Spurgeon, Charles Haddon - Der Weizen in der Scheune.
„Aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“
Matth. 13, 30.
„Den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“ Dann ist der Zweck des Menschensohnes erreicht. Er säte guten Samen, und seine Scheuern werden desselben zuletzt voll werden. Werdet nicht mutlos, ihr Knechte Gottes, das Vorhaben des Herrn wird nicht getäuscht. „Darum, dass seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen und die Fülle haben.“ Er ging hin und weinte und trug edlen Samen, nun kommt er mit Freuden und bringt seine Garben.
„Den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“ Dann sind die Bemühungen des Teufels umsonst. Der Feind kam und säte Unkraut zwischen den Weizen, in der Hoffnung, dass dasselbe den Weizen ruinieren oder doch bedeutend schädigen werde; aber er täuschte sich zuletzt, denn der Weizen reifte und stand bereit zur Ernte. Die Scheuern Christi werden die Fülle haben, und das Unkraut soll den Weizen nicht ersticken. Der Bösewicht wird zu Schanden werden.
Zur Sammlung des Weizens werden die guten Engel angestellt: „Die Schnitter aber sind die Engel.“ Dieses ist eine besondere Schmach für den großen Engel der Finsternis. Er sät Unkraut und versucht, die Ernte zu zerstören; und deshalb werden die guten Engel bestellt, seine Niederlage zu feiern, und sich zu freuen mit dem Herrn über das Gedeihen des Ackerwerks Gottes. Der Satan gewinnt nichts durch seine Einmischung, er wird in allen seinen Angriffen zurückgeschlagen, und so die Drohung erfüllt werden: „Auf deinem Bauch sollt du gehen1) und Erde essen.“
Indem den Engeln Arbeit übertragen wird, sind alle vernünftigen Geschöpfe, soweit sie uns bekannt sind, in der Ausführung des Erlösungswerkes interessiert; sei es nun, um dasselbe zu hemmen oder zu fördern, es begeistert alle. Allen werden die wunderbaren Werke Gottes offenbar, denn dieses ist nicht im Winkel geschehen.
Wir vergessen die Engel zu leicht. Lasst uns ihr zartes Mitgefühl uns gegenüber nicht übersehen. Sie nehmen wahr, wie der Herr sich unserer Buße freut, und sie freuen sich mit; sie sind unsere Wächter und die Boten der Gnade im Dienst des Herrn; sie tragen uns auf den Händen, damit wir unseren Fuß nicht an einen Stein stoßen, und wenn wir zum Sterben kommen, so tragen sie uns heim in den Schoß des Herrn. Es ist eine unserer Freuden, dass wir gekommen sind zu den Scharen vieler tausend Engel. Lasst uns ihrer mit Liebe und Freude gedenken.
1.
Dieses Mal will ich mich in meinem Vortrag an meinen Text halten und denselben fast Wort für Wort predigen. Er fängt an mit „aber,“ und das ist ein Wort der Scheidung.
Ihr merkt, dass Unkraut und Weizen mit einander wachsen bis zur Ernte. Es ist für manchen Weizen ein großes Herzeleid, so neben dem Unkraut aufwachsen zu müssen. Die Gottlosen sind wie Dornen und Disteln für den Gottesfürchtigen.
Wie oft wird dem gottseligen Herzen der Seufzer ausgepresst: „Wehe mir, dass ich ein Fremdling bin unter Mesech; ich muss wohnen unter den Hütten Kedars.“ Des Menschen Feinde sind oft seine eigenen Hausgenossen; Diejenigen, welche seine besten Helfer sein sollten, sind seine größten Hindernisse; ihr Umgang quält und peinigt sie. Es nützt nicht viel, ihnen aus dem Wege gehen zu wollen, denn in Gottes Vorsehung ist es dem Unkraut gestattet, mit dem Weizen zu wachsen, und so wird es geschehen bis zum Ende. Gute Leute sind nach fernen Ländern gezogen, um fromme Gemeinschaften zu gründen, aber leider sind aus ihren eigenen Familien Sünder emporgewachsen. Die Versuche, das Unkraut auszujäten und die Gottlosen zu entfernen, haben zur Verfolgung und anderen Übeln geführt, und die Versuche haben sich als Fehlschlag erwiesen. Andere haben sich in klösterliche Einsamkeit zurückgezogen, um den Verführungen der Welt zu entgehen, und haben geglaubt, durch Weglaufen zu siegen, aber das ist nicht der Weg der Weisheit. Für die Gegenwart heißt es: „Lasst beides mit einander wachsen“; aber es kommt eine Zeit, wann eine schließliche Scheidung stattfindet. Dann wird der gottlose Mann seine fromme Gattin nicht mehr verfolgen. Gottselige Schwester, dann wird dein Bruder dich nicht mehr mit Spott überhäufen. Frommer Arbeiter, Geduld, dann wirst du die Lästerung deiner Kameraden nicht mehr zu tragen haben. Dieses „Aber“ wird ein eisernes Tor sein zwischen den Frommen und Gottlosen. Das Unkraut wird ins Feuer geworfen werden, aber der Herr der Ernte wird sagen: „Den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“
Diese Scheidung muss stattfinden, denn das Zusammenwachsen des Unkrauts und Weizens auf Erden hat viel Kummer verursacht, darum kann es in einer besseren Welt nicht fortbestehen. Wir können wohl annehmen, dass gottselige Eltern willig wären, auch im Himmel in Gesellschaft ihrer unbekehrten Kinder zu leben; aber es kann nicht sein, denn der Herr will nicht, dass die Reinen durch die Gegenwart der Bösen verunreinigt, dass seine Geheiligten durch die Anwesenheit der Ungläubigen beleidigt werden. Das Unkraut muss zur Vervollkommnung und Nützlichkeit des Weizens hinweggenommen werden. Wolltet ihr wohl den Weizen und das Unkraut in der Scheune mit einander auf einen Haufen werfen? Das verriete einen törichten Landmann und würde zu großem Nachteil gereichen. Keins von beiden kann zu seinem eigentlichen Zwecke recht verwendet werden, bis die Scheidung stattgefunden hat. So mögen wohl Gute und Böse hier zusammenwohnen, aber nicht in einer anderen Welt. Der Befehl ist bestimmt: „Sammelt zuvor das Unkraut und bindet es in Bündlein, dass man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“ Sünder, kannst du hoffen, in den Himmel einzugeben? Du liebtest nie den Gott deiner Mutter, und sollte er dich nun aufnehmen in die Vorhöfe des Himmels? Du glaubtest nie an den Heiland deines Vaters, und solltest du nun seine ewige Herrlichkeit schauen? Wolltest du auf den Straßen des Himmels dahintaumeln und fluchen oder lose Lieder singen? Du wirst ja am Tage des Herrn hier des Gottesdienstes müde, und meinst du, der Herr würde widerspenstige Anbeter in seinem oberen Tempel haben wollen? Der Sonntag ist ein langweiliger Tag für dich, wie kannst du dich nun des ewigen Sabbats des Herrn freuen? Du hast keinen Geschmack an himmlischen Beschäftigungen, und würden diese durch deine Teilnahme nicht verunehrt? Deshalb muss dies „Aber“ dazwischen kommen und du von dem Volk Gottes auf ewig getrennt werden. Kannst du den Gedanken ertragen, auf ewig von frommen Freunden getrennt zu sein?
Diese Scheidung hat eine schreckliche Verschiedenheit des Zustandes zur Folge. „Sammelt zuvor das Unkraut und bindet es in Bündlein, dass man es verbrenne.“ Ich darf das Bild nicht weiter ausmalen, aber wenn die Bündel gebunden sind, dann ist kein anderer Platz für dieselben, als das Feuer. Gott helfe, dass ihr niemals die volle Bedeutung dieses Brennens ausfindet, sondern demselben auf einmal entgehen möget. Es ist der Zustand wahrlich kein Kinderspiel, den der Herr dem Verbrennen mit Feuer vergleicht. Ich bin überzeugt, dass meine Worte die Schrecken nicht zu schildern im Stande sind. Man sagt uns nach, dass wir schreckliche Dinge von dem zukünftigen Zorn verkündigten, aber ich bin gewiss, dass wir denselben unterschätzen. Was muss der liebende Heiland dabei gemeint haben, wenn er sagt: „Sammelt das Unkraut, dass man es verbrenne?“ Seht den großen Unterschied zwischen dem Volk Gottes und dem des Satans. Den Weizen verbrennen? O nein; „sammelt den Weizen in meine Scheuern.“ Dort soll er auf ewig glücklich und sicher aufgehoben sein. O, die grenzenlose Entfernung zwischen Himmel und Hölle! - den Harfen der Engel und dem Heulen und Zähneklappen der Verdammten. Wer kann jemals die Kluft messen, welche den verherrlichten, in weißen Kleidern ewiger Heiligkeit prangenden Frommen von der Seele trennt, welche auf ewig von Gottes Angesicht und seiner Herrlichkeit verbannt ist? Es ist ein schreckliches „Aber,“ dieses „Aber“ der Scheidung. Ich bitte euch, bedenkt, dass es am Ende den Bruder vom Bruder, die Mutter vom Kinde, den Mann von der Gattin trennen mag. „Der Eine wird angenommen, der Andere wird verlassen werden.“ Und wenn dies Schwert herniederfährt, zu trennen, so wird keine Vereinigung mehr folgen. Die Trennung ist auf ewig. Es ist keine Hoffnung oder Möglichkeit eines Wechsels in jener Welt vorhanden.
Aber, sagt vielleicht jemand, „dieses schreckliche Aber! Warum muss denn ein solcher Unterschied sein?“ Die Antwort ist, weil immer ein Unterschied war. Der Weizen wurde gesät von des Menschen Sohn, das Unkraut aber vom Feinde. Es war immer ein Unterschied im Charakter; der Weizen war gut, das Unkraut übel. Dieser Unterschied war anfänglich nicht so augenfällig, aber er trat mehr und mehr hervor, wie Weizen und Unkraut heranreiften. Es waren grundverschiedene Pflanzen; und so sind wiedergeborene und unwiedergeborene Personen ganz verschiedene Wesen. Ich habe einen unbekehrten Mann sagen hören, dass er gerade so gut sei, wie ein gottseliger Christ, aber durch dieses Prahlen verriet er nur seinen Hochmut. Wahrlich, es ist ein großer Unterschied in Gottes Augen zwischen dem Unbekehrten und dem Gläubigen, als zwischen Tag und Nacht, zwischen Leben und Tod. In dem Einen ist ein Leben, welches in dem Anderen nicht ist, und darum ist der Unterschied so groß Ach, dass ihr über dieses niemals leicht hinausgehen, sondern zum echten Weizen des Herrn gehören möchtet. Es hilft nichts, dass wir uns Weizen nennen, wir müssen die Natur des Weizens haben. Gott lässt sich nicht spotten. Er hat keinen Gefallen daran, dass wir uns Christen nennen, wenn wir solche nicht sind. Gebt euch nicht zufrieden damit, ein Glied der Kirche zu sein, sondern sucht ein Glied an Christo, dem Haupt zu werden. Redet nicht vom Glauben, sondern beweist denselben mit der Tat. Prahlt nicht mit eurer Erfahrung, sondern besitzt dieselbe. Seid nicht wie der Weizen, sondern seid Weizen. Keine Fälschungen und Nachahmungen werden bestehen am letzten großen Tage; das schreckliche „Aber“ wird sich wie ein Flammenmeer zwischen das Wahre und Falsche wälzen. O Heiliger Geist, hilf einem jeden von uns, durch deine Kraft erneuert zu werden.
2.
Ein anderes Wort in unserem Text heißt sammelt, das ist ein Wort der Vereinigung. Welch herrliche Sammlung ist dies. Ich fühle eine große Freude, viele Menschen zu versammeln, um ihnen das Evangelium zu predigen; und ist es nicht eine große Lust, das Haus Gottes an Wochentagen und Sonntagen so voll Zuhörer zu sehen, welche ihre Heimaten verlassen und bedeutende Strecken geben, um Gottes Wort zu hören? Es ist eine herrliche Sache, die Leute zu diesem Zwecke zu versammeln, aber den Weizen in die Scheunen zu sammeln, wird noch viel herrlicher sein. Sammeln ist schon an sich besser als Zerstreuen, und ich bete, dass der Heiland an diesem Platze immer seine Anziehungskraft behaupten möge. Er ist ein Sammler. Hat er nicht gesagt: „Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie Alle zu mir ziehen“?
Beobachtet, dass die in unserem Text genannte Versammlung durch gewandte Hände zusammengebracht wurde: „Die Schnitter sind die Engel.“ Die Prediger können das nicht tun, denn sie kennen des Herrn Weizen nicht alle und könnten sich leicht irren - manche durch allzugroße Nachgiebigkeit, andere durch übermäßige Strenge. Unser mangelhaftes Urteil schließt häufig fromme Leute aus und lässt die Sünder ein. Die Engel aber kennen ihres Herrn Eigentum. Sie kennen jeden Gläubigen, denn sie haben seinen Geburtstag mitgefeiert. Die Engel wissen, wenn Sünder Buße tun, und sie vergessen nie die Person des Bußfertigen. Sie haben den Wandel Derer, die da glauben, beobachtet und ihnen in geistlichen Kämpfen beigestanden, und sie kennen sie deshalb. Ja, die Engel kennen die Kinder des Höchsten und irren sich nicht. Sie werden den Weizen sammeln und das Unkraut zurück lassen.
Das Sammeln aber geschieht nach genauer Vorschrift. Zuerst wird, nach unserem Gleichnis, das Unkraut, der falsche Weizen, ausgerauft, und dann sammeln die himmlischen Schnitter den Weizen. So wird der Schlangensame, die Saat des Teufels, von dem Samen des Reiches Gottes, dem Eigentum des Herrn getrennt. Das ist die einzige Unterscheidung; keine andere wird beobachtet. Wenn auch die liebenswürdigsten unbekehrten Leute mit den Gläubigen in einer Reihe ständen, so würden die Engel sie nicht gen Himmel tragen, denn es heißt: „Sammelt den Weizen.“ Wenn auch der Ehrlichste mitten in der Kirche stände, mit allen Gemeindegliedern um ihn her, und die Prediger bäten, dass er mit erhoben würde - wenn er kein Gläubiger ist, so könnte er nicht in des Herrn Scheune gesammelt werden. Da ist kein Ausweg. Die Engel haben keine Wahl in dieser Sache. Der unveränderliche Auftrag ist: „Sammelt den Weizen,“ und das bei müssen sie bleiben.
Es wird auch eine Sammlung aus großen Entfernungen sein. Ein Teil des Weizens wächst auf den Inseln der Südsee, in China und Japan. Andere Felder blühen und reifen in anderen Ländern; es gibt kaum ein Land der Erde ohne einen Teil des guten Samens. Wo überall Gottes Weizen wächst, kann ich nicht sagen. Unter allerlei Volk gibt es Solche, die da glauben an den Namen des Herrn Jesum Christum; aber die Engel werden alle die gute Frucht in dieselbe Scheune sammeln.
„Sammelt den Weizen.“ In allen gesellschaftlichen Stellungen werden Heilige gefunden. Die Engel werden einige Garben aus Palästen und ganze Haufen aus Hütten holen. Viele werden in unseren Flecken und Dörfern gefunden, und auch aus dem Abschaum unserer großen Städte werden manche in Gottes Metropole erhöht werden. Aus den dunkeln Kammern werden die Engel liebe Kinder Gottes hervorbringen, welche selten Gelegenheit hatten, das Licht der Sonne zu schauen, die aber reines Herzens waren. Die Verborgenen werden dann ans Licht gebracht, denn der Herr kennt die Seinen, und die Ernteengel werden sie nicht verfehlen.
Für mich ist es ein köstlicher Gedanke, dass alle Altersstufen dabei vertreten sind. Lasst uns hoffen, dass unser Urgroßvater Adam sich dort befindet, sowie auch Mutter Eva, wenn sie in den Fußstapfen ihres Sohnes Abel wandelte und auf dasselbe Opfer ihr Vertrauen setzte. Wir werden Abraham, Isaak, Jakob, Moses, David, Daniel und alle Heiligen des Alten Bundes dort treffen. Welch eine Freude, die Apostel und Reformatoren zu begrüßen. Ich sehne mich danach, Luther und Calvin und Bunyan und Whitefield die Hand zu drücken.
„Wo der Märtyrer große Zahl
In lauter Prangen gehn,
Und die Propheten allzumal,
Auch die Apostel stehn.
Wo wir so manche schöne Schar
Dort werden treffen an,
Wo sie erzählen wunderbar,
Was Gott für sie getan.“
Ich weiß nicht, wie es Alles zugeben wird, aber ich bezweifle kaum, dass wir Gemeinschaft haben werden mit allen Heiligen von jedem Lebensalter in der großen Versammlung und Gemeinde der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel angeschrieben sind.
Es macht keinen Unterschied, wo und wann der Weizen wuchs, es wird in die eine Scheune gesammelt: gesammelt, um nie wieder zerstreut zu werden; gesammelt aus allen Teilen der sichtbaren Kirche, um nie wieder zerteilt zu werden. Sie standen in verschiedenen Feldern; Manche dort am Hügel, wo die Episkopalen in aller Herrlichkeit blühten, Andere in niedrigerem Boden, wo Baptisten und Methodisten in Gottes Sonne reifen. Wenn sie sich aber einmal in der Scheune befinden, kann kein Mensch mehr sagen, in welchem Felde sie gewachsen sind. Dann hat das Gebet unseres Heilandes: „Auf dass sie Alle eins sind,“ in der Tat herrliche Erhörung gefunden. Dann sind alle unsere falschen Ansichten verschwunden, unsere Irrtümer berichtigt und vergeben, und der eine Gott, der eine Glaube, die eine Taufe wird von allen erkannt werden, und Neid und Eifersucht werden dort nicht mehr hin kommen. Welch gesegnete, herrliche Versammlung wird das sein! Die Heiligen Gottes, die besten Menschen aller Jahrhunderte, deren die Welt nicht wert war, kommen da zusammen. Ich möchte dort nicht fehlen. Wenn es keine Hölle gäbe, so würde es für mich zur Hölle, von einer solchen Versammlung ausgeschlossen zu sein. Wenn es sonst kein Heulen und Zähneklappen gäbe: es wäre schrecklich genug, von der Gegenwart Gottes und der Seligkeit seines Dienstes und der Gemeinschaft der herrlichsten Menschen, welche jemals gelebt haben, verbannt zu werden. In den nutzlosen Disputationen unseres Zeitalters sehne ich, der ich das Unglück habe, als ein Mann des Streits zu erscheinen - sehne ich mich nach der herrlichen Ruhe, in welcher alle geheiligten Geister in ewiger Einmütigkeit vor dem Throne Gottes und des Lammes anbeten. Ach, dass wir Alle in einem Geist der seligen Vereinigung stehen möchten!
Dann auch finden wir in unserem Texte ein Wort der Unterscheidung. Ich habe dasselbe zum Teil schon berührt. Sammelt den Weizen. Nichts als der Weizen wird in des Herrn Haus gebracht. Schenkt mir eure Aufmerksamkeit einige Minuten, während ich euch zur Selbstprüfung anleite. Der Weizen war gesät vom Herrn. Seid ihr vom Herrn gesät worden? Freund, wenn du bekennst, im Besitze des Christentums zu sein, wie bist du dazu gekommen? Ist es eigene Saat? Wenn so, dann taugt es nichts. Der echte Weizen wird gesät von des Menschen Sohn. Hat dich der Herr besät? Hat der Heilige Geist deiner Seele ewiges Leben mitgeteilt? Kam der Same aus der teuren Hand, welche ans Kreuz genagelt war? Ist Jesus dein Leben? Beginnt und schließt dein Leben mit ihm? Wenn so, dann steht es wohl um dich.
Der Weizen, welchen der Herr gesät hat, wird ebenfalls von ihm gepflegt. Der Weizen bedarf der Pflege. Der Landmann würde nur wenig ernten, wenn er nicht darauf Acht gäbe. Stehst du unter des Herrn Pflege? Ist das Wort an dir erfüllt: „Ich, der Herr, behüte ihn, und feuchte ihn bald, dass man seiner Blätter nicht vermisse; ich will ihn Tag und Nacht behüten“? Erfährst du solche Pflege? Um deiner Seele willen beantworte dir diese Frage aufrichtig.
Dann auch ist der Weizen nützlich, eine Gabe Gottes zur Nahrung der Menschen. Der falsche Weizen hat Niemand etwas genützt; nur die Schweine fressen das Todkorn und taumeln in Folge dessen, wie ein Trunkener. Bist du einer von Denen, die der Gesellschaft nützen - die der Welt sind wie Brot, damit Jemand, wenn er deinem Exempel und deinen Lehren folgt, dadurch gebessert wird? Urteile für dich selbst, ob du Gutes oder Böses wirkst durch deinen Einfluss.
„Sammelt den Weizen.“ Du weißt, dass dir Gott Güte, Gnade, Standhaftigkeit und Nützlichkeit geben muss, oder du wirst niemals für diese Engelsernte vorbereitet werden. Eins gilt vom Weizen - nämlich, dass er vom Säemann ganz abhängig ist. Ich habe noch nie gehört, dass ein Feld Weizen von selbst aufging und wuchs und reifte, ohne die Pflege des Landmannes. Manche Ähren mögen sich zeigen, wo eine Ernte stattgefunden hat; aber ich habe nie vernommen, dass sich eine der westlichen Ebenen von selbst mit Weizen bedeckt hätte. Nein, nein. Wo keine Menschen sind, da gibt es keinen Weizen, und wo kein Christus ist, da ist kein Gnadenstand. Wir verdanken unser ganzes Dasein dem Vater, welcher der große Ackerherr ist.
Wie abhängig der Weizen aber auch ist, so steht er doch im Ansehen unter aller Frucht am höchsten; und so ist es mit den Frommen bei Allen, welche die Herzen kennen. Wir sind nichts ohne Christus, aber mit ihm sind wir hoch geehrt. Zu Denen zu gehören, welche die Erde tragen, an Denen die Heiligen ihren Gefallen haben, das ist doch etwas. Gott bewahre uns, dass wir nicht unter dem wertlosen Unkraut gefunden werden!
3.
Unser letzter Punkt, über welchen ich mich ebenfalls kurz fasse, ist ein Wort der Bestimmung. „Den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“ Das Sammeln des Weizens wird am Tage des Gerichts vollendet, aber es geht jeden Tag vor sich. Zu jeder Stunde werden die Heiligen gesammelt; eben jetzt gehen welche heim. Ich freue mich immer hoch, zu vernehmen, dass die aus meiner eigenen teuren Gemeinde Dahinscheidenden gewöhnlich eine große Freude äußeren, eingeerntet zu werden. Gott sei Dank, unsere Leute sterben selig. Das Beste von Allem ist, heilig zu leben, aber wir sind auch sehr froh, zu vernehmen, dass die Brüder selig sterben, denn nicht selten ist das das Beste Zeugnis von wahrer Gottseligkeit. Selbst auf die Weltmenschen hat solch seliges Scheiden einen gewaltigen Einfluss.
Jede Stunde werden die Heiligen in die Scheune eingeerntet. Dahin sehnen sie sich. Wir fühlen keinen Schmerz bei der Nachricht von solcher Ernte, denn wir wollen sicher daheim sein bei dem Herrn. Wenn der Weizen im Felde reden könnte, so würde er sagen: „Das Ziel, nach welchem wir streben, ist die Vorratskammer unseres Herrn.“ Jeder Wechsel, welchen der Weizen durchzumachen hat, bringt ihn diesem Ziele näher. So ist es auch mit uns; Alles drängt nach dem Himmel - dem Sammelplatz - der Versammlung der Gerechten - dem Anschauen des Heilandes. Unser Tod hat keine Unterbrechung, ja nicht einmal eine Dissonanz in unserer Lebensmusik zur Folge; er gehört zum Programm, er bildet die Krönung unserer Geschichte.
Die Scheune ist der Platz der Sicherheit für den Weizen. Kein Rost oder Mehltau, weder Frost, noch Hitze, Dürre oder Nässe kann ihm da mehr schaden. Alle diese Gefahren, welche sein Wachstum bedrohen, sind vorüber. Er hat den Stand der Vollkommenheit erreicht. Er hat die Mühe des Ackermannes belohnt und ist aufgehoben. O, brich an, du lang ersehnter Segenstag! Brüder, welche Herrlichkeit wird das sein, wenn ihr und ich vollkommen geworden und Christus in uns den Lohn seiner Schmerzen schauen wird.
Ich denke gern an den Himmel, als seine Scheune. Um der Armut unserer Sprache willen müssen wir einen solchen Ausdruck gebrauchen, unseres Vaters Haus, die Heimat und Wohnung Jesu zu bezeichnen. Der Himmel ist ein königlicher Palast, aber für uns ist er in so weit eine Scheune, weil er ein Ort ewiger Sicherheit ist. Wir reisen der Heimat entgegen. Mit der höchsten Freude denken wir daran, denn die Sammlung in die Scheune ist eine Erntefreude, und ich habe niemals erfahren, dass die Leute zur Erntefeier sich hinsetzten und weinten, oder mit Tränen den Garben folgten. Nein, sie klatschen mit den Händen, sie hüpfen vor Freude und jauchzen, dass es weithin erschallt. Lasst uns frohlocken über Die, welche schon daheim sind bei dem Herrn. Mit lieblichen Chören lasst uns an ihren Gräbern singen. Wir wissen, dass bei ihnen des Todes Bitterkeit vorüber ist. Wenn wir aber ihrer Herrlichkeit gedenken, so freuen wir uns mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. Eine andere Seele stimmt ihr Siegeslied im Himmel an. Warum wollt ihr denn weinen, ihr Kinder der Unsterblichkeit? Ist die ewige Freude der Gerechten der Jubel über den glücklichen Durchgang durch des Todes dunkle Tore? Wohl dann Denen, die da sterben! Ist Triumph das Ende des, was unser Haus mit Trauer erfüllt? Wenn so, dann dankt Gott für die Trennung, dankt Gott für die Scheidestunden. Er hat unsere Teuren zu sich emporgehoben. Er hat sie höher beglückt, als die Welt zu denken vermag, er hat sie aus diesem Land der Trauer hinweggenommen, damit sie ausruhen an seinem Busen. Gelobt sei sein Name, und wenn es nur für dieses wäre. Wolltest du deinen alten, schwachen, niedergebrochenen, mit Schmerzen beladenen Vater hier behalten? Wolltest du ihn von der Herrlichkeit zurückhalten? Wolltest du deine teure Gattin in ihrem großen Leiden zurückhalten? Wolltest du deinen Gatten zurückhalten, da seiner die Krone der Ehren wartet? Wolltest du dein Kind, welches im Sonnenstrahl des ewigen Glückes sich freut, wieder zu dir zurückwünschen? Nein, nein! Wir sehnen uns selbst, heim zu gehen und einzuziehen in das Haus unseres himmlischen Vaters, in die vielen Wohnungen; aber mit Rücksicht auf die Abgeschiedenen freuen wir uns vor dem Herrn, wie man sich freuet zur Zeit der Ernte. So tröstet euch unter einander mit diesen Worten.