Herausgebers und in Commission der Palm’schen Verlagsbuchhandlung zu Erlangen.

Die Deutsche Theologie, ein edles Büchlein vom rechten Verstande:

was Adam und Christus sey; und wie Adam in uns sterben, Christus aber in uns leben soll;

mit D. Luther’s und Arnd’s Vorreden.

Christus ist das Licht der Welt, die Wahrheit und das Leben: niemand kommt zum Vater, denn nur durch ihn.

Erlangen 1827.

Allen durch christlichen Sinn und Geist für die wahre im Christenthum allein begründete Freiheit fest verkündeten Kämpfern in Liebe dargeboten und gewidmet.

Suchet den Geist, der Euch in alle Wahrheit leitet und durch diese frei macht, und ihr werdet ihn finden; klopfet an an den Pforten des Himmels und sie werden Euch aufgethan; denn wer da suchet, der findet, wer anklopfet, dem wird aufgethan, und wer bittet, der empfänget!

Darum lasset uns wappnen mit dem Helm des Heils, und dem Harnisch des Glaubens, und kämpfen mit den Waffen des Geistes, und nicht müde werden, bis der Tag anbreche und der Morgenstern, das Christenthum, aufgehe in unseren und in unseres Deutschen Volkes Herzen, und dasselbe Sinn und That durchdinge! Denn so uns der Sohn Gottes, Jesus Christus, frei machet, sind wir recht frei.

Darum, meine lieben Brüder, seyd vest, unbeweglich, und nehmet zu in dem Werke des Herrn; sintemal ihr wisset, daß Eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn!

(Ezech. 3,17-19.)

Inhaltsverzeichniß.

Dr. Martin Luther’s Vorrede, die er der von ihm im Jahre 1520 besorgten Ausgabe voranschickte.

Johann Arnd’s, (Generalsuperintendentens zu Lüneburg) Vorrede, mit der er die von ihm im Jahre 1605 veranstaltete Ausgabe begleitete.

Der deutschen Theologie.

Kap. 1. Was das vollkommene, einzige, ewige Gut sey, und was das unvollkommene Stückwerk; und wie man ablege das Unvollkommene, so da kommt das Vollkommene.

Kap. 2. Was Sünde sey; und wie man sich selbst nicht zueignen solle, was gut ist, denn solches allein dem wahren Gute zugehört.

Kap. 3. Vom Falle Adams; und wie des Menschen Fall und Abkehren müsse gebessert werden.

Kap. 4. Wie der Mensch, so er sich selber etwas Gutes zuschreibt oder zueignet, einen Fall thut, und greifet Gott in seine Ehre.

Kap. 5. Wie man das verstehen soll, daß der Mensch ohne eigene Weisheit, Liebe, Willen, Begierde und dergleichen Affecten seyn soll.

Kap. 6. Wie man das Beste und Edelste am allerliebsten haben soll, allein darum, daß es das Beste ist.

Kap. 7. Von zweien geistlichen Augen, mit denen der Mensch siehet in die Ewigkeit, und in die Zeit; und wie eins vom andern gehindert werde.

Kap. 8. Wie die Seele des Menschen, dieweil sie in dem Leibe ist, empfinden mag einen Vorgeschmack der ewigen Seligkeit.

Kap. 9. Wie dem Menschen nützer und besser sey, daß er wahrnehme, was Gott durch ihn wirken wolle, oder wozu ihn Gott brauchen wolle, denn daß er weiß, was Gott in allen Creaturen je gewirket habe, oder wirken will; und wie die Seligkeit allein liege an Gott und an seinen Werken, und nicht an der Creatur.

Kap. 10. Wie die vollkommenen Menschen Anderes nicht begehren, denn daß sie dem ewigen Gute möchten seyn, als dem Menschen seine Hand ist; und wie sie verloren haben Furcht der Hölle, und Begierde des Himmelreichs.

Kap. 11. Wie der gerechte Mensch in der Zeit in die Hölle wird gesetzt, und mag darin nicht getröstet werden; und wie er aus der Hölle ins Himmelreich versetzt wird, und mag darin nicht betrübet werden.

Kap. 12. Was rechter, wahrer, innerlicher Friede sey, welchen Christus seinen Jüngern zuletzt gelassen hat; wie der Mensch den Gebilden etwa zu frühe Urlaub giebt; und von den dreien Gnaden, die den Menschen führen zur Vollkommenheit.

Kap. 13. Wie alle Menschen in Adam sind gestorben, und in Christo wieder lebendig worden und von dem wahren Gehorsam und Ungehorsam.

Kap. 14. Was der alte und neue Mensch sey.

Kap. 15. Wie man sich des Guten nicht annehmen, oder anmassen soll, sondern sich des Bösen, so man gethan hat, schuldig geben.

Kap. 16. Wie das Leben Christi sey das edelste und beste Leben, so je gewesen ist, und werden mag; und wie das ruchlose, sichere freye Leben sey das allerböseste.

Kap. 17. Wie man zu dem wahren Lichte, und zu Christi Leben nicht kommen mag durch viel Fragen oder Lesen, oder mit hoher natürlicher Kunst, oder Vernunft und Geschicklichkeit, sondern mit einem Verzichten auf sich selbst und Verleugnen seines Selbst, und aller Dinge.

Kap. 18. Weil das Leben Christi aller Natur und eigenen Liebe das allerbitterste ist, darum will es die Natur nicht an sich nehmen, und nimmt an sich das ruchlose, falsche, sichere Leben, wie es ihr das allerbequemlichste und lustigste ist.

Kap. 19. Wie ein Freund Gottes von außen williglich vollbringet mit den Werken die Dinge, die da sollen und müssen seyn, d.i., die nöthig sind, und mit den übrigen bekümmert er sich nicht.

Kap. 20. Wie der Geist Gottes etwa einen Menschen besitzet, und seiner mächtig ist, und auch eetwa der böse Geist.

Kap. 21. Wer Gott leiden soll, und gehorsam seyn will, der muß alle Dinge leiden, d.i., Gott, sich selbst, und alle Creatur, und muß in Allem gehorsam seyn in leidender Weise, und etwa auch in thuender Weise.

Kap. 22. Vier Dinge gehören dazu, daß der Mensch fähig werde göttlicher Wahrheit, und des heiligen Geistes theilhaftig werde.

Kap. 23. Von zweien bösen Früchten, die da wachsen aus dem Saamen des bösen Geistes, und sind zwo Schwestern, die da gerne bei einander wohnen: die eine heisset geistliche Hoffart und Reichthum; die andere ungeordnete, falsche Freiheit.

Kap. 24. Von Armuth des Geistes und wahrer Demuth; und wobei man erkennen soll die gerechten, geordneten, wahren Freien, so die Wahrheit gefreiet hat.

Kap. 25. Wie das zu verstehen sey, das Christus spricht: „man solle alle Dinge lassen und verlieren;“ und woran die wahre Vereinigung mit dem göttlichen Willen gelegen sey.

Kap. 26. Wie nach der Vereinigung mit dem göettlichen Willen der innere Mensch unbeweglich stehet, und der äußere Mensch hin und her beweget wird.

Kap. 27. Wie der Mensch vor seinem Tode dazu nicht kommenmag, daß er von außen unleidentlich, und unbeweglich werde.

Kap. 28. Wie man kommen mag über alle Gesetze, Weise, Ordnung, Gebot und dergleichen: oder wie dem Gerechten kein Gesetz gegeben.

Kap. 29. Wie man Christi Leben nicht soll hintan setzen, sondern sich darin üben, und damit umgehen bis in den Tod.

Kap. 30. Wie Gott ein wahres, einfältiges, vollkommenes Gut ist; und wie er ein Licht ist, und ein Verständniß und alle Tugend ist, und wie man dasselbige allerhöchste und beste Gut am allerliebsten haben soll.

Kap. 31. Wie in einem vergotteten Menschen die Liebe lauter und unvermischt ist; und wie dieselbe Liebe alle Creaturen lieben und wohlthun, ja das Allerbeste thun will; und in Summa: ein vergotteter Mensch muß und kann nichts Anderes, denn lieben.

Kap. 32. Soll der Mensch zu dem Besten kommen, so muß er seinen Eigenwillen lassen; und wer dem Menschen hilft zu seinem Eigenwillen, der hilft ihm zu dem Allerbösesten; Summa: des Menschen Wille ist böse, darum muß er gelassen werden.

Kap. 33. Wie in einem vergotteten Menschen wahre, gründliche, wesentliche Demuth sey, und geistliche Armuth.

Kap. 34. Wie sonst nichts wider Gott sey, denn Sünde; und was Sünde sey.

Kap. 35. Wie in Gott, als er Gott ist, nicht kommen mag Betrübniß, Leid, Mißfallen und desgleichen: es ist aber in einem vergotteten Menschen.

Kap. 36. Wie man das Leben Christi an sich nehmen soll aus Liebe, und nicht um Lohns willen, und soll es nimmer hinlegen und hintansetzen.

Kap. 37. Wie Gott Ordnung, Weise, Maaß und dergleichen in den Creaturen haben will, denn er es ohne Creaturen nicht haben mag; und von viererlei Menschen, die nach Ordnung, Gesetz, Weise handeln, und damit umgehen.

Kap. 38. Vom Unterschied des wahren und falschen Lichts (d.i. seines eigenen Lichts).

Kap. 39. Wie der ein vergotteter Mensch heisset, und ist, der da durchleuchtet ist mit dem göttlichen Lichte, und entzündet ist mit ewiger, göttlicher Liebe; und wie Licht und Erkenntniß nicht taugt ohne Liebe.

Kap. 40. Ob man Gott möge erkennen, und nicht lieben; und wie zweierlei Licht und Liebe ist, wahre und falsche.

Kap. 41. Wobei man einen wahren vergotteten Menschen erkennen mag, und was ihm zugehöre; und was einem falschen Lichte, oder einem falschen freien Geiste auch zugehöre.

Kap. 42. Wie nichts Anderes wider Gott sey, denn des Menschen eigener Wille; und wer sein Bestes suchet als das Seine, der findet es nicht; und wie der Mensch von sich selber nichts Gutes weiß, oder vermag.

Kap. 43. Wo Christi Leben ist, da ist auch Christus; und wie Christi Leben das allerbeste und edelste Leben sey, das je ward, oder immer werden mag.

Kap. 44. Wie allein ganz Genüge und Ruhe in Gott sey, und in keinen Creaturen; und wer Gott gehorsam will seyn, der muß allen gehorsam seyn in leidender Weise; und wer Gott lieb haben will, der muß Alle Dinge lieb haben in Einem.

Kap. 45. Ob man auch Sünde lieb soll haben, weil man alle Dinge lieb haben soll.

Kap. 46. Wie man etliche Dinge wegen göttlicher Wahrheit zuvor muß glauben, ehe man komme zu einem wahren Wissen und Befinden.

Kap. 47. Vom eigenen Willen; und wie Lucifer und Adam von Gott sind gefallen durch den eigenen Willen; wie diese Zeit sey eine Vorstadt des Paradieses und Himmelreichs, darin nichts Mehr, denn Ein Baum, ist verboten, d.i. Eigenwille.

Kap. 48. Warum denn Gott den eigenen Willen erschaffen habe, wenn er ihm so sehr zuwider ist.

Kap. 49. Abermal warum Gott den Willen geschaffen habe.

Kap. 50. Der eigene Wille macht den Menschen unruhig.

Kap. 51. Im Himmel ist nichts Eigenes, oder hat keiner etwas Eigenes.

Kap. 52. Wie man das verstehen soll, das Christus spricht: „niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“

Kap. 53. Wer Christi Nachfolger und Diener sey.

Kap. 54. Wie der Vater zum Sohn ziehe, und hinwider der Sohn zum Vater.

Kap. 55. Wie Gott Alles in dem Menschen sey.

Kap. 56. Gott ist allein zu lieben und zu ehren.

Beschluß.

Anhang. Etliche Hauptreden und Hauptsprüche, in denen sich ein jeder fleißiger Schüler Christi üben mag, zu prüfen und zu erkündigen, was von rechter, wahrer Vereinigung mit dem höchsten, ewigen Gute zu lernen, und zu betrachten sey.

Vorrede Doctor Martin Luthers.

Man lieset, daß Sanct Paulus, geringer und verächtlicher Person, doch gewaltige und tapfere Briefe schrieb, und er selbst rühmet von sich, daß seine Rede nicht mit geschmückten und verblümten Worten gezieret, doch voller Reichthum aller Kunst der Weisheit erfunden worden. Auch so man Gottes Wunder ansiehet, ist es klar, daß allzeit zu seinen Worten nicht erwählet sind prächtige und scheinbare Prediger, sondern als geschrieben stehet: ex ere infantium, durch den Mund der Unberedten und Säuglinge hast du aufs beste verkündet dein Lob. Item die Weisheit Gottes machet die Zungen der Unberedten aufs allerberedteste. Widerum strafet er die hoch dünkenden Menschen, die sich ob denselben Einfältigen stossen und ärgern: consilium inopis et cet. Ihr habt verunehrt die gute Red’ und Lehre, darum daß sie euch durch arme und unansehnliche Menschen gegeben sind.

Das sage ich darum, daß ich verwarnet haben will einen jeglichen, der dieß Büchlein liest, daß er seinen Schaden nicht verwirke und sich ärgere in dem schlechten Deutsch, oder ungefrenselten, ungekränzten Worten. Denn dieß edle Büchlein, so arm und ungeschmückt es ist in Worten und menschlicher Weisheit, also und viel mehr reicher und köstlicher ist es in Kunst und göttlicher Weisheit. Und daß ich mich nach meinem alten Narren rühme, ist mir nächst der Biblien und S. Augustin nicht vorkommen ein Buch, daraus ich mehr erlernet habe, und erlernet haben will, was Gott, Christus, Mensch und alle Dinge sind; und befinde nun allererst, daß es wahr sey, was etliche Hochgelehrte von uns Wittenbergischen Theologen schimpflich reden, als wollten wir neue Dinge vornehmenm, gleich als wären nicht vorhin und anderswo auch Leute gewesen. Ja freilich sind sie gewesen, aber Gottes Zorn, durch unsere Sünde verursachet, hat uns nicht lassen würdig seyn, dieselben zu sehen oder zu hören. Denn am Tage ist es, daß in den Universitäten eine lange Zeit solches nicht gehandelt und ist dahin gebracht, daß das heilige Wort Gottes nicht allein unter der Bank gelegen, sondern vom Staube und Motten beinahe verweset. Lese dieß Büchlein, wer da wolle, und sage dann, ob die Theologie bei uns neu oder alt sey; denn dieses Büchlein je nicht neu. Werden aber vielleicht, wie vormals sagen: wir sind deutsche Theologen. Das lassen wir so seyn. Ich danke Gott, daß ich in deutscher Zunge meinen Gott also höre und finde, als ich und sie mit mir bisher nicht funden haben, weder in lateinischer, griechischer, noch hebräischer Zunge. Gott gebe, daß dieser Büchlein mehr an den Tag kommen, so werden wir finden, daß die deutschen Theologen ohne Zweifel die besten Theologen seyen! Amen.

Dr. Martinus Lutherus,
Augustiner zu Wittenberg,
Anno Christi 1520.

Arnd’s Vorrede an alle Liebhaber der wahren Gottseligkeit

Von der Summe und dem heilsamen Nutzen dieses Büchleins.

Christliche und liebe Brüder, mein Vornehmen in Publicirung dieser und anderer meiner Büchlein ist nicht dahin gerichtet, daß ich dadurch meinen eigenen Nutzen und Ehre zu suchen begehre, viel weniger, daß ich die Welt mit Büchern wolle helfen anfüllen, sondern daß ich männiglich zu dem einigen Buch des Lebens, Jesu Christo, unserm Herrn, führen möge, das rechte, wahre christliche Leben und Gottseligkeit von ihm zu erlernen, wie er uns befohlen hat Matth. 11.: lernet von mir; und am 16.: will mir jemand folgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir nach. Ohne dieß Nachfolgen und Verläugnen sein selbst kann niemand Christi Jünger, Liebhaber oder auch ein wahrer Christ seyn. Dasselbe aber, was es sey, und wie es geschehen müsse, werden dich diese Büchlein lehren. Wirst demnach freilich dir dieselbe nicht lassen mißfallen, oder mein Vornehmen tadeln, bist du anders ein Liebhaber Christi, und von der wahren Gottseligkeit.

Du wirst in diesem Büchlein nicht viel unnützes Geschrey, Disputiren, Streiten, oder einige menschliche Affecten, oder stachlichte Reden finden, sondern lautere, reine Liebe, Verlangen nach dem höchsten, ewigen Gute, Absagung und Verschmähung der Welt Eitelkeit, die Aufopferung deines eignen Willens, die Tödtung und Kreuzigung deines Fleisches, die Gleichförmigkeit Christi in Geduld, Sanftmuth, Demuth, Kreuz, Trübsal und Verfolgung; Summa: wie du der Welt absterben, und Christo leben sollst. Es ist bis daher viel von der christlichen Lehre disputirt, gestritten und geschrieben, wenig aber vom christlichen Leben. Jenem lasse ich seinen Werth, und strafe nichts, denn den Mißbrauch, wie ich zur andern Zeit contra Theologiam disputatricem, verbosam, ventosam et contentiosam geschrieben, und wider das viele unnütze und unnöthige Bücherschreiben und Disputiren, damit dem wahren Christenthum und der wahren Busse wenig gedient ist. Die heiligen Propheten und Apostel setzen allezeit Lehre und Leben zusammen, wie sonderlich zu sehen in der Epistel S. Pauli an die Römer, Corinther und Galater. Denn was ist doch Lehr ohne Leben, als ein Baum ohne Früchte? Kann auch rechte Busse seyn ohne rechtschaffene Früchte der Busse? Wo wir nicht rechte Busse thun werden, so wird Gott die reine Lehre von uns nehmen, und wenn wir gleich inden Streitbüchern und Disputationibus säßen bis über die Ohren. Mancher vermeint, er habe Christum recht wohl erkannt, wenn er von Christo viel disputiren kann, und lebet doch nicht in Christo: der verführet sich nur selbst. Denn wer Christi Demuth, Sanftmuth, Geduld, in seinem Herzen nicht hat und empfindet, der kennet Christum noch nicht recht, hat ihn auch nie recht geschmecket; und wer Christi lehre prediget, und sein edles Leben nicht, der predigt Christum nicht ganz, sondern nur halb. Darum der heilige Apostel Paulus Lehr’ und Leben Christi zusammensetzet 2. Timoth. 1: halt an dem Vorbilde der heilsamen Worte, die du von mir gehöret hast, vom Glauben und von der Liebe in Christo. Und der heil. Apostel Petrus in der andern Epistel am 1. bezeuget: so wir im Glauben, in Geduld, in Gottseligkeit, in der Liebe wandeln, das wird uns nicht lassen unfruchtbar seyn in der Erkenntniß Jesu Christi. Denn die Erkenntniß christi stehet mehr in praxi, in der Uebung der christlichen Tugenden, und Früchten des Geistes, denn in der Wissenschaft und theoria.

In dem lebendigen Glauben, in fide operosa, und in der Nachfolgung des heil. Lebens Christi stehet wahre und lebendige Erkenntniß Christi. Christus ist die ewige Liebe des Vaters: wer ihn recht kennen will, der muß ja diese Liebe schmecken in seinem Herzen. Wie nun dasselbe geschehen könne und möge, und wie du das edle Leben Christi an dich nehmen sollst, und den lebendigen, thätigen Glauben, ja Christum durch den Glauben in dir sollst lassen leben, und Alles wirken, das werden dich diese Büchlein lehren. Und wenn du dieselben durch öfteres Lese, und stete Uebung in dein Leben verwandeln wirst, wie eine Blume verwandelt wird in ihre Früchte, so wirst du bekennen müssen, daß es das rechte, wahre, lebendige Christenthum sey, und sey kein edler, köstlicher und lieblicher Leben, denn das heilige Leben Christi, und wirst verstehen, was S. Paulus 2. Corinth. 6. spricht: ist jemand in Christo, der ist eine neue Creatur.

An dieser Erneuerung in Christo, an dieser geistlichen, himmlischen, göttlichen Wiedergeburt ist Alles gelegen, dieselbe ist des Menschen Vollkommenheit und ist der Zweck des ganzen Christenthums und der Theologie. Dieß ist die Vereinigung mit Gott, 1. Corinth. 6., die Vermählung mit unserem Himmelsbräutigam Jesu Christo, Oseä 2. Der lebendige Glaube, die neue Geburt, Christi Einwohnung in uns, Christi edles Leben in uns, des h. Geistes Früchte in uns, die Erleuchtung, die Heiligung, das Reich Gottes in uns: dieß alles ist Eins. Denn wo der wahre Glaube ist, da ist Christus mit aller seiner Gerechtigkeit, Heiligkeit, Verdienst, Gnade, Vergebung der Sünde, Kindschaft Gottes, Erbe des ewigen Lebens. Das ist die neue Geburt, die da kommt aus dem Glauben an Christum. Denn Christus und der Glaube vereinigen sich miteinander, also daß alles, was Christi is, das wird unser durch den Glauben; da wirket er auch ein heiliges Leben; und das ist das edle Leben Christi in uns. Wo aber Christi Leben ist, da ist eitel Liebe, und wo die Liebe ist, da ist der h. Geist, und wo der h. Geist ist, da ist das ganze Reich Christi. Hat nun ein Mensch Eins, so hat er Alles; hat er aber Eins nicht, so hat er keins. Denn hat er von Christi heiligem, edlem und neuem Leben nichts, so hat er nichts von Christo, vom Glauben und von der neuen Geburt. So aber Christus in dir wohnet, lebet und wirket, so ist alles gut, so du thust, nicht dein, sondern deines einwohnenden Königs in dir; ephes. 3. Gottes Kraft ists, die in uns wirket: darum hast du dirs nicht zuzuschreiben. Wie denn diese der deutschen Theologie einigen Zweck und einiges Ziel ist, daß der Mensch alles, was gut ist, nicht sich selbst, sondern Gott zuschreiben soll; viel weniger verdienst du etwas damit, weil es nicht dein ist, sondern Gottes, von welchem alles kommt, was gut ist, nämlich aus Gott in uns, nicht aus uns in Gott, daß er unser Schuldiger würde.

Zum andern ist aus diesen Büchlein zu ersehen, daß die wahre Erleuchtung und lebendige Erkenntniß Christi ohne wahre Busse und Bekehrung zu Gott, ohne Nachfolgung des heiligen Lebens Christi, ohne wahre Gottseligkeit, ohne Verschmähung der Welt nicht erlanget werden können aus folgenden Gründen:

Denn was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsterniß, 2. Corinth. 6. Unbußfertigkeit ist Finsterniß: darum hat das Licht der wahren Erkenntniß Christi mit derselben keine Gemeinschaft, ist demnach unmöglich, daß diejenigen mit dem Geist und Licht der ewigen Wahrheit können erleuchtet werden, die in der Finsterniß der Unbußfertigkeit leben.

Zum andern spricht der Herr Joh. 12.: wandelt im Lichte, dieweil ihrs habt, auf daß euch die Finsterniß nicht überfalle; item Johan. 8.: ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolget, wandelt nicht in Finsterniß, sonden wird das Licht des Lebens haben. Dieß Nachfolgen ist von Christi Leben zu verstehen; und das Licht des Lebens, so die wahren Nachfolger Christi haben werden, ist das Licht der wahren Erkenntniß Gottes. Derhalben können die nicht mit dem Geist und Licht der Wahrheit erleuchtet werden, die Christo im Leben nicht nachfolgen.

Zum dritten spricht die Weisheit Sal. u.: der heilige Geist fleucht die Ruchlosen, für und für aber giebt er sich in die heiligen Seelen, und machet Propheten und Gottes Freunde. Derhalben so ist der heilige Geist der rechte himmlische Doctor, der uns in alle Wahrheit leitet. Und weil er die Gottlosen fleucht, wie können sie denn erleuchtet werden? Ja die Welt kann den heiligen Geist nicht empfangen, das ist, fleischliche, unbußfertige Leute. Darum Gott im Jeremia am 2. klaget: mich, die lebendige Quelle, verwerfen sie, und graben sich hie und da Brunnen, die kein Wasser geben.

Zum vierten spricht S. Paulus Ephes. 5.: wache auf, der du schläfest, so wird dich Christus erleuchten! Derhalben die nicht aufwachen von dem Sündenschlaf dieser Welt, Augenlust, Fleischeslust und hoffärtigem Leben, die können von Christo nicht erleuchtet werden.

Zum fünften spricht S. Petrus Apstlgsch. 2.: thut Busse, so werdet ihr empfahen die Gaben des heil. Geistes. Derhalben kann der Geist Gottes, der die Herzen erleuchtet, ohne Busse nicht empfangen werden.

Zum sechsten alle Propheten und Apostel haben müssen die Welt verschmähen und sich selbst verleugnen, absagen allem, das sie gehabt, haben sie wollen erleuchtet werden und den heiligen Geist von oben herab empfangen.

Zum siebenten spricht D. Bernhardus: flumina gratiae deorsum, non sursum fluunt (die Ströme der Gnaden fließen unter sich, und nicht über sich). wie sollte denn die Gnade des Lichtes und Erkenntniß Gottes zu den Menschen kommen, die nicht in demüthigen Leben Christi wandeln, sondern in den Wogen des Lucifers?

Summa: die Vereinigung mit Christo durch den lebendigen Glauben, die Erneuerung in Christo durch die Tödtung des alten Menschen, ist der Zweck und das Ziel dieser Schriften. Denn soviel der Mensch sich selber abstirbt, soviel lebet Christus in ihm; soviel die böse Natur abnimmt, soviel nimmt die Gnade im Menschen zu; soviel das Fleisch gekreuzigt wird, soviel wird der Geist lebendig gemacht; soviel die Werke der Finsterniß im Menschen gedämpfet werden, soviel wird der Mensch erleuchtet; soviel der äussere Mensch verweset und getödtet wird, soviel wird der innere Mensch erneuert; soviel die eigenen Affecten, und das ganze fleischliche Leben im Menschen stirbt, als eigene Liebe, eigene Ehre, Zorn, Geiz, Wollust, soviel lebet Christus in ihm; jemehr die Welt vom Menschen ausgehet, als Augenlust, Fleischeslust, hoffärtiges Leben, jemehr Gott, Christus und der heilige Geist in den Menschen eingehen und ihn besitzen; und hinwider jemehr die Natur, das Fleisch, die Finsterniß, die Welt im Menschen herrschen, je weniger Gnade, Geist, Licht, Gott und Christus im Menschen ist: darum kann er ohne wahre Busse nicht recht erleuchtet werden.

Solcher alten kurzen Büchlein, die zu einem heiligen Leben führen, liegen viele im Staube verborgen wie Joseph im Kerker. Denn wahrlich vor Zeiten auch Leute gewesen sind, die einen Hunger und Durst nach Christo gehabt haben, mehr denn jetzo die alte und kalte Welt; und hie, so dem edlen und heiligen Leben Christi nachgewandelt haben, sind stets die erleuchtetsten gewesen. Denn der heilige Geist fleucht die Ruchlosen, für und für aber giebt er sich in die heiligen Seelen und machet Propheten und Gottes Freunde. Wie aber Joseph durch einen Traum aus seinem Gefängniß erlöset ward, also werden durch Gottes Eingeben solche Büchlein gesuchet, gefunden, geliebet und hervorgezogen; und gleich wie Joseph, als er aus seinem Gefängniß erlöset ward, einen alten knechtischen Rock antrug, also tritt dieser alte deutsche Theologus auch hervor in einem groben deutschen Bauernrock, d.i., in einer alten, groben deutschen Sprache, in welcher er doch sehr hohe, geistreiche, liebliche Dinge lehret, nämlich Christi edles Leben an sich nehmen, die Lehre Christi in das Leben verwandeln, wie Christus in uns leben, und Adam in uns sterben soll. Und wann ihn unsere jetzige zarte deutsche Zunge also sollte reden hören, sollte sie ihn wohl nicht kennen und ihn mit seiner Sprache und Lehre verwerfen. Darum um der jetzigen wohlklingenden und liebklaffenden Welt willen, die mehr auf die Zierlichkeit der Rede siehet, denn auf den Geist Gottes, und auf ein heiliges Leben, hab ich ihm ein wenig seinen Rock verbessert, und seine schwere Zunge erleichtert, auf daß der geistreiche Verstand ein wenig besser hervorleuchte. Denn gleichwie unter der schweren Zunge Mosis ein gewaltiger Geist verborgen war, also ist es hie auch.

Dieser Joseph aber lehret dich nicht mit des Potiphar’s Weibe buhlen, das ist, mit dieser Welt, sondern er lehret dich die Welt verschmähen, und das höchste Gut suchen. Denn die in ihrem Christenthum mehr das Zeitliche suchen, denn Christus selbst, mehr lieben die Augenlust, Fleischeslust und hoffärtiges Leben, denn das Reich Gottes, die buhlen mit des Potiphar’s Weibe, welche Joseph bei dem Rock ergriff: er aber ließ das Kleid fahren und flohe von ihr. Also meinet jetzo die hoffärtige, wollüstige und fleischliche Welt auch, der himmlische Joseph, Christus Jesus, soll weltlicher Weise mit ihr buhlen. Ein jeder hoffärtiger, geld- und weltsüchtiger Bauchdiener greift nach ihm, will ihn halten und spricht: hie ist Christus, ich bin auch ein Christ. Aber nein, der himmlische Joseph läßt ihnen sein Kleid, das ist, den äusserlichen Buchstaben, Schein, Namen und Titel; er aber fleucht von ihnen, und wird von ihnen nicht ergriffen, es sey denn, daß sie von Herzen Busse thun, das edle, demüthige Leben Christi annehmen, und darinnen wandeln.

Ob dir nun diese Büchlein dunkel und unverständlich wird vorkommen, wird dir’s doch das andere (de imitatione Christi von Thomas von Kempen, welches jenem beigedruckt ist) erklären. Wirst auch in meinem Büchlein von dem wahren Christenthum hierüber gute und nützliche Auslegung finden. Dahin ich dich solang will gewiesen haben, bis ein Mehreres erfolgt. Unterdessen nimm hiermit vorlieb, und bitte Gott für mich!

Johann Arnd, Generalsuperintendent des Fürstenthums Lüneburg u.s.w.

Die deutsche Theologie.

Luc. 17,20.21. Das Reich Gottes kommt nicht mit äusserlichen Geberden; man wird auch nicht sagen: siehe, hier oder da ist es. Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch; stehet jedoch nicht in Worten, sondern in der Kraft und Stärke Gottes, die auch in dem Schwachen mächtig ist. 1. Corinth. 4,20.

Kap.1 - Was das Vollkommene, einige, ewige Gut sey, und was das unvollkommene Stückwerk sey; und wie man ableget das Unvollkommene, so da kommt das Vollkommene.

Der h. Apostel Paulus spricht 1. Corinth. 13,10.: “wenn da kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.“ Dieses zu verstehen, ist zu merken, was da sey das Vollkommene, und was das Stückwerk sey. Das Vollkommene ist ein Wesen, das in sich und in seinem Wesen Alles begriffen und beschlossen hat, ohne welches und ausser welchem kein wahres, beständiges Wesen ist, in dem alle Dinge ihr Wesen haben: denn es ist aller Dinge Wesen, und ist in sich selber unwandelbar, unbeweglich, und verwandelt und beweget doch alle andere Dinge. Apostelgesch. 17,28. Aber das Stückwerk oder Unvollkommene ist das, das aus disem Vollkommenen entstehet und seinen Ursprung hat, oder wird allerding, wie ein Glanz oder Schein ausgehet oder ausfleußt von der Sonne oder einem Lichte, und ist gestaltet nach Etwas, was es denn auch ist, und heißet Creatur oder unvollkommen. Und unter allen diesen unvollkommenen Dingen ist keines das Vollkommene. Also ist auch das Vollkommene keines unter diesen unvollkommenen Dingen oder Stückwerken. Die unvollkommenen Dinge sind begreiflich, erkenntlich und aussprechlich, oder mögen mit Worten und Namen ausgesprochen werden. Das Vollkommene aber ist allen Creaturen aus eigenem Vermögen unbegreiflich, unerkenntlich und unaussprechlich. Darum vermag die Creatur das Vollkommene nicht zu nennen, denn es ist der keines, das die Creatur nennen, oder kennen, oder begreifen, oder gedenken mag aus eigenem Verstande oder Vermögen. Wenn nun das Vollkommene kommt, so verschmähet man das Unvollkommene und Stückwerk. Wann kommts aber? Alsdann sage ich, wenn es, sofern als einer Creautur möglich ist, erkannt, empfunden und geschmeckt wird in der Seele.

Nun möchte jemand fragen: weil es nun unerkenntlich und unergreiflich ist von allen Creaturen, die Seele aber eine Creatur ist, wie mag es in der Seele erkannt werden? Antwort: Darum habe ich gesagt, daß es die Creatur aus eigenem Vermögen nicht erkennen kann, denn es ist ihr unmöglich, sofern als sie ein Geschöpf ist, wegen ihrer Ichheit und Selbstheit (das ist, wegen ihrer selbst eigenen Liebe, ihres eigenen Willens, und fleischliches Sinnes, damit sie noch sich selbst anhanget, sich selbst liebet und suchet, wie aller Creatur Eigenschaft ist). Denn in welcher Creatur dieß Vollkommene erkannt werden soll, daselbst muß Creatürlichkeit, Geschaffenheit, Ichheit, Selbstheit (das ist, Weltliebe, Creaturliebe, eigene Liebe, eigener Wille, natürlicher, fleischlicher Sinn und Lust) verloren und zu Nichte werden; und die Creatur ausgehen, soll Gott eingehen. Denn dieß ist der Verstand des Spruchs S. Pauli, nämlich: „wenn das Vollkommene kommt, das ist, wenn es erkannt wird, so wird das Unvollkommene und Stückwerk, nämlich Creatürlichkeit, Geschaffenheit, Ichheit, Selbstheit, Meinheit (das ist, alle creatürliche Eigenschaft, damit sich die Creatur natürlicher Weise selbst liebet, suchet, begehret, eigenes Willens lebet, sich selbst und die geschaffenen Dinge für Etwas hält und achtet, die doch Nichts sind), Alles verschmähet und für Nichts gehalten.“ So lange man nun von diesen Dingen Etwas hält, und daran hanget, so lange bleibet das Vollkommene unerkannt.

Nun möchte jemand sagen, du sprichst: ausser dem einigen vollkommenen Wesen, oder ohne dasselbe ist Nichts, und sagest doch aus demselben fließe oder entspringe Etwas; was nun aus ihm entsprungen, oder ausgeflossen ist, das ist ausser demselben, und muß Etwas seyn. Antwort: Darum spricht man, ausser dem Vollkommenen oder ohne dasselbe ist kein wahres Wesen. Was nun aus demselben ausgeflossen, oder entsprungen ist, das ist kein wahres Wesen, und hat kein Wesen anders, denn in dem Vollkommenen, sondern es ist ein Zufall, oder ein Glanz und Schein, der kein Wesen ist, oder kein Wesen hat, ohne im Feuer, daraus der Schein ausgehet, nicht anders, als wenn ein Glanz vom Feuer, oder Licht, oder der Sonne ausgehet oder ausfleußt.

Kap. 2. - Was Sünde sey, und wie man sich selbst nicht zueignen soll, was gut ist; denn solches allein dem wahren Gute zugehöret.

Die Schrift, der Glaube und die Wahrheit spricht: „die Sünde sey nichts Anderes, denn daß sich die Creatur abwendet von dem unwandelbaren Gute zu dem wandelbaren,“ das ist, daß sie sich kehret von dem Vollkommenen zum Unvollkommenen und Stückwerk, und allermeist zu sich selbst. Nun merke: wenn die Natur sich annimmt etwas Gutes, oder sich dasselbe zueignet als Wesen (das ist, daß sie meinet, sie habe ihr Wesen von sich selbst, und will Etwas seyn, da sie doch Nichts ist), als Leben (das ist, daß sie meinet, sie lebe von sich selber), als Erkennen (das ist, daß sie meinet, sie wisse und vermöge viel), und kürzlich alles das, das man Gut nennt, daß sie dasselbe sey, oder dasselbe ihr eigen sey, so kehret sie sich ab. Denn was that der Teufel Anderes, oder was war sein Abkehren, oder sein Fall Anderes, denn daß er sich annahm, er wäre auch Etwas, und wollte Etwas seyn, und Etwas wäre seyn, und ihm gehörte auch Etwas zu. Dieß Annehmen, daß er Etwas seyn wollte, sein Ich (d.i. eigene Liebe), sein Mich (d.i. eigener Wille), sein Mir (d.i. eigene Ehre), sein Mein (d.i. sein eigen Gut), das war sein Abkehren, und sein Fall: also ist es noch.

Kap. 3. - Vom Falle Adams, und wie des Menschen Fall und Abkehren müsse gebessert werden.

Was that Adam Anderes, denn eben das Lucifer that? Man spricht: darum, daß Adam den Apfel aß, wäre er gefallen oder verloren. Ich sage: es geschah durch sein Annehmen, Anmassen oder Zueignen dessen, das Gottes war, nämlich durch sein Ich (d.i. seine eigene Liebe), durch sein Mich (d.i. seinen eigenen Willen), durch sein Mein (d.i. wegen seines eigenen angemaßten Gutes), durch sein Mir (d.i. wegen seiner eigenen Ehre, Weisheit u. dgl.). Hätte er sieben Aepfel gessen, und wäre das Annehmen, oder Anmassen nicht gewesen, er wäre nicht gefallen: sobald das Annehmen geschah, geschah auch der Fall, wenn er gleich nie keinen Apfel angebissen hätte. Nun siehe, ich bin hundert Mal tiefer gefallen und ferner abgewandt, denn Adam. Und Adams Fall und Abkehren möchten alle Menschen nicht bessern oder wieder bringen. Wie mag nun mein Fall gebessert werden? Antwort: er muß gebessert werden ebener Maaßen, wie Adams Fall, und von demselben, von dem Adams Fall gebessert ward, und in derselben Weise. Von wem oder in welcher Weise geschah aber die Besserung? Antwort: der Mensch vermöchte es nicht, ohne Gott, und Gott sollte und wollte es nicht thun ohne den Menschen. Darum nahm Gott menschliche Natur, oder Menschheit an sich, und ward vermenschet (d.i. mit menschlicher Natur vereinigt), und der Mensch ward vergottet, (d.i. mit göttlicher Natur vereinigt): also geschah die Besserung. Also muß auch mein Fall gebessert werden. Ich vermag es nicht ohne Gott, und Gott soll und will es nicht ohne mich; denn soll es geschehen, daß mein Fall gebessert werde, so muß auch Gott in mir vermenschet werden, (d.i. mit mir vereiniget werden) also daß Gott an sich nehme alles das, so in mir ist, von innen und aussen, also daß nichts überall in mir sey, das Gott widerstrebe, oder sein Werk in mir hindere, ja daß Gott nicht selbst Gott ist. Und obgleich Gott alle Menschen an sich nähme, die da sind, und in ihnen vermenschet würde (d.i., mit ihnen vereiniget), und sie in sich vergottete (d.i., seiner göttlichen Natur theilhaftig würden), und dasselbe aber geschähe nicht in mir, mein Fall und Abkehren würde nimmermehr gebessert, solches geschähe denn auch in mir (d.i., die Vereinigung mit Gott geschähe denn auch in mir).

Und in dieser Wiederbringung und Besserung kann, oder mag, oder soll ich Nichts darzu thun, sondern ein blos lauter Leiden muß bei mir seyn, also daß Gott allein thue und wirke, und ich leide ihn, sein Werk und seinen Willen in mir. Und darum, daß ich das nicht leiden will, sondern mein Ich, Mich, Mir, haben will, (d.i., daß ich meines eigenen Willens lebe, mich selbst liebe, meine eigene Ehre suche) und alles, was ich mir zueigne, es sey Gut, Ehre oder Weisheit, das hindert Gott, daß er nicht allein, und ohne Hinderniß in mir wirken kann und mag: darum bleibet auch mein Fall und Abkehren ungebessert. Siehe, das thut alles mein Annehmen, und Anmassen: darum es auch allein Sünde ist.

Kap. 4. - Wie der Mensch, so er sich selber etwas Gutes zuschreibet, oder zueignet, einen Fall thut, und Gott in seine Ehre greift.

Gott spricht im Propheten Jesaia 42,8: ich will meine Ehre keinem Andern geben. Das meinet er also: daß Ehre und Glorie niemand zugehöre oder gebühre, denn Gott allein. Wenn ich mir nun etwas Gutes zueigne, oder mich dessen anmasse, also daß Ich Es sey, oder wisse, oder thue, oder daß Es Mein sey, oder von Mir herrühre, oder daß Es Mir zugehöre, gebühre und dergleichen, so nehme ich mich Ruhms und Ehre an, und eigne mir’s zu, und thue zwei Uebel: erstlich einen Fall und ein Abkehren von Gott zu mir selbst, wie vorher gesagt; zum andern greife ich Gott nach seiner Ehre, und eigne mir dieselbe zu, die Gott allein gebühret; denn alles, das man Gut nennen soll, das gehöret niemand zu, denn allein dem einigen, ewigen, wahren Gute, d.i. Gott. Und wer sich deß anmasset und zueignet, der thut Unrecht und wider Gott, und nimmt sich deß an, das Gottes ist.

Kap. 5. - Wie man das verstehen soll, daß der Mensch ohne eigene Weisheit, Liebe, Willen, Begierde und dergleichen Affecten seyn soll.

Man sagt recht: der Mensch soll lieblos, ohne Weisheit, willenlos, begierdelos, erkenntnißlos und dergleichen werden. Dies ist aber nicht also zu verstehen, daß in dem Menschen keine Erkenntniß seyn soll, oder daß Gott nicht in ihm erkannt werden soll, oder geliebet, gelobet, gewollt, begehret oder geehret werden soll. Nein, das wäre ein großes Gebrechen, und der Mensch wäre als ein unvernünftig Vieh, sondern es soll dazu kommen, daß der Mensch werde wie ein Kind, und sich sogar nichts annehme, wisse, wolle, liebe und begehre, ohne daß Gott selbst in ihm will, liebet, weiß und begehret; daß alles nicht des Menschen oder Creatur sey, und diese Erkenntniß so lauter und vollkommen sey, daß da erkannt und gespüret werde, daß dieselbe Gabe der Erkenntniß nicht sey des Menschen, oder der Creatur (oder als komme dieselbe von Menschen oder Creatur her), sondern allein der ewigen Erkenntniß, welche das ewige Wort ist. Siehe, so gehet denn der Mensch und die Creatur dahin, und eignet sich dieselbe nicht zu; und je weniger der Mensch sich die Erkenntniß zueignet, oder sich derselben nicht annimmt, als des Seinen, je vollkommener die Erkenntniß wird. 1. Corinth. 3., 18.19. Also ist es auch um den Willen, um die Liebe, um die Begierde u. dgl. Denn je weniger man sich dieselben zueignet (d.i. je wenige rman eigenes Willens, eigener Liebe, eigener Begierde pfleget), je edler, lauterer und göttlicher sie werden. Und hinwider, je mehr man sich dieselben zueignet, je gröber, vermengter, nichtiger und unvollkommener sie werden. Siehe, also soll man dieser Begierden los werden, (d.i. des Annehmens, Anmassens und Zueignens). Und wenn man also dieser los wird, das ist die edelste und lauterste Erkenntniß, die im Menschen seyn mag, und auch die edelste, lauterste Liebe und Begierde. Ursach: denn dies alles ist Gottes allein. Denn der Mensch soll nicht wissen, wollen, lieben, das Gott nicht selbst in ihm will und liebet. Was nun Gottes ist, das ist edler und besser, denn was der Creatur ist. Darum ist es besser, es sey Gottes, denn der Creatur. Daß ich mir etwas Gutes anmasse und mir zueigne, das kommt von einem Wahne her, es sey Mein, oder Ich sey dasselbige. Wäre diese Wahrheit in mir erkannt, so würde auch bekannt das, daß Ich’s nicht bin, oder Mein nicht ist, und daß Ich mich dessen nicht sollte anmassen, als meines Eigenen, oder daß Es von mir herkäme: und so fiele das Anmassen selber ab. Es ist besser, daß es erkannt werde, soviel immer möglich, daß es Gott in dir sey; und daß Es Gottes sey, und werde also Gott erkannt, geehret, geliebet und gelobet, und daß der Mensch halte, er liebe und lobe Gott, denn daß Gott gänzlich unerkannt, ungelobet und ungeehret bleibe. Denn so der Wahn und Unwissenheit zu einem Wissen und einer Erkenntniß der Wahrheit wird, so fällt das Annehmen und Zueignen ab. Denn so der Mensch, mit der Wahrheit in sich selber überzeuget, innen wird, daß er Nichts ist, so spricht der Mensch: siehe du armer Thor, ich meinete, Ich wäre Es; nun ist’s wahrlich, und ist gewesen Gott allein.

Kap. 6. - Wie man das Beste und Edelste am allerliebsten haben soll, allein darum, daß es das Beste ist.

Boethius spricht: „es sey ein großes Gebrechen, daß wir nicht das Beste lieb haben.“ Er hat recht gesagt; denn das Beste soll das Liebste seyn, und in dieser Liebe soll nicht angesehen werden Nutz oder Unnutz, Frommen oder Schaden, Gewinn oder Verlust, Ehre oder Unehre, Lob oder Unlob, oder Schande, oder dieser keines, sondern was in der Wahrheit das edelste und Beste ist, das soll das Liebste seyn, und dasselbe um keiner andern Ursache willen, denn daß es das Beste und Edelste ist. Darnach möchte ein Mensch sein Leben richten von aussen und innen (d.i. sein äusserlich und innerlich Leben). Von aussen: denn unter den Creaturen ist eines besser, denn das andere, nach dem das ewige Gut in einem mehr oder weniger leuchtet und wirket, denn in dem andern, in welchem nun das ewige Gut am meisten scheinet, leuchtet, wirket, erkannt, gespüret und geprüfet wird, das ist auch das Beste unter den Creaturen; und in welchem dasslbe am wenigsten gespüret wird, das ist auch das geringste Gut. So nun der Mensch mit der Creatur handelt und mit ihr umgeht und in diesen Unterschied erkennet, so soll ihm die beste Creatur die liebste seyn, und soll sich zu derselben halten, sich mit ihr vereinigen, allermeist aber, die man Gott zueignet, darin Gottes Güte, Liebe und Treue am meisten leuchtet, die Gott zugehören, oder Gottes eigen sind, als Güte, Tugend, Wahrheit, Friede, Liebe, Gerechtigkeit und desgleichen. Hiernach sollte sich der äussere Mensch richten; und das diesem zuwider wäre, das sollte man verschmähen und fliehen. Aber so der innere Mensch einen Uebersprung thäte, und spränge in das Vollkommene, so fände er und schmeckete, daß das Vollkommene ohne Maaß, ohne Ende und Zahl edler und besser ist über alles unvollkommene Stückwerk, und daß das Ewige sey über das Zergängliche, und der Brunnen oder Ursprung über alles, das daraus fleußt, oder fließen mag: so würden die unvollkommenen Stückwerke geschmacklos und vernichtet. Das merke nun: soll das Edelste und Beste das Liebste seyn, so muß dies geschehen.

Kap. 7. - Von zweien geistlichen Augen, mit denen der Mensch siehet in die Ewigkeit und in die Zeit, und wie eins vom andern gehindert werde.

Die geschaffene Seele des Menschen hat zwei geistliche Augen: das rechte Auge ist die Möglichkeit, zu sehen in die Ewigkeit; das linke Auge, zu sehen in die Zeit und in die Creatur, darinnen die Unterschiede zu erkennen, was besser oder geringer, edler oder unedler ist; und darnach wird der äußere Mensch geführet und geleitet, dem Leibe Leben zu geben und ihn zu erhalten. Aber diese zwei Augen der Seele des Menschen mögen nicht mit einander ihr Werk zugleich üben, sondern soll die Seele mit dem rechten Auge in die Ewigkeit sehen, so muß sich das linke Auge aller seiner Werke verzichten (d.i., nicht nach den Creaturen sehen), und sich halten, als ob es todt sey; und soll das linke Auge sein Werk üben nach der Auswendigkeit (d.i., in die Zeit sehen und mit den Creaturen handeln), so muß das rechte Auge gehindert werden an seiner Beschauung. In der Seele Christi aber ist es nicht also. Denn in dem Anbeginn, da sie erschaffen ward, kehrte sie das rechte Auge in die Ewigkeit, und in die Gottheit, und stand da in vollkommener Beschauung, und Gebrauch göttliches Wesens und göttlicher Vollkommenheit, unbeweglich, und blieb da unbeweget und unverhindert von allen Zufällen, Arbeit und Bewegungen des Leidens, der Marter und Pein, die in dem äußeren Menschen je geschah. Mit dem linken Auge sah sie in die Creaturen, und erkannte da, und nahm Unterschied in den Creaturen, was das Bessere und Geringere, Edlere und Unedlere wäre; und darnach ward der äußere Mensch Christi gerichet. Also stand der innere Mensch Christi nach dem rechten Auge der Seele im vollkommenen Gebrauche göttlicher Natur, in vollkommener Freude und Wonne; aber der äussere Mensch und das linke Auge der Seele mit ihm im vollkommenen Leiden, Jammer und Arbeit. Un dieß geschah also, daß das inwendige und rechte Auge unbeweget, ungehindert und unberühret blieb von aller Arbeit, Leiden und Marter, die im äusseren Menschen geschah. Denn da Christus an der Säule gegeisselt ward oder am Kreuze hing nach dem äusseren Menschen, da stand die Seele, oder der innere Mensch nach dem rechten Auge im so vollkommenen Gebrauch der Freuden und Wonne, als nach der Himmelfahrt und jetzung. So ward auch der äussere Mensch, oder die Seele nach dem linken Auge in ihren Werken, oder in allem dem, das ihr zugehöret, zu der Auswendigkeit, oder dem äusserlichen Thun und Lassen und Leiden nie gehindert, oder unvermindert von dem inwendigen: ihrer keines hinderte das andere. Im Menschen aber ist es nicht also, denn da hindert eins das andere.

Kap. 8. - Wie die Seele des Menschen, dieweil sie in dem Leibe ist, empfinden mag einen Vorschmack ewiger Seligkeit.

Man fraget, ob es möglich sey, daß die Seele, dieweil sie in dem Leibe ist, möge dazu kommen, daß sie thue einen Einblick in die Ewigkeit, und da empfahe einen Vorschmack ewiges Lebens und ewiger Seligkeit? Darauf ist die Antwort: daß es nicht seyn mag, wenn die Seele nur allein auf den Leib siehet, und auf die Dinge, so dem Leibe zugehören, auf die Zeit, und sonst auf die Creaturen, und sich damit verbildet, vermischet und vermanchfaltiget (d.i., sich die Creaturen zu sehr einbildet, und ihr Herz mit der Welt erfüllet): so mag es nicht seyn. Denn soll die Seele da hinein sehen, so muß sie lauter und blos seyn von allen Bildern, d.i., von der Creaturliebe, und abgeschieden von allen Creaturen und zuvörderst von sich selber. Und dieß meinet man, es sey nicht geschehen in der Zeit: Aber S. Dionysius will, es sey möglich, wie erscheinet aus seinen Worten an Timotheum: „zu der Beschauung göttlicher Heimlichkeit sollst du lassen Sinn’ und Sinnlichkeit, und alles, was Sinne begreifen mögen, und Vernunft und vernünftige Wirkung, und alles, was Vernunft begreifen und erkennen mag, geschaffen und ungeschaffen, d.i., es sey gegenwärtig oder zukünftig, und gehe aus aus dir selbst und aus allem Wissen und aller Erkenntniß aller vorerzählten Dinge, d.i., verzichte auf dich und sein Selbst, und alles das du hast und weißt, und komme in die Einigung deß, das da ist über alle Wesen und Erkenntniß.“ Hielt er dieß nicht für möglich in der Zeit, warum lehrt er’s, und redet’s zu einem Menschen in der Zeit? Daher ein Lehrer über diese Worte S. Dionysi spricht: „daß es möglich sey, und daß es auch so oft einem Menschen widerfahren möge, daß er dasselbe gewiß und gäntzlich sehe, so oft er wolle.“ Und dieser Blick ist edler, Gott leiber und würdiger, denn der, den alle Creaturen leisten mögen von sich selbst mit allem ihrem Vermögen; d.i., keine Creatur kann so belustigen und kräftiglich erfreuen, ja alle Creaturen mit aller ihrer Gütigkeit, als Ein Augenblick des ewigen Lebens.

Kap. 9. - Wie dem Menschen nützer und besser sey, daß er wahrnehme, was Gott durch ihn wirken wolle, oder wozu ihn Gott brauchen wolle, denn daß er weiß, was Gott in allen Creaturen je gewirket habe, oder wirken will; und wie die Seligkeit allein liege an Gott und an seinen Werken, und nicht an der Creatur.

Man soll merken und wissen in ganzer Wahrheit, daß alle Tugend und alles Gut (d.i., Frömmigkeit, und auch das Gut, das Gott selber ist) machet die Menschen und die Seele nimmer tugendsam, gut, fromm und seelig, dieweil es ausser der Seele ist. In gleicher Weise ist es auch um die Sünde, oder Bosheit. Darum, wiewohl es gut ist, daß man fraget und erfähret, und auch erkannt wird, was fromme und heilige Menschen gethan und gelitten haben, oder wie sie gelebet haben, und auch was Gott in ihnen und durch sie gewirket und gewollt habe, doch wäre es hundert Mal besser, daß der Mensch erführe und erkennte, was und wie sein eigen Leben wäre, oder wie es um sein eigen Leben stünde, und was auch Gott in ihm wäre, und durch ihn gethan haben wollte, in ihm wirken, und wozu ihn Gott nützen und brauchen wollte, oder nicht. Darum ist’s auch noch wahr, wenn man spricht: „es war Ausgang nie so gut; Innenbleiben wäre besser“; d.i., in sein eigen Herz gehen, und im Herzen daheim bleiben, sich selbst erkennen lernen und prüfen, woran es ihm fehlet; denn solches ist besser, denn auf andere Leute, und ihre Exempel sehen. Auch ist hie zu wissen, daß die ewige Seligkeit an demselbigen allein liegt, und an nichts Anderem. Und soll der Mensch oder die Seele selig seyn oder werden, so will und muß das Ein allein in der Seele seyn. Nun möchte man fragen: was ist aber das Eine? Ich sage, es ist Gut, oder Gut gemacht worden, d.i., es giebt sich zu erkennen als Gut, und ist doch nicht etwas Sichtbares, daß man sagen könnte, es wäre dieß oder das, das man nennen, kennen oder zeigen könnte, sondern das Ein ist Alles, und über Alles; auch darf dasselbe nicht in die Seele kommen, denn es bereit drinnen ist; es ist aber unbekannt.

Wenn man nun spricht: man soll dazu kommen, oder es soll in die Seele kommen, ist soviel: man soll es suchen, empfinden und schmecken. Und dieweil es nun Ein ist, so ist auch besser Einigkeit und Einfältigkeit, denn Manchfaltigkeit; denn die Seligkeit liegt nicht an Viel oder Vielfaltigkeit, sondern an Einem und an Einigkeit. Auch liegt die Seligkeit, kürzlich zu reden, an keiner Creatur, oder der Creaturen Werk, sondern allein an Gott und seinen Werken. Darum sollte ich allein Gottes und seines Werkes warten, und lassen alle Creaturen mit allen ihren Werken, und zuvörderst mich selbst. Auch alle die Werke und Wunder, die Gott je gethan hat, oder immer wirken mag in und durch alle Creaturen, oder auch Gott selber mit aller seiner Güte, so fern es ausser mir ist und geschieht, so macht es mich nicht seelig, sondern soviel es in mir ist, und geschieht, und erkannt und lieb gehabt, empfunden und geschmeckt wird.

Kap. 10. - Wie die vollkommenen Menschen Anderes nichts begehren, denn daß sie dem ewigen Gute möchten seyn, als dem Menschen seine Hand ist; und wie sie verloren haben die Furcht der Hölle und die Begierde des Himmelreichs.

Nun soll man merken, wo erleuchtete Menschen sind mit dem wahren Glauben und Lichte, die erkennen das alles, das sie begehren, oder erwählen und wünschen mögen, oder das von allen Creaturen, soviel einer Creatur Art und Eigenschaft ist, je begehret, oder erwählet, gewünschet, oder erkannt worden ist, Nichts sey, so es mit dem ewigen Gute verglichen werde. Darum lassen sie alle Begierde und allen Wunsch, und befehlen und ergeben oder lassen sich und Alles dem ewigen Gute. Dennoch bleibet in ihnen eine Begierde, sich selbst zu befördern zu dem ewigen Gute, und demselben näher zu kommen, d.i., zu einer wahren Erkenntniß, und hitzigen Liebe, und klarer Behaglichkeit oder Bequemlichkeit, und ganzer Unterthänigkeit und Gehorsam, also daß ein jeglicher erleuchtete Mensch möchte sprechen: ich wäre gerne dem ewigen Gute, was dem Menschen seine Hand; und fürchten allezeit, daß sie demselben nicht genug gehorsam sind, und begehren auch aller Menschen Seligkeit; sie selbst aber sind dieser Begierde ledig, und nehmen sich ihrer nicht an, sondern achten sich darin unwürdig. Denn solche Leute erkennen wohl, daß diese Begierde nicht des Menschen ist, sondern der ewigen Güte; denn alles, was Gut ist, soll sich niemand anmassen, oder sich desselben würdig achten, sondenr dem ewigen Gute gehört es allein zu. Auch stehen diese Menschen in einer Freiheit, also daß sie verloren haben Furcht und Pein der Hölle, und auch Hoffnung des Lohns oder Himmelreichs, sondern sie leben in lauter Unterthänigkeit und Gehorsam des ewigen Guts und einer freien Liebe. Das ist in Christo gewesen in Vollkommenheit, und in seinen Nachfolgern, in dem Einen mehr, in dem Andern minder. Es ist Jammer, daß uns das ewige Gut auf das Alleredelste weiset und reizet, und wir dasselbe nicht wollen. Was ist aber edler, denn wahre, geistliche Armuth? Matth. 5,3. Und wenn uns das vorgehalten wird, so wollen wir sein nicht. Wir wollen stets geistreich seyn, also daß wir in uns großen Geschmack, Süssigkeit und Lust befinden: so wäre uns wohl und wir hätten Gott lieb; wenn uns aber das entfällt, so ist uns wehe, und vergessen Gottes, und wähnen, wir seyen verloren. Das ist ein großes Gebrechen und ein böses Zeichen. Denn ein wahrer Liebhaber Gottes hat Gott, oder das ewige Gut gleich lieb im Haben und im Darben, im Süß und Sauer, und deßgleichen. Hierinnen erkenne und merke sich ein jeglicher.

Kep. 11. - Wie der gerechte Mensch in die Zeit in die Hölle wird gesetzt, und mag darin nicht getröstet werden; und wie er aus der Hölle ins Himmelreich versetzt wird, und mag darin nicht betrübt werden.

Christi Seele mußte in die Hölle, ehe denn sie gen Himmel kam: also auch des Menschen Seele. Wie aber das geschehe, das merket. Wenn sich der Mensch selber recht ansiehet und erkennet, so befindet er sich so böse, daß er unwürdig ist alles Gutes und Trostes, so ihm von Gott, oder Creaturen geschehen mag; erkennet sich auch nicht anders, denn ewig verdammt und verloren zu seyn, und dünket sich auch desselben unwürdig zu seyn; ja er dünket sich unwürdig alles Leidens, das ihm in der Zeit geschehen kann, und daß es billig und recht sey, daß alle Creaturen wider ihn seyen, und ihm Leid und Pein anthun, dessen er alles noch unwürdig sey, d.i., es sey zu wenig, und er hätte wohl größere Strafe verdienet; auch dünket ihm recht, daß er ewig verdammt seyn soll, und ein Fußschemel seyn soll aller Teufel in der Hölle, und doch dessen alles noch unwürdig; will auch und mag keines Trostes und Erlösung begehren, weder von Gott, noch von Creaturen, sondern er will gerne ungetröstet und unerlöset seyn, und ist ihm nicht leid seine Verdamniß, oder Leiden, denn dasselbe bilig und recht ist; und ist nicht wider Gott, sondern es ist der Wille Gottes, und das ist ihm lieb, und ist ihm wohl damit. Ihm ist allein leid seine Schuld und Bosheit, denn das ist Unrecht und wider Gott, und damit ist ihm wehe und übel zu Muthe: und dies ist und heißet wahre Reue über die Sünde. Und wer also in der Zeit in die Hölle kommt, der kommt nach der Zeit ins Himmelreich, und überkommt dadurch in der Zeit einen Vorgeschmack, welcher übertrifft alle Lust und Freude in der Zeit, so von zeitlichen Dingen je ward, oder werden mag. Und dieweil der Mensch also in der Hölle ist, so mag ihn niemand trösten, weder Gott, noch Creatur, als geschrieben stehet: in der Hölle ist keine Erlösung. Davon hat einer gesagt: ich strebe, verderbe, lebe ohne Trost, aussen und innen verdammt; niemand bitte, daß ich werde erlöset.

Nun lässet Gott den Menschen nicht in dieser Hölle, sondern nimmt ihn an und zu sich, also daß der Mensch nichts begehret, denn allein des ewigen Gutes, und erkennet, daß dem ewigen Gute also überwohl ist, daß dasselbige ist seine Wonne, Friede, Freude, Ruhe und Genüge. Und wenn der Mensch nichts Anderes achtet, noch begehret, denn das ewige Gut, und sich selbst nicht, so wird des ewigen Gutes Friede und Freude, Wonne und Lust, und was dasselbe ist, alles des Menschen: und so ist der Mensch im Himmelreich. Diese Hölle und dieß Himmelreich sind zween guts, sichere Wege dem Menschen in der Zeit, und wohl dem, der sie recht wohl findet; denn diese Hölle vergehet, das Himmelreich bestehet. Auch soll der Mensch merken, wenn er in dieser Hölle ist, so mag ihn nichts trösten, und er kann nicht glauben, daß er jemals getröstet und erlöset werden möge. Hinwider wenn er im Himmelreich ist, so mag ihn nichts betrüben, oder mißtrösten, und glaubet nicht, daß er betrübt, oder trostlos werden mag: wiewohl er nach dieser Hölle getröstet und erlöset wird, und nach diesem Himmelreich betrübet, ungetröstet, oder trostlos werden mag. Auch so kommt dem Menschen diese Hölle, und dieß Himmelreich, daß er nicht weiß, wovon es herkommt, und der Mensch kann aus eigenem Vermögen von dem Seinen weder thun noch lassen, noch von dem gedenken, davon dasselbe komme, oder hinwegfahre. Und der Mensch kann sich selber dieser keines geben oder nehmen, machen oder entmachen, sondern als geschrieben ist Joh. 5,8: „der Geist geistet und bläset, wo er will, und du hörest sein Sausen und Stimme wohl (verstehe, weil er gegenwärtig ist), aber du weißt nicht, wovon er kommt, und wohin er fährt.“ Und wenn der Mensch in dieser zweier Einem ist, so ist ihm recht, und er mag in der Hölle so sicher seyn, als im Himmelreich. Und wenn der Mensch in der Zeit ist, so mag er gar oft aus Einem in das Andere gerathen und fallen, ja bisweilen in Einem Tag und in Einer Nacht oft und vielmals und alles ohne sich selbst. Wenn aber der Mensch in dieser keinem ist, so gehet er mit den Creaturen um, und wanket hiehin und dahin, und weiß nicht, wie er dran ist, oder wo er sich hinwenden soll; doch sollte er dieser beider nimmer vergessen in seinem Herzen.

Kap. 12. - Was rechter, wahrer, innerlicher Friede sey, welchen Christus seinen Jüngern zuletzt gelassen hat; wie der Mensch den Bilden (Gebilden) etwa zu frühe Urlaub giebt; und von der dreien Graden, die den Menschen führen zur Vollkommenheit.

Viele Leute sprechen: sie haben nicht Friede oder Ruhe, sonden viel Widerwärtigkeit, Anfechtung, Leiden und Verfolgung; und dieß däucht sie also, wenn’s nicht nach ihrem Willen gehet. Wenn man aber dieß in der Wahrheit will ansehen, und bedenken, so hätte der Teufel auch Friede, wenn es ihm ginge nach seinem Willen und Wohlgefallen. Und darum sollen wir merken und wahrnehmen des Friedens, welchen Christus seinen Jüngern zuletzt ließ, welchen Christus seinen Jüngern zuletzt ließ, da er sprach Joh. 14,27.: “meinen Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, nicht als ihn die Welt giebt;“ denn die Welt betrüget in ihren Gaben. Was meinet aber Christus für einen Frieden? Er meinet den innerlichen Frieden, welcher da durchbreche und durchdringe alle Anfechtung und Widerwärtigkeit, Trübsal, Schmach, Elend, oder was deß ist, daß man darin fröhlich und geduldig sey, als seine lieben Jünger gewesen sind, und nicht sie allein, sondern alle auserwählten Freunde Gottes, und wahren Nachfolger Christi. Siehe, darauf habe wohl Acht. Wer Lieb,e Fleiß und Ernst hiezu hätte, der könnte den ewigen, wahren Frieden, welcher Gott selber ist, wohl erkennen, soviel als einer Creatur möglich ist. Es spricht Taulerus: „es sind etliche in der Zeit, die den Bilden (Gebilden) zu frühe Urlaub geben, ehe sie die Wahrheit davon erlöset.“ Und darum, daß sie sich selber erlösen, so mögen sie kaum, oder nicht zu der Wahrheit kommen; und darum sollte man allezeit mit Fleiß wahrnehmen der Werke Gottes, und dessen Vermahnung, und nicht die Werke, der Gebote oder Vermahnung der Menschen.

Nun soll man wissen, daß niemand erleuchtet mag werden, er sey denn zuvor gereiniget, geläutert und erlediget. Auch mag niemand mit Gott vereinigt werden, er sey denn vorher erleuchtet. Und dazu sind drei Wege: 1) die Reinigung, 2) die Erleuchtung, 3) die Vereinigung.

]Kap. 13. - Wie alle Menschen in Adam sind gestorben, und in Christo wieder lebendig geworden; und vom wahren Gehorsam und Ungehorsam.

Alles, was in Adam unterging, und starb, das stand in Christo wieder auf, und ward lebendig; alles, was in Adam aufstand, und lebendig ward, das ging in Christo unter, und starb. Was ist und war aber das? Ich sage, es ist wahrer Gehorsam und Ungehorsam. Was ist aber Gehorsam? Ich sge, das sey er, daß der Mensch also gar solle von sich selbst abstehen und seyn, ohne alle Selbstheit und Ichheit (d.i., ohne seinen Eigenwillen und Eigenliebe), daß er sich und das Seine so wenig suche, und meine in allen Dingen, als ob er nicht wäre, auch sich selbst so wenig empfinde, und von sich selber und dem Seinen so gering halte, und alle Creaturen so wenig liebe, sich selbst zu gut, als ob er nicht wäre. Also soll man alle Dinge für Nichts halten, und allein Gott in allen Dingen ersehen, ergreifen, lieben, als ob sonst Nichts wäre. Was ist denn das, das da ist, und davon man Etwas halten soll? Ich sage, es ist allein Eins, nämlich, das man Gott nennet. Siehe, das ist wahrer Gehorsam in der Wahrheit, und also ist es in der seeligen Ewigkeit: darin wird nicht gesuchet, noch gemeinet, noch geliebet, denn das Eine. So wird auch von Nichts gehalten, denn von dem Einen. Hiebei mag man merken, was Ungehorsam sey: das ist, daß der Mensch von sich selber Etwas hält, und wähnet, er sey, und wisse, und vermöge Etwas, und sich selber, und das Seine suchet in den Dingen (oder in allem seinen Thun und Werken), sich selber lieb hat, und desgleichen. Zu dem wahren Gehorsam war und ist der Mensch erschaffen, und ist denselbe Gott schuldig, und dieser Gehorsam ist in Adam untergegangen und gestorben, und ist in Christo aufgestanden und lebendig worden. Röm. 5. Ungehorsam aber ist in Adam aufgestanden, und hat in ihm gelebet, und ist in Christo gestorben. Ja die Menschheit Christi war und stand also von sich selber ab, und von allen Dingen, als je keine Creatur, und war nichts Anderes, denn ein Haus und Wohnung Gottes, und alles deß, was da Gott zugehöret; und daß dieselbe Menschheit war und lebete, und eine Wohnung war der Gottheit, deß nahm sie sich nicht an: sie nahm sich derselben Gottheit nicht an, deren Wohnung sie war, noch alles deß, das dieselbe Gottheit in ihr wollte, that, oder ließ, noch alles deß, das in der Menschheit je geschah, oder gelitten ward, sondern in der Menschheit war weder Annehmen, noch Gesuch, oder Begierde, sondern allein ein Gesuch und Begierde, wie der Gottheit genug geschähe; und desselben nahm sie sich nicht an, oder massete sich’s nicht an. Von diesem Verstande oder Meinung kann man nun nicht mehr allhie schreiben oder ausreden: es ist unaussprechlich und kann, noch wird nimmer gründlich ausgesprochen; denn es will sich weder ausreden, noch schreiben lassen, ohne von dem, der es ist, und weiß.

Kap. 14. - Was der alte und neue Mensch sey.

Wenn man redet vom alten und neuen Menschen, soll man merken: der alte Mensch ist Adam und Ungehorsam, Selbstheit und Ichheit (d.i., Eigenwille und Eigenliebe), und dergleichen; aber der neue Mensch ist Christus und der Gehorsam. Wenn man auch redet vom Sterben und Verderben, und desgleichen, so meinet man, daß der alte Mensch soll zu Nichte werden. Und wenn und wo das geschicht in einem wahren, göttlichen Lichte, so wird der neue Mensch wiedergeboren. Man spricht: der Mensch soll an sich selber sterben, d.i., des Menschen Selbstheit und Ichheit (d.i. Eigenwille und Eigenliebe), soll sterben, davon S. Paulus spricht Ephes. 4,22-24: „Leget den alten Menschen mit seinen Werken ab, und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen und gebildet ist.“ Wer in seiner Selbstheit, und nach dem alten Menschen lebet, der heißet und ist Adam’s Kind; er mag auch so tief und wesentlich darin leben, daß er ist des Teufels Kind und Bruder. Wer aber in dem Gehorsam, und im neuen Menschen lebet, der ist Christi Bruder und Gottes Kind. Siehe, wo der alte Mensch stirbt, und der neue geboren wird, da geschieht die andere Geburt, davon Christus spricht Joh. 3,3: „es sey denn, daß ihr anderweit geboren werdet, so kommt ihr in das Reich Gottes nicht.“ Auch spricht S. Paulus 1. Corinth. 15,22: „wie alle Menschen in Adam sterben, also werden sie in Christo alle lebendig werden,“ d.i., alle, die Adam nachfolgen in dem Ungehorsam, die sind todt, und werden nimmer lebendig, denn in Christo, d.i., im Gehorsam. Das geschieht darum, denn all dieweil, und so lange der Mensch Adam ist und sein Kind, so ist er sein Selbst ohne Gott. Denn Christus spricht Matth. 12,30.: „wer nicht mit mir, der ist wider mich.“ Wer nun wider Gott ist, der ist todt für Gott: daraus folget, daß alle Adamskinder todt sind für Gott. Aber wer mit Christo in dem Gehorsam ist, der ist mit Gott, und lebet. Auch ist geschrieben: „Sünde ist, daß sich die Creatur abkehret von dem Schöpfer:“ das ist diesem gleich, und ist eben dasselbe; denn wer im Ungehorsam ist, der ist in Sünden; und die Sünde wird nimmer gebüßet noch gebessert, denn mit einem Wiederkehren in den Gehorsam. Und so lang der Mensch im Ungehorsam ist, so lang wird die Sünde nimmer gebäßet noch gebessert, er thue, was er immer thue. Das merke; denn der Ungehorsam ist die Sünde selbst; und kommt er (der Mensch) wieder in den wahren Gehorsam, so ist es alles gebessert, und gebüßet, und vergeben, und anders nicht. Dieß ist wohl zu merken: und möchte der Teufel zu dem wahren Gehorsam kommen, er würde ein Engel, und alle seine Sünde und Bosheit wäre gebessert und gebüßet, und würde auf Ein Mal vergeben; und möchte ein Engel zu dem Ungehorsam kommen, er würde alsbald ein Teufel, und wenn er gleich nichts Anderes mehr thäte. Wäre es möglich, daß ein Mensch so gar und lauter ohne sich selbst und ohne alle Dinge in dem wahren Gehorsam wäre, als Christi Menschheit war, derselbige Mensch wäre ohne Sünde und auch Eins mit Christo, und wäre dasselbe aus Gnaden, das Christus war von Natur. Aber man spricht: es möge nicht sein; darum spricht man auch: niemand sey ohne Sünde. Dem sey nun, wie ihm wolle, so ist dieß gewiß wahr: je näher man diesem Gehorsam ist, und je näher dem Bilde Christi, je weniger Sünde, und je ferner man von demselben, je mehr Sünde. Kürzlich: ob der Mensch fromm, frömmer und der allerfrömmste sey, böse, böser und der allerböseste, sündig oder seelig vor Gott, das liegt alles an diesem Gehorsam, und Ungehorsam. Darum ist auch geschrieben: je mehr Selbstheit und Ichheit (d.i. Eigenwillen und Eigenliebe), je mehr Sünde und Bösheit; und je weniger eigenes Willens und eigener Liebe, je weniger Sünde. Auch ist geschrieben: je mehr meine Ichheit und Selbstheit abnimmt, je mehr Gottes Ich, d.i., Gott selber in mir zunimmt. Siehe, wären alle Menschen in dem wahren Gehorsam, so wäre kein Leid noch Leiden, sondern leichte und sinnliche Leiden (d.i. nur des Leibes Leiden, so mit den Sinnen empfunden werden). Das wäre aber nicht zu klagen: das merke man dabei; denn wenn das also geschähe, so wären alle Menschen Eins, und niemand thäte dem anderen Leid oder Leiden an, so lebte und thäte auch niemand wider Gott: wovon sollte denn Leid oder Leiden kommen? Aber nun sind leider alle Menschen, und alle Welt im Ungehorsam. Wäre nun ein Mensch lauter und gänzlich in dem Gehorsam, als wir glauben, daß Christus war, und auch wahrhaftig gewesen ist (er wäre sonst nicht Christus gewesen), dem wäre aller Menschen Ungehorsma ein jämmerlich, bitterlich Leiden; denn alle Menschen wären wider ihn. Das merke man dabei; denn der Mensch in diesem Gehorsam wäre Eins mit Gott, ja nicht sein Selbst, sondern Gottes Eigen, und Gott wäre selber auch da der Mensch. Siehe, nun also ist aller Ungehorsam wider Gott, und sonst nichts. In der Wahrheit, Gott ist wider keine Creatur, noch einer Creatur Werk; oder alles, das man nennen, oder denken kann, ist nicht wider Gott, oder Gott unbehaglich, oder verdrießlich, oder mißfällig, denn allein der Ungehorsam, und der ungehorsame Mensch.

Kürzlich alles, was da ist, behaget und gefället Gott wohl; allein der Ungehorsam, und der ungehorsame Mensch behaget ihm also übel, und ist ihm also gar zuwider, und klaget also sehr darüber, daß er an der Statt, da der Mensch leidentlich, und dessen empfindlich, und fühlentlich ist, was ihm zuwider ist, oder wehe thut, oder Schmerzen gibt, lieber hundert Tode wollte leiden, auf daß er den Ungehorsm in Einem Menschen ertödtete, und seinen Gehorsam dagegen gebähren möchte. Aber wie nun vielleicht kein Mensch also gar und lauter in diesem Gehorsam ist, als Christus war, so ist doch möglich einem Menschen also nahe dazu zu kommen, daß er göttliche, und vergottet heißet, und ist, und je näher der Mensch diesem kommt, und je göttlicher und vergotteter er wird, je weher und leider ihm thut, und je bitterer Leiden ihm machet aller Ungehorsam, Sünde und Ungerechtigkeit. Es ist keine Sünde, denn Ungehorsam, und was aus dem Ungehorsam geschieht.

Kap. 15. - Wie man sich des Guten nicht annehmen, oder anmassen soll, sondern sich des Bösen, so man gethan hat, schuldig geben.

Es sind etliche Menschen, die wähnen und sprechen, sie seyen also gar erstorben, ohne Schmerzen, und von sich selbst ausgegangen, und von dem, was sie sind, daß sie sollen seyn und leben in einem Leben, daß sie nichts Trauriges beweget, gleich als wenn alle Menschen in diesem Gehorsam wären, oder als wenn keine Creatur wäre, die sie betrübet, und sind also in einem guten, leichten Leben und Gemüthe, und lassen sich mit allen Dingen wohl seyn, suchen in allen Dingen Wollust, es sey dieß oder das. Nein, wahrlich ihm ist nicht also: so ist ihm, wie im vorigen Kapitel geschrieben ist. Ihn wäre also, wenn alle Menschen im Gehorsam wären; aber nun ist es nicht also, darum ist auch dieß nicht also. Siehe nun, möchte man sprechen, es soll gleichwohl der Mensch Alles ledig stehen, und sich Nichts annehmen, oder anmassen, weder Böses noch Gutes. Ich sage, des Guten soll sich niemand anmassen, denn es ist gottes, und der Güte Gottes; aber Dank habe der Mensch, und ewigen Lohn und Seligkeit, der dazu taugt, und bereit ist, und gestattet, daß er ein Haus und Wohnung ist des ewigen Gutes, und der Gottheit, daß sie ihre Gewalt, Willen und Weke in ihm haben möge ohne Hinderniß. Will man sich denn entschuldigen, und des Bösen auch nicht annehmen, und will es dem Teufel und der Bosheit auftragen und zumeßen; so sage ich: Undank, Schande, und ewiges Unglück und Verdammniß habe der Mensch, daß er dazu taugt, und bereit ist, und gestattet, daß der Teufel, Falschheit, Lügen, Bosheit ihren Willen und Gewalt, Werk und Wort in ihm haben mögen, und daß er ihr Haus und ihre Wohnung ist.

Kap. 16. - Wie das Leben Christi sey das edelste und beste Leben, so je gewesen ist, und werden mag; und wie das ruchlose, sichere, freie Leben sey das allerhöchste.

Es ist zu wissen, und zu glauben, daß kein so edles und gutes, und Gott liebes und angenehmes Leben ist, als das Leben Christi; wiewohl es aller Natur und aller Selbstheit, d.i., eigener Liebe und Lust, das bitterste Leben ist; aber das ruchlose, sichere, freie Leben ist aller Natur, Selbstheit und Ichheit, d.i., eigenem Willen, eigener Lust und Liebe, das süßeste und lustigste Leben. Es ist aber nicht das beste und edelste, es mag aber in etlichen Menschen das beste werden (für das beste gehalten werden). Wiewohl aber Christi Leben das bitterste ist, so ist es doch das allerliebste. Das soll man dabei merken: es ist eine Erkenntniß, daraus wird erkannt das wahre, einfältige Gut, und dasselbe Gut ist weder dieß noch das (d.i., es ist keine Creatur, die man zeigen oder nennen kann), sondern es ist das, davon S. Paulus spricht: „wenn das Vollkommene und das Ganze kommt, so wird das Stückwerk, Theilung und Unvollkommenheit zu Nichte.“ Das meinet er also. daß das Ganze, Vollkommene alles Stückwerk und Unvollkommene übertrifft, und alle Unvollkommene Nichts sind gegen das Vollkommene. also wird auch alle Erkenntniß des Stückweks, und der Unvollkommenheit zu Nichte, wenn das Vollkommene erkannt wird; da muß es auch geliebet werden, also daß andere Liebe, damit der Mensch sich selbst, und andere Dinge lieb gehabt, ganz zu Nichte wird. Und diese Erkenntniß erkennet auch das Beste und Edelste in allen Dingen, und hat es lieb in dem wahren Gute, oder in dem wahren Gott, und um keiner andern Ursache willen, denn weil es das wahre Gut ist. Siehe, wo diese Erkenntniß ist, da wird erkannt, daß Christi Leben das beste und edelste ist; und darum ist es auch das allerliebste und wird gerne geübet, und angenommen, und getragen, und nicht gefraget, oder geachtet, ob es der Natur, oder auch jemand wohl oder wehe thue, lieb oder leid sey. Auch soll man merken: in welchem Menschen dieß wahre Gut erkannt wird, da muß auch das Leben Christi seyn, und bleiben, bis in den leiblichen Tod; und wer anders wähnet, der ist betrogen, und wer anders spricht, der lügt; und in welchem Menschen das Leben Christi nicht ist, da wird auch das wahre Gut und die Wahrheit nicht erkannt.

Kap. 17. - Wie man zu dem wahren Lichte, und zu Christi Leben nicht kommen mag durch viel Fragen, Lesen, oder mit hoher natürlicher Kunst, oder Vernunft und Geschicklichkeit, sondern mit einem Verzichten und Verleugnen seines Selbst und aller Dinge.

Niemand gedenke, daß er zu dieser wahren Erkenntniß, oder zu Christi leben komme mit viel Fragen, oder vom Hörensagen, oder mit Lesen, Studiren, mit großen, hohen Künsten und Meisterschaften; oder mit hoher natürlicher Vernunft. Ich sage:je mehr der Mensch Etwas behält von seiner Liebe, Meinung, Begierde, Ehre, Ruhm, Kunst, Vornehmen, damit er umgehet, es sey, was es wolle, es sey der Mensch selber, oder etwas Anderes, das nicht Gott selbst ist, so kommt er hiezu nicht. Dieß bezeuget Christus selbst, denn er spricht: „wer mir folgen will, der nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir nach!“ Matth. 16,24. Luc. 9,23. „Und wer sich nicht selbst verleugnet, und verzichtet auf alles, was er hat, der ist mein nicht werth, und mag mein Jünger nicht seyn.“ Dieß meinet er also: wer nicht alle Dinge lässet und verlieret, der mag mich in Wahrheit nimmer erkennen, noch zu meinem Leben kommen. Und wäre dieß durch Menschenmund nie geredet, so redet es doch die Wahrheit in sich selbst, denn es ist in der Wahrheit also. Aber dieweil der Mensch das Stückwerk dieser Welt, und allermeist sich selber lieb hat, und damit umgehet, und Viel davon hält, so ist er, und wird also blind, daß er von keinem Guten weiß, denn das ihm zu ihm selbst, und zu dem Seinen das allernützeste, und bequemste, und lustigste ist: das hält er für das Beste, und ist ihm das Liebste.

Kap. 18. - Weil das Leben Christi aller Natur und eigener Liebe das allerbitterste ist, darum will es die Natur nicht an sich nehmen, und nimmt an sich das ruchlose, falsche, sichere Leben, wie es ihr das allerbequemste und lustigste ist.

Dieweil nun das Leben Christi aller Natur, Selbstheit und Ichheit das bitterste ist (d.i. aller eigenen Liebe, Lust und willen), denn zu dem wahren Leben Christi muß alle Selbstheit, Ichheit, (d.i. aller eigener Wille, und eigene Liebe und Natur) gelassen, und verloren werden, und sterben: darum grauet einer jeglichen Natur vor demselben Leben, und dünket sie böse und ungerecht, und eine Thorheit, und nimmt an sich ein Leben, das ihr bequemlich und lustig, und spricht, und meinet aus eigener Blindheit, es sey das allerbeste. Siehe nun ist kein Leben der Natur so bequem und lustig, als das freie, ruchlose, sichere Leben: darum hält sie sich an dasselbe, und braucht sich ihrer selbst, und ihrer Selbstheit, und ihres eigenen Friedens und Gemachs, und alles des Ihren selbst.

Und dieß geschieht allermeist, da hohe natürlich Vernunft ist, denn dieselbe steiget also hoch in ihrem eigenen Lichte, und in sich selber, daß sie selber wähnet, daß sie das ewige, wahre Licht sey, und giebt sich selbst dafür aus, und ist betrogen an sich selbst, und betrüget andere mit sich, die nichts Bessers wissen, und auch dazu geneigt sind.

Kap. 19. - Wie ein Freund Gottes von außen williglich vollbringet mit den Werken die Dinge, die da sollen und müssen seyn, d.i., die nöthig sind; und mit den übrigen bekümmert er sich nicht.

Nun möchte man fragen: wie steht es um den Menschen, der soviel, als möglich, diesem wahren Lichte etwa nachkommt, oder nach diesem wahren Lichte, soviel möglich, lebet? Ich sage: wahrlich es wird nimmer recht hierauf geantwortet. Warum? Denn der es nicht ist, der kann es nicht sagen, und der es ist, und weiß, der kann’s auch nicht sagen. Wer’s nun wissen will, der warte, bis er’s werde. Doch glaube ich, daß sein äusserlicher Wandel und Leben also stehe: nämlich, was seyn muß und soll, das möge wohl damit bestehen (verstehe mit dem Christenstand und Leben); aber was nicht muß und soll seyn, sondern ein lauter Wollenseyn ist, oder nur eine lautere Wollust ist, da der Mensch spricht: so will Ich es haben, das mag damit nicht bestehen. Aber der Mensch macht sich selber viel Muß, und Sollseyn, das doch falsch ist. Treibet den Menschen seine Hoffart, Bosheit, Untugend, zu thun, oder zu lassen, so spricht er: es muß und soll seyn; trreibet ihn der Leute Gunst und Freundschaft, oder seine Selbstlust irgend zu oder ab, so spricht er: es muß und soll seyn. Siehe dieß ist alles falsch. Hätte der Mensch kein ander Muß- und Sollseyn, denn dazu ihn Gott und die Wahrheit weiset, und treibet, er hätte etwa mehr zu schicken, und zu thun, denn sonst.

Kap. 20. - Wie der Geist Gottes etwa einen Menschen besitzet, und seiner mächtig ist, und auch etwa der böse Geist.

Man spricht: der Teufel und sein Geist habe etwa einen Menschen besessen, und behaftet, daß der Mensch nicht weiß, was er thut oder läßt, und er ist sein Selbst nicht mächtig, sondern der böse Geist ist seiner habhaft, thut und läßt im Menschen, mit ihm, durch ihn und aus ihm, was er will. Es ist wahr im rechten Verstande, daß alle Welt besessen und behaftet ist mit dem Teufel; das meinet man, mit Lügen und mit Falschheit, Bosheit, Untugend: das ist alles Teufel oder teufelisch. Und also ist es auch im Gegentheil; denn wer des Geistes Gottes voll wäre, daß er nicht wüßte, was er thäte und ließe, und sein Selbst nicht mächtig wäre, und der Wille und Geist Gottes wäre seiner gewaltig, und wirkete und thäte in ihm, und durch ihn, was und wie er wollte, der wäre der Menschen Einer, davon S. Paulus spricht Röm. 8,14.: „die der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder, und sind nicht unter dem Gesetze;“ und zu denen Christus sprach Matth. 10,20.: „ihr seid’s nicht, die da reden, sondern der Geist eures Vaters.“ Aber ich fürchte, hundert Tausende, ode runzählige sind mit dem Teufel besessen, da nicht Einer mit dem Geist Gottes besessen ist. Das kommt daher, daß die Menschen mehr Gleichheit haben mit dem Teufel, denn mit Gott: Ichheit, Selbstheit (Eigenwille und Eigenliebe) gehört alles dem Teufel zu, und deshalben ist er ein Teufel. Siehe, Ein Wort oder zwei begreiffen dieß alles, daß man sonst mit viel Worten ausreden muß, d.i., sey lauter und gänzlich ohne dich selbst, aber die vorigen vielen Worte haben’s baß erkläeret, bewährt und unterschieden. Nun spricht man: ich bin zu diesem allesammt nicht bereit, darum mag es in mir nicht geschehen, und also findet man eine Entschuldigung. So muß man antworten, daß der Mensch nicht bereitet ist, oder bereitet werde, das ist wahrlich seine Schuld; denn hätte der Mensch Anderes nicht zu warten, oder zu schicken, denn daß er der Bereitung wahrnehme in allen Dingen, und wie er bereitet würde: in der Wahrheit, Gott würde ihn wohl bereiten. Und Gott hat also großen Fleiß, Liebe und Ernst zu der Bereitung, als zu dem Eingießen dieser Güter in den Menschen, wenn er schon bereitet wäre. Doch sind etliche Mittel hiezu, wie man spricht: wer eine Kunst lernen will, die er nicht kann, da gehören vier Dinge dazu: das erste und nöthigste ist Lust, Liebe und Ernst zum Dinge; das andere getreue Unterweisung; das dritte guter und großer Fleiß, daß man dem Lehrer wohl zusehe, aufmerke, ihm glaube, gehorsam sey und folge; das vierte stete Uebung, daß mans selbst angreife. Wo dieser Stücke Eines mangelt, da wird keine Kunst nimmer gelernet, oder überkommen. Siehe, also ist’s auch in dieser Bereitung. Und wer das erste hat, d.i., Lust und Begierde, der suchet und findet alles, das dazu gehöret, dazu dienet und nütze ist; wer aber den Ernst, die Lust und Liebe nicht hat, der suchet nicht, so findet er auch nicht, bleibet unbereitet, und kommt nimmer zum Ende.

Kap. 21. - Wer Gott leiden soll, und ihm gehorsam seyn will, der muß alle Dinge leiden, d.i., Gott, sich selbst, und alle Creatur, und muß in Allem gehorsam seyn in leidender Weise, und etwa auch in thuender Weise.

Auch sagt man von etlichen Bereitungen hiezu, und spricht: man soll Gott leiden mit Gehorsam, gelassen und ihm unterthan seyn. Das ist wahr; denn wer zu demselben Ende käme, oder dasselbige erreichen möchte in diesem Leben, in demselbigen wäre dieß Alles in rechter Vollkommenheit. Wer aber Gott leiden soll und will, der muß und soll Alles leiden, d.i., Gott, und sich selbst, und alle Creaturen, Nichts ausgenommen; und wer Gott gehorsam, gelassen und unterthan seyn soll und will, der muß und soll allein gelassen, gehorsam und auch unterthan seyn in leidender Weise, und nicht in thuender Weise, und dieß allzumal in einem schweigenden Innenbleiben im Grunde seiner Seelen, und in einem heimlichen, verborgenen Leiden, alles zu tragen und zu leiden, und in allem diesem keinen Behelf, noch Entschuldigung, noch Widerrede, noch Rache zu üben, und zu begehren, sondern in allem Leidne in einem liebhabenden, demüthigen, wahren Erbarmen sprechen: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun.“ Luc. 25,34. Siehe, das wäre ein guter Weg zu dem besten, und Bereitung zu dem letzten Ende, das der Mensch in der Zeit überkommen mag: das ist das leibliche Leben Christi; denn in dem Leben Christi sind und werden behalten die vorigen Wege vollkömmlich und gänzlich bis an das Ende des leiblichen Lebens. Darum zu dem lieblichen Leben Jesu Christi ist kein anderer besserer Weg oder Bereitung, denn eben dasselbe Leben, das uns dazu bereitet und geschickt machet, und sich darin geübet, als soviel möglich ist, und was dazu gehöret, davon ist etwas vorher gesagt, und alles das, das hie und anderswo gesagt ist, das ist alles der Weg und Wegweisung zu dem wahren Ende. Aber was das Ende sey, da weiß niemand von zu sagen: wer’s aber gerne wüßte, der gehe durch den rechten Weg dazu, d.i., durch das Leben Christi.

Kap. 22. - Vier Dinge gehören dazu, daß der Mensch seelig werde, göttlicher Wahrheit und des heiligen Geistes theilhaftig werden.

Aber noch sind auch Wege zu dem Leben Christi, als vorhin gesagt ist. Denn da und wo Gott und Mensch vereiniget sind, also daß man in der Wahrheit spricht, und die Wahrheit daselbst bekennet, daß Eines ist wahrer vollkommener Gott und wahrer vollkommener Mensch, und doch der Mensch Gott so gar ergeben, daß Gott allda selbst ist der Mensch, und Gott ist auch daselbst, und wirket stets daselbst, thut und lässet ohne alles Ich, Mir und Mein (d.i., ohne alle eigenen Willen, Liebe und Eigenthum): siehe, da ist wahrhaftig Christus, und sonst nirgens. Dieweil nun hie wahrer, vollkommenes Fühlen und Empfinden, Wohl und Wehe, Liebe und Leid, und alles, das da empfunden und erfahren mag werden von innen und außen. Und weil denn Gott allda selber Mensch ist, oder derselbige Mensch ist, so ist er auch aller Dinge empfindlich und erkenntlich, Liebes und Leides, und desgleichen; und gleich als ein Mensch, der nicht Gott ist, befindet und erkennet alles das, das dem Menschen wohl und wehe thut, und besonders das, so ihm zuwider ist: also ist es auch, da Gott und Mensch Eins ist, und doch Gott der Mensch ist; da wird alles das gefühlet und empfunden, das Gott und Mensch zuwider ist. Und gleich als daselbst der Mensch zu Nichte wird, und Gott Alles ist: also geschiehet es auch mit dem, das dem Menschen zuwider ist, und sein Leiden ist, oder ihm leid thut, (d.i. sein Leiden wird gar zu Nichte gegen das, das Gott zuwider ist, und sein Leiden ist). Und dieß muß währen von Gott, alldieweil das leibliche und wesentliche Leben währet und ist. Auch soll man merken, daß das Eine, da Gott und Mensch vereiniget sind, ohne sich selbst und ohne Alles, und Alles ledig stehet und ist, das ist Gottes halben, und nicht des Menschen oder der Creatur halben; denn Gottes Eigen ist ohne dieß und das, und ohne Selbstheit und Ichheit, und dem es gleich stehe und sey; aber Creaturen und Naturen Eigen ist, daß sie sich selber, und das Ihre, und dieß und das hie und da suchet, und will in allem dem, das sie thut und läßt. Wenn nun die Creatur, oder der Mensch sein Eigen, und seine Selbstheit und sich verlieret, und aus sich ausgehet, da gehet Gott ein mit seinem Eigen, d.i. mit seiner Selbstheit.

Kap. 23. - Von zweien bösen Früchten, die da wachsen aus dem Saamen des bösen Geistes, und sind zwo Schwestern, die da gerne bei einander wohnen: die eine heisset geistliche Hoffart und Reichthum, die andere ungeordnete falsche Freiheit.

Man soll auch merken, so der Mensch alle die Wege gegangen hat, die ihn zur Wahrheit weisen, und sich darin geübet, und ist ihm sauer worden, so lange und viel, daß er meinet, es sey nun gar geschehen, und er sey gestorben, habe auf sich verzichtet, und sich Gott gelassen, so säet denn der Teufel seinen Saamen darein. Aus dem Saamen wachsen denn zwei Früchte: die eine ist geistlicher Reichthum oder geistliche Hoffart; die andere ist ungeordnete, falsche Freiheit: das sind zwei Schwestern, die gerne und stets bei einander sind. Siehe, dieß erhebt sich also: der Teufel bläset dem Menschen ein, daß er sich bedünken lässet, er sey auf das Höchste, und auf das Näheste kommen, und bedarf weder Schrift, oder Gesetz noch dieß, noch das hinfürs mehr, und sey auch ganz bedürflos geworden. Davon stehet in ihm eine Friede auf und große Lust, und folget dann daraus, daß man spricht: nun bin Ich über alle Menschen und weiß und verstehe mehr, denn alle Welt; und darum ist billig und recht, daß ich aller Creaturen Gott sey und mir alle Creaturen, und besonders alle Menschen dienen, auf mich warten, und mir unterthänig sind, und suchet und begehret dasselbe, und nimmt es gerne an von allen Creaturen, und besonders von den Menschen, und dünket sich deß alles wohl würdig zu seyn, und man sey es ihm schuldig, und hält alle Menschen als Esel oder Vieh; und auch alles, das seinem Leibe, seinem Fleische, und seiner Natur zu gut und zur Last, Kurzweil und Ergötzlichkeit geschehen mag, dessen dünket er sich alles würdig, und suchet und nimmt es an, was ihm werden mag, und dünket ihm alles zu wenig, was ihm werden mag; und er meinet, er sey dessen alles wohl würdig, und alle Menschen, die ihm dienen und unterthänig sind, ob sie auch Diebe und Mörder wären, hält er doch für edele, getreue Herren, und haben Liebe und Treue zur Wahrheit, und zu armen Menschen, und werden gelobet von ihnen, und dieselben suchet man, und folget ihnen nach, wo sie sind. Aber wer diesen hoffärtigen Menschen nicht thut oder wartet und unterthänig ist nach ihrem Willen, der ist auch ungelobet won ihnen, und auch leicht gescholten, und ungesucht, ob er noch so heilig wäre, als S. Peter.

Weil nun dieser reichen geistlichen Hoffart gedünket, sie bedürfe weder Schrift noch Lehre, und desgleichen, so werden da alle Ordnungen, Gesetze, und Gebote der heiligen Kirche und die Sakramente verachtet und vernichtet, und werden zum Spott, und auch alle Menschen, die mit solchen Ordnungen und Gesetzen umgehen, und davon halten. Hiebei merket man wohl, daß diese zwei Schwestern bei einander wohnen. Weil auch diese rechte Hoffart sich bedünken lässet, sie wisse und verstehe mehr, denn alle Menschen, so will sie auch mehr klaffen und reden, denn alle andere Menschen, und will, daß ihr Wort und ihre Rede soll allein geachtet und gehöret seyn, und alle andere Wort’ und Rede soll unrecht seyn, ein Spott und eine Thorheit.

Kap. 24. - Von Armuth des Geistes, und wahrer Demuth; und wobei man erkennen soll die gerechten, geordnete, wahren Freien, so die Wahrheit gefreiet hat.

Aber wo geistliche Armuth, und wahre geistliche Demuth ist, da ist es viel anders. Und dieß kommt daher, daß in der Wahrheit erfunden und erkannt wird, daß der Mensch von sich selber und von dem Seinen Nichts ist, noch vermag, oder hat, noch taugt, denn allein Gebrechen, Untugend und Bosheit. Daraus folget, daß der Mensch sich gar unwürdig findet alles deß, das ihm von Gott oder den Creaturen geschehen mag, und daß er schuldig ist Gott und allen Creaturen an Gottes Statt in leidender Weise oder auch etwa in thuender Weise. Und darum hat man in der Wahrheit nirgend zu (Etwas) Recht, und wird da gesprochen in einem demüthigen Gemüthe: es ist billig und recht, daß alle Creaturen wider mich sind, und Recht über mich und zu mir haben, und ich wieder niemand sey und zu Nichts Recht habe. Hieraus folget, daß der Mensch nichts bitten oder begehren darf und will, weder von Gott oder Creaturen, denn bloße Nothdurft, und dasselbe alles mit Furcht und von Gnaden, und nicht von Rechts wegen; lässet auch seinem Leibe und seiner Natur nicht mehr zu gut, oder zur Lust geschehen, denn Nothdurft; er lässet und gestattet auch nicht, daß ihm jemand helfe oder diene, denn in Nothdurft: und dasselbe alles mit Furcht, denn er zu keinem Recht hat, und dünkt sich deß alles unwürdig. Auch dünket diesem Menschen, daß alle seine Worte und Rede nichts sey, als Thorheit: darum redet er und spricht niemand an zu lehren, oder zu strafen, ihn treibe denn göttliche Liebe und Treue dazu, und dasselbe geschieht mit Furcht, und so wenig, als es immer geschehen kann. Auch wird in dieser geistlichen Armuth und Demuth verstanden und gefunden, daß alle Menschen ganz und gar an sich selbst hangen, und zu Untugend und Bosheit geneiget und gekehret sind: derentwegen Noth und nütze ist, daß Ordnung, Gebot, Weise und Gesetz sind, daß die Blindheit damit gelehret wrede, und die Bosheit gezwungen werde zur Ordnung; und wäre das nicht, die Menschen würden viel ärger, böser und unordentlicher, denn Hunde und anderes Vieh; und wird auch mancher Mensch durch diese Ordnung und Weise gezogen und gewendet zur Wahrheit, welches sonst nicht geschähe. Auch sind wenige Menschen zur Wahrheit gekommen, sie haben denn zuvor Ordnung und Weise angefangen, und sich darinnen geübet, dieweil sie nicht Anderes oder Besseres wußten. Siehe, um dieser Ursach willen sind Gesetze und Gebote, Ordnung und Weise in der demüthigen Geistlichkeit und in der geistlichen Armuth nicht verschmähet, noch verspottet, und auch die Menschen, so damit umgehen, und dieselben handhaben; sondern da wird gesprochen in einer liebhabenden Erbarmung und in einem klagenden Jammer und mit Leiden: Gott und Wahrheit, dir sey geklagt, und du klagest es selber, daß es menschliche Gebrechen, Blindheit und Bosheit machen, daß das noth ist, und seyn muß, das in der Wahrheit nicht noth ist, und sollte seyn; und da ist eine Begierde, daß die Menschen, die nicht Besseres und Anderes wissen, zu der Wahrheit zukommen, daß sie wissen und erkennen, warum alle Gesetze und Ordnung sind, und geschehen; und ein geistilch Armer greifet es an mit den anderen, die nicht Besseres und Anderes wissen, und übet es mit ihnen, auf daß man sie dadurch behalten, daß sie nicht zu bösen Dingen kehren, oder ob man sie möchte zu einem Näheren bringen. Siehe, alles, das bis daher geredet ist von Armuth und Demuth, das ist in der Wahrheit also, und man bewähret und bezeuget das mit dem Leben Christi, und mit seinen Worten; denn er hat alle Werke der wahren Demuth geübet, und vollbracht, als man in seinen Leben findet, wie er’s denn auch mit Worten bezeuget Matth. 11,29.: „lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig.“ Er hat auch die Gesetze des alten Testaments nicht versäumet, noch verschmähet, noch die Menschen im alten Testament. Er spricht wohl: es sey daran nicht genug; man soll weiter kommen, als es in der Wahrheit ist. Es ist auch geschrieben von S. Paulus Galat. 4,4.5.: „Christus ist unter das Gesetz gethan, auf daß er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete.“ Das meinet er also, daß er sie zu einem Näheren und Besseren bringen möchte. Er sprach auch Matth. 20,18.: „ich bin nicht gekommen, daß ich mir dienen lasse, sondern daß ich diene.“ Kürzlich: in Christi Worten, Werken und Leben findet man nichts, denn wahre, lautere Demuth, und Armuth, und alles, was zuvor gesagt; und wo Gott der Mensch, und wo Christus ist, da muß und soll nothwendig dasselbe seyn, und wo die Hochmüthigkeit ist, und die geistliche Reichheit, und das leichte, freie Gemüth, da ist nicht Christus, noch seine wahren Nachfolger. Christus sagt Matth. 26,38.: „meine Seele ist betrübet bis in den Tod:“ er redet vom leiblichen Tode, das war von dem, daß er von Maria geboren ward, bis in den leiblichen Tod. Und wovon dasselbe war, das ist zuvor angezeigt. Christus spricht: „seelig sind die geistlich arm sind (das sind die wahren Demüthigen), denn das Reich Gottes ist ihr“ Matth. 5,3. Also spricht auch die Wahrheit, allein es ist nicht geschrieben: „unseelig und vermaledeyet sind die Geistreichen und Hochmüthigen, denn des Teufels Reich ist ihr“.

Siehe, also findet man’s in der Wahrheit, wo Gott der Mensch ist. Aber wo Christus und seine wahren Nachfolger sind, da muß Noth halber wahre, gründliche und geistliche Demuth und geistliche Armuth seyn, und ein niedergedrücktes, beständig innen bleibendes Gemüth; und dieß soll inwendig voll heimliches, verborgenes Jammers und Leidens seyn bis in den leiblichen Tod; und wer anders wähnet, der ist betrogen, und betrüget andere mit sich, wie zuvor gesagt ist. Und darum gehet alle natur und Selbstheit von diesem Leben hinweg, wie zuvor gemeldet. Siehe, nun kommt aber ein Adam, oder ein Teufel, und will sich behelfen oder entschuldigen, und spricht: man sagt fast, Christus war ohne sich selbst und dergleichen. Nun sagt er doch oft von sich selber, und rühmete sich dieß und das und dergleichen. Antwort: wo Wahrheit wirken und wollen soll und will, so ist ihr Wollen, ihre Begierde und Werke um keiner anderen Ursach willen, denn daß Wahrheit erkannt und offenbar werde; und dieß war in Christo, und dazu gehören seine Worte und Werke; und was dazu das Nützeste und Beste war, und was dergleichen geschah, deß stand er alles ledig, und alles Anderen, so da geschah. Nun sprichst du: so war doch Warum in Christo? (d.i., eine Ursach, warum er das alles that.) Antwort: der die Sonne fragte: warum scheinest du? dem würde sie antworten: ich muß scheinen, und vermag Anderes nicht, denn es ist meine Eigenschaft, und gehöret mir zu, und derselben Eigenschaft und des Scheins stehe ich ledig. also ist es auch um Gott und Christum; und alles, das göttlich ist und Christo zugehöret, das will und wirket und begehret Anderes nicht, denn als Gut, und darum, daß es Gut ist, und da ist anders kein Warum oder Ursache.

Kap. 25. - Wie das zu verstehen sey, das Christus spricht: „man solle alle Dinge lassen und verlieren;“ und woran die wahre Vereinigung mit dem göttlichen Willen gelegen sey.

Wenn Christus spricht: „man soll alle Dinge verlassen und verlieren,“ das soll man nicht also verstehen, daß der Mensch nichts zu thun oder unter Händen haben soll. Denn der Mensch muß ja etwas zu thun und zu schicken haben, weil er lebet. Aber man soll’s also verstehen, daß alles Vermögen des Menschen, Thun, Lassen, Müssen, und auch aller Creaturen nicht das ist, woran die Vereinigung liegt. Was ist nun die Einigung? Nichts Anderes, denn daß man lauter, einfältiglich und gänzlich in der Wahrheit einfältig sey mit dem einfältigen, ewigen Willen Gottes, oder auch ganz und gar ohne Willen sey, oder der geschaffene Wille geflossen sey in den ewigen Willen, und darin verschmelzet sey, und zu Nichte worden, also daß der ewige Wille allein daselbst wolle, thue und lasse. Nun merke, was dem Menschen hiezu dienen oder helfen mag. Siehe, das mag weder Wort noch Werk, oder Weise, auch keiner Creatur, noch aller Creaturen Werke, wissen, vermögen, thun oder lassen. Siehe, also soll man alles verlieren oder lassen: d.i., daß man nicht wähnen oder gedenken soll, daß ein einig Werk, Wort, Weise, Kunst, Geschicklichkeit, und kürzlich alles, das geschaffen ist, hiezu weder helfen, oder dienen könne, sondern man muß dieß alles lassen, was es auch ist, und gehen in die Einigung. Doch müssen die Dinge seyn, und man muß thun oder lassen, und besonders der Mensch muß schlafen und wachen, gehen und stehen, reden und schweigen, und anderes mehr, das auch sein muß, dieweil der Mensch lebet.

Kap. 26. - Wie nach der Vereinigung mit dem göttlichen Willen der innere Mensch unbeweglich stehet, und der äussere Mensch hin und her beweget wird.

Auch soll man merken: in der Wahrheit, wo die Einigung geschiehet und wesentlich wird, da stehet hinfort mehr der innere Mensch in der Einigung unbeweglich, und Gott lässet den äusseren Menschen hin und her beweget werden in dem und zu dem, das da muß oder soll seyn, oder geschehen soll, also daß der äussere Mensch spricht, und es in der Wahrheit also ist: ich will weder seyn, noch nicht seyn, leben oder sterben, wissen oder nicht wissen, thun oder lassen, und alles, das diesem gleich ist; sondern alles, das da muß und soll seyn, und geschehen, dazu bin ich gehorsam, es sey in leidender Weise oder in thuender Weise; und hat der äussere Mensch kein Warum oder Gesuch (d.i., keine andere Ursach zu thun und etwas zu suchen), denn allein dem ewigen Willen genug zu seyn. Denn das wird erkannt in der Wahrheit, daß der innere Mensch stehen soll unbeweglich, und der äussere Mensch muß und soll beweget werden. Und so der innere Mensch in des äusseren Beweglichkeit ein Warum hat (d.i., Ursache, etwas zu thun), so ist dasselbe Anderes nicht, denn ein Muß- und Sollseyn, geordnet von dem ewigen Willen. Und wo Gott selber der Mensch wäre oder ist, da ist ihm also: das merket man in Christo. Auch wo dieß in göttlichem und aus göttlichem Lichte, da ist nicht geistliche Hoffart, noch unachtsame Freiheit, oder auch ein freies Gemüthe, sondern gründliche Demüthigkeit, und ein niedergeschlagenes, in sich gesenktes, betrübtes Gemüthe; auch alle Ordnung, Frömmigkeit, Gleichheit, Billigkeit, Redlichkeit und Wahrheit, und was alles Tugenden zugehört, das muß da seyn, und Friede und Genüge seinethalben. Wo es anders ist, da ist ihm nicht recht, wie anderswo weitläufiger geredet ist. Wie auch gänzlich dieß und das zu dieser Einigung nicht helfen oder dienen kann, also ist auch nichts, das dieselbe hindern, oder irren mag, denn allein der Mensch selber mit seinem eigenen Willen.

Kap. 27. - Wie der Mensch vor seinem Tode dazu nicht kommen mag, daß er von aussen unleidentlich und unbeweglich werde.

Es ist gesaget und gehöret: der Mensch möge und soll werden in der Zeit unleidentlich in aller Weise, wie Christus war nach seiner Auferstehung; und das wollte man beweisen und bewähren damit, daß Christus sprach: „ich will vor euch hingehen in Galiläam, da sollt ihr mich sehen“; und auch da er sprach: „ein Geist hat weder Fleisch noch Beine, wie ihr sehet, daß ich habe“. Das will man also glossiren: wie ihr mich gesehen habt, und meine Nachfolger seyd, mit einem tödtlichen Leibe und Leben; also sollt ihr mich auch sehen, und ich soll euch vorgehen, und ihr mir nachfolgen nach Galiläam, d.i., in einer Unleidentlichkeit, und in einer Unbeweglichkeit, und in einer Unbeweglichkeit befinden und schmecken, und darin leben und bleiben, ehe denn ihr den leiblichen Tod durchgehet und erleidet; und als ihr mich sehet Fleisch und Bein haben, und ich doch unleidentlich bin: also sollet ihr auch vor dem leiblichen Tode in eurer Leiblichkeit und in eurer tödlichen Menschheit unleidentlich werden. Darauf antwortet man erstlich, daß Christus nicht gemeinet hat, daß der Mensch hiezu kommen mag oder soll, er habe denn zuvor alles das durchgangen und gelitten, das Christus durchgangen und gelitten hat. Nun war Christus hiezu nicht gekommen, ehe denn er den leiblichen Tod durchgangen und gelitten hat, und Anderes, was sonst dazu gehöret. Also mag oder soll kein Mensch dazu kommen, so lange er tödtlich und leidentlich ist. Denn wenn dieß das Edelste und Beste wäre, und wäre es möglich zu geschehen, und sollte es seyn, daß man in der Zeit dazu käme, es wäre in Christo auch geschehen, wie vor angezeigt; denn Christi Leben war und ist das edelste und das beste, und vor Gott das würdigste und liebste Leben, das je gewesen oder werden mag.

Dieweil es nun in Christo nicht geschehen sollte oder möchte, so soll es auch in keinem Menschen nimmer geschehen, also daß es in der Wahrheit das beste und edelste sey; man mag es wohl meinen und sagen, aber es ist nicht also.

Kap. 28. - Wie man kommen mag über alle Gesetze, Weise, Ordnung, Gebet und dergleichen: oder wie dem Gerechten kein Gesetz gegeben.

Man spricht auch: man solle und möge kommen über alle Tugend, über alle Weise, Ordnung, Gebot und Gesetze, also daß man dieß alles hinlegen soll, von sich schieben und vernichten. Hierin ist etwas Wahres und etwas Unwahres. Das soll man also merken und verstehen: siehe, Christus war über Christi Leben, und über alle Tugend, Weise, Ordnung, Gesetze, und was deß ist, und der Teufel ist auch darüber, aber mit Unterschied. Denn Christus war und ist über dieß alles, aber dem dem Verstande: aller derer Worte, Werke, Weise, Thun und Lassen, Schweigen und Reden, Leiden und alles, das in Christo je geschah, war ihm nicht Noth, oder bedurfte dessen nicht, und war ihm kein Nutz für ihn selbst: also ist’s auch um alle Tugend, Ordnung und Gesetz und dergleichen. Denn was hiemit zu überkommen ist, und wäre, das ist in Christo alles zuvor und ist allbereit da. Und in diesem Verstande ist dasselbe wahr, wie auch in diesem Verstande S. Pauli Wort auch wahr ist, und auf diese Weise zu verstehen, da er spricht Röm. 8,14.: „welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder, und sind nicht unter dem Gesetze.“ Welcher Worte Meinung ist diese: daß man sie nicht lehren darf, was sie thun oder lassen sollen, denn ihr Meister, der Geist Gottes, wird sie wohl lehren. Auch darf man ihnen nicht gebieten oder heißen, Gutes zu thun, oder das Böse zu lassen und dergleichen; denn derselbige, der sie lehret, was Gut oder Böse sey, oder das Beste oder Aergste, derselbe gebeut ihnen auch, und heißet sie bleiben bei dem Besten, und das Andere lassen; und dem sind sie gehorsam. Siehe, in diesem Verstande bedürfen sie keines Gesetzes oder Gebots. Auch im anderen Verstande bedürfen sie keines Gesetzes oder Gebots, daß sie sich selbst damit nichts verdienen, oder gewinnen, oder überkommen, oder (jene) ihnen selbst wozu nütze seyen. Denn was man mit diesen, oder auch mit aller Creaturen Hülfe, Reden, Worten, Werken überkommen oder zuwege bringen mag, zum ewigen Wege, oder zum ewigen Leben zu kommen, das habben sie alles bereits. Siehe, in diesem Verstande ist es wahr, daß man über alle Gesetze und Tugend kommen mag, und auch über aller Creaturen Werke, Wissen und Vermögen. Aber das Andere, daß man spricht: man solle beide, Christi Leben, und alle Gebote, Gesetze, Weise, Ordnung und dergleichen hinlegen, von sich schieben, verachten, verschmähen, verspotten, das ist falsch und erlogen.

Kap. 29. - Wie man Christi Leben nicht soll hintan setzen, sondern sich darin üben, und damit umgehen bis in den Tod.

Siehe, nun möchte man sagen: weil denn nun Christus und andere Menschen mit Christi Leben, oder mit allen Weisen, Ordnungen und dergleichen Nichts überkommen, oder Nutz schaffen mögen, dieweil dasselbe, so damit zu überkommen ist, sie allbereits haben: was soll ihnen denn dasselbe forthin, warum lassen sie es nicht unterwegen; was ist’s nütze, daß sie damit umgehen, dasselbe handeln, und hinfort treiben? Darauf ist zu merken: es ist zweierlei Licht: ein wahres Licht und ein falsches Licht. Das wahre Licht ist das ewige Licht, das Gott ist, oder es ist ein geschaffenes Licht, und ist doch götltich, und das heisset man Gnade, und dieß ist alles das wahre Licht. Das andere Licht ist falsch, nämlich der Natur, oder das natürliche Licht. Warum aber ist das erste Licht wahr, und das andere falsch? Das kann man besser denken, denn schreiben, oder ausreden. Gott als Gottheit gehöret nicht zu weder Wille noch Wissen, oder Offenbaren, weder dieß noch das, das man nennen, reden oder denken mag; aber Gott als Gott gehöret zu, daß er sich selbst eröffne, bekenne und liebe, und sich selbst ihm selber offenbare in sich selber, und dieß noch alles in Gott, und noch alles als ein Wesen, und nicht als ein Wirken, dieweil es ohne Creatur ist. Und in dieser Offenbarung wird der persönliche Unterschied (oder der Unterschied der Personen). Aber da Gott als Gott Mensch ist, oder da Gott lebet in einem göttlichen, oder vergotteten menschen, gehöret Gott Etwas zu, das sein Eigen ist, und ihm allein zugehöret, und nicht den Creaturen, und ist in sich selber ohne Creatur, ursprügnlich und wesentlich, aber nicht förmlich oder wirklich, und Gott will dasselbe geübet haben; denn es ist darum da, daß es geübet und gewirket werden soll. Und was sollte es anders; sollte es müssig seyn, was wäre es denn nütze? Denn was nirgend zu (Etwas) nütze ist, das ist umsonst und vergeblich; und das will Gott oder die Natur nicht. Weil nun Gott dasselbe geübet und gewirket haben will, und das mag ohne Creatur nicht geschehen, so muß und soll es also seyn. Ja sollte weder dieß noch das seyn, oder wäre weder dieß noch das, oder wäre kein Werk, oder Wirkung und dergleichen: was wäre oder sollte auch Gott selber; oder was wäre er? Man muß hie umkehren, bleiben, und still stehen, sonst möchte man so ferne und weit kommen und kriechen, daß man nicht wüßte, wo man wäre, oder wieder auskriechen sollte.

Kap. 30. - Wie Gott ein wahres, einfältiges, vollkommenes Gut ist; und wie er ein Licht ist, und ein Verständniß und alle Tugend ist; und wie man dasselbige allerhöchste und beste Gut am allerliebsten haben soll.

Nun soll man ferner merken: Gott als er Gut ist, so ist er Gut als Gut, und ist weder dieß Gut noch das Gut. Hie merke aber etwas: siehe, was Etwas ist hie oder da, das ist nicht an allen Ende, und über alle Ende und Oerter, und was Etwas ist heute oder morgen, das ich nicht allwege, allezeit und über alle Zeit; und was Etwas ist, dieß oder das, das ist nicht Alles, und über Alles. Siehe, wäre nun Gott Etwas, dieß oder das, so wäre er nicht Alles und über Alles, als er denn ist, und so wäre er nicht die wahre Vollkommenheit. Und darum ist Gott, und ist doch weder dieß noch das, das Creaturen als Creaturen erkennen, nennen, denken oder reden mögen. Und darum wäre Gott, als er Gut, und über Alles Gut: und so wäre er doch nicht das einfältige, vollkommene Gut, das er doch ist. Siehe, nun ist Gott auch ein Licht und Erkenntniß; darum so gehöret ihm Licht und Erkenntniß zu, und ist seine Eigenschaft, daß er leuchte, und erleuchte, scheine und erkenne. Und darum, daß Gott Licht und Erkenntniß ist, so muß er leuchten und erleuchten, und erkennen, und alles dieß Erleuchten in Gott ist ohne Creaturen. Denn es ist nicht da, als ein Werk, sondern als ein Wesen oder Ursprung. Soll es aber geschehen als ein Werk in wirkender Weise, das muß in Creaturen geschehen. Siehe, wo nun das Licht und Erkenntniß in einer Creatur wirket, da erkennet Es und lehret Es, was Es ist, und also ist Es Gut: und darum so ist Es weder dieß noch das; so erkennet und lehret Es auch weder dieß noch das, sondern erkennet und lehret erkennen das Eine wahre, einfältige, vollkommene Gut, das weder dieß oder das ist, sondern Es ist alles Gut, und über alles Gut. Nun ist hie gesagt: das Einige Gut lehre. Was lehret es aber von sich? Dieß soll man wohl merken: siehe, als Gott Ein Gut, Erkenntniß und Licht ist, also ist er auch Ein Wille, und Liebe, und Gerechtigkeit, und Wahrheit, und ist alle Tugend, und ist doch Alles Ein Wesen in Gott: und es mag keines nimmer gewirket oder geübet werden ohne Creatur. Ursach: es ist in Gott ohne Creatur nichts Anderes, denn ein Wesen und ein Ursprung, und nicht ein Werk; aber da, wo dieß Eine, das noch Alles ist, eine Creatur an sich nimmt, und ihrer gewaltig ist, und sich hiezu wohl füget und tauglichmacht, daß Es sich seines Eigenen da erkennen oder brauchen mag. Siehe, als er denn Ein Wille und Eine Liebe ist, so wird er gelehret von sich selber, in dem als er Ein Licht und Erkenntniß ist. Es soll auch Nichts wollen, denn das Eine, das da ist. Siehe, da wird denn hinfort nichts Anderes gewollt, oder gemeinet, denn Gut als Gut, und um keiner anderen Ursache willen, denn darum, daß es Gut ist; und nicht darum, daß es dieß oder das sey, diesem oder dem lieb oder leid, wohl oder wehe, süsse oder sauer sey, und desgleichen. Denn darnach wird nicht gefraget, oder darum sich bemühet, und auch nicht um sich selber, oder als sich selber; denn da ist alle Selbstheit, Ichheit, und Ich und Mir und desgleichen gelassen und gefallen; da wird nicht gesagt: Ich habe Mich lieb, oder Dich, oder dieß oder das, und dergleichen. Und spräche man zu der Liebe: was hast du lieb? sie spräche: Ich habe Gut lieb. Warum? Sie spräche: darum, daß es Gut ist. Und darum, daß es Gut ist, so ist es gut und recht, und wohlgethan, daß es recht gemeinet, und lieb gehabt werde. Und wäre Ichtes (Etwas) besser, denn Gott, so müßte es lieb gehabt werden vor Gott. Und darum hat sich Gott selbst nicht lieb als sich selber, sondern als Gut. Und wäre und wüßte Gott Etwas Besseres denn Gott, das hätte er lieb und nicht sich selber. Also gar ist Ichheit und Selbstheit (d.i. Eigenliebe und Eigenwille) von Gott geschieden, und gehört ihm Nichts zu, sondern als viel sein noth ist zu der Persönlichkeit, oder zum Unterschied der Personen. Siehe, dieß soll seyn, und ist in Wahrheit in einem göttlichen, oder in einem wahren vergotteten Menschen, denn sonst wäre er nicht göttlich oder vergottet.

Kap. 31. - Wie in einem vergotteten Menschen die Liebe lauter und unvermischt ist; und wie dieselbe Liebe alle Creaturen lieben, und wohlthun, ja das Allerbeste thun will; und in Summa: ein vergotteter Mensch muß und kann nichts Anderes, denn lieben.

Daraus folget, daß in einem vergotteten Menschen die Liebe lauter, rein und unverfälschet sey, und daß er gegen alle, und gegen alle Dinge gutwillig sey; und darum muß von ihm nothwendig Alles und alle Dinge geliebet werden, und er muß allen Menschen und allen Dingen wohl wollen, günstig seyn und wohlthun ohne allen Unterschied. Ja, man thue einem vergotteten Menschen, was man will, wohl oder wehe, Lieb’, oder Leid, dieß oder das; ja, der einen vergotteten Menschen hundert Mal tödtete, und er würde so oft wieder lebendig, er müßte den Menschen lieb haben, der ihn also getödtet hätte, und ihm aso viel Unrechts, Uebels und Böses gethan; so müßte er ihm doch wohl wollen, gönnen und begehren, und auch demselben das Allerbeste thun, wenn er’s nur annehmen und empfangen wollte. Siehe, das mag man merken, bewähren und beweisen mit Christo, da er sprach zu Juda, der ihn verrieth: „mein Freund, warum bist du kommen?“ Als wollt’ er sprechen: du hassest mich und bist mein Feind; so habe ich dich lieb, und bin dein Freund; und du begehrest, und gönnest und thust mir das allerbeste, das du kannst oder magst; so will und begehr’ ich, und gönne dir das Allerbeste, und gäbe und thäte es dir gerne, möchtest du es nehmen und empfahen. Gleich als spräche Gott aus der Menschheit: ich bin ein lauter, einfältig Gut: also mag ich auch nicht wollen, begehren, gönnen, thun, oder geben, denn Gut; soll ich dir wegen deines Uebels und Bosheit lohnen, das muß ich mit Gutem thun, denn ich bin und habe sonst nichts Anderes. Daraus folget, daß Gott in einem vergotteten Menschen keine Rache begehret, oder will, oder thut, wegen des Uebels, das man ihm thun mag, oder immer geschehen mag,oder ihm immer geschehen kann. Das merket man aber bei Christo, da er sprach: „Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun!“ Auch ist Gottes Eigenschaft, daß er niemand zwinget mit Gewalt, zu thun oder zu lassen, sondern er lässet einen jeglichen Menschen thun oder lassen nach seinem Willen, es sey Gut oder Böse, und will niemand widerstehen. Das merket man aber in Christo, der wollte seinen Uebelthätern nicht widerstehen, noch wehren; und da ihm S. Petrus wehren wollte, sprach er: „Petre, stecke dein Schwert ein!“ Denn mit Gewalt widerstehen, wehren und zwingen, gehöret weder Mir zu, noch dem Meinen. Auch mag ein vergotteter Mensch niemand beschweren, oder betrüben. Das vernehmet also: es kommt ihm nimmer in seinen Willen, oder Begierde, oder Sinn, zu thun, zu lassen, zu reden, oder zu schweigen, das einem Menschen zu Leid, oder zu Betrübniß gereiche.

Kap. 32. - Soll der Mensch zu dem Besten kommen, so muß er seinen Eigenwillen lassen; und wer dem Menschen hilft zu seinem Eigenwillen, der hilft ihm zu dem Allerbösesten; Summe: des Menschen Wille ist böse, darum muß er gelassen werden.

Nun möchte man sagen: weil die Liebe und Gott einem jeglichen das Beste will, begehrt und thut, so sollte er auch einem jeglichen helfen, und thun, daß ihm alle sein Wille fortginge, als dem Einen zum Papstthum, dem Andern zum Bisthum, und dergleichen. Antwort: wer dem Menschen zu seinem eigenen Willen hilft, der hilft ihm zu dem Allerbösesten. Ursach: jemehr der Mensch folget und zunimmt in seinem eigenen Willen, je ferner er von Gott und dem wahren Gute ist. Nun wollte Gott dem Menschen gerne helfen, und bringen zu dem, das an sich selber das Beste ist, und das auch dem Menschen unter allen Dingen das Beste ist: soll aber das geschehen, so muß aller eigener Wille abgehen, als vorher gesgt; und dazu hilft Gott dem Menschen gerne. Denn so lange der Mensch sein Bestes sucht, so suchet er nicht sein Bestes, und findet’s auch nimmer. Denn des Menschen Bbestes wäre und ist, daß er weder sich, noch das Seine suchte und meinte. das redet und lehret Gott. Und wer da will, daß ihm Gott helfe zu dem Besten, und zu seinem eigenen Besten, der folge Gottes Rede, und seiner Lehre und Gebot: so wird und ihm ihm geholfen, und anders nicht.

Nun lehret und redet Gott: der Mensch soll sich selber, und alle Dinge hassen, und ihm nachfolgen. Denn wer seine Seele, d.i., sich selbst lieb hat, und behalten und erhalten will, d.i., wer sich und das Seine in diesen zeitlichen Dingen suchet, der wird die Seele verlieren; aber wer seiner Seelen unachtsam ist, sich selber und alles das Seine verlieret, der wird die Seele behüten und erhalten ins ewige Leben. Matth. 10,37. Marc. 8,35. Luc. 9,24.

Kap. 33. - Wie in einem vergotteten Menschen wahre, gründliche, wesentliche Demuth sey, und geistliche Armuth.

Auch gehöret Gott zu in einem vergotteten Menschen wahre, gründliche, wesentliche Demüthigkeit, und wo die nicht ist, da ist nicht ein vergotteter Mensch. Und das hat Christus gelehret mit Worten, Werken und mit seinem Leiben. Und das kommt daher, wenn da wird in dem wahren Lichte erkannt (wie es denn in der Wahrheit ist), daß Wesen, Leben, Erkennen, Wissen und Vermögen und was deß ist, alles allein des wahren Gottes ist, und nicht der Creaturen, sondern Creatur als Creatur ist oder hat von sich selber Nichts; und so bald sie sich von dem wahren Gute kehret mit ihrem Willen und Werken, und was desgleichen ist, so findet man dda nichts, denn lauter Bösheit. Und darvon ist es auch in der Wahrheit wahr, daß Creatur als Creatur von sich selbst Nichts würdig ist, oder zu Nichts Recht hat, und ihr niemand schuldig ist, weder Gott noch Creatur, und daß sie von Rechts wegen Gott soll gehorsam seyn und unterthan, und das ist das Größeste und das Allermerklichste. Was nun Gott gelassen und unterthan soll und will seyn, das muß und soll allen Creaturen unterthan seyn; und kürzlich: dasselbe nicht in thuender, sondern in leidender Weise, oder es ist falsch. Und von dieser letzten Sach und Artikel kommt wahre Demüthigkeit, und auch von anderen Artikeln. Und sollte es in der Wahrheit nicht seyn, und wäre es nicht von wahrer göttlicher Gerechtigkeit das Beste, Christus hätte es nicht mit Worten gelehret, und mit dem Leben vollbracht. Und allda wird und entspringet eine wahre Erkenntniß, und es ist in der Wahrheit also. Nämlich die Creatur soll von göttlicher Wahrheit, und Gerechtigkeit wegen Gott und allen Creaturen unterthan seyn, und ihr soll Nichts unterthan oder gelassen seyn; und Gott und alle Creaturen haben Recht über sie, und zu ihr, und sie nirgend zu (Etwas) oder über Nichts; und sie ist allen schuldig, und ihr niemand, und dieß alles in leidender Weise, und auch etwa in thuender Weise. Und davon kommt denn auch geistliche Armuth, von welcher Christus sprach: „seelig sind, die geistlich arm sind, denn das Reich Gottes ist ihr.“ Dies alles hat Christus mit Worten gelehret und mit dem Leben vollbracht.

Kap. 34. - Wie sonst nichts wider Gott sey, denn Sünde, und was Sünde sey.

Hie soll man aber etwas wohl merken. Man spricht: es sey oder geschehe Etwas wider Gott, und sey Etwas Gott leid, und verdrieße ihn. Darauf soll man wissen, daß seine Creatur wider gott ist, oder ihm leid, oder ihm verdrießlich ist, in dem daß sie ist, oder lebet, weiß, oder vermag, und was deß ist, das ist alles nicht wider Gott. Daß der Teufel, oder Mensch ist, lebet und desgleichen, das ist alles Gut und Gottes; denn Gott ist dieß allzumal wesentlich und ursprünglich. Denn Gott ist aller Wesen Wesen und aller Lebendigen Leben, und aller Weisen Weisheit; denn alle Dinge haben ihr Wesen wahrhaftiger in Gott, denn in sich selbst, und auch ihr Vermögen, Leben, und was deß ist: Gott wäre anders nicht alles Gut, und darum ist Alles allzumal gänzlich Gut. Was nun Gut ist, das ist Gott lieb, und er will es haben; darum ist es nicht wider ihn. Was ist denn wider gott, und ihm leid? Das ist allein die Sünde. Was ist aber Sünde? Nichts Anderes, denn daß die Creatur Anderes will, denn Gott, und wider Gott, oder wider gott will. Das merke ein jeglicher bei sich selber. Denn wer anders will, denn ich, oder wider mich will, der ist mein Feind; und wer will, als ich, der ist mein Freund; und ist mir lieb. Also ist es auch um Gott. Siehe, das ist Sünde, und ist wider Gott, und ist ihm leid, und ein Betrübniß. Und wer nun Anderes will, denn ich, oder will wider mich: was derselbe thut, oder lässet, redet oder schweiget, das ist alles wider mich, und ist mir schwer. Also ist’s auch um Gott. Wer Anderes, denn Gott, oder wider Gott will, was derselbe redet, thut, oder läßt, und alles, das er zu schicken hat, das ist alles wider Gott und Sünde; und welcher Wille anders will, denn Gott, der ist auch wider Gottes Willen. Denn Christus spricht Matth. 12,30. Luc. 22,25.: „wer nicht mit mir ist, der ist wider mich.“ Das meinet er also: wer nicht mit mir will, und nicht Eines Willens mit mir ist, der will wider mich. Hiebei mag ein Mensch merken, ob er ohne Sünde sey, ob er Sünde thue oder nicht, und was Sünde sey, und wie oder womit man Sünde bessern mag, oder bessern soll. Und diese Widerwilligkeit wider Gott heißet man und ist Ungehorsam, Adam, Ichheit, Selbstheit, Eigenwilligkeit, Sünde, oder der alte Mensch, und Abkehren und Abscheiden von Gott: das ist alles Eins.

Kap. 35. - Wie in Gott, als er Gott ist, nicht kommen mag Betrübniß, Leid, Mißfallen, und desgleichen: es ist aber in einem vergotteten Menschen.

Nun soll man merken: Gott als er Gott ist, so mag weder Leid oder Betrübniß, oder Mißfallen in ihn kommen, und wird doch Gott betrübet um des Menschen Sünde. Und dieweil dieß nicht geschehen mag in Gott, ohne Creatur, so muß es geschehen, da Gott Mensch ist, d.i., in einem vergotteten Menschen. Siehe, da ist die Sünde Gott also leid, und verdreust ihn also sehr, daß Gott allda selber gerne wollte gemartert wreden, und leiblich sterben, auf daß er Eines Menschen Sünde damit vertilgen möchte. Und so jemand zu ihm spräche: ob er lieber leben wollte, daß die Sünde bliebe, oder sterben, und die Sünde mit seinem Tode vertilgen? würde er antworten: er wollte lieber sterben. Denn Gott ist Eines Menschen Sünde leider, und thut ihm weher, denn seine eigene Marter und Tod. Thut ihm nun Eines einigen Menschen Sünde so wehe: wie thut ihm denn Aller Menschen Sünde? Siehe, hiebei soll man merken, wie der Mensch Gott betrübet mit seinen Sünden. Und wo Gott Mensch ist, oder in einem vergotteten Menschen, da wird Anderes nicht geklaget, denn Sünde, oder ist kein anderes Ding, das Leid oder Schmerzen machet. Denn Alles, das da ist, oder geschieht ohne Sünde, das will Gott haben und seyn. Aber die Klage und der Jammer wegen der Sünde, der soll und muß bleiben bis in den leiblichen Tod in einem vergotteten menschen, und sollte der Mensch leben bis an den jüngsten Tag, oder ewiglich.

Daher kam, entstand und war Christi heimliches Leiden, davon niemand sagt oder weiß, denn allein Christus; und darum heißt es und ist heimlich. Es ist auch eine Eigenschaft Gottes, die er haben will, und ihm wohlgefället in einem Menschen, und ist wohl Gottes Eigenschaft; denn es gehöret Menschen nicht zu, und er vermag es nicht. Und wo Gott dieß bekommen kann, das ist ihm das Liebste und Würdigste; denn es ist dem Menschen das Bitterste und Schwerste. Alles, das hie geschrieben ist von Gottes Eigenschaft, die er doch haben will in Menschen, in denen sie geübet und gewirket werden soll, dasselbige lehret das wahre Licht, und lehret dazu, daß sich der Mensch, in dem sie gewirket und geübet wird, derselben so wenig annimmt, als ob er nicht wäre: denn da wird soviel erkannt, daß es der Mensch nicht vermag, und ihm nicht zugehöret.

Kap. 36. - Wie man das Leben Christi an sich nehmen soll aus Liebe, und nicht um Lohns willen, und soll es nimmer hinlegen, oder hintansetzen.

Siehe, wo ein solcher vergotteter Mensch wäre, oder ist, da wäre und ist das allerbeste und edelste Leben, und Gott das würdigste, das je ward, oder immer werden mag. Und von wegen der ewigen Liebe (die da liebet Gott als Gut, und um Gut, und das Beste und Edelste in allen Dingen liebet um Gut) wird das wahre, edle Leben so sehr geliebet, daß es nimmermehr gelassen wird, oder hintangesetzt wird, wo es in einem Menschen ist, sollte der Mensch leben bis an den jüngsten Tag; und es ist unmöglich zu lassen, und sollte der Mensch tausend Tode sterben, und alles das Leiden auf ihn fallen, das auf alle Creaturen fallen mag: das wollte man alles lieber leiden, denn daß man das edle Leben lassen sollte, und ob man gleich eines Engels Leben dafür haben möchte. Siehe, nun ist geantwortet auf die Frage: weil der Mensch mit Christi Leben nicht mehr überkommen möchte, ode rkeinen Nutz damit schaffen möchte: was soll es denn hinfort mehr? Es wird nicht gehabt darum, daß man Nutz damit schaffte, oder Etwas damit überkäme, sondern aus Liebe wegen seines Adels, und daß es Gott also lieb und werth ist. Und wer da spricht und meinet, man habe sein genug, und man soll es hinlegen, der hat’s nicht erkannt, oder geschmecket. Ursach: wo es in Wahrheit befunden oder geschmecket wird, da mag’s nimmeremehr gelassen werden. Und wer Christi Leben darum hat, daß er damit Etwas überkommen oder verdienen wolle, der hat es als ein Löhner, und nicht aus Liebe; und hat man von demselben ganz und gar Nichts. Denn wer es nicht aus Liebe hat, der hat es nicht: er mag wohl wähnen, er habe es, er ist aber betrogen. Christus hat sein Leben nicht um Lohn, sondern von Liebe, und die Liebe macht das Leben leicht und nicht schwer, und macht, daß es gerne gehabt, und williglich getragen wird. Der es aber nicht hat von Liebe, sondern er wähnet, er habe es um Lohn, dem ist es schwer, und wäre desselben fast gerne los und ledig; und das gehöret einem jeglichen Löhner zu, daß er seiner Arbeit gerne ein Ende hätte; aber einem wahren Liebhaber verdreust weder Arbeit, noch Zeit, noch Leiden. Darum ist geschrieben. Gott dienen und leben ist leicht dem, der es thut. Es ist wahr: dem, der es aus Liebe thut; aber der es aus Lohn thut, dem ist es schwer: und also ist es auch um alle Tugend und gute Werke; und also ist es auch um Ordnung, Gesetz und dergleichen.

Kap. 37. - Wie Gott Ordnung, Weise, Maaß und dergleichen in den Creaturen haben will, denn er es ohne Creaturen nicht haben mag; und von viererlei Menschen, die nach Ordnung, Gesetz, Weise handeln, und damit umgehen.

Man spricht, und ist wahr: Gott ist über und ohne alle Weise, Maaß und Ordnung, und giebt doch allen Dingen Ordnung, Maaß, Weise und Gesetz. Das soll man also verstehen: Gott will das alles, und mag es doch an sich selber ohne Creatur nicht haben: denn in Gott, ohne Creatur, ist weder Ordnung oder Unordnung, Weise oder Unweise, und dergleichen. Darum will er’s haben, daß es seyn und geschehen soll und mag; denn wo Wort, Werk und Handlung ist, da muß es geschehen entweder in Ordnung, Weise, Maaß, Gesetz, oder in Unordnung. Nun ist Ordnung und Gesetz besser und edler, denn das Andere. Doch soll man merken, daß viererlei Menschen sind, die Ordnung, Gesetz und Weise handeln: Etliche thun es weder um Gott, oder um Dieses oder Jenes willen, sondern aus Zwang: die thun so wenig, als sie können, und wird ihnen sauer und schwer; die Anderen thun’s um Lohn: das sind Menschen, die Anderes nicht wissen, denn dasselbige, und wähnen, man solle und möge damit das Himmelreich, und das ewige Leben überkommen und verdienen, und mit Anderem nicht: und wer dessen Viel thut, der ist heilig und selig, und wer dessen Etwas versäumet und unterwegen lässet, der ist verloren und des Teufels: und diese haben großen Ernst und Fleiß dazu, und wird ihnen doch sauer; die Dritten sind böse, falsche Geister, die wähnen und sprechen, sie sind vollkommen, sie dürfen deß alles nicht, und habens zu einem Spott; die Vierten sind erleuchtete Menschen mit dem wahren Lichte: die handeln diese Dinge nicht um Lohn; denn sie wollen Nichts damit verdienen, oder daß ihnen dafür Etwas werde, sondern was sie dessen thun, thun sie aus Liebe: und die bekümmern sich fast nicht sehr, wie dieses Dinges Viel geschehe, und wie bald, und dergleichen, sondern was wohl geschehen mag, und mit Frieden und mit Maße; und wird dasselbe etwa versäumet ohne Gefährde und dergleichen, darum werden sie nicht verloren; denn sie wissen wohl, daß Ordnung und Gesetz besser und edler ist, denn keine Ordnung: darum wollen sie es halten; und wissen, daß auch die Seeligkeit hieran nicht liebt: darum haben sie nicht so große Noth, als die anderen. Und diese Menschen werden von den anderen beiden Parteien gestrafet, und verurtheilet; denn die Löhner sprechen: diese Menschen versäumen sich ganz und gar, und sagen etwa: sie sind ungerecht; und die anderen, die einen freien Geist haben, die sprechen aus Spott: sie gehen mit Grobheit und Thorheit um, und desgleichen. So halten sie das Mittel und das Beste. Denn ein Liebhaber Gottes ist beßer und Gott lieber, denn hundert tausend Löhner: also ist es auch um ihre Werke. Auch soll man merken, daß Gottes Gebote, und seine Rede, und alle seine Lehre gehört zu dem innern Menschen, wie er mit Gott vereinigt wrede. Und wo das geschieht, da wird der äußere Mensch von dem innern wohl geordnet und gelehret, daß man keine äußeren Gebote oder Lehre bedarf; aber Menschen Gebot und Gesetz gehöret zu dem äußeren Menschen; und dieselben sind noth, da man nicht Besseres weiß: denn da wüßte man nicht, was man thun oder lassen sollte, und man würde sonst als Hund oder Vieh.

Kap. 38. - Vom Unterschied des wahren und falschen Lichts (d.i., seines eigenen Lichts).

Nun ist zuvor geredet von einem falschen Lichte. Davon ist etwas zu sagen, was es sey und was ihm zugehöre. Siehe, alles das, das dem wahren Lichte zuwider ist, das gehört dem falschen zu. Dem wahren Lichte gehöret zu, und muß seyn, daß es nicht trügen will, oder mag, nicht wollen, daß jemand betrogen werde; und es mag selber nicht betrogen werden; aber das falsche Licht wird und ist betrogen, und betreugt fürbaß andere mit sich. Denn Gott will niemand betrügen, und mag nicht wollen, daß jemand betrogen werde: und also ist es auch um das wahre Licht. Nun merke: das wahre Licht ist Gott oder göttlich, das falsche Licht ist Natur oder natürlich. Nun gehöret Gott zu, daß er weder dieß noch das ist, oder dieß oder das will, begehret oder suchet in einem vergotteten Menschen, sondern Gut als Gut, und um nichts Anderes, denn um Gut: also ist es auch um das wahre Licht. So gehört der Creatur und Natur zu, daß sie Etwas ist, dieß oder das, und hat auch in ihrer Meinung und Gesuch Etwas lieb und werth, dieß oder das, und nicht lauterlich Gut und um Gut, sondern um Etwas, dieß oder das.

Gleichwie nun Gott und das wahre Licht ohne alle Ichheit, Selbstheit und ohne alles eigene Gesuch ist, also gehöret der Natur, und dem natürlichen, falschen Lichte zu Ich, Mir, Mich (d.i., eigener Wille, Ehre, Nutz und Liebe), also daß es sich und das Seine mehr suchet in allen Dingen, denn Gut als Gut. Dieß ist seine Eigenschaft, und eines jeglichen Natur. Nun merke man: wo dieses zum ersten betrogen ist, so will, oder erwählet Es nicht Gut als Gut und um Gut, sondern Es will und erwählet sich selber und das Seine als das Beste; und das ist falsch und die erste Betrügung. Auch wähnet Es, Es sey dasjenige, das Es nicht ist; denn Es wähnet, Es sey Gott, und ist Natur. Und daher, daß Es wähnet, daß Es Gott sey, so nimmt Es sich deß an, das Gott zugehöret, und zwar nicht dessen, das Gottes ist, oder als Gott in einem vergotteten Menschen ist, sondern Es nimmt sich deß an, das Gottes ist, und ihm zugehöret, als er Gott ist ohne Creatur in Ewigkeit. Denn, wie man spricht, so ist Gott, bedürfnißlos, und keines Dinges dürftig oder bedarf keines Dinges, sondern er ist frei, müssig, ledig und über alle Dinge, und dergleichen: welches alles wahr ist. Er ist unbeweglich, und nimmt sich Nichts an, und ist ohne Gewissen, und was er thut, ist wohlgethan. Siehe, also will Ich auch seyn, spricht das falsche Licht. Denn je gleicher man Gott ist, je besser ist es, und darum will Ich Gott gleich seyn, und will auch Gott seyn, und bei Gott sitzen, und ihm gleich seyn Esai. 14,13-15.: allerding, wie Lucifer der Teufel that. Gott in der Ewigkeit ist ohne Leid, Leiden und Betrübniß, und lässet sich mit Nichten schwer oder leid seyn um etwas, was da ist, oder geschieht. Aber da Gott Mensch ist, und in einem vergotteten Menschen, da ist es anders. Kürzlich: alles, was betrogen mag werden, das muß betrogen werden von diesem falschen Lichte; dieweil nur alles betrogen wird, so unter allen Creaturen und Naturen betrogen werden mag; und alles, das nicht Gott, oder göttlich ist, mag betrogen werden; und weil dieß Licht nun selber Natur ist, so ist es möglich, daß es betrogen werde: darum wird es, und ist betrogen von sich selber. Nun möchte man sprechen: woher ist, oder kommt denn das, daß von demselben alles betrogen wird, so betrogen werden mag? Siehe, es ist von seiner übrigen Kündigkeit, Listigkeit, oder Gutdünkel, denn es also klug, und subtil und behende in sich selber ist, daß es also hoch steiget und klimmet, daß es wähnet, Es sey über Natur, und sey der Natur und Creatur unmöglich, also hoch zu kommen: darum wähnet Es, Es sey Gott. Und daher nimmt Es sich alles deß an, das Gott zugehöret, und insonderheit als Gott in Ewigkeit, und nicht als der Mensch ist. Und darum spricht Es, und wähnet, Es sey über alle Werke, Worte, Weise, Ordnung und über das leibliche Leben Christi, das er in der Menschheit hatte: darum will es ungerührt und unangefochten seyn von allen Creaturen und aller Creaturen Werk, es sey bös oder gut, es sey wider Gott oder nicht, das ist ihm alles gleich, und stehet sein Alles ledig, aller Maaßen, wie Gott in der Ewigkeit. Und des Anderen alles, das Gott zugehöret, und nicht Creaturen, deß nimmt es sich alles an, gleich als gehöre es ihm zu, und es sey billig und recht, daß ihm alle Creaturen dienen, und unterthan sind. Und also bleibet da kein Leid, Leiden oder Betrübniß um kein Ding oder Sache, denn allein ein leibliches und sinnliches Empfinden, welches müsse bleiben bis an den leiblichen Tod, und was davon Leidens kommen mag; und spricht: man sey über Christi leibliches Leben gekommen, und sey und solle seyn unleidentlich, und übernatürlich, als Christus war nach der Auferstehung; und viel andere wunderliche, falsche Irrthümer, so hieraus folgen und entstehen. Und weil dieß falsche Licht Natur ist, so gehört ihm der Natur Eigenschaft zu, d.i., sich selber und das Seine meinen und suchen in allen Dingen, und dasjenige, so der Natur, und ihm selber in allen Dingen das Bequemste ist, das Gemachsamste, und Lustigste. Und darum, daß es betrogen ist, so wähnet es und spricht: was ihm das Lustigste, Beste und Bequemste sey, das sey das Allerbeste; spricht auch: es sey das Allerbeste, daß ein jeglicher sich selber das Beste thue, und suche, und erwähle, und anderes von keinem Guten wisse, denn von Seinem, das ihm gut ist, wie es meinet. Und wer ihm saget von dem einfältigen, wahren Gute, das weder dieß noch das ist, davon weiß es nicht, und ist ihm ein Spott. Und das ist wohl billig, denn Natur als Natur mag hiezu nicht kommen; weil aber dieß Licht blos Natur ist, so mag es auch hiezu nicht kommen. Auch spricht dieß falsche Licht, Es sey über Gewissen und Conscienz kommen, und was Es thut, das sey alles wohlgethan. Ja es ward gesprochen von einem falschen, freien Geist, der in dieser Irrung war, wenn er gleich zehen Menschen tödtete, so wäre es ihm so ein klein Gewissen, als ob er einen Hund hätte ertödtet. Kürzlich: dieß falsche, betrogene Licht fleugt alles, was der Natur zuwider, und zu schwer ist; und das gehört ihm zu, weil es Natur ist. Und weil es denn also gar betrogen ist, daß es meinet, Es sey Gott, darum schwüre es über alle Heiligen, Es erkennete das Beste, und seine Meinung und Gesuch stehe auf dem Allerbesten; und darum mag es nimmer bekehret, oder zurecht gewiesen werden, als der Teufel. Auch soll man merken, indem das Licht meinet, Es sey Gott, und sich dessen annimmt, so ist Es Lucifer der Teufel. Aber in dem als Es Christi Leben verwirft, und Anderes mehr, das dem wahren Gute zugehöret, das Christus gelehret und gelebt hat, so ist Es ein Antichrist. Ursach: Es lehret und lebet wider Christum. Und wie das Licht betrogen ist von seiner Kündigkeit und Klugheit, also wird von ihm alles betrogen, das nicht Gott, oder göttlich ist, d.i., alle Menschen, die das wahre Licht, und seine Liebe nicht erleuchtet hat. Denn wo und welche die sind, die das wahre Licht erleuchtet hat, die werden nimmermehr betrogen; aber wer das nicht hat, und soll und will mit diesem falschen Lichte wandeln, und demselben beiwohnen, der wird betrogen. Das kommt daher. denn alle Menschen, in denen das wahre Licht nicht ist, die sind auf sich selber gekehret, und halten sich selber, und was ihnen nütze, gut und bequem ist, für das Beste. Und wer ihnen denn dasselbe für das Beste vorgiebt, vorhält, und ihnen dazu verhilft, und lehret sie es überkommen, dem folgen sie, und halten ihn für den besten Lehrer. Nun lehret dieß falsche Licht alles dasselbe, das dazu gehöret; darum folgen ihm alle die nach, so das wahre Licht nicht wissen: also werden sie mit einander betrogen. Man sagt vom Antichrist: wenn er kommt, so wird ihm nachfolgen der Gottes Zeichen nicht hat; aber wer es hat, der folget ihm nicht nach: das ist eben dasselbe Licht. Es ist wohl wahr, wer sein Bestes, welches auch Gottes Bestes ist, überkommen mag oder kann, das ist das Beste. Aber das geschieht nicht, dieweil der Mensch sein Bestes suchet und meinet; denn soll er sein Bestes finden und überkommen, so muß er sein Bestes verlieren, als zuvor gesagt ist. Und will der Mensch sein Bestes lassen und verlieren, auf daß er sein Bestes finde; so ist es aber falsch, und darum mögen wenig Menschen auf diesen Weg kommen. Dieß falsche Licht spricht: man solle ohne Gewissen seyn, und es sey eine Thorheit und eine Grobheit, daß man damit umgehet; und will das bewähren mit Christo, denn der war ohne Gewissen. Darauf antworet man: der Teufel hat auch kein Gewissen, und ist darum desto besser nicht. Nun merke, was das Gewissen sey: es ist, daß man erkennet, daß der Mensch abgekehret ist, oder abgewandt worden mit seinen Willen von Gott, das man Sünde heißt und ist, und daß dieß des Menschen Schuld ist, und nicht Gottes, denn Gott unschuldig ist an der Sünde. Wer ist nun, der sich unschuldig weiß? Allein Christus und wenig mehr. Siehe, wer nun ohne Gewissen ist, der ist entweder Christus oder der Teufel. Kürzlich: wo das wahre Licht ist, da ist auch ein wahres, rechtes Leben, das Gott werth und lieb ist; und ob es schon nicht Christi Leben in Vollkommenheit ist, so ist es doch darnach gebildet und gerichtet, und Christi Leben wird lieb gehabt, und alles, das Gesetzen, Ordnung und allen Tugenden zugehört; und da ist und wird verloren alle Selbstheit, und Ich, und Mein (d.i. eigene Liebe, Ehre und Willen), und desgleichen. Da wird nichts gemeinet oder gesucht, denn Gut um Gut und als Gut. Aber da das falsche Licht ist, da wird man des Lebens Christi unachtsam, und aller Tugend: was der Natur bequem und lustig ist, das wird gesuchet und gemeinet. Daher kommt denn die falsche, ungeordnete Freiheit, daß man unachtsam und ruchlos wird dieß und deß. Denn das wahre Licht ist ein Saame Gottes: darum bringet es Gottes Früchte; und das falsche Licht ist des Teufels Saame: wo derselbe gesäet wird, da wachsen des Teufels Früchte und der Teufel selber. Das mag maan merken und verstehen in diesen vorgeschriebenen Worten und Unterschied.

Kap. 39. - Wie der ein vergotteter Mensch heißet, und ist, der da durchleuchtet ist mit dem göttlichen Lichte, und entzündet ist mit ewiger, göttlicher Liebe; und wie Licht und Erkenntniß nichts taugt ohne Liebe.

Nun möchte man fragen: welcher oder was ist ein vergotteter, oder ein göttlicher Mensch? Antwort: der durchleuchtet und durchschienen ist mit dem ewigen oder göttlichen Lichte, und entzündet mit ewiger oder göttlicher Liebe, der ist ein göttlicher oder vergotteter Mensch. Und von demselbigen Lichte ist zuvor etwas gedacht. Aber man soll wissen, daß Licht oder Erkenntniß Nichts ist oder taugt ohne Liebe. Das mag man merken, ob ein Mensch gar wohl wüßte, was Tugend oder Untugend ist: hat er die Tugend nicht lieb, so ist oder wird er nicht tugendsam; er folget der Untugend nach, und lässet die Tugend; hat er aber die Tugend lieb, so folget er der Tugend, und die Liebe macht, daß er der Untugend feind wird; und mag dieselbe nicht thun oder üben, sondern er hasset sie in allen Menschen, und hat Tugend also lieb, daß er sie nicht ungethan oder ungeübet lässet, wo er mag; und das um keinen Lohn, oder um einiger Ursache willen, denn allein aus Liebe der Tugend, und der Tugend zu Liebe. Und demselben wird Tugend zu Lohn, oder Tugend ist selbst sein Lohn; und daran genüget ihm wohl, und nähme keinen Schatz, oder großes Gut für die Tugend: der ist und wird tugendsam. Und wer ein recht tugendsamer Mensch ist, der nähme nicht alle Welt, daß er untugendsam werden sollte; ja, er stürbe lieber eines jämmerlichen Todes. Siehe, also ist’s auch um Gerechtigkeit. Mancher Mensch weiß wohl, was Recht oder Unrecht ist, und ist und wird doch nicht gerecht, weil er Gerechtigkeit nicht lieb hat: und darum übet er Unrecht und Untugend. Aber hätte er Gerechtigkeit lieb, so möchte er kein Unrecht thun, denn er wäre der Ungerechtigkeit also feind und gram, daß, wo er sie erkennete in einem Menschen, so wollte er gerne große Dinge leiden oder thun, auf daß die Ungerechtigkeit vertilget würde; und ehe er wollte Unrecht thun, er wollte lieber sterben; und das alles um keiner anderen Ursache willen, denn aus Liebe der Gerechtigkeit; und dem würde Gerechtigkeit zu Lohn, und sie lohnet ihn mit sich selber: und da wird und ist ein gerechter Mensch, der lieber hundert Mal sterben wollte, denn unrecht leben. Siehe, also ist es auch um die Wahrheit. Obgleich der Mensch viel weiß, was wahr, oder falsch oder gelogen ist: hat er die Wahrheit nicht lieb, so ist er nicht wahrhaftig; hat er sie aber lieb, so geschieht ihm, als mit der Gerechtigkeit. Von der Gerechtigkeit spricht Jesaias am 59. Wehe, Wehe allen denen, die einen zweifältigen Geist haben! das sind, die von aussen gut scheinen, und von innen voll Lügen sind, in deren Munde Lüge wird erfunden. Also merket man, daß Wissen und Erkenntniß ohne Liebe nichts werth ist. Auch merket man dasselbe bei dem Teufel: der weiß und erkennet Böses und Gutes, Recht und Unrecht und dergleichen; und weil er nicht Liebe hat zu dem Guten, welches er erkennet, so wird er nicht gut, das doch sonst geschähe, wenn er Liebe hätte zu der Wahrheit, und zu anderem Gute und Tugenden, die er erkennet. Es ist wohl wahr, daß die Liebe von der Erkenntniß muß unterwiesen und gelehret werden; aber folget die Liebe der Erkenntniß nicht nach, so richtet man nichts aus. Siehe, also ist es auch um Gott, und was Gott zugehöret. Daß ein Mensch viel erkennet von Gott und was Gottes Eigen ist, und er meinet, er weiß und erkenne auch, was Gott ist; hat er nicht göttliche Liebe, so wird er nicht glücklich, oder vergottet; ist aber wahre Liebe bei ihm, so muß sich der Mensch an Gott halten, und ihm anhangen, und lassen alles, das nicht Gott ist, oder Gott nicht zugehöret; und ist allem dem, was Gott zuwider ist, feind und gram, und das Gott zuwider ist, das ist sein Leiden und Schmerz. Und diese Liebe vereiniget den Menschen mit Gott, daß er nimmermehr von Gott gesondert oder geschieden wird.

Kap. 40. - Ob man Gott möge erkennen, und nicht lieben; und wie zweierlei Licht und Liebe ist, wahre und falsche.

Hie fället eine Frage vor. Es ist zuvor gesagt: wer Gott erkennet und nicht liebet, der wird nimmer seelig. Von dieser Erkenntniß ist nun die Frage: ob man möge Gott erkennen, und nicht lieben? da doch anderswo gesagt ist: wo Gott erkannt wird, da wird er auch geliebet; und was Gott erkennet, das muß ihn auch lieben. Wie können nun diese zwei Gegenreden bei einander bestehen? Darauf soll man merken: zuvor ist gesagt von zweien Lichtern, von einem wahren und falschen: also soll man auch wissen, daß zweierlei Liebe ist, eine wahre und falsche. Eine jede Liebe muß von einem Lichte, oder Erkenntniß gelehret oder geleitet werden: nur das wahre Licht machet wahre Liebe, und das falsche Licht machet falsche Liebe; denn was das Licht für das Beste hat, das giebt es auch der Liebe für das Beste dar, und spricht, sie soll es lieb haben, und die Liebe folget ihm, und thut sein Gebot. Nun ist zuvor gesagt, daß das falsche Licht natürlich und Natur ist: darum ist seine Eigenschaft und ihm gehöret zu alles das, das der Natur Eigen ist, d.i., Ich, Mein, Mir, Dieß, Das, Deß und dergleichen (welches ist eigene Liebe, eigene Ehre, eigener Wille, eigenes Gut, eigene Lust, eigener Nutz und Frommen); und darum muß es in sich selber betrogen und falsch seyn. Denn es kam nie kein Ich, oder Mein (d.i., Eigenwille und Eigenliebe) zu dem wahren Licht’ und Erkenntniß unbetrogen, ohne Eins alleine, das ist in den göttlichen Personen. Und wo man zur Erkenntniß der einfältigen Wahrheit kommen soll, da muß dieß alles abgehen und verloren werden. Und dem natürlichen falschen Lichte gehört insonderheit zu, daß es gerne viel Weisheit wissen wollte, möchte es seyn, und hat große Lust, Freude und Gloriren in seinem Wissen und Erkennen: und darum begehrt es immer Mehr und Mehr zu wissen, und kommt darinn nimmer zur Ruhe oder Genüge; und je mehr und höhere Erkenntniß, je mehr Lust und Gloriren es hat. Und wenn Es also hoch kommt, daß Es meinet, Es erkennet Alles über Alle, so stehet Es denn in seiner höchsten Lust und Gloriren; und Es hat das Erkennen für das Beste, und für das Edelste; und darum lehret Es die Liebe, sie soll das Erkennen und Wissen lieb haben für das Beste und Edelste. Siehe, allda wird das Wissen und Erkennen mehr geliebet, denn das erkannt wird. Denn das natürliche und falsche Licht liebet sein Erkennen und Wissen, d.i., sich selber mehr, denn das erkannt wird; und wäre es möglich, daß dies natürliche Licht Gott und die einfältige Wahrheit, als sie in Gott und in der Wahrheit ist, erkennete, es ließe nicht von seiner Eigenschaft, d.i., von sich selber und dem Seinen. Siehe, in diesem Verstande ist Erkenntniß ohne Liebe deß, das erkannt ist oder wird. Und also steiget oder klimmet Es also hoch, daß Es wähnet, Es erkenne Gott, und die lautere, einfältige Wahrheit: und also liebet Es in sich selber. Und es ist wahr, daß Gott von keinem Dinge erkannt wird, denn von Gott, und so Es wähnet, Es erkenne Gott, so wähnet Es auch, Es sey Gott, und giebt sich für Gott dar, und will dafür gehalten seyn; und Es sey aller Dinge wohl würdig, und habe zu allen Dingen Recht; Es sey über alle Dinge kommen, habe Alles überwunden und dergleichen; und auch über Christum, und Christi Leben; und wird ihm Alles ein Spott; denn Es will nicht Christus seyn, sondern Es will Gott seyn in Ewigkeit. Und das kommt daher: denn Christus und sein Leben ist aller Natur zuwider und schwer: darum will die Natur nicht daran, sondern will Gott seyn in Ewigkeit, und nicht Mensch, oder will Christus seyn, wie er jetzo ist nach der Auferstehung. Ursach: das ist alles der Natur leicht, lustig und gemachsam: darum hält sie Es für das Beste, denn sie meinet, Es sey ihr Bestes. Siehe von diesem falschen Lichte, und von dieser falschen, betrogenen Liebe wird Etwas erkannt und nicht geliebet, sondern das Erkennen und Wissen wird mehr geliebet, denn das erkannt wird. Auch ist eine Erkenntniß, die heisset man Wissen. Es ist aber nicht das ein Wissen, daß man vom Hörensagen, oder vom Lesen, oder von großer Meisterschaft der Schrift wähnet, man wisse gar viel, und es heiße ein Wissen, und spricht: Ich weiß dies und das; und wenn man fragt: woher weißt du das? so spricht man: ich habe es gelesen in der Schrift und dergleichen. Siehe, das heisset man Wissen und Erkennen, ist aber nicht Wissen, sondern Gläuben. Siehe, von diesem Wissen und Erkenntniß wird Viel erkannt und gewußt, und doch nicht geliebet. Ueber das ist eine Liebe, die ist ganz falsch: d.i., so man Etwas liebet um Lohn, als so man Gerechtigkeit lieb hat nicht um Gerechtigkeit, sondern daß man damit Etwas überkomme und dergleichen, und wenn eine Creatur die andere lieb hat um Etwas des Ihren; oder so die Creatur Gott um Etwas lieb hätte, so ist es alles falsch, und diese Liebe gehöret eigentlich der Natur zu, und Natur als Natur vermag oder weiß keine andere Liebe, denn diese. Denn wer es kann merken, so hat Natur als Natur Nichts lieb, denn sich selber. Siehe, in dieser Weise wird Etwas erkannt für gut, und nicht geliebet. Aber wahre Liebe wird gelehret und geleitet von dem wahren Lichte und Erkenntniß; und das wahre, ewige, göttliche Licht lehret die Liebe sonst Nichts lieb haben, denn das wahre, einfältige, vollkommene Gut, und um keiner anderen Ursache willen, denn daß es Gut ist; und nicht darum, daß man Etwas zu Lohn haben wolle, oder Etwas von ihm empfahen, sondern dem Guten zu Liebe, und darum, daß es Gut ist, und daß es Rechts wegen geliebet werden solle. Und was also von dem wahren Lichte erkannt wird, das muß auch geliebet werden von der wahren Liebe. Nun mag das vollkommene Gut, das man Gott nennet, nicht erkannt werden, denn von dem wahren Lichte: darum muß es auch geliebet wreden, wo es erkannt wird, oder erkannt ist.

Kap. 41. - Wobei man einen wahren, vergotteten Menschen erkennen mag, und was ihm zugehöret; und was einem falschen Lichte, oder einem falschen freien Geiste auch zugehöret.

Auch soll man merken: wo das wahre Licht und die wahre Liebe ist in einem Menschen, da wird das wahre vollkommene Gut erkannt und geliebet von sich selber; und doch nicht also, daß es sich selber, von sich selber und als sich selber, sondern das wahre, einfältige Gut liebe; und das Vollkommene vermag und will Anderes nicht lieb haben (in dem, als es ihm lieb ist) denn das wahre Eine Gut. Und weil es nun dasselbe ist, so muß es sich selber lieb haben, und nicht zwar sich selber als sich selber, auch nicht von sich selber als von sich selber, sondern also, und in dem, oder so ferne, als das wahre Eine Gut liebt und lieb hat das Eine wahre vollkommene Gut, und so ferne das Eine wahre, vollkommene Gut geliebet wird von dem Einen wahren, vollkommenen Gute. Und in diesem Verstande spricht man und ist wahr: Gott hat sich selber nicht lieb als sich selber, denn wäre Ichtes (Etwas) besser, denn Gott, das hätte Gott lieb, und nicht sich selber. Denn in diesem wahren Lichte, und in dieser wahren Liebe ist oder bleibet weder Ich, noch Mein, Mir, Dir, Dein (d.i. weder eigener Wille, Liebe, Nutz, Loben, Ehre) und dergleichen, sondern das Licht erkennet und weiß ein Gut, das alles Gut und über alles Gut ist. Und alles Gut ist wesentlich Eins in dem Einen, und ohne das Eine ist kein Gut. Und darum wird auch nicht geliebet Dieß oder Das, Ich noch Du, oder dergleichen, sondern allein das Eine, welche ist weder Ich noch Du, weder Dieß noch Das, sondern es ist über alles Ich und Du, Dieß und Das, und in dem wird Alles Gut geliebet als Ein Gut, wie man spricht: Alles in Einem als Ein, und Ein in Allem als Alle und Ein, und alles Gut geliebet durch das Eine in dem Einen, und dem Einen zu Liebe, von der Liebe, die man zu dem Einen hat.

Siehe, hier muß alle Ichheit, Meinheit, Selbstheit, (d.i., eigene Liebe, Wille und Ehre) und was deß ist, gänzlich verloren und gelassen werden: das ist Gottes Eigen, ohne soviel zu der Persönlichkeit gehöret. Und was in einem wahren, vergotteten Menschen geschieht, es sey in thuender oder leidender Weise, das geschieht in diesem Lichte, und in dieser Liebe, und aus demselben durch dasselbe wieder in dasselbe. Und da wird und ist ein Genüge und ein Stillestehen, nicht zu begehren, Mehr oder Weniger zu wissen, zu haben, zu leben, zu sterben, zu seyn, oder nicht zu seyn; und was deß ist, das wird und ist Alles Eines und gleich; und da wird nicht geklagt, denn allein Sünde. Und was Sünde sey, ist vorhin gesagt, nämlich Anderes wollen, denn das einfältige, vollkommene Gut, oder der einige, ewige Wille, und ohne und wider dasselbe, oder wider denselbigen einigen Willen wollen, und was daraus geschieht, als Lügen, Trügen, Ungerechtigkeit, Falschheit, und alle Untugend; und kürzlich alles, das man Sünde heißet und ist, das kommt daher, daß man Anderes will, denn Gott und das wahre Gut. Denn wäre kein Wille, denn der Eine, so geschähe nimmer Sünde: und darum mag man wohl sprechen, daß aller Eigenwille Sünde sey. Es ist auch sonst nichts Sünde, denn alles, so daraus geschieht. Und dieß wird allein geklaget in einem wahren vergotteten Menschen, und wird also sehr geklagt, und thut so sehr wehe, daß, obschon derselbe Mensch sollte hundert schmähliche und peinliche Tode leiden, das würde nicht also sehr geklaget, und thät nicht also wehe, als Sünde: und das muß bleiben bis in den leiblichen Tod. Und wo das nicht ist, da ist auch nicht ein wahrer göttlicher, oder vergotteter Mensch ohne Zweifel.

Dieweil in diesem Lichte und in dieser Liebe Alles Gut in Einem und als Ein, und das Ein in Allem, und in Allem als Ein und als Alles geliebet wird, so muß alles das daselbst geliebet werden, das einen guten Namen in der Wahrheit hat, als Tugend, Gesetz, Gerechtigkeit, Wahrheit und dergleichen; und Alles das, das Gott und dem wahren Gute zugehöret, und sein Eigen ist, das wird da geliebbet und gelobet; und Alles, was dem zuwider ist, und ohne dasselbe ist, das ist Leiden und Pein, und wird geklaget als Sünde, denn es in der Wahrheit Sünde ist. Und welcher Mensch lebet in dem wahren Lichte und in der wahren Liebe, das ist das alleredelste, beste und würdigste Leben, das je ward, oder immer wird: darum muß es auch geliebet und gelobet werden über alle Leben. Und dieß war und ist in Christo in aller Vollkommenheit; er wäre anders nicht Christus. Und diese Liebe (davon dieß edle Leben geliebet wird, und alles Gut) machet, daß alles, so zu leiden und zu thun, oder zu geschehen gebühret, und seyn muß oder soll, williglich und gerne gethan und gelitten wird, wie schwer es immer der Natur ist, und seyn mag. Darum spricht der Herr Jesus Matth. 11,30.: „mein Joch ist süße und meine Last ist Leicht.“ Das kommt von der Liebe, die dieß edle Leben liebet. Dieß mag man merken bei den Aposteln und Märtyrern, die litten williglich und gerne, was ihnen zu leiden auferlegt ward, und begehrten nicht von Gott, daß ihnen das Leiden kürzer, oder leichter, oder minder würde, sondern allein, daß sie stäte und beständig bleiben.

In der Wahrheit alles, das göttlicher Liebe zugehöret in einem vergotteten Menschen, das ist also gar einfältig, recht und schlecht, daß es mit rechtem Unterschied nicht ausgeredet oder geschrieben wird, oder auch nicht erkannt wird, denn allein, da es ist; und da es nicht ist, da kann man’s nicht glauben: wie sollte man’s denn wissen? Nun ist hinwider ein natürlich Leben, da eine subtile, behende, kundige Natur ist, also manchfaltig und verworren; und suchet und findet also viel Winkel, falsche List und Betrug, und alles um sein Selbst willen, daß es auch nicht zu sagen und zu schreiben ist. Wenn nun alle Falschheit betrogen ist, und aller Betrug sich selbst vorerst betreugt, so geschieht diesem falschen Lichte und Leben auch also; denn wer betreugt, der ist betrogen, davon mehr zuvor gesagt ist. Und in diesem Leben und Lichte, und seiner Liebe ist alles, das dem Teufel zugehöret, und sein Eigen ist, daß da kein Unterschied ist. Ursach: denn falsches Licht ist Teufel, und der Teufel ist das falsche Licht: das mag man merken. Denn gleichwie der Teufel meinet, er sey Gott, oder wäre gerne Gott, und für Gott gehalten, und er in diesem betrogen ist, und ist also gar betrogen, daß er meinet, er sey nicht betrogen: siehe, also ist es auch um das falsche Licht, und seine Liebe und sein Leben; und wie der Teufel alle Menschen gern betröge, und an sich und das Seine zöge, und sich gleich mahcte, und kann dazu viel Kunst und List: also ist es auch in diesem Lichte; und wie dem Teufel niemand aus dem Seinen bringen kann: also ist es auch hie, und um Alles, so dahin gehört. Daher, daß beide, Teufel und Natur, meinen, sie sind unbetrogen, und in dem allerbesten Stande. Und das ist der allerböseste und schädlichste Betrug. Darum ist der Teufel und Natur Eins. Und wo Natur überwunden ist, da ist auch der Teufel überwunden; und widerum, wo die Natur nicht überwunden ist, da ist auch der Teufel nicht überwunden. Es werde auf weltliches oder geistliches Leben gekehrt, so bleibt es doch alles in seinem falschen Betrug, beide, das betrogen ist, und betreugt andere mit sich, wo es mag. Aus diesen erzählten Worten mag man noch mehr verstehen, und erkennen, daß hie kein Unterschied ist; denn wo und wenn man spricht von Adam, und Ungehorsam und von einem alten Menschen, Ichheit, Eigenwillen, und Eigenwilligkeit, Selbstheit, Ich, Mein, Natur, falsches Licht, Teufel, Sünde. das ist alles gleich und Eins. Dies ist alles wider Gott und ohne Gott.

Kap. 42. - Wie nichts Anderes wider Gott sey, denn des Menschen eigener Wille; und wer sein Bestes suchet als das Seine, der findet es nicht; und wie der Mensch von sich selber nichts Gutes weiß oder vermag.

Siehe, nun möchte man fragen: ist Ichts (Etwas) wider Gott, und das wahre Gut? Antwort: nein; es ist Nichts wider Gott noch ohne Gott, denn allein der Wille, der da Anderes will, denn der ewige Wille will; und was Anderes gewollt wird, denn der ewige Wille will, das ist wider den ewigen Willen. Nun will der ewige Wille, daß Anderes nicht gewollt oder geliebet werde, denn allein das wahre Gut, und wenn es nun anders ist, so ist es ihm zuwider. Und in diesem Verstande ist es wahr: „wer ohne Gott ist, der ist wider Gott.“ Aber in der Wahrheit ist Nichts wider Gott, oder wider das wahre Gut. Das soll man also verstehen, als ob Gott spräche: „wer ohne mich will, oder nicht will, als ich, Matth. 12,30., oder Anderes, denn ich, der will wider mich;“ denn mein Wille ist, daß Niemand Anderes wollen soll, denn ich; oder ohne mich, und ohne meinen Willen soll kein Wille seyn, gleich als auch ohne mich ist weder Wesen, noch Leben, noch Dieß oder Das: also sollte auch kein Wille seyn ohne mich und ohne meinen Willen; ja ich will selbst in dem Menschen der Wille seyn. Und gleich wie in der Wahrheit alle Wesen wesentlich Eins sind in dem vollkommenen Wesen, und Alles Gut Ein Gut in dem Einen und dergleichen, und Nichts seyn mag, ohne das Eine: also sollten Alle Willen Ein Will seyn in dem Einen vollkommenen Willen, und kein Wille soll seyn ohne den Einen; und wo es anders ist, da ist es unrecht und wider Gott und seinen Willen, und darum ist es Sünde. Siehest du nun, wie zuvor gesagt ist, daß alle die Willen ohne Gottes Willen, d.i., aller Eigenwille ist Sünde, und was aus dem eigenen Willen geschieht. Alldieweil der Mensch sein eigen Gut suchet, und sein Bestes als das Seine, und sich selber als von sich selber, so findet er es nimmer. Denn alldieweil dieß geschieht, so suchet der Mensch nicht sein Bestes: wie sollte er’s denn finden? Denn dieweil ihm also ist, so suchet der Mensch sich selber, und wähnet, Er selber sey das Beste; und weil der Mensch das Beste nicht ist, so suchet der Mensch nicht das Beste, dieweil er sich selber suchet. Aber in welchem Menschen gesuchet, geliebet und gemeinet wird Gut als Gut und um Gut, und nicht anders, denn lauter dem Gute zu Liebe, nicht als von Mir, oder als Ich, Mein, Mir, oder um Mich (d.i. eigener Ehre, Liebe, Lust und Nutzes halben), da wird es gefunden; denn es wird da recht gesuchet: und wo es anders ist, da ist es falsch. Und in der Wahrheit auf diese Weise suchet, meinet, und liebet man das wahre, vollkommene Gut: und darum findet man’s auch. Es ist eine große Thorheit, daß ein Mensch, oder eine Creatur wähnet, sie wisse oder vermöge Etwas von sich selber, und insonderheit, daß sie wähnet, sie wisse und vermöge etwas Gutes, damit sie Großes bei Gott verdienen, oder überkommen möge von Gott: dadurch wird Gott geschmähet, wer es recht verstünde. Aber das wahre Gut übersiehet und hält zu gute einem einfältigen, albernen Menschen, der nicht Besseres weiß, und lässet ihm soviel Guts geschehen, als ihm immer geschehen kann; und soviel Gut er empfangen mag, das gönnet ihm Gott zumal wohl. Aber wie gesaget: so findet oder empfähet er dasselbe nicht, weil er also gesinnet ist; denn die Ichheit, (d.i. eigene Liebe) muß hinweg: er wird anders Nichts finden, noch empfahen.

Kap. 43. - Wo Christi Leben ist, da ist auch Christus; und wie Christi Leben das allerbeste und edelste Leben sey, das je ward, oder immer werden mag.

Wer Christi Leben weiß und erkennet, der weiß und erkennet auch Christum; und widerum, wer das Leben Christi nicht erkennet, der kennet auch Christum nicht. Und wer an Christum glaubet, der glaubet, daß sein Leben das alleredelste und beste Leben sey! und wer das nicht glaubet, der glaubet an Christum auch nicht; und soviel Christi Leben im Menschen ist, soviel ist auch Christus in ihm; und so wenig des Einen, also wenig auch des Anderen. Denn wo Christi Leben ist, da ist Christus; und da sein Leben nicht ist, da ist auch Christus nicht. Und wo Christi Leben ist, oder wäre, da wird erfüllet, was S. Paulus spricht Gal. 2,20.: „Ich lebe, aber nicht Ich, sondern Christus lebet in Mir“. und das ist das edelste und beste Leben; denn wo dieß Leben ist, da ist und lebet Gott selbst, und alles Gute: wie möchte ein besseres Leben seyn? Merket: wenn man spricht vom Gehorsam, und einem neuen Menschen, von dem wahren Lichte, und von der wahren Liebe, und von Christi Leben: das ist Alles Eins; und wo derselben Eins ist, da sind sie Alle; und wo ihrer Eines gebricht, oder nicht ist, da ist ihrer keines; denn es ist Alles Eins wahrhaftig und wesentlich. Und wodurch man dasselbe überkommen möchte, daß es in einem Menschen geboren und lebendig würde, dem sollte man anhangen und sonst keinem Dinge, und wodurch dasselbe verhindert würde, das sollte man lassen und fliehen. Und wer dasselbe empfähet in dem h. Sakramente, der hat Christum wahrhaftig und wohl empfangen; und je Mehr man desselben empfähet, je Mehr Christus; je Weniger desselben, je Weniger Christus: das ist die Frucht des Sakraments.

Kap. 44. - Wie allein ganz Genüge und Ruhe in Gott sey, und in keinen Creaturen; und wer Gott gehorsam will seyn, der muß Allen gehorsam seyn in leidender Weise; und wer Gott lieb haben will, der muß Alle Dinge lieb haben in Einem.

Man spricht auch: wer sich an Gott genügen lässet, der hat Genüge. Und das ist wahr, und wem an Ichte (Etwas) genüget, das Dieß oder Das ist, dem genüget nicht an Gott; sondern wer an Gott genüget, der genüget sonst an Nichts, denn allein an Einem, das weder Dieß oder Das ist, und doch Alles ist. Denn Gott ist Eins und muß Eins seyn, und Gott ist Alles, und muß Alles seyn; und was nun ist, und nicht Eins ist, das ist nicht Gott; und was nun ist, und nicht Alles ist, und über Alles, das ist auch nicht Gott. Denn Gott ist Eins, und ist Alles und über Alles. Wem nun an Gott genüget, dem genüget an Einem, und allein in dem Einen als in Einem; und wem nicht Alles Eines ist und Eines Alles; und wem nicht Ichtes (Etwas) und Nichts gleich gilt, und Eins ist, dem kann an Gott nicht genügen; aber wo dieß wäre, da wäre auch Genügen und sonst nirgend. Siehe, also ist es auch mit dem: wer sich Gott gänzlich lassen soll, und ihm gehorsam seyn, der muß allein gelassen und gehorsam seyn in leidender Weise, auch nicht widerstreben, oder widerstehen, sich dagegen wehren, oder behelfen. Und wer also nicht allen Menschen, und allen Dingen gelassen und gehorsam ist in Einem und als in Einem, der ist Gott nicht gelassen oder gehorsam. Dieß merket man in Christo. Wer nun Gott leiden soll oder will, der muß Alles leiden in Einem als in Einem, und keinem Leiden mit Nichts widerstehen, wie auch Christus gethan. Wer nun dem Leiden widerstrebet, und sich dessen erwehret, der will oder mag Gott nicht leiden. Dieß soll man also verstehen: man soll keinem Dinge oder Creatur widerstehen mit Gewalt oder mit Kriegen, mit Willen oder Werken; man mag dem Leiden wohl vorkommen, oder ihm entweichen, und fliehen ohne Sünde. Siehe, wer nun Gott lieb haben will oder soll, der hat Alles lieb in Einem als in Einem und Alles und Eines in Allem, als Alles in Einem. Und wer Etwas lieb hat, dieß oder das, anders, denn in Einem, und um das Eine, der hat Gott nicht lieb, denn er hat Etwas lieb, das nicht Gott ist: darum hat er Etwas mehr lieb, denn Gott. Wer nun Etwas mehr lieb hat, denn Gott, oder Etwas neben und ohne Gott, der hat Gott nicht lieb. denn Gott soll und will allein lieb gehabt seyn; und es sollte in der Wahrheit nichts lieb gehabt werden, denn allein Gott. Und wo das wahre Licht in einem Menschen ist, und die wahre Liebe, da wird Anderes nicht lieb gehabt als Gut und um Gut, und Alles gut als Eines, und Eines als Alles: denn in der Wahrheit Alles ist Eines, und Eines ist Alles in Gott.

Kap. 45. - Ob man auch Sünde lieb soll haben, weil man alle Dinge lieb haben soll.

Man möchte sprechen: weil man Alles lieb haben soll: soll man denn auch Sünde lieb haben? Antwort: nein; denn wenn man spricht: Alles, so meinet man allein, was gut ist; und alles, das da ist, das ist gut, in dem, als es ist. Der Teufel ist gut, in dem oder sofern er ist. In diesem Verstande ist Nichts böse oder ungut. Aber Sünde ist, Anderes wollen, oder begehren, oder lieb haben, denn Gott, und das Wollen ist nicht ein Wesen: darum ist es auch nicht gut. Summa: kein Ding ist gut, denn soviel es in Gott und mit Gott ist. Nun sind alle Dinge wesentlich in Gott, und viel wesentlicher, denn in sich selber: darum alle Dinge gut sind nach dem Wesen; und wäre Etwas, das nicht wesentlich in Gott wäre, das wäre nicht gut. Siehe, nun ist das Wollen und Begehren, das wider Gott ist, nicht in Gott; denen Gott mag nicht wollen oder begehren wider Gott, oder Anderes, denn Gott. Siehe, darum ist es böse und nicht gut, oder auch gänzlich Nichts. Gott hat auch die Werke lieb, aber nicht alle Werke. Welche aber? Die nämlich, so da geschehen aus der Lehre und Anweisung des wahren Lichtes, und aus der wahren Liebe; und was aus diesem und in diesem geschieht, das geschieht in dem Geiste und in der Wahrheit; und was desselben ist, das ist gottes, und gefällt ihm wohl. Aber was da geschieht aus dem falschen Lichte, und aus der falschen Liebe, das ist alles arg und böse; und besonders was da geschieht, und gethan, oder gelassen, gewirket, oder gelitten wird aus einem andern Willen, oder Begierde, oder anderen Liebe, denn aus Gottes willen und seine Liebe, das ist und geschieht ohne Gott und wider Gott, und ist auch wider Gottes Werk, und ist allzumal Sünde.

Kap. 46. - Wie man etliche Dinge wegen göttlicher Wahrheit zuvor muß glauben, ehe man komme zu einem wahren Wissen und Befinden.

Christus spricht: „wer nicht glaubet, der ist verdammt“. Marc. 16,16. Dem ist wahrhaftig also. Denn ein Mensch, der in diese Zeit kommen ist, der hat kein Wissen; und kann zum Wissen nicht kommen, er muß zuvor glauben; und wer wissen will, ehe denn er glaubet, der kommt nimmer zu einem wahren Wissen. Dieß soll man nicht verstehen von den Artikeln des christlichen Glaubens; denn die glaubet jedermann, und ein jeglicher Christenmensch, insgemein, sündige und seelige, böse und gute; und man soll sie glauben, sonst kann man zu derselbigen Erkenntniß nicht kommen. Man meinet hie Etwas von der Wahrheit. Das da möglich ist zu wissen und zu befinden, das muß man glauben, ehe denn man es wisse und befinde: sonst kommt man nimmer zum wahren Wissen. Und diesen Glauben meinet Christus.

Kap. 47. - Vom eigenen Willen, und wie Lucifer und Adam von Gott sind gefallen durch den eigenen Willen; wie diese Zeit sey eine Vorstadt des Paradieses, und Himmelreichs, darin nichts mehr, denn Ein Baum, ist verboten, d.i., Eigenwille.

Man spricht: es ist nichts soviel in der Hölle, als eigener Wille. Und das ist wahr; denn da ist nichts Anderes, denn eigener Wille; und wäre kein Eigenwille, so wäre keine Hölle und kein Teufel. Wenn man saget: der Teufel oder Lucifer sey vom Himmel gefallen, Esai. 14., und habe sich von Gott abgewandt, und dergleichen; das ist nichts Anderes, denn daß er hat seinen eigenen Willen haben wollen, und nicht Eines Willen hat seyn wollen mit dem ewigen Willen. Und also war es auch mit Adam im Paradies. Und wenn man redet vom eigenen Willen, so meinet man, Anderes wollen, denn der einfältige, ewige Wille will.

Was ist aber das Paradies? Es ist alles, was da ist; denn Alles, das da ist, das ist gut und lustig, und ist auch Gott lustig, und darum heißt es, und ist wohl ein Paradies. Man spricht auch, daß das Paradies sey eine Vorburg oder eine Vorstadt des Himmelreichs: also ist alles, das da ist, wohl eine Vorstadt des Ewigen, oder der Ewigkeit, und besonders, was man in der Zeit, und bei den zeitlichen Dingen, und in und bei den Creaturen Gottes und der Ewigkeit begreifen oder erkennen mag; denn die Creaturen sind eine Anweisung und ein Weg zu Gott, und zu der Ewigkeit: also ist es Alles eine Vorburg und eine Vorstadt der Ewigkeit, und darum mag es wohl ein Paradies heißen und seyn. Und in diesem Pardies ist alles das erlaubet, das darinnen ist, ohne ein Baum und seine Frucht: d.i. soviel: unter allem dem, das da ist, da ist Nichts verboten, und Nichts, das Gott zuwider ist, denn Eines allein, d.i. eigener Wille, oder daß man Anderes wolle, denn der ewige Wille will. Davon ist zu merken, das Gott saget zu Adam, d.i., zu einem jeglichen Menschen: „was du thust oder läßt, oder was geschieht, das ist alles unverboten, und ist erlaubet also, daß es nicht aus deinem oder nach deinem Willen geschehe, sondern aus und nach meinem Willen“; was aber geschieht aus deinem Willen, das ist alles wider den ewigen Willen: nicht daß alle Werke, die also geschehen, wider den ewigen Willen seyen, sondern daß sie geschehen aus einem anderen Willen, oder anders, denn aus dem ewigen Willen.

Kap. 48. - Warum denn Gott den eigenen Willen erschaffen habe, wenn er ihm so sehr zuwider ist.

Nun möchte hie jemand fragen: weil dieser Baum, d.i., eigener Wille, Gott und dem ewigen Willen also zuwider ist: warum hat ihn denn Gott geschaffen und gemacht, und hat ihn in das Paradies gesetzt? Antwort: welcher Mensch oder welche Creatur begehret zu erfahren, und zu wissen den heimlichen Rath und Willen Gottes, also daß er gerne wollte wissen, warum Gott dies oder das thue, oder lasse und dergleichen, der begehrt nichts Anderes, denn was Adam und der Teufel bgehrten: so lange diese Begierde währet, so wird es nimmer erkannt, und der Mensch ist nichts Anderes, denn als Adam oder der Teufel. Denn diese Begierde hat ein Mensch um keiner anderen Ursache willen, denn daß man davon Lust habe, und darin glorire: und dieses ist die rechte Hoffart. Ein wahrer, demüthiger, erleuchteter Mensch begehret nicht von Gott, daß er ihm seine Heimlichkeit offenbare, also daß er erfrage: warum Gott dies oder das thue, oder verhänge, und dergleichen, sondern er begehrt allein, wie er allein an sich selber zu Nichte werde, und willenlos, auf daß der ewige Wille in ihm lebe und gewaltig sey, ungehindert von dem eigenen Willen, und wie dem ewigen Willen von und in ihm genug geschehe. Doch mag man auch auf diese Frage auf eine andere Weise antworten, und sprechen: das Alleredelste und Lustigste, das in allen Creaturen ist, das ist Erkenntniß, oder Vernunft, und Wille, und diese zwei sind bei einander: wo das Eine ist, da ist auch das Andere; und wären diese zwei nicht, so wäre auch keine vernünftige Creatur, sondern allein Vieh und viehische Art. Das wäre ein großes Gebrechen, und Gott möchte durch Nichts seine Eigenschaft vollbringen in wirklicher Weise, wie in vorigem Capitel gemeldet, das doch seyn soll und gehört zur Vollkommenheit. Siehe, nun ist die Erkenntniß und die Vernunft mit dem Willen geschaffen und gegeben; dieselbe soll den Willen lehren und auch sich selber, daß weder Erkenntniß oder Wille von sich selber ist, oder seyn soll, noch sich selber sollen, oder wollen soll, oder ihrer keines sich selber nützen, oder sein selbst gebrauchen soll zu sich selber, oder um sein selbst willen, sondern von dem sie sind, deß sollen sie auch seyn, und dem sollen sie auch gelassen und gehorsam seyn, und wider darein fließen, und an sich selber zu Nichte werden, d.i., an ihrer Selbstheit, eigener Liebe und Ehre.

Kap. 49. - Abermal warum Gott den Willen geschaffen habe.

Hie soll man nun ferner merken, und sonderlich von dem Willen: der ewige Wille, der in Gott ursprünglich und wesentlich ist, und ohne alle Werke und Wirklichkeit, derselbe Wille ist dem Menschen oder in dem Menschen, oder in der Creatur wirklich, und wirkend oder wollend. Denn dem Willen gehöret zu und ist sein Eigen, daß er wollen soll: was sollt’ er Anderes? Er wäre anders vergebens, so er keine Wirkung hätte. Und dieß mag ohne Creatur nicht geschehen: darum soll die Creatur seyn, und Gott will sie haben, damit dieser Wille sein eigen Werk darin habe und wirke, der sonst in Gott ohne Werk ist, und sein muß. Darum der Wille in der Creatur, den man einen geschaffenen Willen heißet, der ist sowohl Gottes, als der ewige Wille, und nicht der Creatur. Und dieweil nun Gott ohne Creatur wirklich und beweglich nicht wollen mag, darum will er’s thun in und mit den Creaturen. Darum soll die Creatur mit demselben Willen nicht wollen, sondern Gott sollte und wollte wollen wirklich mit dem Willen, der in dem Menschen ist, und doch Gottes ist. Und wo, oder in welchem Menschen dieß lauter und gänzlich wäre, da würde nicht von dem Menschen gewollt, sondern von Gott; da wäre der Wille nicht Eigenwille, und da würde auch nicht Anderes gewollt, denn als Gott will; denn Gott wohnete und wollte selber da, und nicht der Mensch; und da wäre der Wille Eines mit dem ewigen Willen, und wäre in denselben eingeflossen; und in dem Menschen wäre und bliebe Lieb und Leid, Wohl und Wehe und dergleichen. Denn wo der Wille williglich will, da ist Liebe oder Leid: wenn es so geschieht, wie der Wille will, so ist es lieb, und so es Anderes ist, denn der Wille will, so ist es leid; und dieß Lieb und Leid ist nicht des Menschen, sondern Gottes; denn weß der Wille ist, deß ist auch Lieb’ und Leid. Nun ist der Wille nicht des Menschen, sondern Gottes; darum ist das Lieb und Leid auch sein; und da wird nicht geklaget, denn allein, das wider Gott ist. So wird auch keine Freude da, denn allein von Gott, und von dem, das Gottes ist, und ihm zugehöret. Wie es nun um den Willen ist, so ist es auch um die Erkenntniß, Vernunft, Vermögen, Liebe; und was im Menschen ist, das ist alles Gottes und nicht des Menschen. Und wo das geschähe, daß der Wille also gar Gott gelassen wäre, da wäre das Andere allzumal gelassen; und da bekäme Gott alles das Seine, und der Wille wäre nicht Eigenwille. Siehe, also hat Gott den Willen geschaffen, aber nicht, daß er Eigenwille seyn soll.

Kap. 50. - Der eigene Wille macht den Menschen unruhig.

Nun kommt der Teufel und Adam, d.i., die falsche Natur, und nimmt diesen Willen an sich, und machet ihn ihr eigen, und nützet ihn zu sich selber und zu dem Ihren. Und das ist der Schade und das Unrecht, undd er Biß in den Apfel; und das ist verboten, und ist wider Gott. Und so lange, und wo Eigenwille ist, da wird nimmermehr wahre Ruhe (wie zu sehen an dem Menschen, und an dem Teufel); so wird auch wahrlich daselbst nimmer wahre Seeligkeit, weder in der Zeit, noch in der Ewigkeit. Wo dieser Eigenwille geschieht, da ist die Eigenschaft, daß man sich des Willens annimmt, und macht ihn eigen: und so er nicht gelassen wird in der Zeit, sondern wird gebracht aus der Zeit, so ist zu ersehen, daß er nimmer gelassen möge werden. So wird auch in der Wahrheit daselbst nimmer Genüge, Ruhe, Friede oder Seeligkeit. Das merket man aber bei dem Teufel. Wäre nicht Vernunft, oder Wille in den Creaturen, wahrlich Gott bliebe und wäre unerkannt und ungeliebet, ungelobet und ungeehret, und alle Creaturen wären Nichts werth, und wären Gott nirgend zu (Etwas) nütze oder tauglich. Siehe, also ist geantwortet auf die Frage: warum Gott den Willen geschaffen habe. Wäre nun jemand, der sich bessern wollte aus dieser langen Rede, die doch kurz und nütz in Gott ist, das wäre Gott lieb. Was frei ist, das ist niemand Eigen, und wer das eigen macht, der thut Unrecht. Nun ist unter aller Freiheit nichts also frei, als der Wille; und wer denselben eigen macht, und lässet ihn nicht in seiner edlen Freiheit, und in seinem freien Adel, und in seiner freien Art, der thut Unrecht: denn das thut der Teufel und Adam, und alle ihre Nachfolger. Aber wer den Willen lässet in seiner edlen Freiheit, der thut Recht: und das thut Christus und alle seine Nachfolger. Wer den Willen seiner edlen Freiheit beraubet, und machet ihn eigen, der muß zu Lohn haben, daß er mit Sorgen und Bekümmerniß, mit Ungenüge, mit Unfrieden, mit Unruhe und allem Unglück behaftet ist, und darin bleiben muß, dieweil dasselbe währet in Zeit und Ewigkeit; aber wer den Willen in seiner freien Art läßt, der hat Genüge, Frieden, Ruhe, Seeleigkeit in der Zeit und Ewigkeit. Wo und in welchem Menschen der Wille nicht eigen gemacht wird, sondern da er bleibet in seiner edlen Freiheit, da wird und ist ein wahrer freier, lediger Mensch, oder Creatur, davon Christus spricht Joh. 8,32.: „die Wahrheit soll euch frei machen“; und bald darauf 36.: „welchen der Sohn frei macht, der ist recht frei“.

Kap. 51. - Im Himmel ist nichts Eigenes, oder hat keiner etwas Eigenes.

Nun soll man merken, in welchem Menschen der Wille seiner Freiheit gebraucht, da hat er sein eigenes Werk, d.i., Wollen, und da will er ungehindert, was er will; so will er auch das Edelste und Beste in allen Dingen, und das nicht edel und gut ist, das ist ihm zuwider, und ist ihm Jammer und Klage; und je freier der Wille ist und ungehinderter, je weher ihm thut alle Bosheit, Unehre, und Untugend, und alles, das Sünde ist, und das man Sünde heißet, und je größerer Jammer und Klage ist. Das merket man bei Christo: in dem war der allerfreieste und ungeeignetste Wille, der in keinem Menschen je ward, oder immer seyn wird. So war auch Christi Menschheit die allerfreieste und ledigste Creatur, und war doch in ihr die größte Klage, und Jammer und Leiden wegen der Sünde, (d.i., wegen alles deß, so wider Gott ist) so in keiner Creatur je seyn mag; ja die größte Unmöglichkeit zu sündigen. Aber wo man sich der Freiheit annimmt, also daß da keine Klage oder Jammer sey um die Sünde, und was wider Gott ist, sondern man will Alles unachtsam, und sicher seyn, und man wollte seyn in der Zeit, wie Christus war nach der Auferstehung, und desgleichen, da ist nicht eine wahre göttliche Freiheit aus einem wahren göttlichen Lichte, sondern da ist eine natürliche, ungerechte, falsche, betrogene, teufelische Freiheit aus einem natürlichen, falschen, betrogenen Lichte. Wäre nicht Eigenwille, so wäre keine Sünde und Eigenthum. Im Himmelreich ist nichts Eigenes: derohalben ist daselbst Genüge, wahrer Friede und alle Seeligkeit. Und wäre jemand da, der sich (Etwas als Eigenes) Eigenschaft annähme, der müßte heraus in die Hölle und ein Teufel werden. Aber in der Hölle will jederman seinen eigenen Willen haben: darum ist da alles Unglück und Unseeligkeit. Also ist es auch in der Zeit. Wäre aber jemand in der Hölle, der ohne eigenen Willen würde, und ohne Eigenschaft (Eigenes), der käme aus der Hölle in das Himmelreich. Nun ist der Mensch in der Zeit zwischen Himmel und Hölle, und mag sich kehren, zu welchem er will. Denn je Mehr Eigenthums, je Mehr Hölle, und je Weniger eigenes Willens, je Weniger Hölle, und näher dem Himmelreich. Und möchte der Mensch lauter ohne eigenen Willen, und ohne Eigenthum seyn, und ledig und frei aus einem wahren göttlichen Lichte, und bliebe wesentlich also, der wäre des Himmelreichs gewiß und versichert, und der Himmel wäre in ihm, und keine Sünde. Wer Etwas Eigen hat, oder haben will, oder gerne hätte, der ist selber Eigen; und wer nichts Eigenes hat, oder haben will, oder nichts begehrt zu haben, der ist ledig und frei, und niemandes Eigen.

Kap. 52. - Wie man das verstehen soll, das Christus spricht: „niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“

Alles, das bisher geschrieben ist, das hat Christus gelehret mit langem Leben, nämlich vierthalb und dreisig Jahre lang; aber mit kurzen Worten, da er spricht: „folge mir!“ Wer ihm aber folgen soll, der muß Alles lassen, denn in ihm war auch Alles gelassen so gänzlich, als es von einer Creatur je gelassen ward, oder geschehen mag. Auch wer ihm folgen will, der soll das Creutz auf sich nehmen; und das Kreuz ist nichts Anderes, denn Christi Leben: denn das ist ein bitter Kreuz aller Natur. Darum spricht er: „wer nicht Alles verlässet, und nicht das Kreuz auf sich nimmt, der ist mein nicht werth, und ist mein Jünger nicht, und folget mir nicht nach.“ Aber die freie, falsche Natur meinet, sie habe Alles gelassen; sie will aber das Kreuz nicht, und spricht: sie habe Kreuz genug gehabt, und bedürfe sein nimmer, und ist betrogen; denn hätte sie das Kreuz je geschmeckt, sie möchte es nimmer verlassen. Wer an Christum glaubet, der muß das alles glauben, das hie geschrieben stehet. Amen.

Christus spricht Joh. 14,6.: „niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“ Nun merke, wie man durch Christum zum Vater kommen soll. Der Mensch soll wahrnehmen seiner selbst, und alles des Seinen von innen und von aussen, und sich also halten, und bewahren, soviel möglich ist, daß in ihm von innen nimmer ein Wille, noch Begierde, Liebe, Meinung, Gedanke, oder Lust aufstehe, oder bleiben möge anders, denn als Gott zugehöret, und Gott wohl geziemet, als ob Gott selbst der Mensch wäre; und wo man gewahr wird, daß Es sich anders erhebt, das Gott nicht zugehöret, und wohl geziemet, das soll man vertilgen, und ihm widerstehen, soviel man auf’s erste und beste mag. Und dasselbe soll auchs eyn von aussen: an Thun und Lassen, an Reden und Schweigen, an Wachen und Schlafen, und kürzlich an allem Wandel, Weise und Sitten, die der Mensch hat mit sich selber, oder mit anderen, und gegen sich selbst und gegen andere Leute, also daß dieß alles behütet sey; oder man sich vorsehe, daß nicht etwas Anderes geschehe, oder daß sich der Mensch nicht zu etwas Anderem kehre, oder Etwas in sich gestatte, von innen und aussen zu thun oder zu lassen, denn das Gott wohl anstehe, gebühre und wohl ziemlich sey, als ob Gott selber Mensch wäre. Siehe, was denn daselbst in demselben Menschen wäre oder ist, oder geschähe von innen und aussen, das ist oder wäre alles Gottes, und der Mensch ist oder wäre ein Nachfolger Chrsiti und seines Lebens, wie viel wir das verstehen und ausreden können.

Kap. 53. - Wer Christi Nachfolger und Diener sey.

Und wer nun dieß Leben hätte, der gienge und käme durch Christum zum Vater, denn er wäre Christi Nachfolger: so käme er auch mit Christo zum Vater, und durch Christum, und er wäre auch ein wahrer Diener Christi. Denn wer ihm nachfolget (wie er selber spricht Joh. 12,26.), der dienet ihm: „wer mir dienen will, der folge mir nach“! als ob er spräche: wer mir nicht folget, der dienet mir auch nicht. Und wer also Christo nachfolget und dienet, der kommt dahin, da Christus ist, d.i., zum Vater; wie der Herr selber spricht Joh. 17,24.: „Vater, ich will, daß, wo ich bin, auch mein Diener daselbst sey.“ Siehe, wer diesen Weg gehet, der gehet auch durch die Thür in den Schaafstall (Joh. 10,1-3.) d.i., in das ewige Leben, und der Thürhüter thut ihm auf; wer aber einen andern Weg gehet, oder wähnet, er wolle oder möge zu dem Vater kommen, oder zur ewigen Seeligkeit anders, denn also durch Christum, der ist betrogen, denn er gehet nicht durch den rechten Weg; auch gehet er nicht ein durch die rechte Thür: darum wird ihm nicht aufgethan, sondern er ist ein Dieb und ein Mörder, als Christus spricht. Siehe, nun merke, ob man in ungeordneter Freiheit, und Ledigkeit und Unachtsamkeit, Tugend oder Untugend, Ordnung oder Unordnung und dergleichen, als ihr wohl merket, ob man (sage ich) also den rechten Weg, oder zur rechten Thüre eingehe, oder nicht. Denn diese Unachtsamkeit ist nicht in Christo gewesen: sie ist auch in keinem seiner wahren Nachfolger. Auch spricht Christus Joh. 6,44.: „niemand kommt zu mir, der Vater ziehe ihn denn.“ Nun merket: bei dem Vater verstehe ich das vollkommene, einfältige Gut, das da Alles ist, und über Alles, und ohne das, und ausser dem kein wahres Wesen, noch kein wahres Gut ist, und ohne das kein wahres gutes Werk je geschah, noch immer geschieht. Und weil es nun Alles ist, so muß es auch Alles seyn, das die Creatur, in dem als Creatur, begreifen oder verstehen kann; denn was die Creatur begreifen, oder verstehen kann als Creatur, oder nach ihrer Creatürlichkeit, das ist alles Etwas, Dieß oder Das, und das ist denn alles Creatur. Und wäre nun das einfältige, vollkommene Gut Etwas, dieß oder das, das die Creatur verstehet, so wäre Es nicht Alles, noch allein, und wäre auch nicht vollkommen: darum nennet man es auch nicht. Man meinet, es sey der keines, das die Creatur aus eigenem Vermögen und Natur begreifen, erkennen, gedenken, oder nennen mag. Siehe, wenn dieß vollkommene Ungenannte fleußt in eine gebährende Person, darin es gebieret seinen eingebornen Sohn und sich selber, so nennet man es Vater.

Kap. 54. - Wie der Vater zum Sohne ziehe, und hinwider der Sohn zum Vater.

Siehe, nun merke, wie der Vater ziehe zu Christo, nämlich also: wenn der Seele des Menschen etwas offenbart wird von diesem vollkommenen Gute als in einem Blick, oder in einem Zug, so wird in dem Menschen geboren eine Begierde, dem vollkommenen Gute zuzunahen, und sich mit ihm zu vereinigen; und je größer diese Begierde wird, je mehr ihm geoffenbart wird; und je mehr ihm geoffenbaret, je mehr er begehret und gezogen wird: also wird der Mnesch gezogen und gereizt zu der Vereinigung des ewigen Gutes; und dieß ist des Vaters Ziehen; und also wird der Mensch gelehret eben von demselben, das ihn zieht, daß er nämlich zu der Einigkeit gewißlich nicht kommen mag, er komme denn durch Christi Leben dazu. Siehe, also nimmt er dasselbe Leben an sich, davon zuvor gesagt ist. Nun merke diese zwei Worte, die Christus spricht Joh. 14,6.: „niemand kommt zum Vater, denn durch mich“ d.i., durch mein Leben, wie zuvor gesagt; zum andern: „niemand kommt zu mir,“ d.i., daß er sich meines Lebens annehme, und mir nachfolge, „er werde denn berührt und gezogen vom Vater“, d.i., von dem einfältigen und vollkommenen Gute, davon S. Paulus spricht: „wenn das Vollkommene kommt, so höret das Stückwerk auf“. Das meinet er also: in welchem Menschen das Vollkommene erkannt, empfunden, und geschmecket wird, soviel es möglich ist in der Zeit, demselben Menschen dünken alle geschaffene Dinge Nichts zu seyn gegen dieses Vollkommene, wie es denn auch in der Wahrheit ist. Denn ausser dem Vollkommenen und ohne dasselbe ist kein wahres Gut, noch wahres Wesen. Wer denn das Vollkommene hat, oder erkennet und liebet, der hat und erkennet schon Alles und Alles Gut: was soll’t ihm denn Mehr oder Anderes, oder was sollten ihm die Theile, und Stückwerk, weil doch die Theile alle in dem Vollkommenen vereiniget sind, in Einem Wesen?

Kap. 55. - Wie Gott Alles in dem Menschen sey.

Was nun hie gesagt ist, das gehöret alles zu dem auswendigen Leben, und ist ein Weg und Zugang zu dem wahren inwendigen Leben, und das inwendige hebet an nach diesem. Wenn der Mensch schmecket das Vollkommene soviel möglich ist, so werden alle geschaffene Dinge dem Menschen zu nichte, und auch der Mensch selber; und so man in der Wahrheit erkennet, daß das Vollkommene allein Alles ist, und überall, so folget nothwendig daraus, daß man demselben Vollkommenen allein zuerkennen und ihm allein zumessen muß Alles Gut, und keiner Creatur, nämlich: Wesen, Leben, Erkenntniß, Wissen, Vermögen und dergleichen. Und daraus folget, daß der Mensch sich Nichts annimmt, oder anmasset, weder Lebens noch Wesens, Vermögens, Wissens, Thuns und Lassens, noch alles deß, das man Gut nennen mag. Und also wird der Mensch ganz arm, wird auch an sich selber zu Nichte, und in ihm und mit ihm alles, was Etwas ist, d.i., alle geschaffene Dinge: alldda erhebt sich allererst ein inwendiges Leben; und dann wird hinfort Gott selbst der Mensch, also daß da Nichts mehr ist, das nicht Gott oder Gottes ist; und da ist auch Nichts, das sich Etwas annehme oder anmasse. So geschieht’s denn, daß Gott daselbst allein ist, lebet, erkennet, vermag, liebet, will, thut und lässet. Das ist das Ewige, Eine, Vollkommene allein, und also sollt’ es in der Wahrheit seyn; und wo es anders ist, da ist es also, daß es wohl möchte besser und rechter seyn. Auch ist ein gutes Werk und Zugang, daß man wahrnehme, daß das Beste das Liebste sey, und daß man das Beste erwähle, und sich dazu halte, und sich damit vereinige, zum besten in den Creaturen. Was ist aber das Beste in den Creaturen? Das merke, wo das ewige, vollkommene Gut, und das Seine, das ihm zugehöret, allermeist scheinet und wirket, und erkannt und geliebet wird. Was ist aber das, das Gottes ist, und ihm zugehöret? Antwort: Es ist alles das, das man von Recht und mit Wahrheit Gut heisset, und nennen mag. Siehe, wenn man sich also in den Creaturen zum Besten hält, so man erkennen mag, und dabei bleibet, und nicht hinter sich gehet, so kommt man zu einem Besseren, und aber zu einem noch Besseren, also lange bis der Mensch erkennet und schmecket, daß das Ewige, Einige, Vollkommene ohen Maaß und Zahl über alles geschaffene Gut ist.

Kap. 56 - Gott ist allein zu lieben und zu ehren.

Soll nun das Beste das Liebste seyn, und folget man demselben nach, so soll freilich das ewige, einige Gut über Alles und allein lieb gehabt werden; und der Mensch, soll sich zu dem allein halten und sich mit ihm vereinigen, soviel es möglich ist. Und soll man nun dem ewigen, einigen Gute alles Gut zuerkennen, und zuschreiben, als man von Recht, und in der Warhehti soll; so muß man ihm auch von Recht, und in der Wahrheit zuschreiben den Anfang, und Forgang, und zum Ende zu kommen, und muß ihm dasselbe also zuerkennen und zumessen, daß dem Menschen oder der Creatur Nichts bleibe. Also sollte es in der Wahrheit seyn, man sage oder singe, was man wolle: also käme man aber zu einem wahren, inwendigen Leben. Und wie es denn hinfort ergienge, und was da geoffenbaret würde, oder wie das geliebet würde, davon sänge oder sagete man nicht viel. Es ist auch nie mit dem Munde ausgesprochen, noch mit dem Herzen bedacht, oder erkannt, wie es in der Wahrheit ist.

Beschluß.

Diese lange, vorgeschriebene Rede begreift kürzlich, wie ihm von Rechts wegen und in der Wahrheit seyn sollte: daß in dem Menschen Nichts überall seyn sollte, das sich Etwas annähme, oder anmassete, noch Etwas wollte oder begehrte, oder liebete, oder meinete, ausgenommen Gott, und die Gottheit allein, d.i., das ewige, einige, vollkommene Gut. Und so nun im Menschen Etwas ist, das sich annimmt, anmasset, oder will, oder meinet, oder begehret Anderes, oder Mehr, denn das ewige Gut, das ist zuviel und ist ein Gebrechen. Kürzlich: mag der Mensch dazu kommen, daß er Gott sey, als dem Menschen seine Hand ist, so lasse er sich genügen; und das soll wahrhaftig seyn; und eine jegliche Creatur ist dasselbe von Rechts wegen, und in der Wahrheit Gott schuldig, und besonders eine jegliche vernünftige Creatur und allermeist der Mensch. Das ist bei dem zu merken, daß ich zuvor geschrieben habe. Auch soll man merken: wenn der Mensch so ferne kommt, daß er meinet, und ihm dünket, daß er hiezu gekommen sey, dann ist Zeit, daß er sich vorsehe, daß alsdann der Teufel nicht Asche darein säe, also daß die Natur ihr Gemach, ihre Ruhe, Frieden, und ihre Wollust hierin suche, und nehme, und gerathe in eine thörichte, ungeordnete Freiheit, und in Unachtsamkeit, das einem wahren göttlichen Leben zumal fremde, und zumal ferne von ihm ist. Das geschieht dem Menschen, der nicht gangen hat, noch gehen will den rechten Weg, und zu der rechten Thür ein, d.i., durch Christum, wie zuvor gesagt ist; und wähnet, er wolle, oder möge anders, oder durch einen anderen Weg kommen zu der obersten Wahrheit; oder er meinet, er sey dazu kommen, ehe er denn wahrhaftig dazu kommen ist. Das bezeuget Christus, da er spricht Joh. 10,1-3.: „wer anders eingehen will, denn durch mich,d er gehet nimmer recht ein zu der obersten Wahrheit, sondern er ist ein Dieb und ein Mörder.“

Daß wir, nun von uns selber abgehen, und unserem eigenen Willen absterben, und Gott allein und seinem Willen leben: das helfe uns der Herr, der seinen Willen seinem himmlischen Vater aufgegeben hat, der da lebet und herrschet mit Gott dem Vater in Ewigkeit des heiligen Geistes, in vollkommener Dreifaltigkeit ewiglich.

Gott sey Lob, Ehr und Preiß in Ewigkeit! Amen.

Anhang.

Etliche Hauptreden und Hauptsprüche, in denen sich ein jeder fleißiger Schüler Christi üben mag, zu prüfen und zu erkündigen, was von rechter, wahrer Vereinigung mit dem höchsten, einigen Gute zu lernen und zu betrachten sey.

1.
Gott ist einig; und Einigkeit entstehet und kommt allein aus ihm, und doch nicht von ihm, sonst nähme er ab, und würde geringer.

2.
Wo zwei sind, die mit einander erhalten, und übereinkommen sollen, da ist es möglich, daß unter ihnen Zwiespalt entstehe.

3.
Diese zwei können nicht uneins werden, denn durch den Willen: derselbe ist die höchste Ursache, Mittel und Gelegenheit zur Uneinigkeit; auch in Gott, so zwei könnten in Gott seyn.

4.
Denn es ist Nichts, das Uneinigkeit gebähren möge unter allen Dingen, so uneins werden mögen, denn die Ungleichheit des Willens.

5.
Dieß Eine, verstehe Gott, will Eines, und ist aller Zwiefaltigkeit zuwider und entgegen.

6.
Derhalben, was Gott geschaffen, das hat er alles auf das Einige, und zu dem Einigen geschaffen, sonst hätte ihm die Ordnung gemangelt.

7.
So hätte auch die Schöpfung keinen Bestand haben mögen wegen des Widerwillens, oder widerwärtigen Willens, wie es denn jetzt ist: darum auch die Schöpfung zergehen muß.

8.
Dieß Eine hat man nicht messen, denken, betrachten, erkennen mögen, denn allein durch das Eine, von dem Einen, und aus dem Einen; auch etwa in dem, so ihm widerwärtig ist.

9.
Das Widerspiel, oder Widerwärtige enstehet aus sich selbst, oder thut sich von selbst hervor, ohne Schuld des Gegentheils.

10.
Daraus kann klärlich vernommen werden, daß das Eine, und das Beste hat müssen einen Gegenwurf haben, daraus dasselbe, soviel möglich, erkennet würde.

11.
Solches war und ist aller Creaturen Wesen, und vornehmlich in, und mit, und durch die vernünftige Creatur, welche Adam war.

12.
Denn das Eine sollte ohne Creatur Nichts, und möchte sich doch die Creatur nicht selbst dazu verhelfen.

13.
Da hat sich zu erkennen gegeben die Allmacht, Barmherzigkeit und unendliche Gütigkeit des Höchsten, deß Name ist Herr.

14.
Und zu mehrerer Erkenntniß hat er auch frei geschaffen, was er geschaffen. Ursach: das, so ewig frei war, ist und bleibet, das mag nichts Eigenes, seiner Art nach, schaffen und ertragen.

15.
Nun mag auch das Freie in keinem Dinge sich füglich üben, oder hervor thun, sehen lassen, und sich zu erkennen geben, denn in seinem Gegenwurf (oder Gegentheil).

16.
Wer Etwas, das frei ist und seyn soll, eigen macht, der thut wider den, der es frei geschaffen hat: und das ist die Sünde.

17.
Die Sünde muß aber am allerklarsten erkannt werden, soll man sie vollkommen hassen.

18.
Dieser Haß der Sünde aber entsteht im Gegentheil, welches wahrhaftig ist der Sohn Gottes, oder Gottes Bildniß, welcher der Freiheit begierig ist ohne Unterlaß.

19.
Dieß bleibet, ist und muß bleiben, so lange Gott seyn und bleiben mag, indem es ist; denn es ist von Einem, und lässet sich ewiglich nicht davon bringen.

20.
Daß es aber recht und bald wieder erneuert, und wieder aufgerichtet werde, stellet sich das eine Vollkommene dar, dasjenige, so von ihms elbst gezweiet, wieder zurecht zu bringen.

21.
Das möchte nicht anders geschehen, denn in Etwas, das sich dem Gezweiten vergleichte (gleich stellte), aber sonder und ohne allen Schaden der Einigkeit.

22.
Solches sollte und mußte sich selbst (soviel es Eines), und allein das Einige auf das höchste verklären, damit die Freiheit wiederum in ihr Wesen käme, welches sie doch nie verloren hatte.

23.
Daher hat das Eine (Jesus Christus) den allerfreiesten Willen gelehret, geübet, gehabt und gebraucht.

24.
Dieß war nicht sein, wie er selber spricht Joh. 14., sondern des Einen, von dem er’s empfangen hat, daß es durch ihn geoffenbaret würde.

25.
Vermochte doch von ihm von Rechts wegen nicht genommen werden, und der Vollkommenheit halber, die er um der Freiheit willen haben mußte: sollt’ er sie anders, wie sich’s gebührete, am besten verklären.

26.
In ihm war die allervollkommenste Vereinigung des Willens, der sich deß Nichts annahm, davon er Eines ist und bleibet, sonst gienge dem Einen etwas ab: und das ist das Allervollkommenste in ihm.

27.
Nun ist, (wie oben stehet) das Freie noch vorhanden: das muß nicht verloren werden, sonst brächte es der Gottheit Schaden, welcher es ist und zugehöret, oder deren Eigen es ist; denn sie verlöre Ettwas, das zu Nichte wäre worden, und wäre Etwas, daraus entstehen könnte, daß auch das Ganze zu Nichte würde.

28.
Soll nun solches geschehen, so muß es nach dem Vorbilde, welches das vollkommenste Amts halben seyn muß, geschehen, und eben nach der Weise und dem Willen des Einen, das nie mit sich selbst uneins wird.

29.
Das ist und heißet man Wiederkehren von allen Gezweiten in das Einige; das muß durch’s ganze Leben studirt werden. Wer will, der kann’s; wer es nicht glaubet, der versuche es.

30.
Dieß mag und muß allein durch Verlierung alles deß, so dem Einen zuwider ist, geschehen, sonst nicht, d.i., Gelassenheit in Gelassenheit; nämlich: ganze Ergebung, oder Dargebung, ein vollkommenes Opfer, das freiwillig ist. Summa: das ist Christus, der wahre Sohn Gottes, der Erstgeborne unter den Brüdern, deß Alles Eigen ist, was der Vater hat und vermag; der das rechte, wahre Mittel ist, dadurch man allein mag, soll und muß zu dem Einigen, d.i., zu dem Vater kommen: dazu hat ihn der Vater verordnet.

So nun jemand diese Rede nicht kann begreifen, dem mangelt des Geistes Zeugniß, deß Zucht er ausschlägt und nicht haben will: wer sie verstehet, der urtheile. Der Geist Gottes aber beurtheilt alle Dinge. Hat jemand Fehl oder Mangel daran, ist seine Schuld, daß er sich des Abfalls nicht bekümmert, wie er gebessert werde, weil er doch muß gebessert werden. Sagt aber jemand: es ist zu hohe Klugheit, der wisse, daß die größte Thorheit des heiligen Geistes klüger ist, denn die höchste Weisheit aller Welt 1. Corinth. 1.; und ist nicht Wunder, daß dieses dem Fleische zu hoch dünket, denn es sind göttliche Dinge, davon das Fleisch nichts urtheilen kann. Deswegen deucht’s ihm zu hoch: gleich als wenn eine Nachteule spräche: sie könnte des Tages Licht nicht sehen, weil die Nacht ihr Licht ist; bei welcher Nacht das Allerhelleste finsterer ist, denn das Allerfinsterste des Tages.

Dem dreieinigen Gott die Ehre!

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