Luther, Martin - Rogate
Johannes 16,23 - 30
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, so ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird ers euch geben. Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei. Solches hab ich zu euch durch Sprichwörter geredet. Es kommt aber die Zeit, daß ich nicht durch Sprichwörter mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An demselbigen Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, darum, das ihr mich liebet und glaubet, daß ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen, und komme in die Welt; wiederum verlasse ich die Welt, und gehe zum Vater. Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest du frei heraus, und sagst kein Sprichwort. Nun wissen wir, das Du alle Dinge weißt, und bedarfst nicht, daß dich jemand frage. Darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist.
Ihr Lieben, das heutige Evangelium ist, eine herrliche Vermahnung zum Gebet. Denn das ist nach dem Predigtamt der höchste Gottesdienst bei den Christen, daß man bete. Solche Vermahnung hat der Herr auch getan des Abends über Tisch, bald auf die Predigt, die ihr vor 14 Tagen gehört habt, da er zu seinen Jüngern sagt: «Ihr werdet traurig sein, meines Abscheidens wegen; aber es ist nur um ein kleines zu tun, so will ich euch wieder sehen, und soll alsdann eure Traurigkeit zur Freude werden.» Auf diesen Trost folgt die Vermahnung hier zum Beten. Und es reimt sich sehr wohl auf einander. Denn wo ein Christ in Angst, Sorge und Kümmernis, in Gefahr und Unglück ist, da ist kein anderer Trost noch Rat, denn daß er sich an das Gebet halte, und schreie zu Gott um Hilfe.
Solches lehrt der Herr hier seinen Jünger und uns, daß sie in Stunden der Trauer des Betens nicht vergessen sollen. Und sagt über die Maßen tröstlich, daß sie zu solchem Werk kühn und unerschrocken sein sollen. «Denn», spricht er, «ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, darum das ihr mich liebet, und glaubet, daß ich von Gott ausgegangen.» Wahr ist es, Christus läßt es nicht, er sitzt zur Rechten des Vaters und vertritt uns, wie Paulus sagt. So wissen wir, daß sein Gebet, welches er für seine Kirche und uns arme Sünder am letzten Abendmahl über Tisch und danach am Kreuz getan hat, erhört ist, und noch geht und kräftig bleibt bis an der Welt Ende. Aber, spricht Christus, ihr bedürft solches Gebets nicht, daß ich für euch tue; denn ihr selbst könnt den Vater bitten; und sollt nicht zweifeln, euer Gebet ist erhört; denn mein Vater hat euch lieb, darum das ihr mich liebet. Solches muß man nicht so deuten, daß man sich des Gebets Christi nicht trösten sollte, sondern daß wir unser eigen Gebet nicht sollen verachten; besonders weil wir Christus lieb haben. Denn also ist es beschlossen, und wir sollen es mit allem Fleiß merken und lernen, das wer zu Christus Lust und Liebe hat, den will der Vater auch lieben, und also lieb haben, daß er ihn erhören will. Wo bleiben denn die Gottlosen Katholiken, die uns auf der Heiligen Fürbitte verweisen und vertröstet haben?
Das heißt doch tröstlich reizen und zum Gebet locken, daß uns unser lieber Herr Christus durch sein Sterben und Abscheiden von dieser Welt zum Vater einen solchen Zutritt zu Gott gemacht und erworben hat, wir sind wo wir wollen, in der Kirche, im Haus, dem Keller, in der Küche, auf dem Felde, in der Werkstatt, ganz gleich wo wir Christen sind und Christus lieb haben, daß wir mit dem Herzen vor Gott in dem Himmel treten, mit ihm reden und beten können um allerlei, was uns anliegt.
Denn zu solchem Gebet bedarf man sonst nichts, denn ein solches Herz, daß da spricht: Vater im Himmel, ich weiß, daß du mich lieb hast, darum das ich deinen Sohn und meinen Erlöser, Christus Jesus, lieb habe. In solchem Vertrauen und Zuversicht will ich dich jetzt bitten: nicht das ich so heilig oder fromm sei, sondern daß ich weiß, daß du um deines Sohnes Christi Jesu willen gern uns allen alles geben und schenken willst; in dessen Namen trete ich vor dich und bete, und zweifle gar nicht, solches Gebet (ich bin meiner Person wegen, wie ich will) sei ja gewiß erhört.
Denn da muß ein jeder Christ sich vor hüten, daß er mit dem Gebet nicht so lang warten, bis er denkt, daß er die Zeit berechnet zum Gebet. Wie denn der Teufel uns oft mit solchen Gedanken plagt und hindert, daß wir denken: Ei, du bist jetzt nicht geschickt noch müßig, du mußt zuvor dies oder anderes noch tun, so kannst du danach desto besser beten. Wer solchen Gedanken folgt, und sich am Gebet hindern und aufhalten läßt, dem geht es gewiß, wie jenem Bauer, der zuvor etwas tun wollte, ehe er anfing zu wünschen, war also verhindert und kam dann nicht mehr zum wünschen. Denn der Teufel ist ein Schalk, und schleicht uns immer nach, ob er uns an diesem oder anderem hindern könnte.
Darum müssen wir uns gegen den Teufel rüsten, und uns nicht aufhalten noch hindern lassen; sondern sobald die Not vor Augen ist, so denken: Jetzt ist die rechte Stunde zum beten; ich bin zwar nicht geschickt und würdig dazu, Gott aber wird mich wohl würdig machen; denn ich weiß, er hat mich lieb um Christus nicht um meinetwillen, daß ich so fromm oder heilig bin.
Das will unser lieber Herr Christus hier haben, daß wir beten sollen, und nicht hingehen, wie die rohen Leute, so sagen: Essen und Trinken schmeckt ihnen dennoch wohl, wenn sie auch in acht Tagen nicht einmal ein Vater Unser beten. Bist du ein Christ, oder willst ein Christ sein, so hüte dich vor solchen einem Leben, und bete wenigstens am Morgen, wenn du aufstehst, über und vom Tisch, und des Abends wieder wenn du zu Bett gehst, und sprich: Vater Unser, geheiligt werde dein Name.
Denn wir Christen sind schuldig, daß wir ohne Unterlaß beten sollen: wohl nicht mit dem Munde (wie wir denn nicht immer können), doch mit dem Herzen. Denn es sollen alle Herzen jeden Augenblick in dem Wunsch stehen, daß Gottes Name geheiligt, sein Reich komme, sein Wille geschehe, also, daß er Frieden im Lande, gutes Wetter, gesunden Leib geben möchte. Solches wünscht ein jeder Christ alle Stunden und Augenblicke in seinem Herzen, wenn der Mund auch feiert, ja, wenn er gleich nicht eigentlich daran denkt, so ist es doch in seinem Herzen. Das heißt geistlich und mit dem Herzen beten. Und wir bedürfen dieses Gebetes sehr wohl auch, um der ständigen Gefahr wegen, daß ein Christ nicht einen Augenblick sicher ist vor dem Teufel und seinem eigenen Fleisch, daß er nicht in Sünde und Schande falle.
Aber neben solchem Herzensgebet soll das mündliche Gebet auch gehen. Wie nun dieses Gebet gestaltet sein soll, lehrt der Herr hier und sagt: «ihr sollt in meinem Namen bitten»; also: «Der Vater hat euch lieb, darum, daß ihr mich liebet, und glaubt, daß ich von Gott ausgegangen bin.» Wie nun die Person also zugerichtet ist, daß sie an Christus glaubt, das ist dann der rechte Priester und priesterliche Schmuck, und es fehlt gar nichts, denn daß er den Mund fröhlich auftue, und nehme sich ein gewisses Stück vor, von dem er denkt, daß ihm und anderen Christen am meisten damit geholfen sei, und spreche: Herr, das bedarf ich, daß bedarf jener; gib es uns um Christus willen.
Nun sind wir aber in so eine Zeit geraten, daß es uns leider an mancherlei Not, die täglich vorfällt und von Tag zu Tag, je länger je schwerer wird, nicht mangelt, wenn wir nur viel beteten. Denn erstens ist der Teufel ein Lügner und Mörder. Mit der Lüge will er Gottes Wort dämpfen; mit den Morden will er Unruhe im Reich erwecken. So erfahren wir, was ein jeder für eine Not auf sich hat. Darum haben wir überall Ursache genug, die uns zum Gebet treibt. Wer aber solche Not nicht bedenken kann, der nehme nur das Heilige Vater Unser vor sich, das hat sieben Stücke, in welche alle Not und alles Anliegen gefaßt ist.
In der ersten Bitte: «Geheiligt werde dein Name», bitten wir für alle rechtschaffene Prediger und gegen alle Ketzer und Ungläubigen, gegen Juden, Heiden, Türken und den Papst; denn diese alle lästern den Namen Gottes und entheiligen ihn: das Gott ihnen wehren, fromme Prediger geben, und das Wort rein und lauter, wieder alle Ketzerei, erhalten möchte.
In der anderen Bitte: «Dein Reich komme zu uns», bitten wir, daß des Teufels und des Todes Reich untergehe. Das ist auch eine sehr große Bitte; denn sie fast das ganze Teufelsreich, daß Gott damit ein Ende machen, und sein Reich durch sein Wort und Heiligen Geist in uns und allen Menschen anrichten möchte.
In der dritten Bitte: «Dein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel», bitten wir, daß aller Wille gehindert werde, der wider Gottes gnädigen Willen ist. Das ist dem Teufel und den bösen Leuten eine Bitte welche sie nicht leiden können, und hindert über die Maßen viel Unglück, welches täglich der Teufel und die böse Welt würde stiften, wo man mit diesem Gebet nicht so herrlich wehrte.
In der vierten Bitte: «Unser täglich Brot gib uns heute», bitten wir für unsere Obrigkeit, für unsere Eltern, für Weib und Kind, für Brot und die Früchte auf dem Felde, für Friede, und alles, was wir zur Unterhaltung dieses zeitlichen Lebens bedürfen, ein jeder in seinem Stand, daß ihm Gott Glück und Segen dazu geben und vor allem Unglück die gnädig bewahren möchte.
In der fünften Bitte: «Vergib uns unsere Schuld, wie wir unseren Schuldigern vergeben», bitten wir, daß uns Gott gnädig sei, den verdienten Zorn von uns abwenden, uns unsere Sünden wegen nicht strafen, und die Gnade auch tun möchte, daß wir von Tag zu Tag frömmer werden und uns nach seinem Willen halten möchten, und unter einander freundlich leben und einer dem anderen seine Missetat vergeben.
In der sechsten Bitte: «Nicht führe uns in Versuchung», bitten wir, daß Gott besonders allen angefochtenen Herzen zu Hilfe komme, sie in der Anfechtung nicht stecken lassen, sondern ihnen gnädiglich durch sein Wort und seinen Heiligen Geist heraus helfen, und des Teufels Plan und Gewalt brechen möchte.
In der siebten Bitte: «Sondern erlöse uns vom Übel», bitten wir um ein gutes, seliges Stündlein, daß uns Unser Herr Gott von diesem Jammertal mit Gnaden hinweg nehmen und ewig möchte selig machen.
Also ist es alles fein mit einander in das Vater Unser gefaßt, was uns bekümmert, oder aber uns zum Besten dienen mag. Solche Stücke sind alle uns nötig, daß wir täglich darum bitten. Denn Not ist genug vorhanden: erstens allgemein, danach in einen jedem Haus, Stand und Wesen; so fehlt es nur an uns, daß wir nur getrost den Mund auftun und Beten. denn der Befehl ist schon da, daß wir sollen beten, und die Zusage ist auch da, daß es soll ja und gewiß erhört sein. Und hat zum Überfluß unser lieber Herr Christus die Form des Gebetes uns selbst gestellt, wie man im Vater Unser sieht.
Nun müssen wir bekennen, daß wir arme Sünder sind, und nicht wert, daß wir vor Gott treten und mit Gott reden sollen, und auch unwürdig, daß wir etwas von ihm erlangen sollen. Auf das nun wir trotz unserer Unwürdigkeit uns nicht am Gebet hindern lassen, befiehlt der Herr hier mit klaren Worten: Wir sollen in seinem Namen bitten; und sagt uns zu: Was wir in seinem Namen bitten; das soll erhört werden. Zieht also mit diesen Worten diesen Gottesdienst ganz und gar aus der Welt in die einige Person, Christus Jesus.
Darum sind alle Gebete, die nicht geschehen im Namen Jesu, keine Gebete und kein Gottesdienst. Als, wenn ein Mensch betet, daß ihm Gott um einen Heiligen gnädig sei, seine Verdienste wie Fasten, oder anderes Ansehen sollte: solches ist kein Gebet; denn es geht nicht in Namen Christi, sondern es geht um einen Heiligen oder deinen eigenen Namen. Ein solches Gebet ist der Heiden, Türken und Juden Gebet, ja, auch aller Katholiken Gebet. Denn sie wollen den Namen Jesu nicht allein im Gebet haben, sondern setzen die Jungfrau Maria, die Apostel und andere Namen dazu. Aus solchem abgöttischem Gebet, kann nichts werden, Gott erhört es nicht. Und wenn ihnen auch widerfährt, daß sie bitten: so widerfährt es ihnen doch nur zum Ärgernis, um großen Schaden und Nachteil, und wäre besser, es wäre ihnen nicht widerfahren.
Aber die Christen beten nicht so; ihres und anderer Kreaturen Namen wegen verzweifeln sie, und würden nie den Mund auftun. Aber weil sie wissen, daß Gott durch Christus barmherzig ist, und sie den Befehle haben, im Namen Jesu Christi zu bitten: solches macht sie frisch und kühn, daß, ob sie sich gleich für arme Sünder bekennen und schuldig geben, dennoch treten sie vor Gott, tun den Mund unerschrocken auf und sprechen: Vater, wir deine Kinder bedürfen jetzt das und jetzt jenes; sei gnädig; sieh nicht unsere Sünde, sondern deinen Sohn Christus Jesus an; in seinen Namen kommen wir jetzt vor dich, und erhöre uns. Das heißt dann recht gebetet, wenn das Gebet also durch und durch in Christus Jesu geschieht. Und es muß folgen, was man bittet, daß es in Christus Jesu Ja und Amen sei. Das sollte uns lustig und willig zum Gebet machen, besonders weil wir hören: Was man den Vater im Namen Christi bittet, daß soll durchdringen, und nicht eher ruhen, bis es vor Gottes Thron kommt und dort Ja darüber gesprochen wird.
Auf solche Verheißung spricht der Herr zu seinen Jüngern: «Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem Namen.» Denn sie verließen sich auf ihn; wie jene bösen Bauern sich auf ihre Pfarrherren verließen, daß er für sie beten sollte, und meinten, sie dürften nicht beten. Aber, spricht er, tut es nicht, sondern «betet, so werdet ihr nehmen, auf das eure Freude vollkommen sei.» Solchen Befehl und Gebot sollen wir wohl bedenken und uns danach richten. Traurigkeit, Kümmernis und Anfechtung wird nicht ausbleiben. Wer nun eine beständige, vollkommene Freude haben und aus solcher Not kommen will, der denke, daß er bete, wie Christus hier befiehlt, und zweifle nicht, was er will im Namen Christi bitten, das wird ihn widerfahren, so es anders zur Ehre Gottes und unserer Seligkeit dienstlich ist.
Denn es hat mit uns einen Mangel, wie Paulus sagt, daß wir nicht immer wissen, was und wie wir bitten sollen. Daher kommt es, daß mancher Mensch bittet, Gott wolle ihm von dieser und jene Anfechtung helfen. Aber es wird nichts daraus; denn Gott sieht und weiß das besser, was uns nützt und gut ist, denn wir selbst. Paulus war auch, Gott wollte ihm seine Anfechtung abhelfen. Aber was sagt Christus? (2 Korinther 12,9.:) «laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.»
Also kann es noch heute so sein, daß du gern von der, ich gern von einer anderen Anfechtung frei wäre: aber Gott weiß, was uns nützlich ist, läßt darum diese Leiden auf uns liegen, und hilft nicht davon; denn sonst möchten wir zu hoffärtig, frech und sicher werden. Darum kommt die Bitte zuvor, ehe wir um das tägliche Brot bitten, daß Gott seinen Willen geschehen lassen möchte. Und Christus selbst, als er am Ölberg betet, spricht er: «Doch nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.» Also sollen wir auch bitten, und immer auf Gottes willen sehen, und dann nicht zweifeln, Gott werde uns alles geben, was zu seiner Ehre und unserer Seligkeit dient.
Danach findet sich noch ein Mangel an uns. Gott will helfen, und uns geben, was wir im Namen seines Sohnes Christi Jesu bitten, da ist kein Zweifel daran. Aber da ist Zeit und Weise nicht bestimmt, wie er helfen will. Nun läßt aber uns unsere Vernunft, Fleisch und Blut nicht los. Sobald wir denken, der Weg, den wir uns vor nehmen, will nicht gehen, dann denken wir, es ist alles aus. Also geht es mit der Zeit auch: da denken wir, wo uns in so viel Stunden, Tagen, Jahren nicht Rat geschafft werde, so wird nie etwas daraus werden. Und wird also durch diese zwei Anfechtungen der Glaube heftig angefochten und geschwächt.
Darum ist es nötig, daß wir uns hier an Gottes Wort halten, und auf die Hilfe gewiß warten, so uns im Namen Christi zugesagt ist, es geschehe gleich Zeit, Weise und Weg, wie es will. Denn die Umstände sollen wir nicht wissen, Gott allein weiß es. Denn er hat den Namen und heißt: ein Helfer, der zu rechter Zeit hilft. Weil wir aber unserer Natur wegen ganz unleidlich sind, denken wir immer, es ist jetzt die rechte Zeit, Gott wartet zu lange. Das ist so viel gesagt, als wüßten wir die Zeit besser, denn unser Herr Gott selbst. Davor sollen wir uns hüten, auf das der Glaube an die Verheißung fest steht, Gott werde uns um Christi Jesu, seines Sohnes, Willen gnädig und zur rechter Zeit erhören.
Das ist nun die Lehre vom christlichen Gebet, welches wir, wie oben auch angezeigt, heute sehr wohl bedürfen; haben auch sonst keinen Trost hier auf Erden; wie der Herr hier anzeigt, als er spricht: «Bittet, auf das eure Freude vollkommen werden.» Denn wo das Gebet nicht ist, da wird auch keine Freude, ja keine vollkommene Freude folgen können; sondern es muß Jammer, Angst und Traurigkeit bleiben.
Solches haben wir auch in vielen Jahren oft einmal erfahren. Denn wo unser Gebet täte, wäre es unmöglich, daß der Papst und andere Tyrannen uns nicht längst in Grund und Boden vertilgt und ausgerottet hätten. Weil aber das Gebet ständig geht, daß Gott über seinem Wort und seine Kirche schützen und den Feinden seines Wortes wehren wolle, so sehen wir, je mehr der Papst und andere Tyrannen wieder die Kirche toben, je mehr fallen sie. Darum laßt uns weiter fleißig anhalten: uns, denen das Wort befohlen ist, mit Predigen, und danach ein jeder Christ für sich mit dem Beten; so wird durch diese zwei Stücke die christliche Kirche wider den Teufel und alle Feinde des Wortes wohl erhalten werden.
Wer nun die christliche Kirche lieb hat und gern sieht das sie wachse, der denke, er muß auch dazu helfen, das sie erhalten werde. Solches aber geschieht allein durch das Gebet, wenn du betest: daß der Name Gottes im Himmel geheiligt werde, sein Reich komme und sein Wille geschehe; wiederum, das des Teufels Name geschändet, sein Reich zerstört, und alle seine Anschläge verhindert werden. Wenn du solches tust, so stehst du und ein jeder Christ als ein Krieger mit seiner Waffe im Felde und an der Spitze, und hilfst die christliche Kirche wieder den Teufel und die Welt beschützen. Denn ein jeder Christ ist ein Krieger und liegt wider den Teufel im Felde: wir zuerst mit dem Predigen, und danach ihr mit uns, mit dem Beten. diese zwei Stücke tun dem Teufel viel Leid an, wo man also fleißig predigt und ernstlich betet; und soll er geschlagen werden, so muß es allein auf diese Weise geschehen. Darüber hinaus wissen wir auch, daß es unser Vater im Himmel oben so gern hat.
Ich habe keinen Zweifel, daß durch unser Gebet mancher Verfolger des Wortes gehindert worden ist; und auch noch heute etwas Gutes geschieht und das böse gehindert wird. Darum schlagt ja euer Gebet nicht in den Wind, wenn ihr auch denkt, ihr seid unwürdig dazu. Denn sonst würde niemand beten. Sondern ein jeder Christenmensch soll bei sich selbst sprechen: Weil das Gebet Gott so angenehm, und mir und der Kirche und dem Regiment so nötig und nütze ist, so will ich auch zu der Kirche treten, und mit helfen zu beten, soviel mir möglich ist; wenn ich weiß, daß es nicht umsonst sein soll.
Ein gefährlicher Gedanke ist es, wo man so denkt: Laß andere beten, dein Gebet ist nichts besonderes. Darum hüte dich davor, und denke so: Ich habe ja Christus und sein Wort lieb, und wollte eher alles verlassen, denn meinen Herrn Christus leugnen; so muß folgen, daß mich auch der Vater liebe und mein Gebet erhören werde, wie mir Christus hier zusagt. Darum will ich mich am Beten nicht hindern noch aufhalten lassen. Auf das man also getrost bete im Namen Christi, und glaube der Zusagung, die wir hier haben: «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, das wird er euch geben»; so hat es keine Not.
Da nun der Herr weiter spricht: «Solches habe ich euch zu euch durch Sprichwörter gesagt»; dies hat nicht die Meinung, als wenn der Herr mit dunklen, verborgenen Worten geredet; denn die Worte sind rein und klar. Aber weil die Jünger noch keine Erfahrung davon hatten, und wußten nicht, was Christus für ein Reich anrichten würde: daher kam es, was er ihnen sagt, das war ihnen dunkel und verborgen, als redete er in einer unbekannten Sprache mit ihnen.
Aber, spricht er, es wird anders werden. Es kommt die Zeit, daß ich nicht mehr durch Sprichwörter mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. Denn wenn der heilige Geist kommt, und die Herzen mit einem rechten Vertrauen auf Gottes Güte und Barmherzigkeit durch Christus anzündet, da folgt dann, daß man recht beten kann, und willig dazu ist. Aber ohne solchen Geist ist das Beten unmöglich. Darum heißt ihn Sacharja einen Geist der Gnaden und des Gebets. Denn es muß beides beisammen sein. Der Glaube, daß man Gott erkennt als einen gnädigen Vater, besonders weil er seinen Sohn uns gegeben hat, welcher Glaube ist eine Gabe Gottes, die der Heilige Geist durch das Evangelium in uns wirkt. Wo nun solcher Gnadengeist ist, da folgt auch der Betegeist, daß man in Nöten und Anfechtung zu Gott um Hilfe schreit, und weiß, daß uns Gott nicht lassen, sondern bei uns sein und uns in Ewigkeit um seines Sohnes Christi Jesu Willen will selig machen.
Darum spricht der Herr: «Am selben Tage», wenn ich frei vom Vater verkündigen, und durch den Heiligen Geist euch lehren werde, das ihr ihn recht kennt, «da werdet ihr in meinem Namen bitten», und solches Beten wird nicht vergebens sein. Denn wie könnte euch der Vater etwas nicht geben, besonders weil er euch lieb hat, darum das ihr mich liebet, und glaubet, daß ich von Gott ausgegangen bin? Denn das rechte Gebet muß aus solchem Glauben und Vertrauen kommen; sonst ist es kein Gebet, es sind gleich die Worte so gut sie immer wollen.
Gott, unser lieber Vater, gebe seinen Heiligen Geist durch Christus Jesus in unserer Herzen, daß wir auch in allerlei Not und Anfechtung bitten, und Gott diesen Dienst leisten, und von allen Jammer, zeitlich und ewiglich, möchten erlöst werden, Amen.