Spurgeon, Charles Haddon - Starker Trost für die zum Herrn Geflohenen.
Gehalten am Sonntag Morgen, den 29. April 1877.
„Auf dass wir durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, dass Gott lüge), einen starken Trost haben, die wir Zuflucht haben und halten an der angeborenen Hoffnung.“ Hebr. 6,18. (Engl. Üb.: „Die wir Zuflucht genommen haben, die Hoffnung zu ergreifen, die uns vorgestellt ist.“)
Wenn wir solch' köstlichen Spruch lesen, wie diesen, sind wir geneigt, sogleich zu schließen, dass er „den Vollkommenen gehört, die durch Gewohnheit geübte Sinne haben zum Unterschied des Guten und Bösen.“ Wir stellen ihn bei Seite als eine köstliche Erquickung für die, welche wohl gearbeitet haben und die Last und Hitze des Tages getragen, die zur vollen Glaubensgewissheit gekommen sind, und deshalb im Stande, die reichen Vorräte des Bundes sich anzueignen. Lasst uns sogleich diesen Irrtum berichtigen, denn die Stelle gehört einer sehr frühen Form der christlichen Erfahrung an; sie bezieht sich in der Tat auf die niedrigste Stufe der christlichen Gnade. Lasst mich sie wieder lesen: „Auf dass wir durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, dass Gott lüge), einen starken Trost haben.“ Auf wen geht dies „wir“? Wir, „die wir Zuflucht haben und halten an der angeborenen Hoffnung.“ Der starke Trost, der im Text genannt wird, gehört denen, die zu Christo ihre Zuflucht genommen haben, und gewiss, dies ist der allererste Beginn des göttlichen Lebens; er gehört auch denen, die sich halten an der Hoffnung des Evangeliums, und dies ist auch einer der ersten Anfänge christlicher Erfahrung. Wenn ihr vor Kurzem erst zu Christo geflüchtet seid und wenn ihr im kindlichen Glauben fest haltet an der angeborenen Hoffnung, dann sind die Reichtümer der Gnade euer, und Gottes Eid und Verheißung sind euch zum starken Trost verliehen. So weit es diesen Spruch anlangt, brauchst du nicht dich zu prüfen, ob du starken Glauben hast oder tiefe Erfahrung, oder großes Wachstum in der Gnade, oder geförderte Heiligkeit, denn wenn du nur zu Christo Zuflucht genommen und die Verheißung des Herrn ergriffen hast, so kannst du in den zwei Stücken, die nicht wanken, dich freuen und in Frieden ruhen.
Ich entnehme daraus, dass Gott so früh beginnt, sein Volk zu ermutigen, und so viel Trost für sie niederlegt am Anfang, dass er sie fröhlich haben will ihr ganzes Leben lang. Es ist nicht nach des Herrn Sinn, dass des Königs Kinder alle ihre Tage trauernd gehen. Wenn ihr eure Harfen an die Weiden hängt, so ist das nicht der göttlichen Vorschrift gemäß, denn sein Wort an den Propheten ist: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich.“ Er will euch in Freudengewänder gekleidet sehen, ja, er wünscht, dass eure Freude vollkommen sein möge. Wenn euer himmlischer Vater euch nicht kummervoll haben will, wollt ihr nicht in seinen liebevollen Wunsch einwilligen und tief den Trost eintrinken, den er bereitet? Der Herr wusste von jeher, dass sein Volk Trost brauchen werde, denn er sah unsere Schwachheiten und unsere Leiden von unserer Geburt an voraus. Er wusste, was für Geschöpfe des Staubes wir sind, wie schwach und hinfällig, und deshalb hat er reichlichen Trost verordnet, damit sein armes, schwaches, geprüftes und versuchtes Volk gestärkt und aufgerichtet werde.
Beachtet sorgsam, dass der Herr am meisten Nachdruck auf den Punkt legt, der am wichtigsten für den Trost des Gläubigen ist. Er wusste gut genug, dass wir oft an seiner großen Gnade zweifeln würden und meinen, der Heilsweg des Bundes sei zu gut, um wahr zu sein, und damit wir keine Entschuldigung für Misstrauen und Argwohn hätten, hat er zuerst sein Wort verpfändet, und dann sich herabgelassen, einen feierlichen Eid zu schwören bei sich selber, dass wir fortan niemals eine Frage aufwerfen über den Grund, auf dem die ewigen Ratschlüsse der Liebe gelegt sind. Für die Gläubigen hat er die Seligkeit und alle Segnungen des Bundes über allen Zweifel erhoben, damit wir Alle, die wir Anteil daran haben, die festeste Zuversicht in Betreff derselben hätten. Die schlimmste Prüfung, die für den Gläubigen möglich ist, ist, wenn ihm eingegeben wird, das Evangelium sei nicht wahr, die Vergebung durch das teure Blut sei eine Erdichtung und Gott sei durch das Sühnopfer nicht versöhnt. Wenn wir der Wahrheit Gottes und unserer eigenen Seligkeit ganz und gewiss sind, dann sind alle anderen Dinge von geringem Belang für uns, und deshalb hat der Herr auf einer sichern Grundlage von Verheißung und Eid diesen Eckstein unseres Trostes gelegt und seine Verheißung in solches Licht gestellt, dass es Lästerung wird, an ihr zu zweifeln.
Unser liebender Vater wusste, dass wir oft von dem Geist des Misstrauens angegriffen werden würden und deshalb hat er so reichlich die Wahrheit der Dinge, die er verheißen, bezeugt. Denn ihr wisst, Geliebte, Schuld ist sehr argwöhnisch; wenn ihr einem Menschen Unrecht getan habt, so könnt ihr ihm nicht glauben. Nichts macht euch so voll Zweifel an einem Andern, als euer eigenes Bewusstsein, dass ihr ungerecht gegen ihn gehandelt habt. Nun, wenn ein Gefühl der Schuld über die Seele kommt, so beginnt die Natur zu sagen: „Kann der Herr ein sündenvergebender Herr sein? Kann er mich lieben, wie er sagt, dass er es tut? Solch schlechter, undankbarer Empörer, wie ich, kann der wirklich Anteil haben an einem so großen Heil, wie das, was Gott uns versehen und dargestellt hat?“ Da Gott die argwöhnische Natur eines schuldigen Herzens kannte, so hat er seinen Eid und seine Verheißung als die zwei großen Hauptanker für die Seele gegeben, damit unser Glaube jeden Zweifelssturm überstehen könne.
Die Größe der göttlichen Gnaden selbst macht uns oft stutzig. Wenn wir Gottes erwählende Siehe betrachten, wenn wir die erstaunlichen Kosten der Erlösung erwägen, und wenn wir die hohe Ehre der Kindschaft sehen, Vereinigung mit Christo, und Erbteil mit ihm, so rufen wir natürlich aus: „Wie kommt mir dies?“ und ach! wir sind geneigt, einen Schritt weiter zu tun und zu sagen: „Kann es wahr sein? Ist es nicht alles ein angenehmer Traum? Hat der Herr mich wirklich Eins mit Christo gemacht und mich seinen Freund genannt und will er mir auch einen Platz unter den Seligen bereiten?“ Nun, damit nicht die Größe des Segens unser Vertrauen wankend mache, hat der Herr uns jede Segnung durch einen Bund zugesichert der durch seine eigene Urkunde und Beglaubigung gültig gemacht ist; ein Bund, unterschrieben, versiegelt und übergeben, so dass er über jeden Zweifel hinaus ist.
Überdies wusste der Herr, dass wir seine Treue bezweifeln würden, weil wir selber so falsch sind. Wir erinnern uns an manches gebrochene Versprechen, gebrochen, obgleich es vor dem Herrn gegeben war; und Menschen, die selber unwahr sind, sind sehr geneigt, Andere dafür zu halten. Deshalb sah unser Gott, der die trügerische Natur unserer Herzen kannte, voraus, dass wir ein ungläubiges Geschlecht sein würden und hat zwei Schwerter auf das Herz unseres Argwohns und Zweifels gerichtet; und erschlägt unseren Unglauben durch seinen Eid und seine Verheißung.
Außerdem noch: unsere Natur ist dem ganzen göttlichen Gnadenplan so entgegen, dass wir viel Zusicherung nötig haben, ehe wir daran glauben können. Wir sind immer für Werke, Verdienst und Lohn. Der Pharisäismus ist die Religion der Natur. Wir prahlen mit unserem Verdienst und sind so verdienstlos, wie Satan selber. Die Vorstellung von Werk und Lohn scheint mit unserer Natur verwachsen; und so gewiss das Blut rot ist, so gewiss ist das Herz selbstgerecht. Wir können uns nicht losmachen von der Vorstellung der Seligkeit als Bezahlung für getanes Werk: dass sie eine Gabe ist, eine freie Gnadengabe, das geht uns schwer ein. Selbst nach der Bekehrung verrät sich die alte Neigung; wir schleichen von Jesu zu Moses so oft wir Gelegenheit haben und beginnen dann an der freien Gnade zu zweifeln. Deshalb hat der Herr uns an den Glauben gebunden und gefesselt mit goldenen Retten der Verheißung und des Eides. „Es muss so sein,“ spricht er, „die Gnade, die ich offenbart habe, ist in der Tat wahr, denn ich habe bei mir selber geschworen.“ Geliebte, wir sollten ernstlich jene unsere böse Gesetzlichkeit verabscheuen, die so oft der Gnade Gottes Trotz bietet, seine Barmherzigkeit verdächtigt und unsere Seele in Knechtschaft bringt.
Eine andere Tür für den Zweifel findet sich in der Furcht vor Vermessenheit. Es ist recht, wenn wir uns fürchten, in verkehrter Weise getröstet zu werden, denn nichts ist tödlicher, als falscher Friede. Der Herr billigt jene heilige Eifersucht, die uns dazu führt, uns selber zu prüfen, ob wir im Glauben stehen. Es schmerzt mich stets, wenn geheiligte Furcht von einem Menschen weicht, so dass ihm nicht mehr vor Selbstbetrug bange ist; aber doch kann die Furcht vor Vermessenheit von dem Argen verkehrt werden, und dann wird sie eine Schlinge für unseren Fuß. Geliebte, seid gewiss, dass es keine Vermessenheit ist, Gott zu glauben; die Vermessenheit liegt darin, an ihm zu zweifeln. Der Glaube ist der Bruder der Demut und Misstrauen der Nachbar des Stolzes. Aber damit nicht Jemand von euch, ihr Zitternden, sich fürchte, die Verheißung Gottes als wahr und wahrhaftig anzunehmen, siehe, da schwört Jehova, und nun dürft ihr nicht daran zweifeln. Ihr dürft die Wahrhaftigkeit Gottes nicht in Frage stellen, der so mit „Amen“ und „Wahrlich“ seine eigene ewige Macht und Gottheit verpfändet, dass der Gnadenbund für immer Fest stehen soll. So legt Gott den Nachdruck auf seine Versicherung da, wo wir geneigt sind, die Stärke unseres Zweifels walten zu lassen und indem er seine Verheißung gewiss macht, gewährt er uns Trost der kräftigsten Art.
Heute wollen wir, in der Hoffnung, dass Einige aus dem Volk Gottes dadurch getröstet werden, die Seelenzustände beschreiben, an welche der Text sich wendet und den Segen, den er bringt. Der Text spricht von drei Zuständen: zuerst, „wir haben Zuflucht genommen;“ zweitens, wir haben „die Hoffnung ergriffen, die vor uns ist;“ und drittens, „wir haben einen starken Trost.“
I. Zuerst, wir haben Zuflucht genommen.
Obgleich der griechische Urtext sich nicht ganz so deutlich auf eine Zuflucht bezieht, wie es nach unserer Übersetzung scheint, so ist doch das hier gebrauchte Bild unzweifelhaft das der Freistadt, zu welcher der Totschläger floh, wenn er in Gefahr vor dem Bluträcher war. Ich will nicht versuchen, die Vergleichung weitläufig zu ziehen, ansprechend, wie dies sein würde, denn ihr könnt sie euch leicht selber ausmalen. Ich will dem Bilde nur folgen, so weit ich es für meinen gegenwärtigen Zweck bedarf.
Der Totschläger ward, sobald er in der Hitze der Leidenschaft einen Menschen getötet, ein passendes Abbild eines erweckten Sünders, der einsieht, dass er sich in einem schlimmen Zustand befindet. Da liegt der Leichnam des Menschen, den er mit einem übereilten Schlag getötet. Er weiß nicht, was zu tun. Könnt ihr den Sturm schrecklicher Gefühle verstehen, der seine Seele überwältigt? Möge Niemand von uns je die Qual kennen, Jemanden durch Zufall schwer verletzt, noch weniger ihn getötet zu haben; aber es in der Hitze des Zorns getan zu haben, wie schrecklich! Was für ein Grauen muss die Seele des Mannes empfinden! Er sieht den erstarrten Leichnam auf der Erde und wünscht, er könnte auch sterben! Blut ist an seiner Hand und auf dem Boden, und sein Gewissen hört eine Stimme, die zu Gott um Rache schreit! Er blickt um sich her und zittert beim Fallen eines Blattes. Alles ist verändert. Das Stück Land, das sein Vater ihm hinterließ, einst so freundlich, ist nun ein schreckliches Hakeldama, ein Blutacker: er kann's nicht ertragen, auf die Heimatstätte zu blicken, die er einst liebte. Er wendet sein Auge nach oben und der Himmel selber scheint ihn finster anzublicken! Er wundert sich, dass die Erde unter ihm sich nicht auftut und ihn verschlingt. Blutspuren sind an jedem Dinge, selbst, wenn er die Augen schließt, sieht er das purpurfarbene Blut. Er weiß nicht, was zu tun - nach seinem Hause zu gehen oder sich in jenem Dickicht zu verbergen, oder sich in den Fluss zu stürzen, der vorbeifließt. Er ist in furchtbarem Gemütszustande, die Furien umschweben ihn, und tausend Schlangenstiche verwunden ihn. Ich erinnere mich wohl der Zeit, wo ich in ähnlichem Zustand war, meiner Sünden wegen, denn ich sah meinen Herrn am Kreuz und fühlte, dass ich an seinem Tode Schuld sei.
„Ich, ich und meine Sünden,
Die sich wie Körnlein finden,
Des Sandes an dem Meer,
Die haben dir erreget
Das Elend, das dich schläget,
Und das betrübte Marterheer.“
Mir ward es klar, dass ich so gesündigt hatte, dass ich mir das ewige Verderben zugezogen. Was für eine entsetzliche Entdeckung war dies! Alles war vorher angenehm genug erschienen, aber siehe, ich fand, dass ich ein Empörer wider den Allerhöchsten sei und mein bloßes Dasein war schrecklich über alle Begriffe. Wohin sollte ich fliehen oder wie sollte ich entrinnen? Eine furchtbare Angst kam über mich und ich konnte sie nicht ertragen. Die Hölle hatte angefangen, in meinem Inneren zu brennen und der nie sterbende Wurm hatte sein Nagen begonnen. Es ist das Werk des Geistes Gottes, Menschen von der Sünde, der Gerechtigkeit und dem zukünftigen Gericht zu überzeugen, und es ist gut, wenn die Seele zu fürchten beginnt, denn dann beginnt sie zu leben.
Der erschreckte Totschläger erwog dann zunächst, wenn er sich überhaupt beruhigen konnte, was er zu tun habe und er kam bald zu dem Schlusse, dass er dem Schicksal, das ihm drohte, weder trotzen, noch entrinnen, noch es ertragen könne. Der Bluträcher würde sicher hinter ihm her sein. Konnte er ihm widerstehen? War es möglich, die Waffen zu nehmen und sich zu verteidigen? Konnte er hoffen, der Rache des Stammes zu entgehen, indem er sich in einer geheimen Höhle oder einem Schlupfwinkel verbarg? Oder konnte er den Zorn des Rächers ertragen? Er wusste, dass er es nicht könne, denn der Rächer würde Blut für Blut fordern und nicht befriedigt sein, ehe er ihm das Leben genommen. Nun wohl, es ist ganz und gar vergeblich, wenn Menschen wähnen, dass sie dem Herrn trotzen können. Sie würden verzehrt werden, wie die Stoppeln von der Flamme. Der Herr der Heerscharen ist furchtbar in Waffen und wir können ihm nicht gegenüber stehen. Wir mögen uns für stark gehalten haben, aber wenn wir dem Herrn wirklich gegenüber treten vor den Schranken des Gerichts in unserem eigenen Gewissen, so finden wir, dass wir nicht einen Augenblick vor ihm stehen können und unsere Gebeine zittern vor Furcht.
Und Entrinnen vor ihm, wie unmöglich fühlen wir das! Der Gipfel des Karmel hat keine Höhlen, in denen wir uns verbergen könnten und in der Tiefe des Meeres würde die krumme Schlange,“ von ihm beauftragt, uns ausfindig machen. Die Flügel des Morgens könnten uns nicht rasch genug tragen, um uns in Stand zu setzen, der rechten Hand Jehovas zu entgehen, und die dicke Finsternis könnte uns nicht vor seinem Auge verhüllen. Und das Ertragen der Strafe seines Zornes, das wissen wir, ist unmöglich, denn wenn er einmal beginnt, mit uns als Rächer zu handeln, so müssen wir von seiner Gegenwart in die unterste Hölle getrieben werden. So war in den Tagen unseres Sündengefühls keine Hoffnung von der natürlichen Vernunft zu finden und unsere Furcht wuchs, bis „Zittern uns ankam und Angst wie eine Gebärerin,“ denn wir sahen, was wir getan hatten, aber wir wussten nicht, was zu tun, um den Folgen davon zu entgehen.
Dann kam zu unseren Ohren, was wir vielleicht früher gehört hatten, aber so gleichgültig, dass wir es niemals recht verstanden hatten wir hörten von einem von Gott versehenen Wege zu entrinnen. Der Totschläger hatte vielleicht früher die Einrichtung der sechs Freistädte unbeachtet gelassen, weil er persönlich ihrer nicht bedurfte; aber sobald er ein Totschläger ward, wurden diese Orte wichtig für ihn und er bewunderte das barmherzige Gesetz, das eine Zuflucht von der Blutrache verordnet hatte. Wenn unter dem Sündenbewusstsein, dann schätzen die Menschen Jesum Christum. Wir selbst hörten von Gottes Heilsweg, aber wir forschten nie danach, wandten unser Herz ihm nicht zu und bemühten uns nicht, ihn völlig zu verstehen, bis wir unsere Schuld vor uns sahen in all ihrer blutroten Farbe.
Wie wundervoll ist der Ratschluss der Gnade! Hier ist er; dass, wie wir in Adam sterben durch Adams Sünde, so wir durch Christi Gerechtigkeit leben, wenn wir in Christo sind. Der Weg zum Entrinnen für den Sünder liegt nicht in ihm, sondern in einem anderen. Er muss unter ein anderes Oberhaupt kommen und dann ist er sicher. Unter dem ersten natürlichen Oberhaupt wurden wir Sünder und unter dem zweiten, dem Oberhaupt der Gnade, werden wir gerecht. Wie tröstlich ist es, zu sehen, dass der zweite Adam, in dem wir durch den Glauben gerecht werden, die Macht uns zu erretten hat, weil der Herr unser Aller Missetat auf ihn geworfen und er eine völlige Versöhnung bargebracht hat. Anstatt persönlich mit Jedem, der in Christo ist, zu verhandeln und von ihm die Strafe, die der Sünde gebührt, zu fordern, bat Gott in seiner Barmherzigkeit alle Sünden Derjenigen, die in Christo sind, im Ganzen genommen und für die ganze Menge derselben die Bezahlung von ihrem großen Bundeshaupt verlangt. Der Herr ist zu dem zweiten Adam, zu Christo Jesu, gegangen und hat ihm die fürchterliche Rechnung aller Sünden seiner Erlösten vorgelegt und ihm gesagt: „Willst du all dieses bezahlen?“ und er hat geantwortet: „Ja,“ und hat die Riesenlast der Sünde hinauf ans Kreuz getragen und ihr dort ein Ende gemacht. Es war ein Siegesruf, als er sagte: „Es ist vollbracht, denn die ganze Schuld seines Volkes war auf immer ausgetilgt. Ihre Sünden wurden in seiner Gruft begraben, um niemals wieder aufzustehen; aber er selber ist erstanden, da er alle Verpflichtungen erfüllt hatte, die er um unsertwillen auf sich nahm, und so sind wir freigesprochen, denn er starb um unserer Sünde willen und stand um unserer Gerechtigkeit willen wieder auf.
Nun, wenn ein Mensch wahrzunehmen beginnt, dass Gott anders mit ihm rechnen kann, als nach dem, was er persönlich gewesen ist und getan hat; wenn er lernt, dass Gott die Gläubigen in Christo ansieht, und deshalb mit Christo abrechnet in ihrer Sache; dann findet seine Seele Frieden. Siehe dies und bewundere: Ich bin, wenn ich glaube, tot für die Sünde, denn Christus starb; ich habe, wenn ich glaube, Jehovas Zorn getragen, denn Jesus trug ihn an meiner Statt! Siehe, er spricht zu dem Gläubigen: „Dein Streit ist vorüber und deine Sünde ist vergeben, denn du hast von der Hand des Herrn in der Person seines Sohnes doppelt für alle deine Sünden empfangen.“ Des Gläubigen Schuld ward dem Herrn Jesu zugerechnet und deshalb ist sie nicht mehr auf dem Gläubigen. Er ist freigesprochen und mag seinen Weg in Frieden gehen. Liebe Hörer, solcher Ratschluss mag Einigen von euch nicht gefallen, die niemals das Entsetzen der Schuld gefühlt und kein Bedürfnis nach einem Heiland haben, aber uns füllt es mit hoher Freude. Ihr seid stets so gut und vortrefflich gewesen, dass ihr nicht froh seid bei dem Gedanken, dass ein Anderer an eurer Stelle steht; aber ein Mensch, der erschreckt ist, in Not, verwirrt und schuldbewusst, wenn der von diesem sonderbaren, diesem wundervollen Plan hört, uns unsere Übertretungen nicht zuzurechnen, weil Gott alle unsere Missetat auf Jesum, unseren Bürgen und Stellvertreter, geworfen hat, - ein Solcher freut sich, wenn er davon hört und flüchtet sich sogleich dahin.
Der Text indes zeigt nicht nur an, dass wir die Zuflucht nötig haben und davon gehört, sondern dass wir dahin geflohen sind. Von unserem Selbst hinweg zu fliehen zu der bereiteten Zuflucht ist eine Haupttat des Glaubens. Der Totschläger verließ sein Haus, sein Weib, seine Kinder, seinen Besitz und die Ochsen, mit denen er pflügte, er verließ Alles, um zur Freistadt zu fliehen. Das ist gerade, was ein Mensch tut, wenn er beschließt, aus Gnaden errettet zu werden, er verlässt Alles, was er sein eigen nennt, entsagt allen Rechten und Vorrechten, die er von Natur zu besitzen glaubte; ja, er bekennt sein eigenes natürliches Recht zum Leben verloren zu haben und flieht zur Gnade Gottes in Christo Jesu, um Leben zu erhalten. Der Totschläger hatte kein Recht zum Leben, außer dem, dass er in der Freistadt war, kein Recht zu irgend etwas, außer dem, dass er Gottes Saft in diesen eingeschlossenen Mauern war; und ebenso verlassen wir, herzlich und gründlich, einmal und für immer, alle Rechte und Ansprüche, die aus unseren vermeinten Verdiensten stammen; wir eilen von unserem Ich hinweg, damit Christus Alles in Allem für uns sein möge. Wir „haben unsere Zuflucht genommen.“
Beachtet, dass das Zufluchtnehmen auch einbegreift, dass ein Mensch vor seiner Sünde flieht. Er sieht sie und bereut sie, aber er flieht sogleich zu Christo, dem Sündenträger. Seine Gedanken kehren traurig zu den trüben Erinnerungen der Vergangenheit zurück, aber von allen diesen flieht er hinweg zu Christo. Er denkt an sich selber, als unter dem Gesetz, und er findet bald, dass er es nicht halten kann und dass das Gesetz ihn wegen seiner Fehler verflucht; er wird dann keinen Trost haben, außer wenn er zu Christo flieht, der für uns das Gesetz gehalten hat. In Christo ist unsere Zuflucht vor dem Gesetz und nirgends anders. Wenn die Verzweiflung über einem Menschen schwebt, wie eine schwarze Gewitterwolke, so muss er zu Jesu eilen. „Wie kannst du gerechtfertigt werden?“ sagt das verwundete Gewissen; die Antwort muss in Jesu gefunden werden. Wenn wir zu Christo, dem Erfüller des Gesetzes, fliehen, so verschwindet die Verzweiflung sogleich, denn wir sehen, dass wir gerecht sind in der Gerechtigkeit Christi und angenommen in dem Geliebten. Dann und wann gehen wir törichterweise zurück zu unserer eigenen Gerechtigkeit, aber Weisheit ist es, davor wie vor der Pest zu fliehen. Wir können in diesem Gräuel nicht leben; die Gerechtigkeit des Geschöpfes ist eine Lüge und Fälschung; sie sollte von uns als Schaden und Unrat geachtet werden, denn sie ist nichts Besseres. Flieht vor ihr mit aller Macht. Ein Christ flieht beständig vor sich selbst; es ist die Aufgabe seines Lebens, eben so seiner Sünde wie seiner Gerechtigkeit zu entfliehen, damit er sich nie vor dem Herrn als ein Einzelner ansehe, allein und getrennt von Christo, sondern nur als Eins mit Jesu, und deshalb in Ihm dem Vater lieb, gereinigt, gerechtfertigt und angenommen. Möge der Heilige Geist uns dabei halten.
Ihr werdet mich vielleicht fragen, wie kam der Apostel Paulus dahin, wo dieser Text ihn anlandet? Welche Gedankenreihe führte ihn dahin von dem starken Trost zu reden, der denen, die sich zum Herrn flüchten, solche Zuversicht verleiht? Er hatte von Dreierlei gesprochen, welches die Zuversicht darstellt, zu der wir fliehen. Er sprach eben vorher (Hebr. 6,13-16) von dem Bund, den der Herr mit Abraham gemacht, indem er ihm mit einem Eide geschworen, dass er ihn und seinen Samen segnen wolle. Nun ist darunter zu verstehen, dass der Same Abrahams zuerst der Herr Jesus ist und zweitens alle Gläubigen, denn der Bund war durch die Verheißung, wie der Apostel an einer anderen Stelle beweist, und war mit einem Samen gemacht, nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist, so dass Abraham der Vater der Gläubigen war oder aller derer, die Glauben hatten. Ein Bund, der durch den Eid des Vaters befestigt ist, ist den Erben sicher und deshalb sagt Paulus: „Aber Gott, da er wollte den Erben der Verheißung überschwänglich beweisen, dass sein Rat nicht wankte, hat er einen Eid dazu getan.“ Darum ist es dem Gläubigen durch einen Eid zugesichert, dass er ihn segnen wird. Dies ist für alle Gläubigen gewiss, und gewiss für euch und mich, wenn wir Gläubige sind. Als Gläubige fliehen wir weg von uns selber und dem Bunde der Werke, zum sicheren Bunde der unwandelbaren Gnade und unser Trost ist stark, weil Gott wahr ist.
Der Apostel hatte auch von dem Erbe der Ruhe gesprochen, welches durch Kanaan vorgebildet ward. Gott hatte einen Eid geschworen, dass die Ungläubigen in der Wüste nicht zu seiner Ruhe eingehen sollten, und dies war gleichbedeutend mit einem Eide, dass Gläubige eingehen sollten, da Einige eingehen mussten. Wir gehen, weil wir Gläubige sind, und allein aus diesem Grunde, in die Ruhe ein. In dem Glauben an ihn, der die Gottlosen gerecht macht, haben wir Frieden mit Gott und brauchen nicht zu fürchten, dass wir nicht in die ewige Ruhe kommen werden, denn der Eid Gottes wird uns hinein bringen.
Ferner, der Apostel erwähnte das ewige Priestertum Christi, wie es in Melchisedek abgebildet ist, und da haben wir wieder eine Sache, in der Verheißung und Eid zusammen gehen. In einem späteren Kapitel legt Paulus weiter aus, was er hier nur andeutet: „Denn jene sind ohne Eid Priester geworden; dieser aber mit dem Eide durch den, der zu ihm spricht: Der Herr hat geschworen und wird ihn nicht gereuen, du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.“ Durch den Eid Gottes ist der Sohn für immer geweiht und nachdem er einmal ein Opfer für die Sünde dargebracht, sitzt er zur Rechten Gottes und kann selig machen immerdar, die durch ihn zu Gott kommen. Nun wohlan, ich, ein armer, gebeugter Sünder, ohne andere Hoffnung, fliehe von mir selber hinweg zu dem ewigen Priestertum Christi und zu dem Opfer, das er ein für alle Mal dargebracht hat, und ich weiß, da Gott es geschworen hat, gilt dies Opfer für mich und alle Gläubigen. Indem wir so zu unserem großen Herrn und Priester fliehen, finden wir einen starken Trost in dem Eid und Versprechen Gottes.
Die Eine feierliche Frage ist: Geliebte Hörer, habt ihr Zuflucht genommen? Seid ihr heute des Herrn Geflüchtete? Fliehet ihr täglich von Selbst und Sünde? Seid ihr in Christo wie in einer Freistadt, und ist dies der einzige Grund eurer Sicherheit? Wenn das, so sind die stärksten Tröstungen euer Teil.
II. Aber zweitens, „wir haben ergriffen.“ .
Hier haben wir ein anderes Bild, falls wir nicht an Joab denken, der seine Zuflucht zum Tempel nahm und die Hörner des Altars ergriff. Wir wollen aber nicht an diesen seltenen Fall denken, denn wahrscheinlich kam der dem Apostel nicht in den Sinn. Geliebte, wir fühlen, dass wir einer Zuflucht bedürfen und wir finden, dass es Gott gefallen, uns eine zu eröffnen; er sagt: „Wer da glaubt an den Herrn Jesum Christum, der wird nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Er heißt uns, alle Hoffnung auf Verdienst aufgeben, und einfach kommen, ihm glauben und vertrauen auf das große Werk, das sein Sohn für uns vollbracht hat. Er heißt uns den großen Heilsplan annehmen, dass Christus unser Haupt ist und an unserer Stelle und Statt den Opfertod gelitten. Die Rechtfertigung durch den Glauben an Jesum ist uns vorgestellt. Was sollen wir nach dem Text tun? Wir haben es „zu ergreifen“. Uns ist nicht befohlen, uns dafür passend zu machen oder zu erwerben, was römische Schriftsteller die „Gnade der Bereitschaft“ nennen, wodurch wir dafür fähig werden, sondern es soll ergriffen werden von uns gerade so wie wir sind. Jeder hier weiß, was es heißt, eine Stütze oder einen Schatz ergreifen; Sünder, gerade das ist es, was du mit Christo zu tun hast! Du hast ihn im Glauben zu ergreifen. Du bist dem Ertrinken nahe; da wird dir ein Tau zugeworfen; was hast du zu tun? „Ergreife.“ Du hast nicht auf deine Hände zu sehen, ob sie rein genug sind. Nein, ergreife, schmutzige Hand oder reine. „Aber, meine Hand ist schwach.“ Ergreife, Bruder, so gut du kannst, schwache Hand oder nicht, denn während du Christum ergreifst, ergreift Gott dich; dessen kannst du gewiss sein. Wenn du Christum auch noch so schwach hältst, so hält Christus dich mit starkem Griff, der nie nachgibt. Eure Sache ist es in diesem Augenblick, zu ergreifen und fest zu halten. Gott hat uns diese selige Hoffnung gegeben, dass denjenigen, die in Christo sind, um Christi willen alle ihre Missetaten vergeben sind, dass sie angenommen und des ewigen Lebens sicher sind und dies haben wir nur zu ergreifen. Was bedeutet dies? Was muss getan werden, um zu ergreifen?
Wohl, zuerst, müssen wir glauben, dass das Evangelium wahr ist. Glaubt ihr, ihr alle, dass es wahr ist, dass Gott in Christo war und die Welt mit ihm selber versöhnte, und ihnen ihre Sünden nicht zurechnete? Ja, ich weiß, ihr glaubt, dass Gott seinen Sohn zu einem Sündopfer für die Sünden gesandt hat. So weit gut; das Nächste ist, diese Wahrheit euch selber anzueignen. Christus rechtfertigt Gläubige; er ist des Vertrauens wert; vertraut ihm und er hat euch gerechtfertigt. „Ich fühle es nicht,“ sagt der Eine. Du hast nicht nötig, es zu fühlen. Es ist eine Glaubenssache. Glaube an Jesum, und weil du ein Gläubiger bist, sei versichert, dass du errettet bist. „Aber ich meinte, ich würde fühlen,“ sagt ein Anderer. Ja, du wirst genug nach und nach fühlen, aber jetzt ist eine Frage zwischen dir und Gott. Ist der Herr ein Lügner oder nicht? „Wer Gott nicht glaubt, der macht ihn zum Lügner,“ und auf der anderen Seite: „Wer an ihn glaubt, der hat es versiegelt, dass Gott wahr ist.“ Welches von den beiden soll sein? Gott erklärt mit einem feierlichen Eide, dass die Gläubigen in seine Ruhe eingehen sollen, mit einem feierlichen Eide erklärt er, dass die Gläubigen als Abrahams Same gesegnet sind, seinem Bunde gemäß; mit einem Eide erklärt er, dass sein Sohn, der ewige Melchisedek, immerdar selig machen kann, die durch ihn zu Gott kommen. Was denn? Glaubst du ihm oder nicht? „O,“ sagt Einer, „ich glaube Gottes Wort, aber ich zweifle, ob es auf mich Anwendung leidet.“ Du glaubst es nicht, wenn du es nicht für dich selber auch glaubst, denn es sind keine Ausnahmen in diesem Falle gemacht. Wenn du glaubst, so bist du gesegnet; wenn du glaubst, sollst du Ruhe haben; wenn du glaubst, so lebt der große Melchisedek für dich und bittet für dich und du bist errettet. Wenn du glaubst - das ist der Punkt - wenn du Gott ehrst, indem du sein Wort als wahr annimmst und auf Christum dich verlässt - dann steht es wohl um dich. Wenn du sprichst: „Ja, das Tau ist ein starkes und ich glaube, es wird einen Untersinkenden halten,“ warum es nicht ergreifen? Das ist der Kernpunkt des Glaubens: Gott tatsächlich zu glauben, indem wir unser ewiges Schicksal der Wahrheit anvertrauen, von der wir sagen, dass wir sie glauben.
„Ergreifet die Hoffnung.“
Wenn ein Mensch ein Ding ergreift, so geht er nicht weiter, sondern fährt fort, daran zu hängen. Wir haben Zuflucht genommen, aber wir fliehen nicht weiter, als zu der Hoffnung, die wir nun ergriffen, nämlich, ewiges Leben in Christo. Wir wünschen nie, über die Verheißung hinaus zu kommen, die Gott für die gegeben, die an Christum glauben, die Verheißung der Seligkeit durch den Glauben. Wir sind dadurch befriedigt und wir ruhen da. „Ergreifen“ bedeutet in der ausdrucksvollen Sprache des Griechen zuerst, festes Halten dessen, was wir gefasst haben. Ich erinnere gut, als ich zuerst die Hoffnung ergriff, die Gott mir vorgestellt hatte. Ich fürchtete mich entsetzlich, sie zu erfassen, denn ich dachte, sie wäre zu gut, um wahr zu sein: aber ich sah, dass mir nichts anderes übrig blieb und deshalb ward ich wie mit Gewalt getrieben, kühn zu sein und Alles zu wagen. Ich wusste, dass ich irgendwo hin fliehen musste und es schien, hierhin oder nirgends; ich war gezwungen, an den wunderbaren Plan des Heils durch einen Andern und in einem Andern zu glauben, an die Seligkeit in Christo. Ich machte einen Strich darunter, und glaubte es und Freude und Friede füllten meinen Geist. Das ist jetzt 27 Jahre her, und ich ergreife es immer noch. Brüder und Schwestern ich bin keinen Zoll über die alte Hoffnung hinaus gegangen. Jesus Christus war damals Alles in allem für mich, und er ist derselbe jetzt, nur dass ich mehr als je entschlossen bin, meine Seele auf ihn zu lehnen und auf ihn allein. Ich bekenne auch heute, ich wage nicht einen Schatten Vertrauens zu setzen auf irgend welche Predigten, die ich gehalten oder Almosen, die ich gegeben oder Gebete, die ich dargebracht oder irgend welche Gemeinschaft mit Christo, die ich genossen oder auf etwas, das ich getan, gesagt oder gedacht; sondern ich verlasse mich gänzlich auf das, was Jesus tat und tut als mein Bundeshaupt und Bürge. Ich weiß, er trug meine Sünden an seinem Leibe am Holze, ich weiß, er begrub meine Sünde, wo sie nie wieder auferstehen wird und ich weiß, er stand als mein Stellvertreter vor dem ewigen Thron und ich weiß auch, dass ich bald sein soll, wo er ist; weil ich Eins mit Ihm bin, da ich an ihn glaube. Nun, mein Freund, wenn auch du an ihn glaubst, wenn es auch nur fünf Minuten her ist, seit du Glauben empfingst, so bist du gerade so sicher in der Hand Jesu, wie diejenigen von uns, die Jahre lang an ihn geglaubt haben. Wenn du nur durch einen Akt des Vertrauens annimmst, was Gott dir vorgestellt hat, dazu fliehst und es ergreift, so gehört der „starke Trost,“ davon der Text spricht, dir. Ich bitte Gott, mit seiner mächtigen Barmherzigkeit Viele zum Glauben an ihn jetzt zu führen.
Bemerktet ihr, dass der Apostel vom Ergreifen einer Hoffnung spricht? Dies bedeutet nicht, dass wir in der Einbildung etwas ergreifen sollen, was wir in dunkler Zukunft zu erhalten hoffen, denn der nächste Vers sagt weiter „welche Hoffnung wir haben.“ Wir haben unsere Hoffnung jetzt, es ist keine nebelhafte Vorstellung, dass wir möglicherweise, wenn wir sterben, selig werden können. Wir wissen, dass wir in diesem Augenblick sicher in unserer Zuflucht sind und wir ergreifen unsere Zuversicht als eine gegenwärtige Freude. Doch ist das, was wir ergreifen, voll von Hoffnung, es ist mehr darin, als wir sehen oder genießen können. Was ist die Hoffnung? Die Hoffnung des Beharrens bis ans Ende, die Hoffnung der schließlichen Vollkommenheit, die Hoffnung der ewigen Herrlichkeit, die Hoffnung, bei unserem Herrn zu sein, wo er ist, dass wir seine Herrlichkeit allezeit schauen mögen eine Hoffnung, die reinigt, erhebt und voll Herrlichkeit ist; eine Hoffnung, die uns aufrichtet und entzückt, so oft wir daran denken. Diese haben wir durch einen einfachen Akt des Glaubens ergriffen, im Glauben, dass Gott wahrhaftig ist. Dieses Ergreifen der Hoffnung, die Gott uns vorstellt, ist eine sehr einfache Sache und doch gibt es Einige, die es nicht verstehen, denn sie fragen uns wieder und wieder: „Was ist Glaube?“ Wohlan, es ist Ergreifen, aber wenn du mehr davon wissen willst, ergreife in diesem Augenblick und siehe, was es ist, durch eigene Erfahrung. Ergreife sogleich, Sünder, es ist Alles, was du zu tun hast, und der Geist Gottes macht dich fähig, es zu tun. Wie ich vorhin sagte, du Sünder mit schwarzen Händen, warte nicht, um deine Hände zu waschen, sondern ergreife. Das, was du ergreifst, wird dich waschen und reinigen. Und du, arme, schwache, zitternde, gelähmte Seele, Jesus heißt dich, deine Hand ausstrecken, und wenn du ergreifst, wirst du Friede und Trost finden.
III. Wir erfreuen uns eines starken Trostes.
Denn dies ist unser letzter Punkt, wir erfreuen uns eines starken Trostes. Ich habe nicht Zeit, hierüber zu sprechen, wie ich es möchte, und deshalb will ich nur einige Winke geben. Viele unserer Mitmenschen haben keinen Trost; wenn das Leiden kommt, wehe ihnen. Es gibt viele Andere, die einen schwachen Trost haben; sie verlassen sich auf das „absolvo te“1) eines Priesters. Das muss ein armseliges Ding sein, für jemanden, sollte ich denken, Trost zu schöpfen daraus - dass er weiß, er ist zur Messe gewesen, hat gebeichtet und ist der Vergebung versichert von einem armen, sündigen Menschen, der nicht besser ist, als er selber, ausgenommen, dass er seinen Kopf hat scheren lassen. Was für einen Grund zum Trost die armen Wesen hierin sehen können, bin ich nicht im Stande zu sagen: es muss eine kümmerliche Stütze sein, wenn Sünde und Satan die Seele angreifen. Viele haben einen sehr ungenügenden Trost, denn sobald Leiden und Prüfungen kommen, werden sie schwach, und wenn sie den Tod vor sich sehen, so schwindet ihr Trost wie Tau in der Sonne.
Aber wir haben einen starken Trost. Wir nennen eine Flüssigkeit stark, wenn ein paar Tropfen allem Geschmack mitteilen, wohinein sie kommen; wie wunderbar hat der Trost Christi unser ganzes Leben verwandelt! Es ist eine Kraft darin, die alles um uns her versüßt. Er ist so stark, dass er all unsere Furcht überwindet und all' unsere Zweifel vernichtet. Obgleich viele Lehrer eifrig beschäftigt sind, den Unglauben zu fördern, so wirft doch unser Trost tausend Zweifel zurück, wie Simson tausend Philister schlug. Er überwindet auch alle unsere Leiden, denn er lässt uns fühlen, dass uns alle Dinge zum Besten dienen, da wir nach dem ewigen Vorsatz berufen sind; ja, dieser Trost ist so stark, dass er den Tod selber besiegt und uns in die kalten Vorhöfe des Grabes ohne Schauder hinabsteigen lässt, freudig triumphierend, weil Christus uns Leben verheißen, Gott es geschworen hat und die Verheißung und der Eid wahr sein müssen.
Was ich euch zu beachten wünsche, ist, das der Trost eines Christen ganz in seinem Gott liegt, weil der Grund desselben ist, dass Gott geschworen hat und dass Gott verheißen hat. Sucht deshalb niemals Trost in euch selber, es würde ein vergebliches Forschen sein. Flieht vor euch selber und ergreift die Hoffnung, die euch vorgestellt ist. O Christ, du verlierst Trost, wenn du von deinem Gott hinweg blickst. Richte das Glaubensauge auf ihn und lass es nie anders wohin schauen, Seine Verheißung, sein Eid, er selbst, ein treuer und wahrhaftiger Gott, diese Betrachtung kann euch allein aufrecht halten.
Denkt auch daran, dass unser Text aus dem kommen muss, was Gott gesprochen hat, und nicht aus seiner Vorsehung. Hütet euch, dass ihr nicht die Schickungen als die Quellen eurer Freude anseht, denn er kann euch mit „Menschenruten“ züchtigen und mit vielen Streichen schlagen, aber seine Verheißung lächelt, wenn seine Vorsehung finster aussieht. Seht, wie der Apostel bei der Verheißung und dem Eid verweilt als den zwei Stücken, die nicht wanken, und nicht bei zeitlichen Segnungen. Äußere Schicksale ändern sich, aber der Eid ändert sich nie, haltet euch daran. Euer Trost muss nicht von Empfindungen der göttlichen Gunst abhängen oder vom leiblichen Verkehr mit Gott und Entzückungen. Nein, sondern davon - er hat es gesagt und er hat es geschworen - dies sind die zwei starken Säulen, worauf euer Trost ruhen muss. Nicht davon, was er nach eurer Meinung zu eurem Herzen spricht, noch davon, was ihr eurer Seele eingeprägt gefühlt habt, sondern von dem nackten Wort, der Verheißung, dem Eid Gottes ohne Empfindung oder Zeugnis, die es verstärken. Gott hat es gesagt und geschworen, das ist unser starker Trost.
Erinnert euch indes, dass die Kraft des starken Trostes, der aus dem Eide Gottes entnommen wird, in eurem persönlichen Genuss sehr von eurem Glauben abhängt. Was ist der Trost einer Verheißung, wenn ihr sie nicht glaubt, und was ist der Nutzen eines Eides, wenn du ihn bezweifelst? Er ist nicht das Ende alles Haders für die, welche nicht glauben. O Bruder, ich beschwöre dich bei der Wahrhaftigkeit Gottes, strebe nach vermehrtem Glauben. Wenn du niemals an Gott zweifeltest, bis du Ursache dazu hättest, so wirst du nie wieder zweifeln. Es ist unmöglich für ihn, zu lügen, und über Alles nicht in jenen großen Dingen, denn deine Seele ruft, deshalb behandle ihn nicht, als wenn er lügen könnte, und wage nicht seine Treue zu beargwöhnen, sondern halte dich an die unveränderliche Wahrhaftigkeit Gottes.
Erinnert euch, dass dieser Trost, der euch durch den Glauben zu Teil werden soll, wenn ihr ihn nicht erhaltet, beweisen wird, dass ihr Gott beleidigt. Es mag ein leichtes und geringes Ding scheinen, Gott zu glauben, aber es ist ein schreckliches und abscheuliches Ding, ihm nicht zu glauben. Stellt euch einen großmütigen Freund in dieser Versammlung vor, der zu uns sagte: „ich verspreche dies und das.“ Es würde ihn tief schmerzen, wenn jemand aufstände und sagte: „ich bin willig genug, zu glauben, aber ich kann nicht.“ Ich kann mir schwer etwas denken, was hier einem rechtlichen Mann beleidigender wäre, als wenn solcher Zweifel an ihm geäußert würde von Einem, der vorgibt, ihm gerne glauben zu wollen. Aber gesetzt, dass der, welcher solches Misstrauten erführe, in großer Sanftmut des Geistes sagte: „Um allem Zweifel ein Ende zu machen, setze eine Urkunde auf, ich will Unterschrift und Siegel dazu setzen und zur selben Zeit will ich einen feierlichen Eid schwören und Gott zum Zeugen nehmen, dass mein Versprechen wahr ist.“ Wenn nun irgend jemand sagen sollte: „Ich glaube es noch immer nicht, könnt ihr euch den Schmerz und den Unwillen vorstellen, der natürlicherweise unseres Freundes Herz ergreifen würde? Nun kann Gott bei keinem Größeren schwören, als bei sich selber, denn es gibt keinen Größeren, und Deshalb hat er bei sich selber geschworen. Bei seinem eigenen Dasein, bei seiner Heiligkeit, von der er nie lassen kann, bei der Majestät der Gottheit hat er feierlich geschworen, dass der gläubige Same gesegnet sein solle; und gesegnet muss er sein. Es soll Vergebung und ewiges Leben für Jeden da sein, der an seinen Sohn Jesum Christum glaubt. Dies ist keine Erdichtung. Gott kann nicht täuschen in einem solchen Punkte und in der Tat, in keinem anderen. Dies ist kein Traum, keine anmutige Mythe2), wie Einige sich einzubilden scheinen; es ist Wirklichkeit, göttliche Wirklichkeit. Nun denn, Seelen, wollt ihr euch nicht auf diese göttliche Wirklichkeit werfen? Möge der Teufel von euch zurückgehalten werden, damit ihr aufhört, Gott zu lästern, indem ihr an ihm zweifelt! Möge der ewige Geist euch nun überzeugen, wie natürlich, wie passend, wie notwendig es ist, dass ihr sogleich dem Eid und Versprechen Gottes glauben solltet, und euch Jesu Christo anvertrauen, den er euch zum Fürsten und Heiland gesetzt hat, um Israel Buße zu geben und Vergebung der Sünden! Ich wünsche, ich wüsste wie ich euch bewegen könnte; aber meine Zeit ist verflossen. Es gab eine Zeit für mich, wo mein Herz in mir vor Freuden gejauchzt hätte, wenn ich diese Botschaft gehört hätte, denn ich verlangte nach Christo; und als ich hörte, dass ich ihn ergreifen müsste und zu ihm fliehen und errettet werden, tat ich es mit Freuden. Diejenigen von euch, die eben so sündig sind, wie ich es war und sich dessen eben so bewusst, werden wie ich hoffe, in diesem Augenblick auf ihn schauen und errettet werden: und wenn ihr dies tut, bei dem Eide und der Verheißung Gottes, seid ihr auf ewig sicher. Möge Gott der Heilige Geist euch zu Jesu führen. Amen.