Thomas von Kempen - Buch 3 - Kapitel 16
Daß wahrer Trost in Gott allein zu suchen ist.
1. Alles, was ich nur zu meinem Troste wünschen oder denken kann, erwarte ich nicht hier, sondern dort.
Wenn ich auch alle Tröstungen dieser Welt allein hätte und alle Ergötzungen genießen könnte, so ist doch gewiß, daß sie nur von kurzer Dauer sein würden.
Darum, meine Seele, wirst du nicht vollkommen getröstet, noch erquickt werden können, außer in Gott, dem Tröster der Armen und dem Beschützer der Demüthigen.
Harre nur ein wenig, meine Seele, harre der göttlichen Verheißung, und du wirst Ueberfluß haben an allen Gütern im Himmel.
Wenn du aber mit ungeordneter Begierde das Gegenwärtige verlangst, so wirst du jener ewigen und himmlischen Güter verlustig werden.
Gebrauche das Zeitliche und trachte nach dem Ewigen.
Nimmer kannst du durch irgend ein zeitliches Gut gesättigt werde, weil du zu dergleichen Genuß nicht erschaffen bist.
2. Und besäßest du auch alle Güter der Welt, so könntest du doch nicht glücklich und selig sein; sondern in Gott, der Alles geschaffen hat, besteht dein ganzes Glück und deine Seligkeit.
Diese Seligkeit ist freilich keine solche, wie sie von den thörichten Kindern dieser Welt angesehen und gerühmt wird, sondern wie sie die frommen Christgläubigen erwarten, wovon schon manchmal einen Vorgeschmack die haben, die reinen Herzens und voll heiligen Geistes sind, die, deren Wandel im Himmel ist.
Eitel und kurz ist aller menschliche Trost.
Wahren und seligmachenden Trost gibt innerlich die Wahrheit.
Der fromme Christ hat seinen Tröster, Jesum, überall und immer bei sich, und spricht zu ihm: Sei du bei mir, Herr Jesu, an jedem Ort und zu jeder Zeit.
Das sei mein Trost, gern allen menschlichen Trost entbehren zu wollen.
Und wenn auch dein Trost mir mangeln sollte, so sei dein Wille und deine gerechte Prüfung mein höchster Trost. – Denn du wirst nicht immer zürnen, noch in Ewigkeit drohen.