Schlatter, Adolf - 14. Aufgefahren gen Himmel

Schlatter, Adolf - 14. Aufgefahren gen Himmel

Mit dem Worte des Psalms 110, 1: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße bringe„, ging Jesus zum Kreuz (Matthäus 2, 44). Dieses Wort las er als für ihn geschrieben, damit es ihm den ihm gültigen Willen des Vaters zeige und ihm das Ziel sichtbar mache, das Gott ihm bereitet habe. Der Mensch verwirft ihn; Gott nimmt ihn zu sich. Die Erde wird ihm verschlossen; der Himmel wird ihm geöffnet. Die Gemeinde richtet ihn als Sünder; Gott gibt ihm den Anteil an seinem Thron. Dessen war er gewiß, als er das Kreuz anfaßte, denn der Wille Gottes schwankte vor Jesu Auge nicht. Wie er seinen Jüngern, die nach dem Throne begehrten, sagte: „Der Vater gibt sie denen, denen er sie bereitet hat“ (Matthäus 20, 23), und sie damit in die Gewißheit und Ruhe des Glaubens leitete, so hat er auch für sich selbst mit vollendeter Gewißheit die Verheißung ergriffen, die ihm den himmlischen Ort als sein Ziel beschrieb. „Ich lasse die Welt und gehe zum Vater„ (Johannes 16,28).

Die Worte des Glaubensbekenntnisses: „Aufgefahren gen Himmel, wo er sitzet zur Rechten Gottes, des Vaters“, sprechen also das aus, was Jesus von sich selbst bezeugt hat; sie formulieren nicht eine Erfindung der Kirche oder ein Dogma der Apostel, sondern wiederholen Jesu eigene Aussage und gehorchen dadurch der Regel, die für das Bekenntnis der Christenheit unverletzlich gelten muß, daß wir uns nicht willkürlich ein Bekenntnis erfinden und unser Christusbild nicht nach unsern Gedanken formen, sondern uns unser Bekenntnis von Jesus geben lassen und von ihm das bekennen, was er selbst von sich bekannt hat. Wenn wir auf Jesu Geschichte, Jesu Gewißheit, Jesu Willen, Jesu Tat achten, dann ist es eine völlig gewisse Tatsache, die so unvergänglich und unbestreitbar ist wie jeder andere Teil der Geschichte, daß er als der gestorben ist, der in den Himmel geht und sich zur Rechten Gottes setzt. Über die Geschichte Jesu hinaus, über das hinaus, was er selbst sterbend tat, sieht freilich unser Auge nicht. Wenn die Geschichte Jesu uns selbst ergreift, uns inwendig bewegt und unsere eigene Geschichte beherrscht, wenn wir uns also von seinem Zeugnis erfassen lassen, so daß es uns nicht nur eine geschichtliche Erinnerung, sondern unser Bekenntnis gibt, so ist das mehr als Wahrnehmung, nämlich Glaube, mehr als ein Lehrsatz der Wissenschaft, nämlich das Bekenntnis der ihm glaubenden Gemeinde.

Wollen wir ihm den Glauben versagen und ihm erwidern, ein Wahn habe ihn verlockt und ein Traum ihn betört, als er meinte, sein Ziel zu kennen? Können wir das? Wir, die wir das Wort Jesu in uns tragen, das uns zu Gott beruft, uns von unserem sündlichen Willen trennt und der göttlichen Liebe gehorsam macht, wir, die wir ihn zu seinem Kreuz begleiten und dort sehen, wie er in der Unterwerfung unter Gottes Recht und im Dienste seiner herrlichen Gnade unser Versöhner wird, wir scheiden uns von Jesus nidit, wenn er seinen Blick zum Himmel richtet als zu dem Orte, wohin er gehen werde, sondern wiederholen sein Zeugnis als unser Bekenntnis mit freudiger Gewißheit und Anbetung.

So hielten es die Jünger Jesu und verkündeten sein Wort als die Botschaft des Herrn, der von der Erde weg in den Himmel gegangen ist. Das ist nicht der Lehrsatz eines einzelnen Apostels, sondern ihre gemeinsame Überzeugung und das Fundament, auf das die christliche Lehre mit allen ihren Teilen gestellt ist. Wollten wir uns an dieser Stelle vom Bekenntnis trennen, zwar Jesus den Christus, unseren Herrn nennen, der im Geist erzeugt, gekreuzigt und auferstanden sei, aber hier das Bekenntnis abbrechen und es ungewiß lassen, wo wir ihn jetzt zu suchen haben und welcher Art sein Verhältnis zu uns jetzt sei, so zersplitterte das Bekenntnis zu ihm ganz, und alle Erinnerungen, die wir an die Geschichte Jesu besitzen, würden bedeutungslos. Das Ziel bewährt den Weg als gerade und das Mittel als richtig gewählt.

Nur deshalb, weil die Jünger gewiß waren, daß Jesus im Himmel sei, wendeten sie ihren Blick nicht von seinem Tode ab, sondern richteten das Auge der Menschheit auf sein Kreuz als auf den Ort, wo sich uns Gottes Herrlichkeit zeigte. Seltsam genug und tiefen Erstaunens wert steht die Tatsache in der Weltgeschichte drin, daß das Kreuz zur Offenbarung der vollkommenen, der göttlichen Liebe geworden ist. Wie kann im Tode Jesu Gottes Werk erscheinen und sein Kreuz Gottes Gnade sichtbar machen? Die Antwort muß immer wieder lauten: Er ging durch das Kreuz zu Gottes Thron. Deshalb und nur deshalb offenbart es uns nicht jenes Recht, das aus der Schuld den Tod entstehen läßt und den Schuldigen zerbricht, sondern jene Gerechtigkeit Gottes, durch die sich uns seine Gnade zu eigen gibt. Deshalb und nur deshalb wird Jesu Tod zur wirksamen Handlung des Priesters, der uns mit Gott versöhnt.

Dieselbe Überzeugung durchdringt und erfüllt auch den Ost erber ich t der Apostel. Indem sie wahrnehmen, daß Jesus lebt, wissen sie sofort: er lebt nicht für sich und ist nicht dazu auferstanden, damit er selbst unsterblich und selig und verherrlicht sei, sondern er lebt für uns, für seine Gemeinde, für die Menschheit, für alle, lebt also als unser Versöhner, Erlöser und Herr, durch dessen Gemeinschaft wir Gottes Gemeinschaft empfangen. Deshalb erwuchs aus der Ostergeschichte das Evangelium, aus dem Anblick des Auferstandenen der Glaube, der die Erlösung und Rechtfertigung und Heiligung besitzt. Wie ist das so gekommen? Er lebt; das bedeutet mit völliger Gewißheit: er lebt in Gott! Darum lebt er nicht allein für sich, weil er durch Gott und für Gott lebt (Römer 6, 10). Lebt er bei Gott, so lebt er auch für alle, die Gottes sind. Vereint mit Gott, ist er mit Gottes ganzem Werk und ganzem Reich verbunden und lebt für uns. Darum wurde der Oster-tag zum Tage der Erlösung der Welt, zur Stunde, wo die Religion, die nicht Streit gegen Gott, sondern Gemeinschaft mit Gott ist, geboren ward.

Dieser Wille Jesu und die Gewißheit der Jünger kommen auch darin ans Licht, daß der Auferstandene seinen letzten Verkehr mit den Seinen damit beschloß, daß er für sie sichtbar von ihnen weg in die Höhe gehoben ward, bis ihn die Wolke für sie verbarg. Damit hat Lukas sowohl das Ziel, zu dem das irdische Werk Jesu führte, als die Grundlage, auf der die Arbeit der Apostel beruhte, deutlichgemacht (Lukas 14,50—53; Apostelgeschichte 1,4—9), und die Weise, wie die Ostergeschichte zu Ende ging, hat sicher die Jünger kraftvoll dabei unterstützt, daß sie sich Jesus ohne Zweifel und Furcht in der Nähe Gottes dachten. Denn unsere Erlebnisse erzeugen unsere Überzeugungen, weshalb auch ein einzelnes Ereignis viel dazu beitragen kann, einen Gedanken in uns festzumachen. Wir hätten aber den Bericht der Jünger über Jesus, auch den des Lukas, unaufmerksam gelesen, wenn wir sagten, einzig die Geschichte von Jesu Himmelfahrt, die uns nur Lukas erzählte, verbürge die Gegenwart Jesu bei Gott. Denn ein einzelnes Ereignis könnte nie Glauben hervorbringen, wenn es vereinzelt bliebe und dem widerspräche, was vorher geschah und nachher geschieht. Nur dann, wenn sich ein Vorgang durch eine feste Verkettung mit den früheren und späteren Ereignissen zu einer einheitlichen Geschichte zusammenfügt, begründet er eine deutliche Wahrnehmung und ein gesichertes Urteil, wodurch er uns zum Glauben leitet. Weil die Jünger Jesus so scheiden sahen, daß er segnend die Hände über sie erhob, glaubten sie an seine unvergängliche Gnade, jedoch nicht wegen der segnenden Gebärde allein, sondern deshalb, weil die letzte Gebärde, mit der er für sie unsichtbar ward, mit dem in Übereinstimmung war, was ihnen seine Gemeinschaft mit ihnen gewährt und sein Kreuz bereitet hatte, und mit dem, was sie im Fortgang ihres Lebens durch die Gemeinschaft des Geistes von ihm empfingen, die ihnen die tägliche Begnadigung in unerschöpflicher Fülle brachte. Ebenso hat die sichtbare Erhebung Jesu in den Himmel zur Gewißheit der Jünger, er sei jetzt im Himmel, kräftig mitgewirkt, jedoch wieder nicht als vereinzeltes Ereignis, sondern deshalb, weil sie vorher während seiner Gemeinschaft mit ihnen erkannt hatten, daß er im Vater war und der Vater in ihm, und weil sie am Auferstandenen gesehen hatten, daß ihm Gott ein Leben gegeben hat, für das die Erde keinen Raum besitzt, und weil sie nachher durch die Weise, wie er sie von innen und von außen leitete, seine Gemeinde baute und seinen gnädigen Willen an ihr vollbrachte, erfuhren, daß er lebe als der, der die ganze Gemeinschaft mit dem Vater hat. Darum kann uns die Einrede, die Himmelfahrt Jesu werde ja bloß von Lukas erzählt, an der Bewahrung des Bekenntnisses nicht hindern. Indem sie Lukas erzählt, zeigt er uns, daß die Gedanken der Jünger immer wieder zum letzten Augenblick zurückkehrten, in dem ihnen Jesus wahrnehmbar war, und sich an der Weise, wie er von ihnen schied, ihre Zuversicht stärkten, und indem kein anderer Evangelist als einzig Lukas sie erzählt, wird sichtbar, daß den Jüngern nicht erst dieser Augenblick durch eine plötzliche Erleuchtung den Gedanken gab, Jesus gehe zu Gott, und nicht einzig dieser Anblick diesen Gedanken in ihnen befestigte, sondern dies die Gewißheit war, die Jesus beständig beseelte und seinen ganzen Verkehr mit ihnen vor und nach seinem Kreuz durchleuchtet hat.

Daraus erklären sich die Merkmale, die der Aufblick der Jünger zum Himmel als zum Ort, wo Jesus nun weile, an sich hat, und es ist von Wichtigkeit, daß wir uns diese Merkmale deutlichmachen, damit der Sinn unseres eigenen Bekenntnisses mit dem einstimmig bleibe, das uns die Boten Jesu gaben.

Sie verkünden uns, daß Jesu Weg nicht im Dunkel endete, daß er nicht verschwand, ohne daß unser Blick ihm folgen dürfte, daß wir vielmehr wüßten, wo er ist und was er ist. Das und nur das ist ihre Botschaft; sie bleibt also von jener Frömmigkeit, die sich um die Erkenntnis der himmlischen Dinge bemüht hat, ganz getrennt. Der Aufblick der Apostel zu ihrem erhöhten Herrn bewegt sie nicht, nun den Himmel zu beschreiben und die Stelle zu bestimmen, die Jesus jetzt als sein Ort gegeben sei. Die Botschaft: Jesus ist im Himmel, hat vielmehr den ernsten Sinn, daß unsere Gedanken enden und schweigen müssen und es nicht wagen dürfen, ihn in seiner Herrlichkeit zu begleiten, so wenig sie sich unterfangen dürfen, Gott in seiner himmlischen Art zu beschreiben. Dafür ist wieder die Art, wie uns Lukas den Abschied Jesu beschreibt, lehrreich, weil der Blick der Jünger Jesus nicht etwa in prophetischer Verzückung bis dahin begleiten darf, wo der Himmel für ihn aufgetan wird, die herrlichen Geister ihm begegnen und er den Thron Gottes betritt, sondern ihm nur bis dahin folgen kann, wo ihn die Wolke verbirgt. Damit stehen alle Aussagen der Briefe über Jesu verklärte Art und himmlische Gegenwart in vollkommener Übereinstimmung. Nirgends erhalten wir eine Andeutung, die einer Beschreibung der himmlischen Orte gliche. Wenn uns Johannes, indem er als Prophet spricht, ein in starken Farben leuchtendes Bild vorführt, das uns Jesus als das Lamm am Throne Gottes zeigt (Offenbarung 4 und 5), so werden dadurch keine Vermutungen, die wißbegierig in den Himmel eindringen, geweckt. Denn die Meinung eines solchen Gesichts ist nicht die, nun sei der Himmel erforscht und uns eine Wissenschaft von der Stätte Jesu verschafft, weil damals beide, sowohl der Weissagende als die die Weissagung Empfangenden, noch deutlich wußten: der Prophet spricht im Bilde. Darum hat auch Paulus zwar einen besonderen Beweis der Nähe Jesu in der Form erlebt, daß „er in den dritten Himmel entrückt wurde„ (2. Kor. 12, 2); das nimmt aber seinen Aussagen über den Himmel nichts von ihrem keuschen Ernst, der jede Antastung des Geheimnisses abwehrt und den Gedanken an die Himmelfahrt Jesu nicht dazu mißbraucht, um sich mit dem Himmel abseits von Gott und abseits von Christus zu beschäftigen.

In wunderbarer Klarheit und Stärke kommt darin ans Licht, wie vollständig Jesus die Liebe seiner Jünger auf ihr einziges, zentrales Ziel gerichtet hat, einzig zum Vater hin, der ihnen im Sohne seine Gemeinschaft gewährt. Er hat ihnen das Vaterhaus deshalb wertgemacht, weil es das Haus des Vaters ist, nicht seiner Wände und seines Daches wegen. Darum, weil der Himmel der Ort Gottes ist, einzig darum, ist der Satz, Jesus sei im Himmel, ein Teil des apostolischen Evangeliums und des kirchlichen Bekenntnisses. Wir sagen damit einzig das, das aber auch mit freudiger Danksagung: er ist bei Gott.

Darum fährt auch der Spott völlig nebenaus, der uns auffordert, innerhalb der Sternenwelt den Ort zu zeigen, wohin Jesus gegangen sei, und uns daran erinnert, daß wir den Weltenraum nicht mit einer Wand umfangen können, weshalb es keinen Platz mehr für den Himmel gebe. Solche Fragen gehorchen einem leeren Wissenstrieb, der herausbringen möchte, wo Gott sei, wodurch der Gedanke an den Himmel abseits von unserer Gewißheit Gottes noch einen anderen, selbständigen Inhalt erhielte. Wie es sich mit dem unser Staunen erweckenden Wunder verhalte, daß der Raum kein Ende hat, darüber mögen die Physiker reden, wenn sie dazu Lust haben. Das Bekenntnis der Kirche hat mit dieser Frage nichts zu tun. Wir denken, wenn wir von der Himmelfahrt sprechen, nicht an die Sterne und ihre für unsere Phantasie unfaßlichen Entfernungen, nicht an die Unendlichkeit der Natur, sondern einzig an Gott. Darum verschwindet der Himmel bloß für den, für den Gott vergangen ist, und die Himmelfahrt Jesu wird nur für den zu einem Gebilde der Phantasie, für den der Christus, der Sohn Gottes, eine Schöpfung der Phantasie geworden ist.

Oder reden wir töricht, wenn wir vom Ort Gottes reden? Sicher reden wir töricht; denn wir reden menschlich, aus der Notwendigkeit heraus, die die Gestalt des Bewußtseins erzwingt, die uns immer und unaufhebbar gegeben ist. Wir können keinen Gedanken bilden, in dem die Raum Vorstellung nicht enthalten wäre, auch nicht den Gottesgedanken, obwohl wir wissen, daß wir den Schöpfer dem Geschöpf nicht gleichmachen dürfen. Uns gibt unser Raum die Gestalt und das Gesetz; Gott wird nicht durch den Raum gemacht, sondern macht den Raum. Aber gerade deshalb, weil unsere Rede menschlich ist, ist sie richtig und notwendig. Wir sollen nicht übermenschlich reden wollen, nicht den Versuch machen, aus unserem Bewußtsein hinauszuschlüpfen; das ergibt nur Phantasterei und Wahnsinn. Dem Zwang, den das Gesetz unseres inwendigen Lebens uns auflegt, gehorchen wir freudig, weil wir es als von Gott uns gesetzt ehren, reden deshalb vom Raum auch in der Erinnerung an Gott und ahnen, daß diese Notwendigkeit, die sich freilich aus unserem natürlichen, aber von Gott uns bereiteten Lebensstand ergibt, ein Geheimnis anzeigt, dessen Herrlichkeit wir dann sehen werden, wenn sich Jesu Verheißung an uns erfüllt, daß wir bei ihm sein dürfen.

Da sich Gott im Leben und in der Herrlichkeit der Geschöpfe offenbart, so wird der Himmel dadurch zur Stätte Gottes, daß er der Ort seiner herrlichen Geister ist, und auch daran denken wir mit den Aposteln, wenn wir von Jesu Himmelfahrt sprechen (1. Petrus 3, 22; Epheser l, 20. 21; Kolosser l, 16). Jesus steht nicht nur im Verband der Menschheit, sondern auch in dem der oberen Geister, und sein königliches Amt umfaßt nicht nur unsere menschliche Geschichte, sondern auch die unsichtbare Welt. Deshalb, weil wir beim Gedanken an den Himmel auch an die denken, die Gott vollkommen dienen, fügen wir zu dem Worte: „Aufgefahren gen Himmel“ noch ein zweites hinzu, das jenes näher bestimmt: „Sitzend zur Rechten Gottes, des Vaters.„ Damit sprechen wir in unserer menschlichen Bildersprache die vollständige Gemeinschaft aus, durch die der Vater Jesus mit sich eint. Niemand ist zwischen Christus und Gott. Wir bekennen uns also zur Vollkommenheit seiner Sohnschaft, zur Rechten des Vaters sitzt der einige Sohn.

Das glauben wir nicht, und sollen wir nicht glauben, solange uns am menschlichen Werke Jesu seine Sohnschaft Gottes verborgen ist. Stellen wir Jesus neben uns, geben wir ihm an unserer Geschiedenheit von Gott teil, wenn auch vielleicht mit der heißen Sehnsucht, die nach Gott hungert, aber dadurch zugleich anzeigt, daß wir im unversöhnten Stande leben, dann können wir nicht sagen: „Sitzend zur Rechten Gottes.“ Wir können aber die Gottessohnschaft Jesu sehen, so sehen, daß wir sie glauben, können es vernehmen, daß uns Gott durch ihn ruft, und dann sollen wir bekennen: „Sitzend zur Rechten Gottes.„ Dann reden wir nicht von einer halben Gemeinschaft Gottes mit ihm, nicht von einer begrenzten Liebe des Vaters, die dem Sohn nicht alles gewähre, sondern ehren Gottes Willen in seiner vom Stückwerk freien Vollkommenheit und erkennen deshalb in Jesus den, der nichts über sich hat als den Vater, und den Vater so über sich hat, daß er ihn ganz zu sich erhebt. Das unergründliche Geheimnis der vollendeten Gemeinschaft erscheint vor uns; es ist unser letzter Blick, unsere höchste Erkenntnis. Nun schweigen wir und beten an.

Bekennen wir das, so gibt das unserem Glauben, somit auch unserem ganzen Verhalten die Merkmale. Jesus ist im Himmel; das gibt uns die entschlossene Unterordnung unter ihn und bedeutet das Ende aller Kameradschaft mit ihm, die Verwerfung jeder Art von Gemeinschaft, die zur Gleichmachung entartet. Weil er der Himmlische ist, teilen wir unsere Zuversicht nicht zwischen ihm und uns, sondern wenden sie ganz von uns weg, richten sie allein auf ihn und suchen unsere Gerechtigkeit nicht bei uns, sondern bei ihm. Weil er der Himmlische ist, gebührt ihm ein Gehorsam, der den eigenen Willen tapfer preisgibt, und eine Liebe, die nicht an uns selber denkt, sondern für ihn lebt, allein für ihn.

Dasselbe Bekenntnis, das den Unterschied ausspricht, der uns von Jesus trennt, verkündet aber zugleich seine Verbundenheit mit uns und die Vollkommenheit seiner Gabe, die keine Zeit matt macht und keine Gegenwirkung lahmt. Der Himmlische verzeiht uns; darum ist sein Verzeihen unsere Gerechtigkeit in ewiger Wahrheit. Der Himmlische gibt uns sein Wort; darum ist der Eingang seines Wortes in unsere Seele der Empfang des Geistes, weil der Himmlische im Geiste lebt und spricht. Der Himmlische heißt uns ihm glauben; darum ist unser Glaube Gewißheit und über die Sorge emporgehalten; denn der Himmlische führt sein Werk zum Ziel. Der Himmlische erweckt unsere Eiebe; darum hört sie nicht auf. Der Blick unserer Liebe, der auf ihn gerichtet ist, kann nicht erlahmen; denn wir schöpfen die Fülle des Himmlischen nie aus; und der Dienst unserer Liebe kann nie enden; denn sein Wille, der uns die Arbeit gibt, bewegt uns immer neu! Und die Anbetung unserer Liebe kann nicht verstummen; denn seine Herrlichkeit löscht nicht aus. Weil er zur Rechten Gottes ist, wirkt er nach Gottes Weise und regiert mit Gottes Herrschaft, die das Ganze und jeden einzelnen, das Große und das Kleine, umfaßt. Dadurch, daß wir von ihm bekennen, daß er im Himmel ist, bekennen wir uns zu seiner Gegenwart, die uns alle erreicht.

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