Luther, Martin - Aus dem Matthäus-Evangelium

Luther, Martin - Aus dem Matthäus-Evangelium

Matth. 5.

Selig sind die / so hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit / Denn sie sollen satt werden.

DIesen hunger und durst spüret man dabey / Wenn ein Mensch gerne Gottes wort höret und lieset / der selbig hat gewislich die hoffnung / das er in allerley anfechtung / Not und Tod / durchs Wort werde Labsal und gewissen Trost finden.

Die aber / so sat sind / das ist / so Gottes wort nicht hören noch lesen / Sondern es in wind schlahen / und verachten / die werden endlich so hüngern und dürsten / das sie niemand wird laben mit dem geringsten tröpflin wassers / Wie es dem reichen Man in der Helle gieng / der in der flammen / nicht mit dem kleinesten finger Lazari / konde gelabet werden.

Es heisst / Gleubet an das Liecht / dieweil irs habt / das ir des Liechts kinder seid. Item / Sehet / das ir die gnade Gottes nicht vergeblich empfahet. Itzt ist die angeneme zeit etc. ii.Cor. vi.

Matth. VII.

Bittet / so wird euch gegeben / Suchet / so werdet ir finden / Klopffet an / so wird euch auffgethan.

WEr nichts krieget noch findet / der hat gewislich nicht gebeten noch gesucht / Und wem nicht auffgethan wird / der hat freilich nicht angeklofft.

Darumb mus es on allen zweivel an uns feilen / so uns was mangelt. An Gott kans ja nicht feilen / der so willig / geneigt und bereit ist zu geben / Das er nicht allein heisst bitten / vleissig suchen / und getrost anklopffen / Sondern uns auch mit eim tewren Eid versichert / durch seinen eingebornen Son / den er uns zum Versüner und Fürbitter verordnet hat / da er sagt / Dis ist mein lieber Son / an welchem Ich wolgefallen habe / DEn solt ir hören.

Nu spricht aber der sone Gottes also / Warlich warlich / Ich sage euch / So ir den Vater etwas bitten werdet / in meinem Namen / So wird ers euch geben. Gott gebe faulen henden kein glück / die hie nicht zugreiffen / Amen.

Matth. IX.

Auff das ir aber wisset / das des menschen Son macht habe / Auff Erden / die sünde zuvergeben etc.

DAs ir / liebe Christen / nicht irret / wie die Phariseer und Heuchler / die da wehnen / Gott vergebe allein üsnde im Himel / Oder / wie die Papisten trewmen / im Fegfewer / ausserhalb der Erden. So solt ir wissen / das bey euch / unter euch / und durch euch / die ir auff Erden lebet / vergebung der sünden sey / gegeben und empfangen werde.

Also / das Gott der sünde vergibt / ja so nahe bey euch ist auff Erden / als Gott Schöpffer ist / der da auff Erden / schafft / erhelt / speiset / neeret und schützet. Denn gleich wie er durch euch / unter euch / bey euch / euch schaffet / erhelt / speiset / neeret und schützet. Also auch / beut er gnade an / und vergibt sünden / durch euch / unter euch / und bey euch / allen / die sein Wort annemen und gleuben.

Wolt ir nu Gott kennen / sehen / ja tappen / So sehet / und habt aucht auff euch selbs. Denn ir seid Gottes werck / und seine werck sind in euch / und unternander durch euch / in euch.

Und dis thu Ich / des menschen Son / durch euch. Denn Gott thut solchs nicht gegenwertig / in seiner Herrligkeit oder Maiestet / die euch zu sehen untreglich ist ( Denn kein Mensch wird leben / der Gott also sihet). Auch durch keine Engel nicht. Sondern des menschen Son / hat macht sünde zu vergeben auff Erden / Und nach im niemand / denn menschen Kinder imer fur und fur. Bis so lang der tage der seligen und herrlichen zukunfft des menschen Sons kome / Da wird denn Gott selbs / one euch sein und thun / alles in euch / und ir alles in Im / Amen.

Mat. 10

Wer Euch auffnimpt / der nimpf Mich auff / Und wer Mich auffnimpt / der nimpt Den auff / der Mich gesand hat.

HIlff Gott / wie ein grosser seliger Herr ist der / der Gottes wort gern höret und lieset / Das er solche grosse herrliche Geste stets bey sich hat / als den Vater / Son und heiligen Geist.

O verfluchter unglaube / O elende Welt / das du solche Geste verachtest / ja verfolgest / und dafür den Teufel und Tod zu gast bittest / ja zu Herrn haben wilt. Wie gar ein unaussprechlier schatz ist der glaube. Wie gar ein unbegreifflicher schade ist der unglaube.

WEr einen Propheten auffnimpt / in eines Propheten namen / Der wird eines Propheten lohn empfahen.

DA hören wir / das der HErr wil die Propheten gelesen und gehöret haben. Und verheisset dazu / das ein solcher sol dein Propheten gleich sein / und so gut haben als er / hie und dort. Hie da mit / das er des Propheten weisheit / teilhafftig wird. Dort da mit / das er ewiglich mit dem Propheten leben und selig sein sol / Amen.

Mat. 11

Selig ist / der sich nicht an Mir ergert.

DAs ist warlich ein seltzam Ergernis / da sich die Welt an Christo ergert / der Todten aufferwecket / Blinden sehend macht / Tauben hörend / und den Armen das Evangelium prediget etc. Wer solchen Heiland fur einen Teufel helt / was wil der fur ein Gott haben?

Aber da ligts / Er wil das Himelreich geben / So wil die Welt das Erdreich haben. Er wil gewisse / unvergengliche / ewige / selige und himlische Güter schencken / So wil die Welt irdische / vergengliche (da sie mehr sorge und angst von hat / denn lust und freude / der sie dazu kein augenblick sicher ist) haben.

Darüber scheiden sie sich / da ergert sichs. Denn auch die hohe heiligkeit der Heuchler / im grund nichts anders sücht / denn irdische ehre / fleischlichen willen / menschlichs Leben / Das doch alles vergehen und auffhören mus / und eben denn / wenn man am meisten drauff pocht und trotzt.

Mat. XV.

Alle Pflantzen / die mein himlischer Vater nicht pflantzet / die werden ausgerott.

DArumb hüte dich für allem / das nicht gewislich Gottes wort ist. Denn es heisst / Verbum Domini manet in aeternum / das ist / Gottes wort bleibet ewiglich. On zweivel / das Menschen wort nicht wird ewig bleiben. Weil auch der Bapst itzt fellet / der doch schier so fest gesessen ist / als der Teufel selbs. Wie viel weniger werden ander geringer Rotten bleiben mögen.

Summa / Gottes wort bleibet hie und dort / Wer daran gleubt und hangt / bleibet auch hie und dort. Alles ander / es scheine so gros und heilig als es imer mag / kan nicht bleiben / sondern mus vergehen. Das leret uns die Bibel.

Mat. XVII.

Den solt ir hören.

DEN allein höret / und keinen Andern nicht.

DEn höret / das mus uns der heilig Geist geben / sonst thun wir schlecht das widerspiel.

DEn höret / Das leidet der Teufel nicht gerne / und wehret mit henden und füssen / Darumb gleuben wir so schwechlich. Das vergebe uns Gott / und stercke uns im glauben.

Mat. XIX.

Wiltu zum LEben eingehen / So halt die Gebot.

DIe Gebot müssen gehalten sein / oder da ist kein Leben / sondern eitel Tod. Denn auch der Glaube nichts ist / wo die Liebe (das ist / die erfüllung der Gebot) nicht folget. i. Cor. xiii.

Denn Christus Gottes son ist nicht komen / noch darumb gestorben / das wir solten den Geboten frey ungehorsam sein / Sondern das wir die Gebot / durch seine hülffe und mitwircken / erfüllen solten.

Darumb wie es heisst / Werck on glauben sind nichts. So heissts auch / Glaube on frucht ist auch nichts. Denn die Werck on glauben / ist Abgötterey. Glauben on werck ist lügen und kein glauben.

Mat. XXIV.

Wer beharret bis ans ende / der wird Selig.

DAs findet sich in der warheit also / auch in eusserlichen sachen. Ein jeder / so in seinem Stand seins thuns vleissig wartet und ausricht / der geneust sein / wird reich und selig fur der Welt.

Viel mehr gilts hie im Christenthum / das ein leben des Creutzes ist / da der Teufel und die Welt viel hindernis in wege werffen / beharrens bis ans ende / Das ist / ritterlich durch alle hindernis und ergernis hindurch reissens / soltu fur Gott selig werden.

Denn das Himelreich (spricht Christus anderswo) leidet gewalt / Und die gewalt thun / reissen es zu sich. Darumb mus ein Christen im glauben / hoffnung / lieb / gedult / etc. nicht allein anfahen / und ein zeitlang fortfaren / Sondern auch bis ans ende beharren. Sonst / wenn alles gutes zum ende keme / das man anfehet / So were das Erdreich ein Himelreich.

Wer es lieset der verstehe es.

DAs ist / Wer die Schrifft wil lernen / der sol sie verstehen. Das ist auff Ebreisch so viel gesagt / Er sol wol drauff mercken. Auff Deusch sprechen wir also / Merck auff / was du liesest / Oder / wiltu lesen / so mercke wol drauff / was du liesest / D4enn du liesest nicht eins Menschen wort / sondern Gottes des allerhöchsten wort / der wil Schüler haben / die vleissig drauff achten und mercken / was er sagt.

Und so es wol geredt ist ( Man solle Fürsten brieve drey mal lesen / darumb das sie müssen bedechtig reden / das sie nicht Narren geacht werden.

Wie viel mehr sol man Gottes briefe / das ist / die heilige Schrifft lesen / drey / vier / zehen / hundert / tausent / und aber tausent mal lesen. Denn er bedechtig und wichtig redet / Ja er ist die ewige Weisheit selbs.

Wer dis thut / der wird gelerter und besser aus der Schrifft / Wers nicht thut / der lernet nichts / ja wird erger draus.

Quelle: Vieler schönen Sprüche aus Göttlicher Schrifftauslegung

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