Luther, Martin - Aus dem Lukas-Evangelium
Lukas 10
Wer Euch höret / der höret Mich.
WElche unaussprechliche Gnade ists / das Gott durch sein Wort mit uns redet / und so gnedig mit uns redet / das er uns dadurch seinen seligen Frieden und ewiges reich / verkündiget und anbeut.
Ah HErr Gott / warumb sind wir denn nicht stoltz und hoffertig / und rhümen uns / Das wir Gott hören mit uns reden so hertzlich und freundlich / von ewigem Friede / Leben und seligkeit?
O pfu dich / du schendlicher leidiger Unglaube / wie beraubstu uns so grosser Herrligkeit: O weh dir verdampte Welt ewiglich / die du mit hörenden ohren / taub / und mit sehenden augen / blind bist / und mutwilliglich sein und bleiben wilt.
WIe stehet im Gestz: Wie liesestu?
HIe hörestu / das die Schrifft sol und mus aller ding gelesen werden. Denn darumb ist sie in Buchstaben gefast / und fur und in der Kirchen durch sonderliche Gottes schickung / behalten (wird auch drin bleiben / bis an der Welt ende) das mans lesen / lernen / jmer fürder treiben / ausbreiten / und auff Kindskind fur und fur bringen sol.
Nu finden sich allzeit Jünger oder Schüler gnug / die in der schrifft lesen und studieren / und also drin zunemen / das sie mit der zeit auch andere daraus unterweisen können. Aber daran wils am meisten gelegen sein / das die Leser der Schrifft / nicht allein vleissig / sondern auch trew seien.
Das meinet der HErr / da er hie fraget / Wie liesestu: Was lerestu? Als wolt er sagen / Sihe zu / das du die Schrifft ja trewlich lesest / und das Wort der warheit recht teilest / das ist / fur dein Person nichts anders drinnen suchest / denn Mich / on welchen niemand zum Vater kompt / und solches Andere auch daraus lerest.
Denn viel sind / die am wort das jre suchen / Nemlich / wie sie zeitlich gut und ehre da durch erlangen / und ein gros ansehen in der Welt haben. Meinen (wie S. Paulus saget) Gottseligkeit sey ein gewerbe / Aber weh solchen etc.
Lukas 11
Selig sind die Gottes wort hören und bewaren (oder behalten).
Horen ist schlecht ding / Behalten ist ja so schlecht ding. Denn man höret offt / und manche grosse lügen / und behelt sie lenger / denn alle Gottes wort. Wie des Bapsts / und aller Welt von anfang / Lügen und Abgötterey behalten sind.
Wer aber gleuben köndte / das es Gottes wort were / was er höret von seinem Pfarherrn oder Prediger / (so er ein Christ ist) und das sich Gott selbs so hoch demütigt / der Himel und Erden aus nichts gemacht hat / das er mit Dir und Mir so gnediglich und hertzlich redet / durch einen Menschen / Der würde fur freuden vergehen die Stunde.
Aber da fur ist gut das vermaledeiete Flaisch / welchs denckt wenn es höret predigen / Oh / das hat der Pfaff geprediget / Ich kans nu selber auch aus dem buch lesen und predigen / so wol als er.
Daher wird Gottes wort fur Menschen wort geacht / und wird sein jederman müde und saat. Da folget denn das mans weder hören noch behalten wil. Weh aber solchen Klüglingen / der leider itzt nur seer viel sind.
Selig sind die / die Gottes wort hören / und behalten.
SIhe an / all unglück auff Erden / es heisse Pestilentz / KRieg / Hunger / oder was fur Plage sein mag / So ists nichts gegen dem unglück und zorn / Das Gott nicht mit uns redet / noch sein wort hören lesst.
Aber das ist noch weiter und unasusprechlich drüber / und das letzt ewig unglück / Wenn Gott mit uns redet / und reichlich sein Wort unter uns lauten lesst / und wir das selbe hören / Darnach aber verachten / und undanckbar werden / das wirs uberdrüssig / wie die Jüden des Himelbrots / werden / Da ists denn aus.
Darumb heissts / nicht allein hören / Sondern auch behalten / dabey bleiben / und sich weder lieb noch leid davon zwingen oder reissen lassen / Der heist selig.
Selig sind / die Gottes wort hören.
GRos gnade ists (wer die hat) Gottes wort hören / Denn viel sind / die es nicht wöllen noch mögen hören / sondern verfolgen und verdammen es.
Aber das ist die allergröste gnade / Gottes wort behalten. Denn wers behelt / der hörets on unterlas in seinem hertzen / und ist sein lust / das ers auch eusserlich hören und reden mag.
Wers nicht behelt / oder aus seinem hertzen lesst und vergisst / der wirds nicht lang mit den ohren hören können /Sondern wird sein bald saat und uberdrüssig werden / wie die kinder Israel des Himelbrots.
Aso wird ein gros unterscheid unter denen / die Gottes wort hören. Jene behaltens / und werden teglich besser. Diese lassens aus der acht / und werden erger / Bis sie gar abfallen / und mehr verfolgen / denn die / so es von anfang nicht hören wölten.
Darumb ligt es am behalten / das ist / das man lust und liebe dazu habe. Das geschicht wenn man gewislich helt / es sey nicht Menschen / sondern Gottes wort.
Selig sind /die Gottes wort hören.
VIel sind / die Gottes wort nicht hören wöllen / sondern es veracchten / ja auch verfolgen.
Nicht wenig sind / die es hören / aber one frucht / weil sie es nicht behalten / sonder zu eim ohr lassen eingehen / zum andern wider aus.
Aber die sind selig / die es hören und behalten / das ist / dran gleuben / und darnach thun. Denn nicht alle / spricht der HErr an eim andern ort / die zu Mir sagen / HErr HErr / werden in das Himelreich komen / Sondern die den willen thun meines Vaters im Himel. Und Joh. xiiii. Wer meine Gebot hat / und helt sie / der ists / der mich liebet.
Selig sind / die Gottes wort hören.
GRos unaussprechliche gnade ists / wer hören mag / das Gott mit jm redet. Aber das ist nicht gnug / wo mans nicht auch behelt / und dabei bleibt / bis an das ende.
Viel hören das wort / halten aber nicht / das Gott mit jnen solchs rede / Sondern sehen an den Menschen / durch welchen es geredt wird / Darumb halten sie es nicht tewer / auch nicht feste. Sondern lassen es zu einem ohr eingehen / und zum andern wider aus. Die gehören nicht unter die zal / davon der HErr hie sagt / Selig sind die Gottes wort hören etc.
Selig sind / die Gottes wort hören.
LIeber Gott / du sprichst durch deinen lieben Son / die Selig / so dein wort hören. Wie viel billicher were es / das wir dich / O ewiger barmhertziger Vater / on unterlas mit frölichem hertzen / selig preiseten / dir dancken und lobten / Das du dich so freundlich / ja Veterlich gegen uns arme Würmlin / erzeigest / und mit uns von der grössten und höchsten sach / Nemlich / vom ewigen Leben und seligkeit redest.
Gleichwol unterlesst du es nicht / uns freundlich zu locken durch deinen Son / dein Wort zu hören / da er spricht / Selig sind etc. als kündestu unsers gehörs nicht emberen / und wir / die wir Erde und Asschen sind / nicht viel tausent mal mehr deines seligen Worts bedürfften.
O wie unaussprechlich gros und wundersam ist deine güte und gedult. Widerumb ah und weh uber die undanckbarkeit und starblindheit / deren / die dein Wort nicht allein nicht hören wöllen / sondern es auch mutwilliglic verachten / verfolgen und lestern.
Quelle: Vieler schönen Sprüche aus Göttlicher Schrifftauslegung