Spurgeon, Charles - Tröstet mein Volk - Das Tal des Todesschattens.
Gehalten am 12. August 1880.
„Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir; dein Stecken und Stab trösten mich.“ Ps. 23, 4.
„Ja, ob ich schon wandere durch das Tal des Todesschattens, will ich kein Übel fürchten; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ (N. d. engl. Übers.)
Wisst ihr, dass ich diesen Spruch bei Seite gelegt hatte? Ich wollte diese köstliche Verheißung aufbewahren und aufsparen, bis ich dem Strome Jordan nahe käme und hoffte, dass ich dann in meinen letzten Stunden die Süßigkeit derselben würde genießen dürfen; aber neulich fand ich, dass ich dieses himmlischen Brotes sofort bedürfte. Väter sagen ihren Kindern: Ihr könnt nicht euren Kuchen essen und ihn auch haben; aber diese Regel gilt nicht für die Tröstungen Gottes. Ihr könnt eine Verheißung genießen und sie doch noch haben. Ja, und sie um so mehr haben, weil euer Glaube sich von ihrem Reichtum genährt hat. Ich sog Honig aus diesem Spruch vor einigen Tagen, als ein Sturm um mich heulte. Wollte Gott, dass jeder Gläubige, der belastet und niedergedrückt ist, ihn so köstlich fände, wie ich ihn für meine Seele gefunden.
Dieser Spruch lässt sich ohne Zweifel sehr gut auf die Erfahrung eines Gläubigen anwenden, wenn es mit ihm zum Sterben geht; aber sicher ist das nicht seine einzige Bedeutung. Er ist unaussprechlich tröstlich für die Sterbenden; aber er ist auch für die Lebenden. Die Worte sind nicht in der zukünftigen Zeit und sind deshalb nicht für einen fernen Augenblick vorbehalten. Ob ich schon wandre, eben zu dieser Stunde, durch das finstre Tal, bist du, o Gott, bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich. David lag nicht im Sterben; der Psalm ist voll glücklichen, friedlichen Lebens. Er weidet auf einer grünen Aue und folgt seinem Herrn zum frischen Wasser; und wenn sich eine Wolke auf ihn herabgelassen und er das Gefühl hat, als drohe ihm der Tod, so hofft er dennoch, dass Gutes und Barmherzigkeit ihm sein Leben lang folgen werden. Dies Lied ist nicht aufzubewahren bis zu unserm letzten Tage, sondern soll alle Tage unsers Lebens zu unsern Saiten Instrumenten gesungen werden; deshalb lasst uns es singen in dieser heiligen Stunde, in den Höfen am Hause des Herrn, inmitten derer, die ihn lieben.
I.
Ich lenke eure Aufmerksamkeit zuerst auf den Pfad und seine Schrecken: „das Tal des Todesschattens.“ Stellt euch eine enge Schlucht vor, etwas wie die Galerie von Gondo oder einen andern. engen Pass auf den Hochalpen, wo die Felsen zum Himmel ausgetürmt scheinen und das Sonnenlicht oben wie durch eine enge Spalte gesehen wird. Leiden werden zuweilen aufgehäuft, Stapel auf Stapel und die Straße ist ein schrecklicher Hohlweg, durch welchen der Pilger auf seiner Wanderung zum Himmel hindurchgehen muss, weil dieser Pfad ihm nach dem ewigen Ratschluss des Unendlichen bestimmt ist. Durch solchen traurigen Pass geht manches Kind Gottes in diesem Augenblick, und zu einem solchen rede ich.
Unsre erste Bemerkung darüber ist die, dass er überaus düster ist. Dies ist sein Hauptmerkmal. Es ist das Tal des Schattens, des Todesschattens. Der Tod ist schrecklich, und selbst sein Schatten ist kühl und kalt und macht das Mark gefrieren. Ich habe unter Felsen gestanden, die mich nicht nur gekühlt haben, sondern eine grauenhafte, feuchte Kälte verbreiteten, als wenn der Tod mich umfangen hätte und ich seinen Schauer in mir fühlte. Man eilt, aus diesem tödlichen Schatten herauszukommen, der Fieber verursachen kann. Und so, scheint mir, ist der Schatten, der von den Schwingen des Todes geworfen wird, wenn der Mensch sich in solcher Seelennot befindet, dass er nicht leben kann und nicht einmal zu leben wünscht, wenn er es könnte. Seine Lebensfreude gleicht der Sonne während einer Sonnenfinsternis; und in dem kalten, dunklen, feuchten Schatten eines furchtbaren Schmerzes kauert der Mensch sich nieder und schaudert unter der eisigen Berührung des Zweifels, fühlt sich fieberisch und erschreckt und ist wie einer, der von Sinnen ist. Ich rede zu einigen jungen Herzen hier, die, wie ich hoffe, nichts von diesem Dunkel wissen. Wünscht nicht, es zu kennen. Seid fröhlich, so lange ihr könnt. Singt, so lange ihr dürft. Seid Lerchen und steigt in die Höhe, und singt, während ihr euch erhebt; aber es gibt einige Gotteskinder, die nicht viel von der Lerche an sich haben, sie gleichen mehr den Eulen. Sie sitzen allein und schweigen; oder wenn sie ihren Mund öffnen, so stoßen sie einen unzufriedenen Schrei aus. Gefährten der Drachen, und sehr passende Gefährten dazu, bedürfen doch solche Traurige aller freundlichen Teilnahme, die wir ihnen geben können. Sogar von denen, die heiter und fröhlich sind, gehen manche zuweilen durch diese furchtbare Schlucht, wo alles traurig ist; und ihre Lebensgeister sinken unter Null. Ich weiß, dass weise Brüder sprechen: „Ihr solltet diesen Gefühlen der Niedergeschlagenheit nicht nachgeben.“ Ganz recht, das sollten wir auch nicht. Aber wir tun es, und vielleicht werdet ihr, wenn euer Kopf so müde ist wie der unsre, euch nicht tapferer verhalten, als wir es tun. „Aber verzagte Leute sind sehr zu tadeln.“ Ich weiß, das sind sie; aber sie sind auch sehr zu bemitleiden; und vielleicht würden die, welche so wütend tadeln, wenn sie einmal wüssten, was Niedergeschlagenheit ist, es grausam finden, Tadel auszusprechen, wo Trost so sehr nötig tut. Es gibt Erfahrungen der Gotteskinder, die voll geistlicher Finsternis sind; und ich bin fast überzeugt, dass die am höchsten begnadigten Diener Gottes nichtsdestoweniger mehr Zeiten der Dunkelheit haben, als andere. Den Bund lernt Abraham nie so gut kennen, als da Schrecken und große Finsternis ihn überfällt, dann sieht er die*) Feuerflamme zwischen den Stücken hin und her fahren. Ein Größerer als Abraham ward früh vom Geist in die Wüste geführt, und doch war er wiederum, ehe er sein Leben beschloss, „betrübt bis an den Tod.“ Diese Betrübnis, die notwendig ist, ist für die Gläubigen eine schwarze Folie, auf der sich der Glanz der ewigen Liebe und Treue stärker hervorhebt. Gelobt sei Gott für Berge der Freude und Täler des Friedens und Gärten der Wonne; aber es gibt ein Tal des Todesschattens, und die meisten von uns sind durch sein entsetzliches Dunkel hindurch gegangen.
Überdies gibt es Stellen auf unserm Lebenspfad, die ebenso wohl gefährlich, als dunkel sind. Beim Reisen durch die Pässe des Morgenlandes ist gewöhnlich ein Geleit nötig, denn der Räuber lauert zwischen den Felsen und schießt von da herab auf den Reisenden oder versperrt ihm den Weg mit Schwert und Speer. Es gibt Feinde auf dem Wege zum Himmel; es sind Stellen in dem Tal des Todesschattens, wo jeder Busch einen Gegner verbirgt, wo Versuchungen selbst aus dem Boden hervorspringen, wie die feurigen Schlangen aus dem Wüstensand, wo die Seele „unter den Löwen“ liegt. Wenn ihr berufen werdet, durch diese gefährliche Schlucht zu wandern, was wollt ihr tun? Nun, sprecht: „Ich will kein Übel fürchten, denn du bist bei mir; dein Stecken und Stab trösten mich.“ Gedenkt daran, dass einem Christen die fleischliche Sicherheit seines Herzens weit gefährlicher ist, als die Menge der Versuchungen. Wir sind oft am meisten in Gefahr, wenn wir gar nicht versucht werden; und der schlimmste Teufel in der Welt mag vielleicht gar kein Teufel sein. Befreie mich,“ sagte ein Mann von großer Erfahrung, „von einem schlafenden Teufel, denn, wenn er mich anbrüllt, so hält er er mich wach; aber wenn er mich in Ruhe lässt, so nimmt mein Herz an, dass alles sicher sei, und ich bin verraten.“ Ihr jungen Leute, und auch ihr alten Leute, die ihr euch in einer Lage befindet, wo ihr vielen Prüfungen und Versuchungen ausgesetzt seid, braucht nicht einen leichtern Pfad zu wünschen, denn es mag sein, dass ihr jetzt sicherer seid, weil 'mehr auf eurer Hut, als die, welche nicht schwer versucht werden, sondern in Gemächlichkeit sitzen und in großer Gefahr sind, in Trägheit und Gleichgültigkeit zu sinken. Besser, vom Feuer verzehrt werden, als von trockener Fäule. Die kalten Berge des Leides sind weit sicherer, als die schwülen Ebenen des Vergnügens. Ich bin deshalb vor offener Gefahr nicht bange und möchte nicht, dass ihr entmutigt würdet, weil eine finstere Schlucht zwischen euch und dem Himmel ist.
Einer der Hauptgründe der Düsterheit ist der, dass dieser furchtbare Pass in Geheimnis eingehüllt ist. Ihr wisst nicht, was das Leiden ist. Der Schatten der Schatten des Todes; was bedeutet das? Ihr könnt die Gestalt nicht unterscheiden, die über euch schwebt. Ihr könnt den Feind nicht ergreifen. Es nützt nichts, das Schwert gegen einen Schatten zu ziehen. Ein Mann kann Mut fassen gegen etwas, was er kennt, aber ein Übel, das er nicht kennt, entmannt ihn. Er weiß nicht, was das Leiden ist, und doch überkommt ihn ein seltsames, freudentötendes Gefühl. Er kann nicht die Größe seines Verlustes im Geschäft übersehen, aber er fürchtet, dass fein ganzes Vermögen dahin sein wird; er weiß nicht, wie die Krankheit seines Kindes enden wird, aber der Tod scheint zu drohen. Alles ist Erwartung und Vermutung, und das Übel der Übel ist Ungewissheit. Das, was Belsazar bei der Schrift an der Wand erschreckte, war ohne Zweifel, dass er die Hand sehen konnte, aber nicht den Arm und den Körper, zu dem die Hand gehörte. So scheint es uns zuweilen, als wenn wir unsere Lage und Gottes Führungen nicht verstehen könnten. Wir sind an einen Ort gekommen, wo zwei Meere sich begegnen, und wir können die Strömung nicht verstehen. Unsere Versuchung ist einem Zyklon zu vergleichen, und wir wissen nicht, von welcher Seite der Orkan daher peitscht: wir sind in der Macht eines Wirbelwindes und werden hin und her geworfen. Dergleichen begegnet Gottes Kindern dann und wann. Und was sollen sie tun, wenn diese geheimnisvollen Anfechtungen über sie kommen, die sie nicht einmal beschreiben können? Sie müssen tun und Gott helfe ihnen, es zu tun - was dieser fromme Mann tat, der in dem Frieden und der Zuversicht seines Glaubens weiter ging und sang: Ja, ob ich schon wanderte durch das Tal, das beschattet ist von den geheimnisvollen Flügeln des Todes, und ob ich meinen Weg nicht kenne und nicht verstehen kann, will ich doch kein Übel fürchten, denn du bist bei mir. Du kennst den Weg, den ich nehme. Du hast den Faden dieses Labyrinths, und du willst mich hindurch führen. Warum sollte ich mich denn fürchten? Dein Stecken und Stab trösten mich. Dunkel, Gefahr, Geheimnis, diese drei verschwinden alle, wenn der Glaube seine himmlische Lampe anzündet, in der das goldene Öl der Verheißung brennt.
Doch ist dies nicht alles. Der Gedanke der Einsamkeit liegt in dem Spruch; der Pfad ist einsam, und der Pilger singt: „Ob ich schon wanderte“ als wenn er allein wanderte, und niemand den überschatteten Pfad mit ihm ginge. Einsamkeit ist für manche Gemüter ein sehr großes Leiden; und einige von uns wissen sehr wohl, was sie bedeutet, denn wir wohnen allein, in einem geistlichen Sinne. Aber ihr werdet sagen: Bist du nicht oft in einer Menschenmenge? Ja, und es gibt keine Einsamkeit, die dieser gleicht. Wenn dein Amt und deine Stellung dich wie auf einem Berg ganz allein stellte, dann wirst du wissen, was ich meine. Für die Schafe gibts viele Gefährten; aber für den Hirten wenige. Die, welche für Seelen wachen, kommen in Lagen, wo sie von aller menschlichen Hilfe getrennt sind. Niemand kennt deine Sorge oder kann die Last deiner Seele vermuten, und denjenigen, welche gern mit dir fühlen wollen, misslingt der freundliche Versuch. Einige von euch sind vielleicht in einer Lage, in der ihr klagt: Niemand war je so geprüft, wie ich. Mir ist, als hätte Gott mich zum Ziel seiner Pfeile gewählt. Oder vielleicht murrst du: Es mögen viele noch mehr leiden, als ich, aber keiner in meiner besonderen Weise. Ich leide von einer seltsamen Prüfung. Ja, und das ist ein wesentlicher Teil der Bitterkeit deines Kelches, dass du jammerst, du wärest allein.“ Aber willst du nicht mit deinem Herrn sprechen: Ihr werdet mich allein lassen; aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir?“ Nun ist die Zeit für den Glauben. Wenn du Gott vertraust und einem Freund, so ist die Frage, ob Gott es ist, dem du vertraust oder der Freund; aber wenn der Freund dich verlassen hat, und nur Gott nahe ist, so bleibt keine Frage. Wenn du und ich zusammen gehen, und ein Hund uns folgt, wer weiß, wer der Herr des Hundes ist? Aber wenn du dich zur Linken wendest und ich zur Rechten, so werden alle Leute sehen, wem der Hund gehört, wenn sie bemerken, wem er folgt. Wenn du Gott allein trauen kannst, dann traust du ihm wirklich; darum ist es nützlich, in die Einsamkeit getrieben zu werden, um zu erproben, ob wir Gott allein vertrauen oder nicht. Es ist eine missliche Sache, mit einem Fuß auf dem Meere und mit dem andern auf dem Lande zu stehen; ein Engel stand so, und es passt für Engel, ist aber keine sichere Stellung für schwerbelastete Wesen, wie Menschen es sind. Wie müssen beide Füße auf den ewigen Felsen sehen, sonst wird der Fuß, der auf dem veränderlichen Selbst steht, unsern Fall verursachen. Wenn der einzige Grund, worauf der Glaube ruht, die Macht und Treue des Herrn ist, so lernt er, wenn alle sichtbare Hilfe fehlt, mit freudigem Herzen singen: Ja, ob ich durch des Todes finsteres Tal wanderte, ohne menschliche Gefährten, will ich kein Übel fürchten, denn mein Gott ist nahe.
Lasst mich weiter bemerken, dass, obwohl dieses Tal dunkel, gefährlich, geheimnisvoll und einsam ist, es doch oft durchwandert wird. Viel mehr Pilger gehen diesen Pfad, als einige Leute sich träumen lassen. Unter denen, die der Welt ein heiteres Antlitz zeigen, finden sich viele, die mit dieser traurigen Schlucht wohl bekannt sind.
Wenn ich das Sacktuch der Trauer trage, so versuche ich, es um meine Lenden unter die Oberkleider zu binden, und nicht da, wo alle es sehen können. Warum sollten wir andere betrübt machen? Es gibt Trauer genug in der Welt, ohne dass wir die Ansteckung verbreiten durch Veröffentlichung unseres Kummers. Einige lieben es, ihre Leidensgeschichte zu erzählen, und kümmern sich wenig darum, was der Einfluss davon auf andere ist; sie könnten ein wenig mehr Rücksicht auf ihre Nebenmenschen nehmen. Wenn mein Herz blutet, warum sollte ich dann andere verwunden? Zuweilen ist es tapfer, stumm zu sein, wie der Dichter sagt:
„Bleibe frisch und tu's nicht aus,
Was dich drückt in deinem Haus.“
Es ist sicherlich wahr, dass eine große Anzahl der besten Diener Gottes durch die Tiefen dieses finstern Tales gewandert ist; und dies sollte einige von euch trösten. Die Fußstapfen der Heiligen sind in dem Tal des Weinens. Heilige sind die Via Dolorosa gegangen; seht ihr nicht ihre Fußstapfen? Vor allen andern beachtet Einen! Seht ihr ihn nicht? Beugt euch nieder und heftet euren Blick darauf! Ihr werdet die Spur einer Nagelwunde bemerken. So gewiss dieses Wort Gottes wahr ist, hat euer Herr die Kälte des Todesschattens gefühlt. Es ist kein Geistesdunkel, kein Seelenleid, sofern es von Sünde frei ist, das euer Herr nicht gekannt hat. Sollen wir nicht freudig vorwärts gehen zu dem Kreuz und Tod in Jerusalem, wenn Jesus voran geht.
Ich will meine Bemerkungen über diese Via Mala der Schrecken schließen, indem ich zeige, dass dunkel und düster, wie er ist, der Pfad doch kein unheiliger ist. Sünde ist nicht notwendig mit Traurigkeit des Herzens verbunden, denn Jesus Christus sprach einst: Meine Seele ist betrübt bis in den Tod.“ Es war keine Sünde in ihm, und folglich keine in seiner tiefen Niedergeschlagenheit. Wir haben nie eine Freude oder einen Schmerz gekannt, ganz unbefleckt vom Bösen; aber in dem Schmerz selber ist keine notwendige Ursache der Sünde. Ein Mensch kann so glücklich sein, wie alle Vögel in der Luft, and es mag keine Sünde in seinem Glück sein; und ein Mensch mag sehr traurig sein, und doch mag keine Sünde in seiner Trauer sich finden. Es ist eine Notwendigkeit da für das Brechen des Herzens, denn die Traurigkeit des Gemüts macht eben das Wesentliche der Prüfung aus. Sagt nicht Salomo: „Man muss den Bösen wehren mit harter Strafe und mit Schlägen, die man fühlt.“? Wenn die Schläge so sind, dass man sie nicht fühlt, so ist es keine Züchtigung, die uns gut tun wird. Die Traurigkeit des Herzens ist deshalb nicht immer etwas, wofür wir uns verdammen müssen, obwohl es gut sein wird, uns selber stets strenge zu beurteilen. Indes, wie wir uns selber auch für solche Traurigkeit tadeln mögen, wir sollten nie andere verdammen; denn der Leidensweg ist nicht der Sündenweg, sondern eine Straße, die geheiligt ist durch die Gebete von Myriaden von Pilgern, die nun bei Gott sind, Pilger, die durch das Jammertal gingen und „daselbst Brunnen machten;“ von solchen steht geschrieben: „Sie gehen von Kraft zu Kraft, jeder von ihnen in Zion erscheinet vor Gott.“ (N. d. engl. Üb.)
So viel von dem finstern und gefährlichen Tal des Schattens.
II.
Unser zweite Teil, über den wir eine kleine Weile reden wollen, ist der Pilger und sein Fortschritt. „Ja, ob ich schon wanderte durch das Tal des Todesschattens.“
Der Pilger, bemerkt ihr, ist ruhig beim Hinblick auf seine Wanderung durch diese traurige Schlucht. Ich glaube nicht, dass es halb so schwer ist, ein Leid zu tragen, als im voraus daran zu denken. Es ist mit Recht gesagt, dass wir tausend Tode fühlen, indem wir einen fürchten. Wir leiden mehr in dem Grauen vor dem Unglück, als in dem Erdulden des Streiches. Weißt du, mein Freund, ein Leid, das sich dir augenscheinlich nähert? Sind die Anzeichen eines Sturms rund um dich her? Dann blicke mutig. in die Zukunft. Lass dein Herz nicht verzagen, während du auf den Donner und den Orkan wartest. David sprach: „Wenn sich schon ein Heer wider mich lagert, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht. Wenn sich Krieg wider mich erhebt, so verlasse ich mich auf ihn.“ Ein gelagertes Heer beunruhigt uns gewöhnlich mehr, als ein wirklich kämpfendes. Wenn der Feind den Kriegsruf erhebt und heranrückt, werden wir zur Tapferkeit erregt und kämpfen Mann gegen Mann; aber während er zögert und uns in Ungewissheit hält, ist unser Herz geneigt, sich vor Unruhe zu verzehren. Wir können sehen, dass unser Todfeind in seinem Lager ist, aber wir wissen nicht, ob er uns in der Mitte der Nacht oder beim Tagesanbruch angreifen wird oder wann sonst. Diese Ungewissheit beunruhigt die Seele; daher die Herrlichkeit eines Glaubens, der sagen kann: „Obwohl ich weiß, dass ich bald leiden werde, bin ich doch ruhig beim Hinblick darauf. Ich fürchte kein Übel.“ Geliebte! betet, dass ihr ruhig sein mögt beim Hinblick auf Leiden; der Kampf ist zur Hälfte dann bestanden.
Weiter, der Pilger ist stetig in seinem Fortschritt. „Ja, ob ich schon wandere durch das Tal“ sagt er. Er läuft nicht eilig; er geht ruhig entlang. Wir haben gewöhnlich Eile, über unser Leid hinweg zu kommen, wie die, welche sagen: Wenn Arznei genommen werden muss, lasst sie so bald wie möglich genommen werden. Alles hat seine Zeit. Lasst uns warten, bis das Leid von der Hand des Herrn kommt, denn er wird die rechte Zeit bis auf die Sekunde abmessen. Ich muss das Schlimmste wissen, ruft einer, ich bin in einem so furchtbaren Zustande der Ungewissheit, dass ich dem so oder anders ein Ende machen muss. Aber, mein lieber Freund, der Glaube ist nicht in solcher fürchterlichen Unruhe „Wer glaubt, der wird nicht eilen.“ (Jes. 28, 16, n. d. engl. Üb.) Der Glaube ist schnell, wenn er Gott zu dienen hat, aber er ist geduldig, wenn er auf ihn zu harren hat. Der Schritt des erfahrenen Mannes Gottes ist ein Wandeln. Junge Leute fliegen, sie werden „auffahren mit Flügeln wie die Adler;“ etwas ältere Männer „laufen und werden nicht matt;“ aber wenn ein Mann Gottes ein Vater in der Kirche wird und mit reichlicher Kraft begabt ist, so wandelt er und wird nicht müde. Wandeln ist der ordnungsmäßige Schritt für die Veteranen Christi; alles übrige ist für frische Rekruten. So sagt David in Wirklichkeit: ich werde wandeln im Tal des Todesschattens so ruhig, wie ich abends in meinem Garten wandle oder auf der Straße in meinen Geschäften. Meine Trübsal macht mich nicht unfähig zur Erfüllung meiner Pflicht, ich bin nicht unruhig und ängstlich.
Der nächste Punkt bei dem Fortschritt des Pilgers ist der, dass er in seiner Erwartung sicher ist. „Ja, ob ich schon wanderte durch das Tal.“ Es ist eine helle Seite an diesem Wort „durch“. Er erwartet, aus dieser finstern Schlucht heraus in ein helleres Land zu kommen. Gerade, als der Bahnzug seines Lebens in den dunklen Tunnel der Trübsal einfährt, spricht er zu sich selber: Ich werde an der andern Seite herauskommen. Es mag sehr finster sein, und ich mag durch die Eingeweide der Erde gehen, aber ich muss an der andern Seite herauskommen. So ist es mit jedem Kinde Gottes. Wenn sein Weg zum Himmel durch die Tiefe des Meeres geht, dicht bei der „Berge Gründen, wo die Erde ihn verriegelt,“ wird er doch die Straße in vollkommener Sicherheit ziehen. Jonas Weg zum Himmel war so, und ein besonderes Fahrzeug ging für ihn ab: „Der Herr bereitete einen großen Fisch, Jona zu verschlingen.“ Ich nehme nicht an, dass es jemals einen andern Fisch dieser Art gab. Die Naturforscher können nicht solchen Walfisch finden, sagen sie, sie brauchen auch nicht danach zu suchen, denn die Schrift sagt: „Der Herr bereitete einen Fisch.“ Er wusste ihn so zu machen, dass er den Jona gerade fassen konnte, und der Fisch nahm seinen Passagier auf und brachte ihn richtig genug ans Ufer. Die Vorsehung macht besondere Vorbereitung für jeden leidenden Heiligen. Wenn du Gottes Diener bist und zu einem ganz besonderen Leiden berufen wirst, so wird auch dir etwas Eigentümliches begegnen, wodurch Gottes Güte und Treue sich an dir erweiset. O, wenn wir mehr Glauben hätten! O, wenn wir mehr Glauben hätten! Das Leben würde glücklich sein, das Leid würde leicht sein. Brüder, ist es nicht etwas Leichtes, durch einen Schatten zu gehen? Der Psalmist spricht ohne Furcht, denn er betrachtet die kommenden Leiden als das Gehen durch einen Schatten. Leiden und Prüfungen sind, wenn wir nur Glauben haben, bloße Schatten, die uns nicht auf unserm Weg zum Himmel hindern können. Lasst uns gewiss sein, dass wir, wenn wir an dem einen Ende des Hohlwegs der Trübsal hineingehen, an dem andern herauskommen werden.
Der Hauptpunkt bei diesem Pilger ist, dass er vollkommen ohne Furcht ist. Er sagt: „ich werde kein Übel fürchten.“ Es ist etwas Schönes, ein Kind in völligem Frieden zu sehen unter Gefahren, welche seine Umgebung erschrecken. Ich habe von einem kleinen Knaben gelesen, der an Bord eines Schiffes war, das vom Sturm hin- und hergeworfen ward. Alle waren voll Furcht, nur er war ganz fröhlich, und als man ihn fragte, weshalb, antwortete er: „Mein Vater ist der Kapitän; er weiß das Schiff zu lenken.“ Es war Torheit in solcher Zuversicht, aber es wird keine in der euren sein, wenn ihr so unbedingt an euren Vater glaubt, der jedes seiner Obhut anvertraute Schiff sicher in den Hafen bringen kann und wird. Dieser Pilger ist, obwohl furchtlos, doch durchaus nicht fanatisch oder unwissend, da er einen guten Grund für seine Furchtlosigkeit angibt. „Ich will kein Übel fürchten,“ sagt er, „denn du bist bei mir.“ Wurde je ein besserer Grund für Furchtlosigkeit angegeben, als dieser dass Gott bei uns ist? Er ist auf unserer Seite, er hat sich verbürgt, uns zu helfen; er hat uns nie im Stich gelassen; er muss aufhören das zu sein, was er ist, ehe er eine Seele verstoßen kann, die ihm vertraut. Wo ist dann Raum für Schrecken? Das Kind ist zuversichtlich, weil seine Mutter bei ihm ist; noch weit mehr sollten wir fröhlichen Herzens sein, da der allwissende, der allmächtige, der unveränderliche Gott auf unserer Seite ist. Wen soll ich fürchten?“ Gibt es irgend jemand, den wir zu fürchten brauchen? Christus ist gestorben und wieder auferstanden und sitzt zur Rechten Gottes als unser Vertreter; wer kann uns dann schaden? Lasst die Himmel zergehen und die Erde zerschmelzen vor Hitze, aber lasst des Christen Herz nicht bewegt werden; lasst ihn stehen wie die großen Berge, deren Gründe für immer befestigt sind, denn Gott, der Herr wird nicht sein Volk verlassen oder seinen Bund brechen.
„Ich will kein Übel fürchten, denn du bist bei mir.“ Hier ist etwas mehr als Furchtlosigkeit, denn der wahre Gläubige freut sich über die erhabene Gemeinschaft. „Du bist bei mir. Du du du, der König der Könige, vor dem jeder Seraph sein. Antlitz verhüllt, bebend vor der furchtbaren Majestät seines Schöpfers. Du bist bei mir du, vor dem die Größten der Großen in gänzliche Unbedeutendheit sinken du bist bei mir. Wie mutig sollte der Mann sein, der den Löwen vom Stamme Juda zu seinem Schutz hat! Was für feste Schritte sollte der Mann machen, der weiß, dass er auf einen Felsen tritt. Du bist bei mir.“ Zitternder Bruder, du würdest dich vollkommen sicher fühlen, wenn deine Augen aufgetan wären, das Heer der Engel zu sehen, das dich umgibt. Du würdest dich deiner Sicherheit freuen, wenn du dich von feurigen. Kossen und Wagen umgeben sähest. Aber solche Verteidigung ist nichts, verglichen mit der, die immer um dich ist. Gott ist besser als Myriaden Wagen. Gott ist bei jedem seiner Kinder. Wir wohnen in ihm und er wohnt in uns. „Ich in ihnen und und sie in mir,“ sagt Christus. Eine lebendige, ewige Verbindung ist zwischen jeder gläubigen Seele und Gott, und was für Ursache zur Furcht kann dann vorhanden sein? O, dass wir Gnade hätten, um mutige Pilger zu sein und stetige Fortschritte zu machen!
III.
Nun werde ich schließen mit dem dritten Teil, der sehr klar in dem Texte ist: die Seele und ihr Hirte; denn David sagt: „Dein Stecken und dein Stab trösten mich.“ Ihr seht, der ganze Psalm handelt von einem Hirten und einer Seele, die sich als sein Schaf fühlt.
Der Stecken und Stab, die Zeichen des Hirtenamts, sind der Trost der Heiligen. Was ist der Nutzen des Steckens und Stabes?
Beachtet zuerst, dass der Stecken (oder die Rute) gebraucht ward, um die Schafe zu zählen. „Es sollen dennoch wiederum die Herden gezählt ein- und ausgehen.“ Der Hirte hebt seinen Stecken auf und die Schafe werden gezählt, wenn sie unter demselben durchgehen. Es ist gut, wenn die Seele sprechen kann: Der Herr rechnet mich als einen der Seinen. Ich bin in dem Tal des Todesschattens, aber ich gehöre zu des Herrn erkaufter Herde. Ich bin in großer Traurigkeit, aber ich bin unter seine Erlösten gezählt. Der gute Hirte hütet alle seine Schafe und will sie in dem finstern Tale beschützen. „Der Herr kennt die Seinen,“ und der Herr wird seine Stärke zu ihren Gunsten zeigen. Er spricht: „Ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Wenn er mich unter die Seinen zählt, wird er mich schützen, obgleich ich der Geringste unter ihnen, am schwächsten im Glauben und am niedrigsten in Frömmigkeit bin. Wir brauchen keinen bessern Trost; denn als seine Jünger sich freuten, dass die Teufel ihnen untertan seien, sprach ihr Meister: „Darinnen freuet euch nicht; freuet euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ Wenn der Hirte Israels euch mit seinem Stecken als die Seinen bezeichnet hat, so könnt ihr guten Muts sein, denn der Herr wird keinen Teil seines Eigentums verlieren und nicht zugeben, dass der Feind einen von seiner Herde verschlinge.
Ferner wird der Stab zum Herrschen gebraucht. Der Hirtenstab, welcher jetzt einem Bischof in die Hand gegeben wird zum Zeichen. dass er ein Hirte sein soll, ist das Sinnbild von Macht und Herrschaft. Der Hirte ist nicht nur der Hüter, sondern der Herr der Schafe. Gedenkt daran, dass euer Heiland euer Herrscher ist. Ihr nennt ihn Meister und Herr, und ihr tut wohl daran. Habt ihr den Geist des Gehorsams? Ich hoffe, ich habe ihn, denn mich verlangt, ihm zu dienen. Ich bin nicht, was ich sein sollte, noch was ich sein möchte, aber mein Herz sehnt sich, seinem Willen zu gehorchen. Ich nehme sein Gesetz als mein Gesetz an und wünsche, stets einer seiner treusten Untertanen zu sein. Ich freue mich, zu denken, dass der Herr regiert. Es ist ein Teil meines Gesanges: „Der Herr ist König.“ Mein Herz jauchzt es. Ich möchte es auf dem Marktplay jeder Stadt verkünden. Lasst Jesum Christum regieren, und regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. Unsere Freude ist es, dass er regiert. Sein Stecken und Stab sind die Sinnbilder des Hirtenkönigs, und wenn wir uns seiner Herrschaft beugen, so finden wir einen Trost in seiner königlichen Macht und Würde.
Eine dritte Bedeutung - denn die Worte sind voll von Lehre - ist diese: der Stecken und Stab dienen zur Führung. Mit seinem Stabe leitet der Hirte seine Herde. Es ist sehr süß, sehr tröstlich zu glauben, dass der Herr uns führt. „Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich mit Ehren an.“ Wir haben als Christi Schafe unsere Augen nicht halb offen; wenn wir unsern Herrn beobachteten, würden wir sehen, dass er uns sanft den rechten Weg leitet. Wenn wir nicht eigensinnig sind, sondern auf ihn harren, so leitet er uns einen Weg, den wir freiwillig nicht gewählt haben würden, der aber der richtige und sichere Weg ist. Wenn wir nicht wissen, welchen Weg wir nehmen sollen, so bleiben wir nicht uns selbst überlassen, um eine törichte Wahl zu treffen, sondern wir hören eine Stimme hinter uns sagen: Dies ist der Weg, den selbigen geht. Es ist gut, wenn wir in einer unglücklichen Lage sind, ganz gewiss zu sein, dass der Herr uns dahinein geführt hat, denn dann sind wir sicher, dass die Straße die richtige sein muss, da unser Hirte niemals seine Herde irre führt. Wenn wir folgen, wohin Jesus leitet, so ist der Führer verantwortlich für den Weg.
Die nächste Bedeutung des Steckens und Stabes ist die des Vorwärtstreibens. Die Schafe sind zuweilen träge und wollen sich nicht rühren; dann treibt der Hirte sie mit Stecken und Stab ein wenig an. Habt ihr je die göttlichen Erweckungen gefühlt? Vielleicht habt ihr in einer Predigt einen ziemlich scharfen Stoß bekommen. Ich weiß, ich habe den Stab in des Meisters Namen bei gewissen fetten Schafen gebrauchen müssen, die nicht ganz so hurtig sind, wie sie sein sollten; aber ihre Wolle ist so dick, dass sie es kaum fühlen. Der große Hirte weiß, wie er sie berühren muss. Er kann einen solchen Stoß versetzen, wenn die Schafe zurückbleiben, dass ihr sie plötzlich vorwärts springen seht und euch wundert, wie es kommt, dass sie so rasch in die vordersten Reihen treten. Wenn ich in einer Not bin und fühle, dass sie mich auf der rechten Straße vorwärts treibt; wenn sie mich zum Gebet anspornt, dann trösten der Stecken und Stab mich. Es ist eine glückliche Sache, wenn man durch Trübsal auf dem Weg zum Himmel vorwärts gedrängt wird. Es ist eine schlimme Sache, wenn man sich im Nichtstun gemütlich fühlt, eine schreckliche Sache, in Gleichgültigkeit zu sinken und sich nicht zu kümmern, ob man aus derselben herauskommt oder nicht; aber es ist gut, geprüft zu werden und dann ernstlicher nach mehr Gnade zu verlangen. Es tröstet einen weisen Mann, wenn er wahrnimmt, dass die Rute zu seinem Besten wirkt.
Der Stecken und Stab bedeuten Züchtigung; denn wenn ein Schaf irre geht, so zieht der Hirte es beim Beine mit seinem Stabe zurück und lässt es fühlen, dass es nicht irregehen kann, ohne dafür zu leiden. So züchtigt der Herr uns. Gelobt sei sein Name für die Züchtigung: „wenn sie da ist, dünkt sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein, aber danach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübt sind.“ O, wie gesegnet sind diese Worte: aber danach“. Es ist herablassend von Gott, euch genug zu beachten, um euch zu züchtigen. Ein Mann peitscht nicht anderer Leute Kinder, und wenn Gott einem Gläubigen Trübsal sendet und sein Herz bricht, so möge er sagen: Gelobt sei Gott für diese Trübsal! Wen er lieb hat, den züchtigt er; er stäupet aber einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt. Süß ist der Schmerz, welcher des Vaters Liebe besiegelt! Gesegnet ist die Pein, die durch unseres Hirten Hand verursacht wird! O, furchtbares Vergnügen, das daraus entstehen würde, wenn Gott mich mir selber überließe; möchte ich es nie schmecken; aber gesegneter Kummer, gesegnetes Herzbrechen, das mich versichert, Gott habe mich nicht vergessen. O Herr, wenn deine Rute mich züchtigt, so tröstet sie mich.
Aber zuletzt, der Stecken und der Stab werden von den Hirten gebraucht, um die Herde zu beschützen. Mit diesen streitet er gegen die Tiere des Feldes, damit die Lämmer nicht zerrissen werden. Und, o, wie glorreich ist Christus, wenn er mit den Waffen seiner ewigen Macht kommt, um wider den Löwen zu kämpfen, der unsere Seele zerreißen will! Denkt an ihn, wie er im Himmel für sein Volk bittet, wie er das Verdienst seines Blutes geltend macht, wie er seine Fürbitte als einen Stab gebraucht, womit er den Wolf schlägt und den Löwen und den Bären hinweg jagt, dass keiner von uns umkommen möge. Er muss, er will seine Auserwählten beschützen.
Ihr mögt denken, dass Christus die Seinen mit seinem Blute erkauft hat, und dass er sie doch verlieren wird; aber ich glaube es nicht. Wenn eine Sache euch viel gekostet hat, so nehmt ihr sie sehr in Acht, und wenn sie euer Leben gekostet hat, so würdet ihr nicht leicht euch davon trennen. „Haut für Haut; und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben,“ und wenn er einmal sein Leben dahingegeben, so ist das, was er damit erkauft hat, ihm lieber, als die ganze Welt. Christus würde lieber sein Leben verlieren, als sein Volk verlieren. Er starb Einmal, um sie zu retten, und bis er wiederum stirbt, sollen sie nimmermehr umkommen. Hat er es nicht selbst gesagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben?“ Wenn sie nicht leben, so lebt er selber nicht. Sein Leben ist in sie eingegangen, und es kann sie nie verlassen. „Ich gebe,“ spricht er, „meinen Schafen das ewige Leben;“ und was kann „das ewige Leben“ anders bedeuten, als ein Leben, das ewig währt?
O, möge Gott jedem der hier Anwesenden den Glauben geben, von dem ich geredet habe. Vielleicht haben einige von euch niemals ihre Seelen Christo anvertraut. Ihr wisst, dass der Glaube der Weg des Heils ist, warum geht ihr ihn nicht? Vertraut ihm einfach; vertraut ihm einfach; vertraut ihm einfach jetzt. Sie ist wunderbar, die Macht des Glaubens, das Herz zu ändern. Wenn ihr einem Menschen vertraut, so liebt ihr ihn. Ihr könnt nicht ein Feind des Menschen sein, dem ihr vertraut. Die Wirkung des Glaubens auf die Neigungen ist erstaunlich; er verändert die ganze Natur und Richtung. Gott gebe euch, dass ihr Christum kennen lernt, denn die, welche seinen Namen kennen, werden ihr Vertrauen auf ihn setzen; und wenn ihr ihn kennt und ihm vertraut, dann werdet ihr mit uns vor dem Herrn bekennen; „Wohl dem, der auf dich traut.“ Gott segne euch, liebe Freunde, um Christi willen. Amen.