Spurgeon, Charles Haddon - Hiob (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Hiob (Andachten)

Hiob 1, 5.

Und wenn ein Tag des Wohllebens um war, sandte Hiob hin und heiligte sie, und machte sich des Morgens frühe auf, und opferte Brandopfer, nach ihrer aller Zahl. Denn Hiob gedachte: Meine Söhne möchten gesündiget, und Gott gelästert haben in ihrem Herzen. Also tat Hiob alle Tage.

Was der Erzvater Hiob am frühen Morgen vornahm, nach den Festtagen in seiner Familie, das wird für den Gläubigen wohlgetan sein, auch für sich zu tun, bevor er sich Abends zur Ruhe legt. Mitten unter den Freuden und Vergnügungen, welche das gesellige Leben in größeren Familienkreisen mit sich bringt, ist leicht Gefahr vorhanden, unsern geheiligten Christenberuf zu vergessen und in sündlichen Leichtsinn hineingerissen zu werden. Es sollte nicht so sein, aber es ist leider so, dass unsere festlichen Tage selten Tage heiliger Freude sind, sondern gar zu oft in eine unheilige Lust und Leichtfertigkeit ausarten. Es gibt eine Art, sich zu freuen, die so rein und heilig ist, als ob man sich in Edens Strömen badete: heiliger Dank sollte eine ebenso veredelnde und reinigende Macht auf uns ausüben, als schwere Heimsuchung. Aber ach, unsere armen Herzen! Die Wirklichkeit liefert den Beweis, dass das Haus der Trübsal besser ist, als das Haus der Freude. Komm, liebe gläubige Seele, worin hast du dich heute versündiget? Hast du deinen heiligen Beruf vergessen? Hast du dich Andern gleichgestellt in müßigen Worten und unnützen Gesprächen? Dann bekenne deine Sünde und nimm Zuflucht zum Opfer. Das Opfer heiliget; das teure Blut des geschlachteten Gottes-Lammes nimmt die Schuld hinweg, und tilgt die Befleckung unserer Sünden, der Unwissenheit und Sorglosigkeit aus. Das ist der Beste Schluss eines jeden Familienfestes, dass wir uns von neuem abwaschen lassen in dem Reinigungsbade. Gläubige Seele, komm allezeit zu diesem Opfer; ists heute also wohlgetan, so ists jeden Abend wohlgetan. In der Nähe des Altars zu leben, ist das Vorrecht des königlichen Priestertums; für solche ist die Sünde, wie groß sie auch sei, nie ein Grund zum Verzweifeln, weil sie umso lieber wiederum zum sündenversöhnenden Opfer hinzunahen, und ihr Gewissen reinigen lassen von allen toten Werken. Herr, heilige uns in Deiner Wahrheit; Dein Wort ist die Wahrheit! (Goldstrahlen August 11)

Hiob 1,9

Meinest du, dass Hiob umsonst Gott fürchtet.

Das war eine heimtückische Frage Satans, als er von dem rechtschaffenen Knecht Gottes Hiob redete. Aber es gibt heutiges Tages viele, bei welchen man mit allem Recht diese Frage aufwerfen könnte, denn sie lieben Gott darum, dass Ers ihnen wohl ergehen lässt; wenn es ihnen aber böse erginge, würben sie gewiss ihren Glauben an Gott aufgeben, mit dem sie sich jetzt brüsten. Wenn sie deutlich erkennen, dass von der Zeit an, von welcher sie ihre Bekehrung herschreiben, auch ihr Vornehmen gelingt und gedeiht, dann lieben sie Gott auf ihre armselige, fleischliche Weise; wenn sie aber Widerwärtigkeit erfahren, dann empören sie sich wider den Herrn. Ihre Liebe ist eine Liebe zur Mahlzeit, nicht zum gastfreundlichen Hausherrn; eine Liebe zum vollen Becher, nicht zum Freunde, den man hoch leben lässt. Aber ein wahrer Christ erwartet seinen Lohn erst in jenem Leben, und macht sich gefasst, hienieden Vieles zu erdulden. Die Verheißung des alten Bundes war leibliches Wohlergeben; aber des neuen Bundes Verheißung ist Trübsal. Denkt an die Worte Christi: „Einen jeglichen Reben an mir, der nicht Frucht bringt, wird Er wegnehmen; und einen jeglichen, der da Frucht bringt“ Was denn? „den reiniget Er, dass er mehr Frucht bringe.“ Wenn du Frucht bringest, dann wartet Trübsal auf dich. „Ach!“ sprichst du, das ist eine schreckliche Aussicht.„ Aber eben diese Trübsal wirkt so köstliche Erfolge, dass der Christ, mit dem solches geschieht, lernen muss, sich über die Trübsale freuen, weil, je mehr die Trübsal steigt, umso überschwänglicher sein Trost und seine Freude wächst durch unsern Herrn Jesum Christ. Seid gewiss, dass, wenn ihr wahrhaft Gottes Kinder seid, euch die Rute nicht verschont. Früher oder später muss jeder Goldbarren durchs Feuer geläutert werden. Aber fürchte dich nicht, vielmehr freue dich, dass dir solche fruchtbare Zeiten bevorstehen, denn alsdann wirst du gereinigt von allen irdischen Schlacken und zubereitet für den Himmel; du wirst frei von der Anhänglichkeit ans Zeitliche und sehnest dich nach jenen ewigen Gütern, die dir in Bälde sollen offenbart werden. Wenn du fühlst, dass du deinem Gott für diese Erdenzeit umsonst dienest, dann freuest du dich erst recht wahrhaft über den unendlichen, zukünftigen Lohn der Herrlichkeit. (Goldstrahlen, Januar 22)

Hiob 5,19

Aus sechs Trübsalen wird Er dich erretten, und in der siebenten wird dich kein Übel rühren.

Eliphas sprach hierin die Wahrheit Gottes. Wir mögen so viele Trübsale haben, wie Werktage in der Woche sind, aber der Gott, der an diesen sechs Tagen wirkte, wird für uns wirken, bis unsre Errettung vollständig ist. Wir sollen mit Ihm und in Ihm ruhen an unsrem Sabbat. Die rasche Aufeinanderfolge der Trübsale ist eine der schwersten Glaubensproben. Ehe wir uns von einem Schlage erholt haben, folgt ein andrer und wieder ein andrer, bis wir stutzig werden. Doch ist die eben so rasche Aufeinanderfolge der Errettungen ungemein ermutigend. Neue Lieder werden aus dem Amboss hervorgelockt durch den Hammer der Trübsale, bis wir in der geistlichen Welt das Gegenbild von dem „Harmonischen Grobschmied“ sehen. Unsre Zuversicht ist, dass, wenn der Herr unserer Trübsale sechs macht, es sechs sein werden und nicht mehr.

Es mag sein, dass wir keinen Ruhetag haben, denn sieben Trübsale kommen über uns. Was denn? „Zu der siebenten wird dich kein Übel rühren.“ Das Übel mag uns anbrüllen, aber es soll um mehr als eines Armes Länge fern gehalten werden und uns nicht einmal anrühren. Sein heißer Odem mag uns quälen, aber sein kleiner Finger kann nicht auf uns gelegt werden.

Wir wollen unsre Lenden umgürten und den sechs oder sieben Trübsalen entgegentreten und die Furcht denen überlassen, die keinen Vater, keinen Heiland und keinen Heiligen Geist, der sie heiligt, haben.

Hiob 13,23.

Wie viel ist meiner Missetat und Sünde?

Habt ihr je ernstlich ermessen und betrachtet, wie groß die Sünde des Volkes Gottes ist? Denkt nur zunächst, wie hässlich eure eigene Übertretung ist, so werdet ihr finden, dass sich nicht nur hie und da eine Sünde erhebt wie ein Alpenriese, sondern dass unsere Missetaten sich aufeinandertürmen, wie einst nach der Sage die Giganten den Ossa und den Pelion aufeinander wälzten, um den Himmel zu stürmen. Welch eine Masse von Sünde findet sich im Leben auch nur eines einzigen unter den geheiligtsten Kindern Gottes! Und nun versucht, diese Größe, die Sünde eines Einzigen, zu vervielfachen mit der Menge der Erlösten, meine „große Schar, die Niemand zählen konnte“, so bekommt ihr einigermaßen einen Begriff von der Größe der Verschuldung derer, für welche der Herr Jesus Sein Blut vergoss. Aber wir bekommen noch eine richtigere Vorstellung von der Größe der Sünde, wenn wir die Größe des Heilmittels dagegen erwägen. Es ist das Blut Jesu Christi, des eingeborenen und geliebten Sohnes Gottes. Gottes Sohn! Engel werfen ihre Kronen vor Ihm nieder! Alles Lobe und Jubelgetöne des Himmels umwogt den Thron Seiner Herrlichkeit. „Gott über Alles, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.“ Und doch nimmt Er Knechtsgestalt an, und lässt sich geißeln und zerfleischen, schmähen und verspotten und zuletzt töten; weil nichts anderes als das Blut des fleischgeworbenen Sohnes Gottes eine Versöhnung zu bieten vermochte für unsere Übertretungen und Sünden. Kein menschlicher Verstand kann den unendlichen Wert dieses göttlichen Opfers völlig ermessen, denn so groß auch die Sünde des Volkes Gottes ist, so ist doch das Versöhnopfer, das dieselbe hinwegnimmt, unbegreiflich viel größer. Darum, liebe gläubige Seele, ob auch die Sünde sich dahinwälzt wie eine schwarze Flut, und ob auch die Erinnerung an das Vergangene noch so bitter ist, so darfst du dennoch vor dem strahlenden Throne des großen und Heiligen Gottes stehen und ausrufen: „Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferwecket ist.“ Wenn dich das Gedächtnis deiner Sünde mit Scham und Kummer erfüllt, so dient dir dies doch zugleich als ein dunkler Hintergrund, auf welchem der Glanz der Herrlichkeit und der göttlichen Liebe nur umso heller strahlt. (Goldstrahlen Juli 6)

Hiob 14,1.

„Der Mensch lebet kurze Zeit, und ist voll Unruhe.“

Es ist uns vielleicht sehr gut, wenn wir dieser ernsten Tatsache ein wenig nachdenken, ehe wir uns heute schlafen legen; denn sie kann uns veranlassen, uns vom Irdischen je mehr und mehr los zu machen. Es liegt nicht sehr viel Erfreuliches in der Erinnerung, dass wir nicht über die Wechselfälle des Lebens erhaben sind; aber sie mag uns demütigen und uns bewahren vor einem Rühmen, wie es uns in unserer heutigen Morgen-Betrachtung in den Worten Davids entgegentritt: „Ich sprach, da mirs wohl ging: Ich werde nimmermehr darniederliegen.“ Sie kann uns abhalten, dass wir uns nicht zu tief in diesen Boden einwurzeln, aus welchem wir nach kurzer Zeit sollen in den himmlischen Garten verpflanzt werden. Wenn wir daran gedächten, dass auf alle Bäume der Erde die Axt des Holzfällers wartet, so wären wir nicht so eilig, unsere Nester auf denselben zu bauen. Wir sollen lieb haben, aber nur mit einer Liebe, die den Tod voraussieht und auf Trennung gefasst ist. Unsere lieben Angehörigen sind nur geliehene Güter, und die Stunde, wo wir sie in des Herrn Hand zurückgeben müssen, ist vielleicht vor der Tür. Das Gleiche gilt noch mehr von unsern irdischen Gütern. Haben nicht die Reichtümer dieser Welt Flügel und enteilen unversehens? Auch unsere Gesundheit ist gebrechlich. Vergängliche Blumen des Gefildes sind beide; wir dürfen nicht darauf zählen, dass sie uns immer blühen. Es ist uns eine Zeit gesetzt zur Krankheit und Schwachheit, wo wir durch Geduld im Leiden unsern Gott verherrlichen dürfen, und nicht durch fruchtbare Tätigkeit. Es gibt kein Stück, wo wir hoffen dürften, den verwundenden Pfeilen der Trübsal zu entgehen; unserer Tage keiner ist vor Kummer geschützt. Des Menschen Leben ist ein Kelch voll bitteren Weins; wer Freude sucht, möchte leichter in der Salzflut des Meeres Honig finden. Liebe Seele, richte dein Herz nicht auf das Irdische, sondern suche, was droben ist; denn das hienieden ist, fressen die Motten und die Diebe graben danach und stehlen; dort aber sind alle Freuden ewig und unverwelklich. Der Pfad der Trübsal ist der Weg zur Heimat. Herr, lass diesen Gedanken manchem müden Haupte zum sanften Ruhekissen werden! (Goldstrahlen März 10)

Hiob 14,14.

Ich harre täglich, dieweil ich streite.

Ein wenig Harren auf Erden macht uns den Himmel umso himmlischer. Nichts, nichts versüßt die Ruhe so sehr, als angestrengte Arbeit; nichts macht uns das Gefühl der Sicherheit so angenehm, als das uns umtobende Getümmel der Feinde. Die bitteren Wermutskelche dieser Erde lassen uns den neuen Wein, der in den goldenen Bechern der Herrlichkeit perlt, nur umso köstlicher erscheinen. Unsere schartigen Waffen und unsere vernarbten Stirnen verherrlichen droben unsern Sieg nur umso mehr, wenn wir empfangen werden auf den Thronen, die den Überwindern dieser Welt bestimmt sind. Wir könnten keine so völlige Gemeinschaft mit Christo haben, wenn wir nicht eine Zeit lang in der Erniedrigung blieben, denn Er ward getauft mit einer Taufe zum Leiden unter den Menschen, und mit derselben Taufe müssen auch wir getauft werden, wenn wir Sein Reich ererben wollen. Gemeinschaft mit Christo ehrt uns so hoch, dass das schmerzlichste Leiden ein wohlfeiler Preis ist, den wir dafür hingeben. Ein anderer Grund für unser Warten hienieden ist, dass wir zum Besten Anderer bleiben müssen. Wir können ja nicht wünschen in den Himmel zu kommen, bis unsere Aufgabe erfüllt ist, und vielleicht sind wir noch dazu ersehen, solchen Seelen Licht zu bringen, die noch umnachtet sind von der Wüste der Sünde. Unser verlängerter Aufenthalt hienieden geschieht ohne Zweifel zur Verherrlichung Gottes. Ein im Läuterungsfeuer bewährter Heiliger strahlt wie ein kunstreich geschliffener Diamant mit reinem Feuer in des Königs Krone. Wir sind Gottes Werk, an welchem Er durch unsere Trübsale verherrlicht wird. Um der Ehre Jesu willen erleiden wir die Trübsale unseres Glaubenslebens mit heiliger Freude.

Ein Jeder ordne sein Verlangen der Ehre Jesu unter und lebe der Empfindung: „Wenn mein Liegen in der Asche meinen Herrn auch nur um ein Haar erhöhte, so will ich gerne noch in den Scherben dieser Erde sitzen bleiben. Wenn ein ewiges Leben hienieden meinem Herrn mehr Ehre brächte, so sollte es mein Himmel sein, vom Himmel ausgeschlossen zu bleiben.“ Unsere Zeit ist bestimmt und geordnet durch den ewigen Ratschluss. Lassen wir uns deshalb nicht beunruhigen, sondern harren wir in Geduld, bis die Perlenthore des himmlischen Jerusalems sich uns öffnen. (Goldstrahlen Mai 6)

Hiob 19,26

Ich werde in meinem Fleische Gott sehen.

Achtet auf die Hauptsache in der frommen Zuversicht Hiobs: „Ich werde Gott sehen.“ Er spricht nicht: „Ich werde die Heiligen sehen,“ obgleich ganz gewiss auch hierin eine unaussprechliche Seligkeit liegt; sondern: „Ich werde Gott sehen.“ Er spricht nicht: „Ich werde die Perlenthore sehen, ich werde die Mauern von Jaspis schauen, ich werde die goldenen Kronen bewundern,“ sondern: „Ich werde Gott sehen.“ Das ist die Summe und der Inhalt des Himmels, das ist die freudige Hoffnung aller Gläubigen. Es ist ihre Wonne, wenn sie Ihn schon jetzt durch den Glauben in den Gnadenmitteln schauen. Sie betrachten Ihn gerne im heiligen Abendmahl und im Gebet; aber dort oben im Himmel erwartet sie ein offenes und unverhülltes Anschauen, und wenn sie Ihn sehen werden, „wie Er ist,“ dann werden sie Ihm vollkommen gleich sein. Gottähnlichkeit, was könnten wir noch Größeres wünschen? Und Gott schauen von Angesicht zu Angesicht, was könnten wir noch Besseres verlangen? Etliche lesen die Stelle: „dennoch werde ich Gott in meinem Fleische erblicken,“ und finden so in derselben eine Hinweisung auf Christum, als das „fleischgewordene, ewige Wort,“ und Seine herrliche Erscheinung am jüngsten Tage. Sei dem nun wie ihm wolle, gewiss ist, dass Christus der Gegenstand unseres verklärten Anschauens sein wird. Dies ist wohl nur eine einzige Quelle der Wonne, aber dieser Born ist unerschöpflich. Alle Seine Eigenschaften nehmen unsere Bewunderung in Anspruch, und da Er in jeder Hinsicht unendlich ist, so brauchen wir nicht zu fürchten, dass unser Entzücken sich erschöpfe. Seine Werke, Seine Gaben, Seine Liebe gegen uns, Seine Herrlichkeit in allem Seinem Vornehmen und Thun, sind ein Stoff, der immer neue Lieder erweckt. Die Erzväter blickten hinaus auf das Anschauen Gottes als auf eine persönliche Erfahrung. „Meine Augen werden Ihn schauen und kein Fremder.“ Betrachte die himmlische Seligkeit doch mit der Überzeugung von ihrer Wahrhaftigkeit; bedenke, was sie für dich sein muss. Deine Augen werden den König sehen in Seiner Schöne.“ Alle irdische Pracht erblasst und verdunkelt sich, wenn wir sie lange betrachten, hier aber ist eine Herrlichkeit, die nie erbleicht, ein Glanz, der nimmer erlischt: „Ich werde Gott sehen.“ (Goldstrahlen, Januar 10)

Hiob 22, 21.

„So vertrage dich nun mit Ihm.“

Wenn wir uns recht „vertragen“ wollen mit Gott und „Frieden haben“, so müssen wir Ihn erkennen, wie Er sich offenbart hat, nicht bloß in der Einheit Seines Wesens und Lebens, sondern auch in der Dreifaltigkeit Seiner heiligen Personen. Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das und gleich sei;„ der Mensch soll sich nicht zufrieden geben, bis dass er etwas von dem „Uns“ erkannt habe, welchem sein eigenes Wesen nachgebildet ist. Trachtet nach der Erkenntnis des Vaters, bergt euer Haupt an Seinem Busen in tiefer Reue und bekennet Ihm, dass ihr nicht wert seid, Sein Sohn zu heißen; empfanget den Kuss Seiner Liebe; lasst euch den Ring, das Pfand Seiner ewigen Vatertreue, an den Finger stecken; setzet euch mit Ihm zu Tische und freuet euch mit fröhlichem Schalle in Seiner Gnade. Dann dringet weiter in der Erkenntnis und sucht den Sohn Gottes, welcher ist der Glanz der Herrlichkeit Seines Vaters, und ist in unaussprechlich freundlicher Herablassung ein Mensch geworden um unsretwillen, aus lauter Gnade; erkennet Ihn in der wunderbaren Verschmelzung Seines Wesens: ewiger Gott, und doch ein leidender, sterblicher Mensch; folget Ihm nach, wenn Er über die Wasserwogen hinwandert mit göttlichem Tritte, und wenn er wiederum in menschlicher Ermüdung sich am Brunnen zu Samaria niedersetzt. Lasst nicht nach, bis dass Ihr gewiss wisst, dass Jesus Christus euer Freund, euer Bruder, euer Bräutigam, euer Eins und Alles ist. Vergesst den Heiligen Geist nicht; sucht eine deutliche Erkenntnis Seines Wesens und Seiner Eigenschaften, Seines Waltens und Seines Wirkens zu erlangen. Habt Acht auf diesen Geist des Herrn, der zuerst über den Wassern der Tiefe schwebte und Ordnung schuf, der auch jetzt die Gewässer unserer Seele heimsucht, und in uns eine heilige Ordnung hervorruft. Betrachte Ihn als den Herrn und Geber des geistlichen Lebens, als den Erleuchter, Lehrer, Tröster und Vollender eines heiligen Wandels. Betrachte, wie Er sich als das heilige Salböl auf das Haupt Jesu niederlässt, und danach auch auf euch ruht, die ihr seid wie der Saum Seines Gewandes. Solch ein einsichtiger, schriftgemäßer Glaube an die Dreieinigkeit ist euer, wenn ihr Gott in Wahrheit erkennt, und solche Erkenntnis gibt Frieden. (Goldstrahlen Mai 8)

Hiob 22,23

Wirst du zurückkehren zu dem Allmächtigen, so wirst du aufgebaut werden.

Eliphas sprach hier eine große Wahrheit aus, welche die Hauptsumme mancher von Gott eingegebenen Worte ist. Leser, hat die Sünde dich niedergerissen? Bist du wie eine Ruine geworden? Ist die Hand des Herrn wider dich ausgegangen, so dass du an Besitztum ärmer geworden und im Geist niedergebeugt bist? War es deine eigene Torheit, welche all diese Zerstörung über dich gebracht hat? Dann ist das erste, was dir obliegt, zum Herrn zurückzukehren. Mit tiefer Buße und aufrichtigem Glauben finde den Weg zurück von deiner Rückfälligkeit! Es ist Pflicht für dich, denn du hast dich abgekehrt von Ihm, dem du zu dienen behauptetest. Es ist Weisheit für dich, denn du kannst nicht wider Ihn streiten und dabei glücklich sein. Es ist unmittelbare Notwendigkeit für dich, denn das, was Er getan hat, ist nichts im Vergleich zu dem, was Er zu deiner Züchtigung tun kann, da Er allmächtig im Strafen ist.

Sieh, welch eine Verheißung dich einladet! Du wirst „aufgebaut“ werden. Niemand als der Allmächtige kann die gefallenen Säulen deines Glücksstandes wieder aufrichten und die wankenden Mauern wiederherstellen; aber Er kann und will es tun, wenn du zu Ihm zurückkehrst. Schiebe es nicht auf. Dein niedergebeugter Geist möchte ganz sinken, wenn du in der Empörung beharrst; aber aufrichtiges Bekenntnis wird dich erleichtern, und demütiger Glaube wird dich trösten. Tue dies, und alles wird gut sein.

Hiob 33,27.28

Er sieht auf die Menschen, und so einer spricht: „Ich habe gesündiget und das Recht verkehrt, und es hat mir nichts genützet,“ so wird Er seine Seele erlösen, dass sie nicht ins Verderben fähret, und sein Leben wird das Licht sehen.

Dies ist ein Wort der Wahrheit, aus der Erfahrung eines Mannes Gottes, und es kommt einer Verheißung gleich. Was der Herr getan hat und tut, das wird Er fortfahren zu tun, so lange die Welt stehet. Der Herr will alle aufnehmen, die mit einem aufrichtigen Bekenntnis ihrer Sünde zu Ihm kommen; in der Tat, Er sieht immer nach solchen aus, die um ihrer Fehler willen in Not sind.

Können wir uns nicht die hier gebrauchten Worte zu eigen machen? Haben wir nicht gesündigt, persönlich gesündigt, so dass wir sagen müssen: „Ich habe gesündigt?“ Vorsätzlich gesündigt und das Recht verkehrt? Gesündigt so, dass wir die Entdeckung gemacht, es sei kein Gewinn dabei, sondern ewiger Verlust? Lasst uns denn zu Gott mit diesem ehrlichen Geständnis gehen! Er verlangt nicht mehr. Wir können nicht weniger tun.

Lasst uns Seine Verheißung in dem Namen Jesu geltend machen. Er will uns von dem Abgrund der Hölle erlösen, der sich vor uns auftut; Er will uns Leben und Licht gewähren. Warum sollten wir verzweifeln? Warum auch nur zweifeln? Der Herr spottet nicht demütiger Seelen. Er meint, was Er sagt. Den Schuldigen kann vergeben werden. Die, welche Hinrichtung verdienen, können Begnadigung erlangen. Herr, wir bekennen und wir bitten Dich, zu vergeben!

Hiob 36,2

Ich habe noch von Gottes wegen was zu sagen.

Wir sollten nie darnach trachten, dass unsere Gnadengaben von den Leuten gepriesen, dass unser Eifer um Gott öffentlich anerkannt werde; aber zugleich ist es eine Sünde, wenn wir stets zu verbergen suchen, was uns Gott zum Besten unserer Nebenmenschen geschenkt hat. Ein Christ soll kein Dorf im Tale sein, sondern „eine Stadt auf dem Berge;“ er soll kein Licht sein, das unter einen Scheffel verborgen wird, sondern ein Licht, das auf einen Leuchter gestellt ist, auf dass es leuchte allen Denen, die im Hause sind. Die Stille und Verborgenheit ist etwas köstliches zur rechten Beit, und es ist eine löbliche Bescheidenheit, wenn man sich zurückzieht; aber es ist nie zu rechtfertigen, wenn wir Christum, der in uns Wohnung gemacht hat, verbergen; und wenn wir die Wahrheit, die uns köstlich und segensreich geworden ist, Andern vorenthalten, so ists eine Sünde gegen sie und eine Beleidigung unseres Gottes. Wenn ihr empfindsamer Natur seid und euch gerne in die Stille zurückzieht, so hütet euch, dass ihr dieser furchtsamen Neigung nicht allzusehr Rechnung tragt, sonst nützet ihr der Gemeine nichts. Suchet im Namen Dessen, der sich euer nicht schämte, euern Gefühlen einen kleinen Zwang anzutun, und verkündiget Andern das Heil, das euch Christus verkündiget hat. Kannst du nicht mit Posaunenstimme reden, so rede mit sanfter Stimme. Wenn dich dein Beruf nicht auf die Kanzel gestellt hat, wenn nicht die Buchdruckerpresse dein Wort auf ihren Flügeln weiter trägt, dann sprich mit Petrus und Johannes: „Silber und Gold habe ich nicht, was ich aber habe, das gebe ich dir.“ Rede am Jakobsbrunnen zu Sichem mit dem samaritischen Weibe, wenn du nicht auf dem Berge zum Volk predigen kannst; lobe den Herrn Jesum in deinem Hause, wenn du Ihn nicht im Tempel verherrlichen kannst; auf dem Felde, wenn nicht auf dem Markt; mitten unter den Deinen, wenn nicht in der großen Menschenfamilie. Aus den verborgenen innern Quellen lass die Bächlein deines Zeugnisses lieblich dahinrieseln, und lass jeden Vorübergehenden sich daraus erquicken. Vergrabe dein Pfund nicht, handle damit, so wirst du seinem Herrn und Meister reichliche Zinsen einbringen. Für Gottes Sache reden erfrischt uns selber, erquickt die Heiligen, tröstet die Sünder and ehret den Heiland. (Goldstrahlen, Januar 12)

Hiob 38,31.

„Kannst du die Bande des Siebengestirns zusammenbinden, oder das Band des Orions auflösen?“

Wenn wir eitel genug sind, mit unsern Fähigkeiten zu prahlen, so kann die Großartigkeit der Natur uns bald lehren, wie winzig wir sind. Wir vermögen nicht, den unscheinbarsten aller flimmernden Sterne zu bewegen, oder auch nur einen einzigen Strahl des dämmernden Morgens aufzuhalten. Wir reden von Macht der Menschen, aber der Himmel lacht unser und spottet unser. Wenn das Siebengestirn der Plejaden im Frühling mit jugendlicher Freude am Himmel heraufzieht, so können wir seine Bande nicht enger knüpfen, und wenn der Orion hoch oben herrscht, und das Jahr in den Fesseln des Winters gebunden liegt, so vermögen wir seine eisigen Bande nicht zu lodern. Die Jahreszeiten vollenden ihren Kreislauf, wie Gott es geordnet hat, und das ganze Geschlecht der Menschheit ist nicht im Stande, eine Änderung darin zu bewirken. Herr, was ist der Mensch?

Und in der geistigen Welt ist des Menschen Macht nicht minder von allen Seiten eingeschränkt, als in der natürlichen Welt. Wenn der Heilige Geist Seine Wonne in die Seele ausgießt, so mag es Niemand wehren; alle Ränke und Bosheiten der Menschen sind ohnmächtig, wenn sie wollen dem lebendigmachenden Hauch des Trösters Einhalt tun. Wenn Er sich herablässt, eine Seiner Gemeinen heimzusuchen und neu zu beleben, so können die hartnäckigsten Feinde der Gnadenwirkung keinen Widerstand entgegensetzen; sie können sie lächerlich machen, aber sie können sie nicht aufhalten, so wenig als den Frühling, wenn ihn das Siebengestirn hervorbringt zu seiner Zeit. Gott wills, und darum muss es geschehen. Hinwieder, wenn der Herr in Seiner unumschränkten Allmacht, oder in Seinem Gericht einen Menschen bindet, dass er in Seelenbanden liegt, wer kann befreien? Er allein vermag den Winter des geistlichen Todes von einem Einzelnen oder von einem Volk hinwegzunehmen. Er löset die Bande Orions, Er, und kein Anderer. Welch ein Segen, dass Ers tun kann. Ach, dass Er doch diesen Abend dieses Wunder wirkte! Herr, mach meinem Winter ein Ende, und rufe meinen Frühling herbei. Ich bedarf dazu himmlischer Kräfte, den Sonnenschein Deiner Liebe, die Strahlen Deiner Gnade, das Licht Deine Angesichts; siehe, das ist mein Siebengestirn. (Goldstrahlen März 21)

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