Zuletzt angesehen: Keller, Samuel - 1. Petrusbrief

Keller, Samuel - 1. Petrusbrief

Keller, Samuel - 1. Petrusbrief

Kapitel 2

„So leget nun ab Neid“
1. Pet. 2, 1

Ist das unüberlegt oder beleidigend, daß Petrus bei seinen Lesern vorauszusetzen scheint, daß sie neidisch sind - oder zeigt das den reifen Menschenkenner? Ich möchte mich für das letzte entscheiden. Geistlicher Brotneid, daß man dem andern seine Erfolge im Reich Gottes nicht gönnt oder seine Nähe zum Heiland, gehört zu den letzten Lastern, die ein Christ, der vor Gott wandelt, ablegt. Denn dieser Neid ist wie feiner Staub, der sich unmerklich in alle Falten des Herzens setzt. Man kann in dieser Staubluft nicht atmen, beten! Achte aber noch auf eine Besonderheit: ein ganz Unmusikalischer pflegt den fremden Sänger mit der schönen Stimme gar nicht zu beneiden, während der Stümper, der sich sonst daheim gern hören läßt und nach Anerkennung seiner Stimme hungert, am meisten unter den Qualen des Neides leidet. Schärfer als der Neid sieht nur noch erbarmende Liebe. Es gibt Bilder, die sind unter der schärfsten Lupe gemalt; so malt der Neid des Bruders Fehler. Wollen wir nicht beim nächsten Hausputz unserer Seele den Neid zum letztenmal ablegen und als einen nutzlosen, gefährlichen Stauberreger in eine Kiste packen und diese zum Teufel schicken?

Herr, hilf mir, von jeder solchen häßlichen Regung loskommen. Auch wenn mir scheint, daß du jemand doch viel lieber hast als mich. Erbarme dich und reinige mich vom Neid, durch den ich mich ja nur noch weiter von dir entferne. Reinige mich und habe mich dann soviel lieb, als ich's vertragen kann. Amen.

Kapitel 3

„Christus hat gepredigt den Geistern im Gefängnis.“
1. Pet. 3, 19

Wie wird der Schächer vom Kreuz gestrahlt haben, als Jesus sein Wort einlöste, und am selben Abend noch im paradiesischen Teil des Totenreiches mit ihm zusammentraf! Wie wird Jesu Predigt dort gewirkt haben, wo stumpfe Hoffnungslosigkeit die Seelen gefangen gehalten hat! Wenn sein Heilswirken bis zu dieser äußersten Grenze bewußter Persönlichkeiten sich erstreckte, dann liegt doch darin für uns ein starker Antrieb zum Glauben an ihn. Jene an der äußersten Grenze sollen nicht unberührt bleiben: wir im Mittelpunkt müssen fortgerissen werden von dem wunderbaren Wirken des erhöhten Herrn. Sein Ziel ist, uns zu Gott zu führen. Mach ihm das doch nicht so schwer! Jetzt, wo noch im vollen Leben der Persönlichkeit die Stunde der Entscheidung schlägt, übergib dich ihm ganz und gern. Wie viel schöner kannst du es dann schon jetzt haben: Hilfe gegen die Sünde und Licht für dein Leben und Trost im Sterben. Das alles haben jene Leute nicht gekannt und eine schreckliche, lange Gefängnishaft durchgekostet, bis sie noch dort vom Rettungsruf erreicht wurden. Wem so viel mehr gegeben worden ist, von dem wird auch so viel mehr gefordert werden!

Darum bitten wir dich, Herr Jesu, mach uns unsere jetzige Gnadenzeit wichtig und lehre uns mit voller Freudigkeit uns dir zu ergeben, damit wir als die Deinen' selig aus dem Erdenleben scheiden können. Amen.

Kapitel 4

„der bereit ist, zu richten die Lebendigen und die Toten.“
1. Pet. 4, 5

Die Vorstellung, daß Jesus heute schon bereit ist zum Gericht aller Welt, weckt einem doch ernste Gedanken. Der Richter ist fertig, die Akten liegen da, das Gesetz, nach dem gerichtet werden soll, ist klar, nur der zu Richtende ist nicht bereit. Wer von uns wäre dafür bereit? Steht nicht blitzschnell vor unserer Seele noch manches, was wir anders machen möchten? Da ist eine alte Sache gut zu machen, hier muß noch eine Versöhnung zustandekommen, dort ist ein gefährlicher Zeuge durch Buße und Vergebung zu gewinnen, oder es muß eine Unterlassungssünde durch schnell nachgeholtes Tun beseitigt werden. Der Gläubige wird durch solche Gedanken an den fertig und bereit auf seinen Richterstuhl wartenden Herrn ernst und prüft sich mit Gebet und Beugung. Aber der christuslose Weltmensch ahnt und glaubt nichts davon: ist sein Dahinstürmen in Lust oder Schande, Schuld und Spott die Vorbereitung auf das nahe Gericht? Je ernster wir dergleichen für uns selbst nehmen, desto schärfer schmerzt uns der bodenlose Leichtsinn jener Masse, desto lebhafter wird unser Mitleid mit ihr und desto treuer müßte unsere Arbeit an ihrer Rettung werden. Wir wollen jeden Abend uns über dem verwichenen Tage richten lassen, damit nichts übrig bleibe für jenes Gericht.

O Herr Jesus, warte in Gnaden noch mit uns allen. Wir sind noch nicht bereit für dein Gericht. Laß vor dem Gericht deine Liebe uns gewinnen, deine Gnade uns züchtigen und dein Geist uns führen. Amen

„So seid nun mäßig und nüchtern zum Gebet.“
1. Pet. 4, 7

Kann man denn auch unmäßig und unnüchtern im Gebet sein? Die Gefahr liegt auf den vom Gebet freien Zeiten, mögen das Augenblicke oder Stunden sein. (Ganze gebetslose Tage wird wohl kein Leser dieser Zeilen mehr kennen.) Wenn da ein hochfahrendes, übermütiges oder weltseliges Treiben, eine seelische Zuchtlosigkeit und Trunkenheit den Menschen gefangen nimmt, wird sich der zum Gebet abgerungene Augenblick auch nicht gleich mit den reinsten Gaben des Heiligen Geistes füllen. Darum ist die Mahnung: lebe so in allen Dingen, daß du allezeit beten könntest! Wer das Allezeit-Beten versäumt, wird bald in eine innere Verstimmung gegen das Beten überhaupt hineingeraten, so daß es ihm fremd und unmöglich wird zu beten. Dann kann leicht die Folge sein, daß er ohne Unterlaß versäumen wird zu beten, bis er den Schlüssel zum Gebetstürlein seiner Seele verliert und ein gebetsloses Leben führt. Daher ist die Mahnung berechtigt, sich für sein Beten zu rüsten und nicht selbst allerlei Schutt vor dem Gebetskämmerlein aufzuhäufen. Steht aber das sonstige Leben mit dem Beten in geradem, gesundem Verhältnis, so wird uns das Beten das selbstverständlichste Ding sein, das wir ohne Unterlaß treiben können.

Herr, lehre du mich bei meinem Leben und Treiben daran denken, daß ich ein Beter sein will. Erinnere mich draußen an das Geheimnis mit dir im Kämmerlein. Segne mein Gebet und gib mir den Geist des Gebetes. Amen.

„Die Liebe deckt auch der Sünden Menge.“
1. Pet. 4, 8

Nicht meine Liebe, nicht meine Sünden, nicht vor Gott. Der Zusammenhang zeigt deutlich, daß Bruderliebe gemeint ist, die nicht Wohlgefallen daran hat, des Bruders Sünden aufzudecken, sondern zuzudecken. Wer noch meint, er müsse andere herabsetzen und als Unreine darstellen, damit dadurch seine Reinheit gehoben werde, der kann gar nicht anders als nach geheimen Flecken des anderen spüren. Ist der andere noch dazu ein Nebenbuhler um Gunst oder Ehre vor den Brüdern, oder neidet man ihm seine unbestreitbaren Vorzüge, oder hat er uns sehr weh getan, so freut sich der lieblose Christ, jenen geheimen Schmutz ans Licht zu ziehen - auch wenn die volle Sicherheit des Beweises noch fehlt. Oder man möchte durch solche Offenbarung seine unbrüderliche Stellung entschuldigen und begründen; man protzt mit dem scharfen Gewissen, das einem nicht gestatte, dergleichen zu dulden. Wie hebt sich davon das schlichte Wort ab: Die Liebe deckt auch der Sünden Menge! Wie wohl tut es uns, wenn jemand trotz unserer Mängel uns sehr liebt und überall verteidigt. Wie weh taten wir manchem durch rücksichtsloses Aufdecken seiner schmerzenden Stellen. Hast du in diesem Punkte nichts zu bereuen?

Herr, gehe nicht ins Gericht mit mir, wie ich es mit meinem Nächsten oft getan habe. Vergib mir jene Härte und lehre mich die Liebe, die zudecken kann. Ich brauche solche Liebe; zünde sie in meiner Seele an. Amen.

Kapitel 5

„So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes“
1. Pet. 5, 6

Das wäre eine ganz überflüssige Mahnung, wenn die gewaltige Hand Gottes immer gleich sichtbar wäre. Wer unter uns wäre nicht bereit, sich sofort zu demütigen, wenn die Hoheit und Majestät Gottes ihm gegenübersteht! Aber nun sind es Menschen, ungerechte, lieblose Gegner, die uns die schmerzliche Demütigung vielleicht in übermütiger Laune wie einen Peitschenschlag versetzen. Das tut weh, und man möchte sich verteidigen, den Tatbestand feststellen, damit nicht andere glauben, wir ließen uns alles gefallen. Unsere Ehre wird durch den hinterlistigen Angriff in der Zeitung besudelt oder wenigstens sind wir verkleinert und lächerlich gemacht. Sollen wir das auf uns sitzen lassen? Wie, wenn aus jener Geschichte nun die gewaltige Hand Gottes sichtbar würde? Durch unsere Freunde kann er uns nicht so demütigen; die halten leicht zu viel von uns. Darum müssen diese Feinde in Gottes Hand das Werkzeug zur schmerzhaften Demütigung sein. Sobald uns das klar wird, sinkt jede Waffe der Verteidigung. Schließlich hat jener Schlag, der unsern Ehrgeiz traf, doch gezeigt, wie empfindlich wir in solchen Dingen sind. Schon weil es so weh tut, muß es notwendig gewesen sein! Darum wollen wir uns vor Gott beugen und uns durch unsere Feinde erziehen lassen!

Herr, unser Gott, reinige uns die Seele von aller Eitelkeit und Empfindlichkeit und mach uns stille. Dann laß uns spüren, daß du uns lieb hast und uns besser und treuer und demütiger machen willst. Lösche den letzten Funken des Zorns und der Rachsucht aus unserer Seele um deinetwillen. Amen.

„Alle eure Sorgen werfet auf ihn; denn er sorget für euch.“
1. Pet. 5, 7

Unsere Sorge! Schade, daß wir es immer wieder mit diesem Gast zu tun haben! Und diese Sorge tut so, als ob sie mit uns verwandt und verwachsen wäre, als wäre sie berechtigt, bei uns am Tisch zu sitzen und das große Wort zu führen. Wieviel Tränen und Verstimmung hat sie uns nicht schon verursacht! Sollten wir da nicht freudig die Mahnung des Apostels befolgen, der uns so einfach sagt, wie wir sie loswerden können? Sie hat sich in der Adresse geirrt; sie gehört Gott, nicht uns. Wir müssen sie so schnell als möglich fortschicken, und weil sie nicht gutwillig geht, sollen wir sie auf Gott werfen. Werfen und Werfen ist ein Unterschied. Man muß auch richtig treffen. Kehrt sie nach dem ersten Versuch sofort zu uns zurück, dann haben wir schlecht geworfen, Gott nicht getroffen; dann hilft nichts, als sie wieder auf Gott werfen, bis sie mal da an einem Verheißungshaken hängen bleibt. Uns macht sie unglücklich - Gott wird im Nu mit ihr fertig. Wollen wir nicht heute Abend unser Herz dadurch entlasten, daß wir alle unsere Sorge um Geld oder Gesundheit, um Menschen oder Dinge zusammenschnüren in ein Paket und es dann mit unserem Gebet auf Gott werfen!

Ja, mein lieber Vater im Himmel. Meine Sorgen gehören dir! Ich werfe alles, was mich so drückt, auf dich! Behalte es bei dir. Lehr mich das kindliche Vertrauen auf deine sichere starke Hilfe. Ich traue dir und will in solchem Vertrauen fest bleiben. Amen.

„Dem widerstehet fest im Glauben.“
1. Pet. 5, 9

Das Böse und den Bösen lernt man am genauesten kennen durch scharfen, entschiedenen Widerstand. Das kleinste Nachgeben verschleiert, verdunkelt seinen eigentlichen Charakter. Es ist, als ob er den Leuten, die ihm die Freude machen, daß sie ihm ein bißchen nachgaben, sofort das unangenehme Bewußtsein verscheuchen dürfe, es wirklich mit ihm zu tun zu haben. Und das ist ihm gerade der Hauptpunkt. Sobald man gar nicht daran denkt, daß man es mit einem so furchtbaren Feinde zu tun habe, läßt die Angst, die ins Gebet treibt und die Aufmerksamkeit nach, und er hat halb oder dreiviertel gewonnen. Die Versuchung wird aber sofort abgewendet, wenn man fest im Glauben Widerstand leistet. Dann hat der Böse keinen Teil an uns. Er kann nur im Trüben fischen. Unter Glauben ist hier das Vertrauen auf den Sieg Jesu und seine Bereitwilligkeit, uns zu helfen, zu verstehen. Der Tag und die Zeit, die Lust und das Herz - alles gehört schon Jesus, und sobald wir ihm sein Eigentumsrecht bestätigen, versteht er uns gegen den Teufel zu schützen. Ein Blick auf Jesus: ist dieser Plan, diese Sehnsucht, dieses Verlangen nach deinem Herzen oder dir schnurstracks zuwider? Blitzschnell taucht darüber die Klarheit auf und dann kann der Sieg da sein.

Herr Jesus, laß uns nicht im Dunkel und in Ungewißheit, was nach deinem Herzen ist, und dann hilf uns sofort, uns auf deinen Willen festzulegen. Das Verscheuchen des Boten überlassen wir dann dir! Wir klammern uns an dich! Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/k/keller/keller-1._petrus.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain