Spurgeon, Charles Haddon - Worte der Weisheit für das tägliche Leben - Gott redet zu allen
Predigten werden einem jeden in seinem Berufe gehalten, welchen man sich nicht leicht verschließen kann, und wenn wir mit dem Landmann beginnen wollen, so gibt es gerade für ihn solcher Predigten viele tausend. Er braucht keinen Schritt zu gehen, ohne den Gesang der Engel und die Stimme des Geistes überall in der Natur zu vernehmen, wie sie ihn zur Gerechtigkeit mahnen. Wenn, der Mensch nur es will, so muss er bald entdecken, wie die Natur an allen Enden ihre Sprache redet. Aber es gibt auch Leute, die in ihrem Beruf sehr wenig Gelegenheit haben, in der Natur zu leben, denen Gott aber dennoch die mahnende Stimme bei ihrer Arbeit nicht fehlen lässt. Der Bäcker schiebt seine Brote in den glühenden Ofen, damit das Brot bereitet werde, und wenn er die Flamme schürt und die sengende Hitze verspürt, so mag er, wofern er ein gottloser Mann ist, wohl erzittern bei dem Anblick der sengenden Flammen. Auch für ihn steht das Wort geschrieben: „Es kommt der Tag, der da brennt wie ein Ofen.“ Aus dem glühenden, brennenden Ofen strahlt ihm die Warnung entgegen, und das Herz des Mannes müsste wie Wachs zerschmelzen, wenn er die Mahnung recht hören wollte.
Seht ferner den Metzger an. Ach, wie redet die Kreatur zu ihm! Das Lamm widersetzt sich seinem Messer nicht, und der Stier lässt sich ahnungslos zum Schlachthause führen. Wenn er dann das unwissende Tier alsbald zum Tode bringt, sollte er da nicht beherzigen, wie bald auch ihn der Tod ereilen könnte?! Ohne Christum gleichen wir alle dem Tiere, das unwissend der Schlachtbank entgegen eilt, und wahrlich, wir sind noch viel törichter, als die unwissende Kreatur. Der Gottlose folgt seinem Verderber ohne Nachdenken in die Räume der Hölle. Beobachtet nur einmal den Trunkenbold und den Lüstling auf seinem Wege der sinnlosen Leidenschaft, und seht das Ziel dieses Sündenweges, so müsst ihr doch mit mir sagen, dass sie dem Ochsen gleichen, der sich willenlos von dem Schlachter führen lässt, der ihn alsbald niederwirft, um ihm das Leben zu nehmen. Hat Gott nicht sein Messer geschärft und seine Art bereitet, damit die gemästeten Rinder der Erde ertötet werden, und spricht Er nicht: „Siehe, ich habe ein Fest der Rache für euch bereitet.“ Jawohl, du Mann, der du den Beruf des Metzgers erwählt hast, es fehlt dir in deinem Beruf nicht an der Predigt, die Gott dir hält. Und du, der du den ganzen Tag stillsitzen musst, um die Schuhe für diejenigen zu verfertigen, die da draußen umher laufen, solltest du nicht einmal darüber nachdenken, ob dein Herz vielleicht gerade so hart wäre, wie der Stein, auf dem du deine Schuhsohle klopfst? Ist dir dein Herz noch niemals geschmolzen und war es noch niemals zerbrochen? Was wird dann Gott zu dir sprechen, wenn du mit diesem steinernen Herzen vor Ihm erscheinst? Wird Er dich nicht verdammen, weil du nicht Buße tun wolltest, und weil du seine Stimme überhörtest, mit der Er dich bat, dich versöhnen zu lassen? Dass doch der Brauer einmal nachdächte, ob er auch so trinken muss, wie er braut, und dass der Töpfer doch einmal zitterte, wenn er bedächte, dass er vielleicht gleich einem missratenen Gefäß auf der Scheibe verdorren müsste. Lass doch den Drucker dahin streben, seine Arbeit nicht mit höllischen, sondern mit himmlischen Lettern zu drucken, und der Maler möge sich hüten, dass er seine Farben benutze, nicht der Lüge, sondern dem Wahren und Wirklichen mit seinen Bildern zu dienen. Oder ihr anderen Geschäftsleute, die ihr so viel mit Maßen und Gewichten umzugehen habt, wollt ihr euch nicht im Geiste einmal selbst auf die Waagschale legen? Und wenn ihr dies tut, fällt euch dann nicht der große, heilige Richter ein, der sein Evangelium auf die eine Schale legt, um dann mit heiligem Ernst auf euch herab zu blicken mit den Worten: „Mene, Mene, Tekel gewogen und zu leicht erfunden!“
Einige von euch messen viel, und wenn sie gemessen haben, schneiden sie das Stück ab, das der Käufer wünscht. Wohlan, wenn ihr das tut, so denkt auch einmal daran, dass euer Leben eine gewisse Länge hat, und dass jedes Jahr ein Stückchen von dieser Länge weiter misst, bis dann endlich die große Schere zuklappt, die das bestimmte Ende abschneidet. Du weißt nicht, wann das Stück das Maß erreicht, aber du fühlst immer wieder ein unbestimmtes, unbehagliches Erbeben, und das kommt von dem Klippen der unheimlichen Schere! Was bedeutet das Zittern in deinen Gebeinen, das Abschwächen des Augenlichtes und das Nachlassen des Gedächtnisses? das Verschwinden deiner jugendlichen Kraft? Es ist nichts andres, als ein erster Riss des Lebensfadens. Ach, wie bald wirst du zusammenfallen, wie bald werden deine Tage dahin sein, und wie schrecklich, wenn dann die ganze Reihe deiner Jahre vergeblich verbracht war! Aber du sprichst: „Ich bin nur ein Diener und habe gar keine bestimmte Beschäftigung.“ Gut, mein Lieber, so entgegne ich dir, dass dein Gott dir eben darum auch sehr verschiedene Predigten hält. Ein Knecht dient für seinen Lohn und ein Tagelöhner füllt seinen Tag aus, und dies kann dich sehr wohl daran erinnern, dass auch der Tag bald kommt, wo der ganze Lebenstag ausgefüllt sein wird und wo der letzte Lohn zu empfangen ist. Wer wird dann dein Herr und Meister sein? Dienst du dem Satan, der Lust und dem Fleische? Und willst du deinen Lohn in dem glühenden Feuerofen haben? oder dienst du dem Fürsten Immanuel, der die goldene Lebenskrone zum Lohne gibt? Wohl dir, wenn du dem guten Meister dienst, der den herrlichen Lohn austeilt! Wie deine Arbeit ist, so wird auch dein Lohn sein. Doch da sitzt vielleicht auch einer, der die Feder führt und der Stunde auf Stunde mühsam zu schreiben hat. Lieber Mann, ich weiß, dass dein ganzes Leben, sozusagen, ein langes Schriftstück ist, und selbst wenn deine Hand nicht über das Papier fährt, so bist du doch am Schreiben, denn du schreibst immer auf die Seiten der Ewigkeit.
Entweder schreibst du auf diese Ewigkeitsblätter deine Sünden nieder, oder sie enthalten den Bericht von deinem Vertrauen auf Den, der dich liebt. Glückselig. bist du, mein lieber Schreiber, wenn dein Name eingetragen ist in das Buch des Lebens, und wenn die schwarze Schrift, die gegen dich zeugte, mit dem roten Blute des Lammes ausgelöscht wurde! Wenn dafür der Name Jehovah so deutlich auf dich geschrieben ist, dass er ewig zu lesen bleibt. Es kann auch sein, dass du ein Arzt oder ein Chemist bist, dass du Rezepte schreibst für die Gebrechen des menschlichen Körpers. Gott steht neben deinem Pulte und neben deinem Mörser, neben deinem Tische, auf dem du die Rezepte schreibst, und Er spricht zu dir: „Mensch, du bist krank, ich kann für dich ein Rezept schreiben! Das Blut und die Gerechtigkeit Christi, im Glauben erfasst und im Geiste angeeignet, können deine Seele kurieren! Ich kann für dich eine Medizin zusammensetzen, die dich von allen Übeln befreit, und die dich an den Ort bringt, wo die Einwohner nie mehr sprechen werden: „Ich bin krank!“ Willst du meine Medizin einnehmen oder willst du sie zurückweisen? Ist sie dir bitter, so dass du dich vor ihr scheust? Komm, mein Kind, trinke, trinke, denn dein Leben hängt davon ab!“ Und wie könntest du jemals entkommen, wenn du eine solche Erlösung nicht achtest? Und du, mein Lieber, da drüben, schmilzt du vielleicht das Eisen oder Kupfer, oder holst du die harten Metalle aus der Erde Schoß? Dann bitte doch, dass der Herr dein Herz schmelzen möge, damit du in die Form des Evangeliums gegossen werdest! Und wenn du etwa die Kleider für die Menschen anfertigst, so trage Sorge, dass du für die Ewigkeit selbst das richtige Gewand bekommen mögest! Ihr Bauleute, die ihr den ganzen Tag die Steine aufeinander legt, um sie mit Mörtel zu verbinden, erinnert euch denn eure Arbeit gar nicht daran, dass ihr für die Ewigkeit etwas zu bauen habt? Ach, dass ihr doch selbst auf den guten Grund erbauet wäret, und nicht Holz, Heu und Stoppeln, sondern Gold und Silber auf diesem Grunde erbaut würde, das in dem Feuer bestehen kann! Mensch, denke daran, dass du als dürres Holz verbrennen musst, wenn du nur dem Baugerüste gleichst, das abgebrochen wird, wenn der Bau der Kirche vollendet ist. Lass dich auferbauen auf dem Felsen und nicht auf dem Sande, lass dich durch das herrliche Bindungsmittel, durch das Blut des Erlösers, in den für ewig gegründeten Bau einfügen mit den lebendigen Steinen, aus denen derselbe sich auferbaut. Und bist du ein Juwelier, der mit kunstvoller Hand die Gemme schneidet und den Diamanten schleift, so wünsche ich dir nichts mehr, als dass du zunächst den Unterschied erkennen möchtest, der zwischen dir und den Steinen besteht, auf die du deine Kraft verwendest! Du schneidest sie, und je mehr du sie schneidest und schleifest, je mehr glänzen sie, während du selbst, trotz allen Schnitten und Rissen, die Gottes Leidensschule an dir versuchte, in Fieber und Cholera, ja wohl gar schon an des Todes Türen warst, während du trotz alledem noch niemals Lichter, sondern stets nur dunkler wurdest. Ach, du bist kein Diamant - du bist nur ein Kieselstein des Baches, und Gott, der Herr, kann dich in seinen Schmuck nicht aufnehmen. Du gehörst nicht zu den edlen Söhnen Zions, die mit dem feinen Golde verglichen werden.
Doch was auch der Beruf jedes einzelnen hier unter uns sein möge, ein jeder hat die Predigt schon in seinem Gewissen, und ich wünsche darum, dass ein jeder von jetzt an beide Augen öffne und dass er die Ohren auftue, um zu hören, was Gott ihm zu sagen hat.