Spurgeon, Charles Haddon - Unnütze Knechte
“Und den unnützen Knecht werft in die äußerste Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappen“
Mat 25,30
“Also auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren“
Luk. 17,10
“Da sprach sein Herr zu ihm: Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude!“
Mat 25,21
Es ist nur eine enge Grenze zwischen Gleichgültigkeit und krankhafter Empfindlichkeit. Einige Menschen scheinen keine heilige Besorgnis zu fühlen; sie vergraben ihres Herrn Pfund in die Erde, lassen es dort und gehen ihrem Vergnügen und ihrer Bequemlichkeit nach, ohne einen Augenblick beunruhigt zu werden. Andere werden so ängstlich, dass sie zu dem Schluss kommen, dass es ihnen nicht möglich sei, so zu sein, wie sie sein sollen. Sie erschrecken vor Gott, sehen den Dienst für ihn als Zwangsarbeit und ihn als einen harten Herrn an, obwohl sie es wahrscheinlich nie sagen werden. Zwischen diesen beiden Linien ist ein Pfad, schmal wie die Schneide eines Messers, die wir nur durch die Gnade Gottes betreten können. Dieser Pfad ist sowohl frei von Sorglosigkeit wie von Knechtschaft und besteht in einer Verantwortlichkeit, die tapfer mit der Hilfe des heiligen Geistes getragen wird. Der rechte Weg liegt gewöhnlich zwischen zwei Extremen. Es ist der schmale Pfad zwischen dem Felsen und dem Wirbelstrom. Es gibt einen herrlichen Weg, der zwischen der Selbstüberhebung und der Verzagtheit läuft, der sehr schwer zu finden und sehr schwer zu behalten ist. Es bestehen große Gefahren in dem Bewusstsein, dass du genug getan und Gott mit aller Macht gedient hast, denn du kannst dadurch auf den Gedanken kommen, dass du eine verdienstvolle Person bist, die zu den Fürsten in Israel gezählt zu werden verdient. Die Gefahr, aufgeblasen zu werden, kann niemand zu sehr fürchten. Hochmut kommt vor dem Fall. Vielleicht ebenso gefährlich ist andererseits auch der einseitige Gedanke an die eigene Unwürdigkeit, der alle Anstrengung lähmt und den Menschen dahin bringt, dass er sich gänzlich unfähig für etwas Großes und Gutes hält. Unter diesem Gefühl sind manche Menschen aus dem Dienste Gottes entflohen in ein Leben der Einsamkeit. Sie glaubten, im Lebenskampf nicht bestehen zu können, und darum flohen sie vom Felde, ehe der Kampf begann und wurden Einsiedler oder Mönche bei einer unnatürlichen Lebensweise, als ob es möglich sei, den Willen Gottes zu erfüllen durch völliges Nichtstun und Vernachlässigung der Pflichten, wozu wir geboren sind. Glücklich ist der Mensch, der den geraden und schmalen Weg findet zwischen hohen Gedanken von sich und harten Gedanken von Gott, zwischen Selbstüberschätzung und furchtsamem Zurückschrecken vor jeder Tätigkeit. Mein Wunsch ist, dass der Geist Gottes uns auf die goldene Mittelstraße leite, wo die Gnade uns erleuchtet und die dem bösen Herzen so natürlichen Laster alle ausgeschlossen sind. Möge der Geist Gottes unsere drei Texte und was sie uns darlegen, segnen, damit wir zu dem rechten Standpunkt kommen und durch die unbegrenzte Gnade erhalten bleiben bis zum großen Abrechnungstage!
Wir lesen Mat. 25,30: “Und den unnützen Knecht werft hinaus in die äußerste Finsternis, da wird sein Heulen und Zähneklappern.“
In diesem unseren ersten Texte haben wir das Urteil der Gerechtigkeit über den Mann, der sein Pfund nicht anwandte. Der Knecht wir hier unnütz genannt, weil er träge und wertlos war. Er brachte seinem Herrn keine Zinsen für sein Geld, noch tat er ihm irgend welche Dienste. Er zeigte sich des Vertrauens, das auf ihn gesetzt war, nicht würdig wie seine Mitknechte.
Beachtet zuerst, dass dieser unnütze Knecht ein Knecht war. Er hat es nie in Abrede gestellt, ein Knecht zu sein. Gerade, weil er Knecht war, bekam er das eine Pfund, und diesen Besitz hat er nie bezweifelt. Wäre er fähig gewesen, mehr zu empfangen, so wäre kein Grund vorhanden gewesen, dass er nicht zwei oder fünf Pfund empfangen hätte, denn die Schrift sagt uns, dass ein jeder nach seinem Vermögen bekam. Er erkannte die Regel seines Herrn sogar an, indem er das Pfund vergrub und vor ihm erschien, um Rechenschaft ab zu geben. Dieses macht die Angelegenheit um so mehr zu einer ernsten Selbstprüfung für euch und mich, denn wir bekennen auch, Knecht zu sein, Knechte des Herrn, unseres Gottes. Das Gericht muss anfangen am Hause Gottes, das heißt bei denen, die im Hause Gottes als Kinder und Knechte wohnen. Lasst uns deshalb wohl auf unser Tun achten. Wenn das Gericht zuerst bei uns beginnt, „was will es für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben? Und so der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen? Wenn nach diesem Gleichnis ein solches Gericht über den Knecht gehalten wird, wie wird das Gericht mit den Feinden sein? Dieser Mann erkannte bis zum letzten Augenblick an, dass er ein Knecht sei, und obwohl er grob und unverschämt genug war, eine sehr böse und nichtswürdige Meinung über seinen Herrn auszusprechen, so verleugnete er doch nie seine eigene Stellung als Knecht, noch dass sein Pfund das Eigentum seines Herrn sei, denn er sagte: „Da hast du das Deine.“ Mit diesem Worte ging er sogar weiter als manche Namenchristen, denn sie leben so, als sei das Christentum weiter nichts als das Essen des Fetten und das Trinken des Süßen und gar kein Dienen; als habe die Religion viele Vorrechte, aber keine Vorschriften, und als hätten die Menschen, wenn sie errettet sind, die Freiheit zum Nichtstun, denen es eine Ehrensache ist, die freie Gnade dadurch zu verherrlichen, dass sie den ganzen Tag müßig am Markte stehen. Ach, ich kenne manche, die nie eine Hand für Jesus rühren und Ihn doch Herr und Meister nennen. Ihnen wird es schlimm ergehen bei seinem Kommen. Viele von uns erkennen an, dass wir Knechte sind, dass alles, was wir haben, dem Herrn gehört, und dass wir verpflichtet sind, für Ihn zu leben. So weit ist es gut, aber wir mögen so weit gehen und zuletzt doch als unnütze Knechte erfunden und in die äußerste Finsternis geworfen werden, wo Heulen und Zähneklappern sein wird.
Obwohl dieser Mann ein Knecht war, dachte er doch übel von seinem Herrn und verachtete seinen Dienst. Er sagte: „Ich wusste, dass du ein harter Mann bist; du schneidest, wo du nicht gesät hast und sammelst, da du nicht gestreut hast.“ Gewisse Bekenner, die sich in die Gemeinde eingeschlichen haben, haben denselben Geist. Sie getrauen sich nicht, zu sagen, dass sie bereuen, in die Gemeinde gekommen zu sein, aber sie handeln so, dass jeder den Schluss daraus ziehen kann, dass sie dies, wenn es rückgängig gemacht würde, zum zweiten Mal nicht tun würden. Sie finden keine Freude am Dienst für Gott, aber fahren fort, es mitzumachen aus trockener Gewohnheit oder als eine harte Verpflichtung. Sie geraten in den Geist des älteren Bruders und sagen: „So viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre.“ Sie setzen sich an die schattige Seite der Gottseligkeit und kommen nie in die Sonne, die hell scheint. Sie vergessen, dass der Vater zum älteren Sohne sagte: „Alles, was mein ist, das ist dein.“ Er hätte so viele Böcke haben können, als er gewünscht hätte, es wäre ihm nicht abgeschlagen worden. Die Gegenwart seines Vaters hätte seine höchste Freude sein sollen, mehr als alles Vergnügen mit seinen Freunden, und es wäre auch so gewesen, wenn er die rechte Herzenseinstellung gehabt hätte. Der Mann, der sein Pfund vergraben hatte, ging in dem trotzigen und bösen Geist viel weiter als der ältere Bruder, aber die Keime sind dieselben und wir müssen danach trachten, sie beim Entstehen zu vernichten.
Dieser unnütze Knecht blickte auf seinen Herrn als jemand, der ernte, wo er nicht gesät und sammle, wo er nicht gestreut habe. Er glaubte, er habe einem genauen und ungerechten Herrn zu dienen, dem zu gefallen schwer sei. Er verurteilte seinen Herrn als einen, der mehr von seinen Knechten erwarte als er ein Recht habe, und er hatte einen solchen Hass gegen sein vermeintliches ungerechtes Wesen, dass er beschloss, ihm gerade ins Gesicht zu sagen, was er von ihm denke. Dieser Geist kann leicht über die Bekenner kommen. Ich fürchte, er brütet jetzt über manche, denn sie sind nicht mit Christus zufrieden. Wenn sie Vergnügen wünschen, so suchen sie dieselben außerhalb der Gemeinde; ihre Freude liegt nicht in dem Kreise, dessen Mittelpunkt Jesus ist. Ihre Religion ist Arbeit für sie und kein Vergnügen. Ihr Gott ist ihre Furcht und nicht ihre Freude. Sie haben ihre Lust nicht am Herrn, und darum gibt Er ihnen nicht, was ihr Herz wünscht, und dann werden sie immer unzufriedener. Sie können nicht sagen, dass Gott ihre Freude und Wonne ist, und darum ist Er ihnen ein Schrecken. Die Andacht ist ihnen eine trübselige Beschäftigung; sie würden derselben mit leichtem Gewissen entschlüpfen. Sie sagen es nicht geradezu, aber zwischen den Zeilen kannst du die Worte lesen: „Wie ermüdend ist es!“ Es ist kein Wunder, wenn es so weit kommt, dass dann ein Bekenner ein unnützer Knecht wird, denn wer kann eine Arbeit, die er hasst, gut machen. Erzwungener Dienst ist nicht wünschenswert. Gott will keine Sklaven, um seinen Thron zu erhöhen. Ein Diener, dem seine Stellung nicht gefällt, tut gut, sie zu verlassen. Ist er nicht zufrieden mit seinem Herrn, dann tut er gut, wenn er sich einen anderen sucht, denn das gegenseitige Verhältnis ist unangenehm und unvorteilhaft. Wenn es dahin kommt, dass du und ich mit unserem Gott unzufrieden werden, so ist es das Beste, dass wir uns nach einem anderen Herrn umsehen, wenn ein solcher uns haben will, denn dem Herrn Jesus werden wir unnütz sein, weil wir Ihn nicht lieben.
Beachtet ferner, dass dieser Mann, obwohl er nichts für seinen Herrn tat, sich selbst nicht für einen unnützen Knecht hielt. Er zeigte keinen Selbsttadel, keine Demütigung, keine Zerknirschung. Er war so kühn wie möglich und sagte ohne Erröten: „Siehe, da hast du das Deine.“ Er kam ohne irgend eine Entschuldigung zu seinem Herrn. Er schloss sich nicht denen an, die alles getan hatten und dann sagten: „Wir sind unnütze Knechte“, denn seiner Meinung nach hatte er seinem Herrn gegenüber gehandelt, wie die Gerechtigkeit es erforderte. Anstatt irgend einen Fehler seinerseits zu bekenne, fühlte er sich bewogen, seinen Herrn anzuklagen. So ist es jetzt noch mit solchen Bekennern. Sie haben keine Idee davon, dass sie Heuchler sind; der Gedanke kommt ihnen nicht in den Sinn. Deute darauf hin und du wirst sehen, wie sie sich verteidigen. Wenn sie nicht so leben, wie sie sollten, so beanspruchen sie, bemitleidet, statt getadelt zu werden. Sie tadeln Gottes Vorsehung. Es liegt bei ihnen an den Umständen, irgend etwas hat schuld, nur sie nicht. Sie haben nichts gewirkt, aber sie fühlen sich dabei ruhiger, als diejenigen, die alles getan haben. Sie haben sich die Mühe gegeben, das Pfund zu vergraben, was sollten sie mehr tun? Ist Gott so genau, dass Er von mir erwartet, dass ich Ihm mehr bringe, als Er mir gegeben hat? Ich bin so dankbar und gebetseifrig wie Gott mich gemacht hat; was will Er mehr verlangen? Es ist keine Rede von einem Niederbeugen in den Staub mit dem Gefühl der Unvollkommenheit, sondern aller Tadel wird auf Gott geworfen, und das geschieht noch unter dem Vorwand, seine unumschränkte Gnade zu ehren! Ach, dass Menschen imstande sind, die Wahrheit mit solcher eingebildeten Falschheit zu verbinden!
Beachtet wohl, dass das Urteil des Gerichts zuletzt ganz das Gegenteil sein kann, als das, was wir selbst über uns gefällt haben. Wer sich als sehr nützlich gefunden hat, wird unnütz befunden werden, und wer sich in Bescheidenheit als unnütz angesehen hat, wird vielleicht das Wort hören: „Ei, du frommer und getreuer Knecht.“ So wenig sind wir wegen unseres sündhaften Gewissens imstande, uns recht zu beurteilen, dass wir uns oft für reich und gar satt halten und nichts bedürfen, und doch elend, arm, nackt und bloß sind. Das war der Fall mit diesem unnützen Knecht. Er hüllte sich in die Täuschung, dass er gerechter sei als sein Herr und einen Beweis vorzubringen habe, der ihn vor jedem Tadel bewahren werde.
Es sollte eine Veranlassung zu ernster Selbstprüfung sein, wenn wir bedenken, was dieser unnütze Knecht tat oder was er nicht tat. Er brachte das Kapital sicher unter, wo es niemand finden und stehlen konnte, und damit war sein Dienst zu Ende. Wir bemerken, dass er das Pfund nicht für sich selbst zu seinem eigenen Nutzen anwandte. Er war kein Dieb und missbrauchte keine ihm anvertrauten Gelder. Hierin übertraf er manche, die bekennen, Gottes Knechte zu sein und doch sich selbst leben. Das Pfund, das sie haben, wird im eigenen Interesse benutzt, aber nicht für die Sache des Herrn. Sie haben das Geschick, etwas Geld zu erwerben, aber das Geld ist nicht für Jesus erworben; solcher Gedanke kommt ihnen selten oder nie. Ihre Anstrengungen sind nur für sie selbst, oder dasselbe mit anderen Worten ausgedrückt, für ihre Familien. Dort ist jemand, der die Rednergabe hat, ab er gebraucht sie nicht für Jesus, sondern für sich selbst, damit er beliebt werde und eine achtbare Stellung gewinne. Sein einziger Zweck ist, Wasser auf seine eigene Mühle zu schaffen und sein Gut zu verbessern. Man findet allenthalben Bekenner, die nur sich selbst leben. Sie sind keine Ehebrecher und Trunkenbolde; weit davon entfernt, noch sind sie Diebe und Verschwender. sie sind anständige, ordentliche, ruhige Leute, jedoch fangen sie an mit sich selbst und vollenden mit sich selbst. Was ist das anderes, als ein unnützer Knecht zu sein? Was nützt mir ein Diener, der hart für sich selbst arbeitet, aber für mich nichts tut? Ein Bekenner Christi mag arbeiten, dass er zum reichen Mann wird, zum Stadtverordneten, zum Bürgermeister, zum Reichstagsabgeordneten, ja, zum Millionär, aber was beweist dieses? Er konnte arbeiten, tüchtig arbeiten für sich selbst. Und alles dieses konnte er, während er nichts für Jesus getan hat. Er wird um so mehr verurteilt durch seinen Erfolg. Wenn er für seinen Herrn gearbeitet hätte wie für sich selbst, was hätte er vollbringen können? Der unnütze Knecht im Gleichnis war nicht so schlecht wie ein solcher, und doch wurde er in die Finsternis hinaus geworfen. Was wird aus einigen von euch werden?
Weiter, der unnütze Knecht missbrauchte sein Pfund nicht. Er führte kein leichtsinniges Leben wie der verlorene Sohn, der sein Gut verschleuderte mit Prassen. O nein, er war ein viel besserer Mensch. Er hatte keinen Pfennig verschwendet. Er war für das Sparen und setzte sich keiner Gefahr aus. Das Pfund war, wie er es erhalten hatte, nur in ein Tuch gewickelt und in der Erde verborgen; es war in eine „Bank“ gelegt, aber in eine Bank, die keine Zinsen zahlt. Er hatte keinen Pfennig davon berührt zu einem Feste oder einem Schmausgelage und konnte daher nicht als Verschwender des Geldes seines Herrn angeklagt werden. In diesem stand er höher als solche, die ihre Kraft der Sünde geben und ihren Fähigkeiten, um ihre eigenen und anderer böse Leidenschaften zu befriedigen.
Es betrübt mich, hinzufügen zu müssen, dass einige, die sich Diener Christi nennen, ihre Kräfte dazu benutzen, das Evangelium, das sie zu lehren vorgeben, untergraben. Sie sprechen gegen den heiligen Namen, nach welchem sie genannt werden und gebrauchen so ihr Pfund gegen ihren Herrn. Dieser Mann machte es nicht so; sein Herz war zu allem Schlechten fähig, aber er war nie offen zu einem solchen gemeinen Verräter geworden. Er verwandte seine Kenntnisse nie dazu, unnütze Zweifel zu erregen oder den klaren, einfachen Lehren des Wortes Gottes Widerstand zu leisten. Das ist für die Theologen dieser letzten Tage aufbewahrt geblieben, Tage, die Zerrbilder hervorgebracht haben, wie sie in den weniger gebildeten Zeiten unbekannt waren.
Das Pfund diese Mannes war nicht in seiner Hand verschwendet worden; es war so, wie er es erhalten hatte, und darum glaubte er, treu gewesen zu sein. Ach, dieses ist nicht, was Jesus Treue nennt, wenn wir gerade so bleiben, wie wir sind. Wenn du denkst, dass du Gnade hast und nur bewahrst, was du hast, ohne mehr zu erlangen, so verbirgst du dein Pfund in der Erde und lässt es fruchtlos bleiben. Es ist nicht genug, zu widerstehen, du musst vorwärts kommen. Das Kapital mag da sein, aber wo sind die Zinsen? Keinen anderen Zweck zu haben, als in der Stellung zu bleiben, ist so viel, als ein träger Knecht zu sein, der schon verurteilt ist. Indem wir über diese Sache nachdenken, lasst uns fragen: „Herr, bin ich es?“
Sein Herr nannte diesen Diener einen „Schalk und faulen Knecht.“ Ist denn der ein Schalk, wer unnütz ist? Setzt dieses Wort denn nicht böse Taten voraus? Nein, nicht recht tun ist böse; nicht für Christus leben, ist böse sein. Ohne Nutzen in der Welt sein, dem Namen des Herrn keine Ehre bringen, bedeutet träge und böse sein. Es ist klar, dass viele böse Menschen in der Welt sind, die nicht so genannt zu werden wünschen. „Schalk und fauler Knecht“, das sind die beiden Worte, die der Herr Jesus, dessen Rede stets weise ist, zusammenfasst. Ein Schulknabe wurde von seinem Lehrer gefragt, was er tue. Er glaubte ganz im Recht zu sein mit der Antwort: „Ich habe nichts getan“. Der Lehrer sagte: „Das ist es gerade, weshalb ich dich aufgerufen habe. Du hättest deine Aufgabe machen sollen.“ Es wird keine Entschuldigung für dich sein, wenn du am letzten Tage sagen wirst: „Ich habe nichts getan.“ Werden nicht die zur Linken mit einem Fluche entlassen, weil sie nichts getan haben? Steht nicht geschrieben: „Fluchet der Stadt Meros, spricht der Engel des Herrn, fluchet ihren Bürgern, dass sie nicht kamen dem Herrn zu Hilfe, zu Hilfe dem Herrn unter den Helden?“ Wer nichts tut, ist ein böser, träger Knecht.
Dieser Mann wurde in die äußerste Finsternis geworfen. Bemerkt, dass er verurteilt wurde, zu bleiben, wie er war, und das mag das Wort des Herrn erklären: „Wer böse ist, der sei fernerhin böse, und wer unrein ist, der sei fernerhin unrein.“ In der anderen Welt bleibt der Charakter unverändert. Bleibende Heiligkeit ist der Himmel, fortgesetzte Bosheit ist die Hölle. Dieser Mensch war außerhalb der Familie seines Herrn. Er hielt seinen Herrn für einen harten Mann und bewies damit, dass er keine Liebe zu ihm hatte und keiner der Hausgenossen war. Seiner Gesinnung nach war er draußen, und darum sagte sein Herr: „Bleibe draußen!“ Auch war er im Dunkeln. Er hatte falsche Gedanken über seinen Herrn, denn sein Herr war kein harter Mann; er sammelte nicht, wo er nicht gestreut hatte und schnitt nicht, wo er nicht gesät hatte. Darum sagte sein Herr: „Du bist am liebsten im Dunkeln. Bleibe in der Finsternis, die draußen ist.“ Dieser Mann war neidisch. Er konnte seines Herrn Gedeihen nicht leiden und biss seine Zähne zusammen, wenn er daran dachte. Er wurde verurteilt, in diesem Zustand zu bleiben und an den Ort zu gehen, wo Zähneklappern sein wird. Es ist das Schreckliche an der ewigen Strafe, dass der Charakter bleibend ist: „Wer böse ist, der sei fernerhin böse, und wer unrein ist, der sei fernerhin unrein.“ Während der Charakter der Gottlosen bleibend sein wird, wird er sich immer mehr entwickeln. Das Böse wird dann ohne Widerstand immer böser werden. In der anderen Welt, wo keine Gemeinde und kein Evangelium es hindert, wird der Mensch zu einer ganz entschiedenen Feindschaft gegen Gott und demzufolge zu einem schrecklichen Elend heranreifen. Elend ist mit der Sünde verbunden, und wenn ein Mensch in der Sündhaftigkeit bleibt, muss er notwendig im Elende bleiben, denn der Gottlose ist wie das ungestüme Meer, das Schmutz auswirft. Was muss es sein, auf immer von der Gottesfamilie entfernt zu sein! Nie Gottes Kind zu sein! Nie das Licht heiliger Erkenntnis, der Reinheit und der Hoffnung zu sehen! Stets mit den Zähnen zu knirschen in peinvoller Verachtung und Verabscheuung Gottes, den zu hassen die Hölle ist! Dem unnützen Knecht wurde ein schrecklicher Lohn zuteil, als sein Herr mit ihm abrechnete; aber wer darf sagen, dass er diesen nicht verdient hätte? Er bekam den rechten Lohn seiner Werke. O Herr, verleihe, dass dieses Los nicht das Los eines von uns sei!
Ich muss eure Aufmerksamkeit jetzt auf den zweiten Text lenken.
“Also, auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“
Luk. 17,10
Dies ist das Urteil der Selbsterniedrigung, das aus dem Herzen der Knechte kommt, die die Arbeit des Tages völlig vollendet haben. Dies ist der Teil eines Gleichnisses, das alle Gedanken der Selbstüberhebung und des menschlichen Verdienstes zurückweisen soll. Wenn ein Knecht gepflügt oder das Vieh gefüttert hat, so sagt sein Herr nicht zu ihm: „Setze dich, ich will dir aufwarten, denn ich bin tief in deiner Schuld.“ Nein, sein Herr befiehlt ihm, das Abendessen zuzurichten und ihm aufzuwarten. Den Dienst ist der Knecht schuldig, und darum lobt ihn sein Herr nicht, als sei er ein Wunder und ein Held. Er tut nur seine Pflicht, wenn er von morgens bis Sonnenuntergang arbeitet, und er erwartet keineswegs besondere Zahlung und ergebenen Dank. Ebenso wenig haben wir uns unseres Dienstes zu rühmen, sondern haben gering davon zu denken und zu bekennen, dass wir unnütze Knechte sind.
Welchen Schmerz der erste Teil der Predigt euch auch bereitet hat, so habe ich das Vertrauen, dass wir dadurch vorbereitet worden sind, um so tiefer in den Sinn unseres zweiten Textes einzusteigen. Diese beiden Texte sind wie mit eisernem Griffel in mein Herz geschrieben durch eine Wunde, die mir unbarmherzig geschlagen wurde zu einer Zeit, als ich zu schwach war, es zu ertragen. Als ich einmal sehr krank im Süden Frankreichs weilte und mich geistlich so niedergeschlagen und elend fühlte, dass ich fast verzagte, erhielt ich von einer boshaften Person, die zu denen gehörte, die gewöhnlich öffentliche Personen, besonders Prediger, angreifen, einen Brief ohne Unterschrift mit der Bezeichnung: „An den unnützen Knecht C. H. Spurgeon.“ Dieser Brief enthielt Traktate an die Feinde Jesus, in denen einzelne Stellen unterstrichen und in Anmerkungen auf mich angewandt wurden. Wie viele solcher Leute haben in diesen Tagen an mich geschrieben! Gewöhnlich lese ich ihre Briefe mit der Geduld, die die Gewohnheit mit sich bringt, und dann wandern sie ins Feuer. Diese Beschwerden sind keine Ausnahme und ich finde es gewöhnlich auch nicht schwer, sie zu ertragen, aber in der Stunde, als mein Geist gedrückt war und ich viele Schmerzen litt, verwundete mich dieser schmähliche Brief in der Seele. Ich wälzte mich auf meinem Lager und fragte: „Bin ich denn ein unnützer Knecht?“ Es betrübte mich außerordentlich und ich konnte mein Haupt nicht erheben, noch Ruhe finden. Ich blickte auf mein Leben und sah Gebrechen und Unvollkommenheiten, wusste aber nicht durchzufinden, bis dieser zweite Text zu meiner Befreiung kam und das Urteil über mein verwundetes Herz aussprach. Ich sagte mir: „Ich hoffe, dass ich kein unnützer Knecht bin in dem Sinne, in welchem diese Person mich so nennt, aber ich bin gewiss ein solcher in dem anderen Sinne.“ Ich warf mich wieder auf meinen Herrn und Meister mit einer tieferen Erkenntnis des Sinnes dieser Schriftstelle, als ich sie vorher gehabt hatte. Sein reinigendes Opfer belebte mich wieder und in demütigem Glauben fand ich Ruhe. Nebenbei wundere ich mich, dass irgend ein Mensch Vergnügen daran finden kann, es zu versuchen, denen, die krank und niedergeschlagen sind, Schmerzen zu bereiten, und doch gibt es Personen, die sich freuen, es zu tun. Sicherlich, wenn hier unten keine bösen Geister sind, so sind sie oben, und die Diener des Herrn Jesus haben schmerzliche Erfahrungen durch ihre Tätigkeit gemacht. Lasst mich denn, wenn der erste Text euch Kummer gemacht hat, euch zu dem Punkt führen, wohin ich selbst kam, so dass ich zuletzt für jenen Brief Gott danken und erkennen konnte, dass derselbe eine heilsame Arznei für meinen Geist gewesen war.
Das, was uns hier in den Mund gelegt wird als ein Bekenntnis, dass wir unnütze Knechte sind, ist ein Tadel, wenn wir uns für etwas halten und denken, dass wir genug getan haben, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben und auf unserem Posten geblieben sind länger als unsere Uhr es erforderte. Wenn wir meinen, dass wir ein gutes Tagewerk in der Ernte vollbracht haben und zur Ruhe gerufen werden sollten, so tadelt uns dieser Text. Wenn wir eine falsche Begierde nach Trost fühlen und von dem Herrn in besonderer Weise ein Geschenk für das, was wir getan haben, wünschen, so beschämt uns dieser Text. Solches ist ein unkindlicher und keines Dieners Christi würdiger Geist und muss mit fester Hand niedergedrückt werden.
Zuerst, in welcher Weise können wir Gott genützt haben. Eliphas hat wohl gesagt: „Was mag ein Mensch nütze sein, wenn er sich selber nützt als ein Kluger? Meinst du, dass dem Allmächtigen ein Gefallen geschehe, wenn du gerecht bist, oder es ein Gewinn sei, wen du deine Wege unsträflich wandelst?“ (Hiob 22,2.3 nach der berichtigten Übersetzung) Wenn wir Gott von unserem Eigentum gegeben haben, ist er dann unser Schuldner? In welcher Weise haben wir Ihn bereichert, dem alles Gold und Silber der Erde gehört? Wenn wir unser Leben mit der Ergebung der Märtyrer und Missionare hingegeben haben, was ist das für Ihn, dessen Herrlichkeit Himmel und Erde erfüllt? Wie kann es uns träumen, den Ewigen zu unserem Schuldner zu machen? Wenn wir im rechten Geiste sind, sprechen wir mit David: „Ich habe gesagt zu dem Herrn: Du bist ja Herr, ich muss um Deinetwillen leiden für die Heiligen, so auf Erden sind, und für die Herrlichen, an denen allen habe ich meinen Gefallen.“ Wie kann ein Mensch von seinem Schöpfer eine Verpflichtung gegen ihn fordern. Weg mit solchen lästerlichen Gedanken!
Liebe Brüder, wir sollten bedenken, dass irgend ein Dienst, den wir imstande sind zu leisten, eine Schuld ist. Ich hoffe nicht, dass unsere Moral so tief gesunken ist, dass wir es uns als etwas Großes anrechnen, wenn wir unsere Schulden bezahlen. Ich glaube nicht, dass Geschäftsleute sich brüsten und sagen: Ich bezahlte heute morgen dem und dem tausend Mark. „Hast du sie ihm geschenkt?“ „Nein, ich schuldete sie ihm.“ Ist das etwas Besonderes? Sind wir zu einem so niedrigen Stand in unserer geistlichen Moral gekommen, dass wir denken, etwas Großes getan zu haben, wenn wir Gott geben, was Sein ist? „Er hat uns gemacht und nicht wir selbst.“ Jesus Christus hat uns erkauft. Wir gehören uns nicht selbst; wir sind teuer erkauft. Wir sind auch mit Ihm in einen Bund getreten und haben uns Ihm freiwillig übergeben. Wurden wir nicht in Seinen Namen und in Seinen Tod getauft? Was wir auch tun, ist immer etwas, wozu Er als unser Schöpfer und Erlöser ein Recht hat, weil wir uns Ihm übergeben haben. Wenn wir in der schweren Arbeit des Pflügens beharrt haben, bis kein Feld mehr zu pflügen war; wenn wir die lieblichere Arbeit verrichtet und die Schafe und Lämmer geweidet haben; wenn wir alles getan haben, so haben wir nur getan, was wir zu tun schuldig waren. Warum brüsten wir uns denn und wünschen eine Belohnung oder erwarten einen Dank? O nein! Wir haben mit Betrübnis daran zu denken, dass wir in allem, was wir getan haben, sehr unvollkommen und daher unnütz gewesen sind. Beim Pflügen sind Unebenheiten und beim Füttern des Viehes sind Härten und Vergesslichkeiten vorgekommen, und das Decken der reich besetzten Tafel ist eines solchen Herrn, dem wir dienen, unwürdig gewesen. Wie muss unser Dienst Ihm erscheinen, von dem wir lesen: „Siehe, unter Seinen Knechten ist keiner ohne Tadel und in Seinen Boten findet er Torheit.“ Kann jemand von euch auf den Dienst für den Herrn mit Befriedung zurückblicken? Wenn ihr es könnt, kann ich nicht sagen, dass ich euch beneide, denn ich stimme nicht im geringsten mit euch überein. Was mich betrifft, so bin ich genötigt, mit heiligem Ernst zu bekennen, dass ich nicht mit dem zufrieden bin, was ich getan habe. Ich habe halbwegs gewünscht, mein Leben von vorn wieder anfangen zu können, aber jetzt tut es mir leid, dass mein stolzes Herz sich einen solchen Wunsch erlaubt hat, denn aller Wahrscheinlichkeit nach würde es das zweite Mal noch schlechter sein. Was die Gnade für mich getan hat, erkenne ich mit tiefer Dankbarkeit an, aber für das, was ich selbst getan habe, bitte ich um Vergebung. Ich bitte Gott, mir meine Gebete zu vergeben, denn sie sind voller Fehler. Ich bitte Gott, selbst dieses Bekenntnis mir zu vergeben, denn es ist nicht so demütig, wie es sein sollte. Ich bitte ihn, meine Tränen zu waschen und meine Andacht zu reinigen und mich mit meinem Heiland in den Tod zu begraben, dass ich in mir selbst ganz vergessen und nur in Ihm an mich gedacht werde. O Herr, Du weißt, wie wir zu kurz kommen in der Demut, die wir fühlen sollten! Vergib es uns. Wir sind alle unnütze Knechte, und wenn Du uns nach dem Gesetze richten würdest, wären wir alle verloren.
Ferner können wir uns auch nicht beglückwünschen, selbst wenn wir Erfolg in der Arbeit für den Herrn gehabt haben, denn alles, was wir getan haben, sind wir Seiner unendlichen Gnade schuldig. Wenn wir unsere Pflicht vollständig erfüllt haben, so haben wir das nur tun können, weil Seine Gnade uns dazu befähigt hatte. „Strebten wir dem Guten nach“, so ist Er es, der das Feuer in Brand gehalten hat. „Eifrig weinend Tag und Nacht“, so ist Er es, der den Felsen schlägt, dass Wasser herausfließt. Ist irgend eine Tugend, irgend ein Lob, irgend Glaube, irgend Eifer, irgend Ähnlichkeit mit Jesus, so sind wir Sein Werk, von Ihm geschaffen und dürfen uns selbst nicht das geringste Lob zuschreiben. Von dem Deinen haben wir Dir es gegeben, großer Gott! Soweit etwas Deiner Annahme wert gewesen ist, war es von vornherein Dein Werk. Daher sind auch die besten unter uns unnütze Knechte.
Wenn wir besondere Ursachen haben, einen Fehler zu bereuen, so ist es weise, mit demütigem Geist den Fehler zu bekennen und dann eifrig und hoffnungsvoll daran zu gehen, das Tagewerk zu verrichten. Wenn du niedergeschlagen wirst, weil du nicht tun kannst, was du wolltest, wenn du das Fehlerhafte deines Dienstes siehst und dich dafür verurteilst, so ist es das Beste, dich daran zu machen, mehr als bisher in der Kraft des Herrn zu tun. Wenn du Jesus bisher nicht gut gedient hast, so diene Ihm von jetzt an besser. Hast du einen Fehler gemacht, so erzähle es nicht jedem und sage nicht, du wollest es nie wieder versuchen, sondern tue zwei gute Dinge um des Fehlers willen. Sage: „Mein teurer Herr soll nicht mehr durch mich verlieren, wenn ich es hindern kann. Ich will mich nicht so sehr über das Geschehene betrüben, sondern vielmehr für die Zukunft wachsam sein.“ Brüder, versucht nützlicher zu werden und bittet um mehr Gnade. Des Königs Geschäft wird nicht dadurch ausgerichtet, dass ihr euch in eine Ecke des Feldes stellt und weint, sondern indem ihr pflügt. Ihr sollt nicht mit dem Schafen blöken, sondern sie weiden und so eure Liebe zu Jesus zeigen. Stelle dich nicht an das Ende der Tafel und sage: „Ich habe den Tisch für meinen Herrn nicht so gut gedeckt, wie ich es wünschte,“ sondern decke ihn besser. Habe Mut, du dienst keinem harten Herrn. Und obwohl du dich wahrscheinlich einen unnützen Knecht nennst, so sei doch guten Mutes, denn es wird bald ein sanfteres Urteil über dich ausgesprochen werden. Du bist nicht dein eigener Richter; ein anderer Richter ist vor der Tür, und wenn Er kommt, wird Er besser von dir denken als dein Selbsttadel es dir erlaubt, selbst von dir zu denken. Er wird dich nach der Regel der Gnade und nicht nach dem Gesetz richten, und Er wird alle Furcht, die aus einem gesetzlichen Geist kommt und dir allen Mut nehmen will, beenden.
So sind wir nun beim dritten Text angekommen.
“Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über Wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude.“
Mat. 25,21
Ich werde nicht versuchen, über dieses ermunternde Wort zu predigen, sondern nur ein oder zwei Worte dazu sagen. Es ist ein zu großartiger Text, um noch am Ende einer Predigt behandelt zu werden. Wir finden, dass der Herr zu denen, die ihre Pfunde gut angewandt haben, sagt: „Ei, du frommer und getreuer Knecht.“ Dies ist das Urteil der Gnade. Glücklich der Mann, der sich selbst als unnützen Knecht erkannt hat, und glücklich der Mann, zu dem der Herr sagt: „Ei, du frommer und getreuer Knecht.“
Beachtet hier, dass dieses Wort dem treuen Knecht gesagt wird. Es heißt nicht: „Ei, du guter, glänzender Knecht“, denn der Mann hat vielleicht nie in den Augen derjenigen, die Glanz und Ruhm suchen, geglänzt. Es heißt nicht: „Ei, du großer und ausgezeichneter Knecht“, denn es ist möglich, dass er außerhalb seines Dorfes nicht bekannt war. Er hat gewissenhaft seine Pflicht mit seinem „Wenigen „getan und nie eine Gelegenheit, Gutes zu tun, versäumt und sich so getreu erwiesen.
Dasselbe Lob, was der Mann mit den fünf Pfunden erhielt, erhielt auch derjenige mit den zwei Pfunden. Ihre Stellung war sehr verschieden, aber ihr Lohn war der gleiche. „Ei, du frommer und getreuer Knecht“, dessen konnten sich beide erfreuen. Ist es nicht angenehmen zu denken, dass ich nicht von meines Herrn Lob ausgeschlossen sein werde, wenn ich auch nur ein Pfund habe. Es ist meine Treue, worauf Er sein Auge richten wird, und nicht die Zahl meiner Pfunde. Ich mag viele Fehler gemacht und dieselben mit großer Betrübnis bekannt haben, aber Er wird mich loben, wie Er die Frau lobte, von welcher Er sagte: „Sie hat getan, was sie konnte.“ Es ist besser, treu zu sein in der Kleinkinderschule als untreu in einer höheren Klasse. Es ist besser, treu zu sein in einer kleinen Dorfgemeinde, als untreu in einer großen Stadtgemeinde, wo Tausende infolgedessen verloren gehen. Es ist besser, treu zu sein in einer kleinen Versammlung, wo kaum fünfzig bis sechzig gegenwärtig sind, und von Jesus, dem Gekreuzigten, zu sprechen, als untreu zu sein in einem großen Gebäude, wo sich Tausende versammeln. Ich bitte euch, seid darin treu, dass ihr alles, was ihr habt und was ihr seid, für Gott gebraucht. Welche Fehler ihr sonst auch habt, seid wenigstens nicht halbherzig oder doppelzüngig, sondern seit treu in euren Absichten und Wünschen. Das ist, was der Herr lobt, die Treue des Dienstes.
Dieses Urteil wurde von der unumschränkten Gnade gesprochen. Der Lohn richtete sich nicht nach den Werken, denn der Knecht war treu gewesen“ über Wenigem“, aber er wurde „über Viel“ gesetzt. Das Urteil selbst ergeht nicht nach dem Gesetzt der Werke, sondern nach dem Gesetz der Gnade. Unsere guten Werke sind Beweise der Gnade in uns. Unsere Treue als Knechte wird daher der Beweis sein, dass wir einen liebenden Geist gegen unseren Herrn haben, also ein Beweis, dass unser Herz verändert worden ist und wir dahin gebracht worden sind, Ihn zu lieben, gegen den wir vorher keine Liebe hatten. Unsere Werke sind der Beweis unserer Liebe, und daher stehen sie als Beweis der Gnade Gottes. Gott gibt uns zuerst Gnade und dann belohnt Er uns dafür. Wir schaffen, dass wir selig werden mit Furcht und Zittern, weil Er in uns wirkt das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen. Wenn Er zu dir und mir sagen wird: „Ei, du frommer und getreuer Knecht“, so wird es wegen Seiner reichen Gnade und nicht wegen unserer Verdienste sein. Und das ist es, wohin wir alle kommen und wobei wir bleiben müssen, denn die Idee, dass wir persönliche Verdienste haben, wird uns bald dahin bringen, an unserem Herrn und Seinem Dienste Fehler zu entdecken, als sei Er genau und ein harter Mann.
Ich habe schon zuweilen solche Leute bewundert, die die Lehre, dass die Seligkeit aus Gnaden gegeben wird, als solche verwerfen, aber in ihrer Andacht diese nichtsdestoweniger zugeben. Sie sind in den Kampf dagegen eingetreten und unwillkürlich haben sie es doch geglaubt. Ein besonderes Beispiel finden wir bei Kardinal Bellarmine, einem der entschiedensten Gegner der Reformation und ein berühmter Gegner der Lehre Luthers. Ich will ein Wort aus seinen eigenen Werken anführen (Inst. de Justificatione). Er sagt dort: „Wegen der unsicheren Natur unserer eigenen Werke und der Gefahr des falschen Rühmens ist es der sicherste Weg, unser ganzes Vertrauen auf die Gnade und liebende Güte Gottes zu setzen.“ Gut gesagt, Kardinal! Und da wir den sichersten Weg vorziehen, wollen wir unser ganzes Vertrauen auf die Gnade und liebende Güte Gottes setzen. Es wird berichtet, und ich glaube, aus sicherer Quelle, dass er im Sterben ein lateinisches Gebet ausgehaucht habe, was so viel besagte, als er Gott bitte, der nicht unser Verdienst wägt, sondern unsere Sünde gnädig vergibt, ihn unter seinen Heiligen und Erwählten aufzunehmen. Ist Saul auch unter den Propheten? Betet Ballarmine zuletzt wie ein Calvinist? Solch ein Fall lässt uns hoffen, dass auch viele aus der römischen Kirche errettet werden. Gott sei Dank, dass manche viel besser sind, als ihre Glaubenslehren, und dass sie in ihrem Herzen glauben, was sie als streitende Theologen verneinen. Sei dem so; jedoch weiß ich so viel, wenn ich errettet oder belohnt werde, so geschieht es aus Gnaden, denn eine andere Hoffnung habe ich nicht. Was diejenigen anbetrifft, die viel für die Gemeinde getan haben, so wissen wir, dass sie alles Lob abschlagen werden, indem sie sagen: „Herr, wann haben wir Dich hungrig gesehen und haben Dich gespeist, oder durstig und haben Dir zu trinken gegeben? Alle treuen Knechte des Herrn werden singen: „Nicht uns, Herr, nicht uns; Deinem Namen sei Ehre.“
Zuletzt, meine Brüder, mit welchem unendlichen Entzücken wird Jesus unser Herz erfüllen, wenn wir durch die göttliche Gnade das Glück haben werden, Ihn sagen zu hören: „Ei, du frommer und getreuer Knecht!“ O, wenn wir bis ans Ende beharren, die Versuchungen des Satans, die Schwächen unserer Natur und alle Schlingen der Welt überwinden und unsere Kleider unbefleckt von der Welt erhalten; wenn wir Christus nach dem Maß unserer Fähigkeiten predigen, um Seelen für Ihn zu gewinnen, die Ehre wird es sein! Welches Entzücken, Ihn sagen zu hören: „Ei, du frommer und getreuer Knecht!“ Die Musik dieses Wortes hat für uns den Himmel in sich. Wie verschieden wird es sein von dem Urteil unserer Mitmenschen, die oft dieses und jenes zu tadeln hatten, obwohl wir unser Bestes taten. Wir konnten ihnen nie gefallen, aber wir haben dem Herrn gefallen. Die Menschen verstanden unsere Worte immer verkehrt und beurteilten unsere Beweggründe falsch, aber er macht alles gut, indem Er sagt: „Ei, du frommer und getreuer Knecht.“ Dann wird es wenig ausmachen, was die Menschen sagen. Weder das schmeichelhafte Wort der Freunde, noch die harte Verurteilung der Feinde hat etwas Gewicht für uns, wenn Er sagt: „Ei, du frommer und getreuer Knecht.“ Nicht mit Stolz werden wir diesen Lobspruch empfangen, denn wir werden und selbst dann noch für unnütze Knechte halten, aber wir werden Ihn lieben, wenn Er einen solchen Wert auf einen Becher Wassers setzt, den wir seinen Jüngern gereicht haben, und auf den geringen Dienst, den wir Ihm erwiesen haben. Welche Herablassung, das wohlgetan zu nennen, was wir selbst als schlecht getan ansehen!
Ich bitte Gottes Kinder, die erst an diesem Morgen den Anfang mit der Selbstprüfung gemacht haben und dann dem Herrn ihre Unvollkommenheit bekannten, sich nun der Tatsache zu erfreuen, dass, wenn wir an Jesus Christus glauben und uns Ihm wirklich übergeben haben, wir dieses Leben schließen und das nächste beginnen werden mit dem Urteil: „Ei, du frommer und getreuer Knecht.“ Beachtet jedoch, dass ihr auch solche seid, die alles treu tun. Ich höre manchmal Leute gegen die Selbstgerechtigkeit sprechen, denen ich sagen möchte: „Ihr habt keine Veranlassung, darüber zu sprechen, denn das betrifft euch nicht, da ihr keine Gerechtigkeit habt, auf die ihr stolz sein könntet.“ Ich höre Menschen gegen die Errettung durch gute Werke sprechen, die diesem Irrtum nicht verfallen können, denn ihr Leben und gute Werke sind weit voneinander getrennt. Was ich bewundere, ist, einen Mann wie Paulus zu sehen, der für Jesus lebte und bereit war, für Ihn zu sterben und dennoch am Ende seines Lebens sagt: „Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden geachtet. Ja, ich achte es noch alles für Schaden gegen die überschwängliche Erkenntnis Jesus Christi, meines Herrn, um welches willen ich alles habe für Schaden geachtet und achte es für Kot, auf dass ich Christus gewinne und in Ihm erfunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird.“ Vorwärts, Brüder, und denkt nicht an die Ruhe, bis das Tagewerk vollendet ist. Dient Gott mit allen Kräften. Tut mehr als die Pharisäer, die durch ihren Eifer selig werden wollen. Tut mehr als eure Brüder von euch erwarten und dann, wenn ihr alles getan habt, legt es zu eures Meisters Füßen mit dem Bekenntnis: „Ich bin ein unnützer Knecht.“ Diejenigen sind es, die Treue mit Demut und Eifer mit Selbsttadel verbinden, denen Jesus sagen wird: „Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über Wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude.“ Amen.