Goßner, Johannes - Evangelische Hauskanzel - Am 7. Sonntage nach Trinitatis.

Goßner, Johannes - Evangelische Hauskanzel - Am 7. Sonntage nach Trinitatis.

Evang. Marc. 8, 1-9.

Von der Vermehrung der sieben Brode.

Wahrlich, wahrlich, die Menschenfreundlichkeit und Leutseligkeit Gottes ist in Christo auf Erden erschienen, und hat unter uns gewandelt. Man kann nicht menschenfreundlicher und leutseliger denken und handeln, als Jesus auf Erden unter den Menschen dachte und handelte. Laßt alle Liebe und Güte im Himmel und auf Erden sich vereinigen, und ihr Aeußerstes thun, Seine Liebe und Güte, Menschenfreundlichkeit und Leutseligkeit übertrifft sie weit. Darum war, wo Er sich sehen ließ, immer viel Volks um Ihn, und hielt bei Ihm aus, so lange sie nur konnten, Tag und Nacht hindurch, in der Wüste, und wo Er sie hinführte, auch wenn Noth und Hunger, Mangel an Brod und Nahrung sie drückte; sie hielten aus - angezogen und gefesselt von Seiner Liebe und von dem Worte des Lebens, das aus Seinem Munde ging.

Zu der Zeit, da viel Volks da war, und hatten nichts zu essen, rief Jesus Seine Jünger zu sich, und sprach zu ihnen: Mich jammert des Volks, denn sie haben nun drei Tage bei mir verharret und haben nichts zu essen, und wenn ich sie ungegessen von mir heim ließe gehen, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn Etliche sind fern hergekommen. Welch ein Volk! welch ein Freund des Volkes! welche Zuhörer, und welch ein Prediger! Drei Tage lang hungern und dursten sie lieber, als daß sie Ihn verließen, oder ein Wort aus Seinem Munde verlören. Ja, der Verschmachtung setzten sie sich lieber aus auf dem weiten Heimwege, da sie so weit hergekommen waren. Von solcher Entfernung kamen sie in die Predigt; so lange halten sie aus, und werden nicht satt, Ihn zu hören! Und nun, wie ist es so ganz anders; wie Viele sitzen nahe an der Kirche, und kommen nicht zu Gottes Wort! halten kaum eine Stunde aus; die Predigt wird ihnen bald zu lange - wiederholt sich zu oft - sie hören oft kaum des Jahres einmal, oder doch nur selten - nach Wochen und Monaten wieder eine Predigt, lesen nie oder nur selten in der Bibel, verschmachten lieber an ihrer Seele, ohne nach Brod des Lebens zu hungern und es zu suchen, das sie so leicht haben könnten. Wie beschämt dieses jüdische Volk so viele Tausende der Christen! Wie wird es im Gerichte aufstehen - die lauen und satten Christen verdammen, die Gottes Wort versäumten, und die Welt mehr liebten, als das Reich Gottes.

Das Verharren dieses Volkes bei Jesu, drei Tage lang ohne Speise und Trank aus lauter Hunger nach Seinem Worte und Liebe zu Ihm, ist gewiß das nachahmungswürdigste Beispiel und ein Spiegel, in welchen alle Christen schauen sollen, um sich darnach zu richten. Ein Jeder frage sich, wie lange er bei Jesu im Gebete, im Umgange mit Ihm, in Beherzigung Seines Wortes und im Andenken an Ihn verharre - täglich? und ob er Lust und Freudigkeit hatte, drei Tage lang in geistlichen Uebungen und gottseliger Gemeinschaft mit Kindern Gottes, in deren Mitte der Herr ist, auszuhalten. Wie viel Segen würdest du haben, wenn du einmal drei Tage, oder öfter nur Einen Tag, oder täglich nur Eine Stunde ganz dem Herrn Jesu und dem Umgange mit Ihm widmetest! Wie viele Tage und Stunden widmest du oft der Welt, unnützen Gesprächen und Geschichten, eitlen Gesellschaften oder faden Menschen, oder gar dem Müßiggang, der behaglichen Ruhe, den Vergnügungen, Zerstreuungen und dergleichen! - doch sehen wir auf Jesum - Welch ein Prediger! Er lehrt Sein Volk nicht nur Gottes Wort und zeigt ihnen den Weg zum Himmel, Er sorgt auch für ihr Leben und ihren Unterhalt; Er ist voll Mitleid und Erbarmen. Welch ein Wort aus Seinem Munde: Mich jammert des Volkes! Wenn Ihm schon das zeitliche Elend, daß sie drei Tage nichts zu essen hatten, so zu Herzen geht, und Er so besorgt dafür ist, daß sie auf dem Heimwege nicht verschmachten, wie wird Ihm die geistliche Noth der Menschen, ihr Sündenelend, die Gefahr, ewig verloren zu gehen, das Herz brechen, und Ihn jammern! Ist die Seele nicht mehr als der Leib in Seinen Augen? Ist Er denn gekommen in die Welt, Brod für den Leib zu schaffen, und nicht vielmehr, Seelen zu retten, Sünder selig zu machen? Hangt nicht Sein Blut daran? Sind sie nicht Sein Lohn, Sein Schmerzenslohn? Gehen sie nicht Ihm, geht nicht Sein Kreuz und Tod an ihnen auf ewig verloren? Hat Er uns nicht mehr lieb, als Sein Leben? Hat Er nicht für uns den Himmel verlassen, die Engel und die Herrlichkeit Gottes, und ist zu uns armen Sündern gekommen, hat unser Fleisch und Blut angenommen, und hat sich wie ein Lamm für uns schlachten lassen? Wie viel muß Ihm an unsern und aller Menschen Seelen gelegen seyn? Dies Wort: Mich jammert des Volkes! gilt also viel mehr für die Seelen, und Jeder kann es auf sich beziehen, und glauben: ach wie jammert meine Seele den Heiland! wie liegt es Ihm am Herzen, daß ich selig werde! wie wartet Er auf mich, bis ich zu Ihm komme, Ihm mich ganz übergebe, und Ihm die Freude mache, mich Ihm ganz in die Arme zu werfen, daß Er meine gnadenhungrige Seele mit Himmelbrod speisen und mich mit den reichen Gütern Seines Hauses und Verdienstes sättigen kann, daß ich nicht verschmachte und verloren gehe!

Wir haben es hier aus Seinem Munde: Er will nicht, daß Ein Mensch weder leiblich noch geistlich verschmachte auf dem Wege des Lebens; Er will leibliche und geistliche Noth tilgen, an Leib und Seele selig machen. Es soll kein Mensch verloren gehen. Wer Ihm nachfolgt und Sein Wort lieb hat, dem soll auch in leiblichem Mangel geholfen werden, der soll sagen können: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln - Er schenket mir voll ein und bereitet vor mir einen Tisch. - - - An der Seele aber soll dir schon gar nichts abgehen; denn Er ist gekommen, daß wir Leben und volle Genüge haben. Es kann keine Mutter mehr und besser für ihre Kinder sorgen, als der Heiland für die, welche Ihm nachfolgen, und Sein Wort gerne hören. Bemerkte Er's doch, daß dieses bei Ihm ausharrende Volk nichts zu essen hatte, sollte Er nicht auch in deinen Brodkorb sehen? - und nicht in dein Herz, wenn du nach Gnade hungerst? Sollte es Ihn dann nicht jammern? Sollte Er dich verschmachten lassen? Alles kann Er, aber das kann Er nicht. Glaube nur, und du wirst die Herrlichkeit Gottes sehen.

Und Seine Jünger antworteten Ihm: Woher nehmen wir Brod hier in der Wüste, sie zu sättigen? Das ist nun eine andere Frage, eine sehr menschliche, ungläubige, kurzsichtige. Die armen Jünger waren in großer Verlegenheit, weil sie Ihn noch nicht kannten, noch nicht an Ihn glaubten. Hätten sie nicht sagen sollen: Meister! das weißt Du am besten, Dir wird es nicht schwer werden, alle diese hier in der Wüste zu speisen; Du wirst nicht in Verlegenheit kommen, wenn Du sie sättigen willst. Dir ist kein Ding unmöglich. Wer alle Kranken heilen, alle Teufel austreiben, Todte auferwecken, auf dem Meere wandeln, Sturm und Wind gebieten kann, der wird wohl auch die Hungrigen speisen und die Leute vor dem Verschmachten bewahren können. Aber so dachten die schwachen Jünger noch nicht, so viel sie schon von diesen Wundern beim Heiland gesehen hatten. Sie sehen in der Wüste nichts. Das ist aber wohl die gewöhnliche alltägliche Frage armer, schwachgläubiger Eltern: Wo nehmen wir Brod her bei unserer Armuth und Verdienstlosigkeit, um unsere Kinder zu sättigen? Darum steht diese Geschichte im Evangelio; da ist die Frage beantwortet. Wer dies Evangelium gehört und gelesen hat, soll nicht mehr so fragen, sondern seine Noth nur dem Heiland klagen, der keine Noth sehen kann, ohne zu helfen und vor dem Verhungern und Verschmachten zu bewahren. Es ist Ihm ja ein Leichtes. Sieh doch nur, wie Er es macht, wie bald Er geholfen hat, daß vier tausend essen und satt werden. Solltest du und deine paar Kinder Ihm zu viel seyn? Ist Er denn jetzt nicht mehr derselbe? Hat Er kein Herz mehr? Jammert Ihn nicht mehr des Volkes - eines Einzelnen oder einer Familie, wie einer Schaar von Tausenden? Das ist Ihm gleich viel; Er ist gütig gegen Alle, und reich genug für Alle, die Ihn anrufen. Was fragst du: Woher nehmen wir Brod? Beim Brod-Vater, beim Geber aller guten Gaben; bei dem, der uns täglich kommen und selbst bitten heißt: gieb uns heute unser täglich Brod. Wer das täglich, herzlich, gläubig bittet, und nicht zweifelt, Gott will geben, was Er bitten heißt, der soll sich gar nicht kümmern, es muß ihm Brod werden, soviel er nöthig hat; vorausgesetzt, daß er das Seinige gethan hat und thut. Wer aber die Hände in den Schooß legt, da er arbeiten kann und sich Brod erwerben könnte, und betet bloß, und hofft, daß Raben ihm Brod bringen werden, dessen Gebet ist eitel und er täuscht sich; er wird hungern oder in Lumpen betteln gehen müssen. Wer das Vater unser recht beten kann, der weiß sich aus aller leiblichen und geistlichen Noth zu helfen. Denn schon die Bitte um Brod, und die darauffolgende um Vergebung der Sünden, Erlösung aus Versuchung und vom Uebel, steuern aller leiblichen und geistlichen Noth. Wer diese vor Gott gebracht hat, soll nimmermehr sorgen, sondern nur glauben und harren. Hülfe muß ihm werden.

Und Er fragte sie: Wie viel Brode habt ihr denn? Sie sprachen: sieben. Es ist also noch etwas da; laßt uns erst dieses brauchen, was da ist, und es segnen, und bitten um Segen; dem Herrn ist es gleichviel, durch Wenig oder Viel zu helfen. Sein Segen geht in die Brosamen, wie in die großen Brodkörbe hinein; und Sein Segen ist es allein, der da sättiget, nicht das Brod selbst; denn in der theuren Zeit sättigen viel Brode weniger, als zur gesegneten Zeit wenige Brosamen.

Und Er gebot dem Volke, daß sie sich lagerten - sich gleichsam zu Tische setzten, wenngleich noch nicht genug da zu seyn schien. Der Unglaube der Jünger hindert Ihn nicht. Er thut, als wenn schon alle Tische für vier tausend gedeckt und voll Speisen wären. Wer glaubt, der hat schon, ehe er sieht, der handelt schon, als stände es da, als wäre Alles schon fertig, wo noch nichts zu sehen ist. Setzt euch nur, ihr werdet Alle satt werden und noch übrig lassen.

Und Er nahm die sieben Brode, dankte, und brach sie, und gab sie Seinen Jüngern, daß sie dieselbigen vorlegten, und sie legten dem Volke vor. Der Heiland nahm, was da war, und dankte dafür; denn der Dank für das Gegebene ist immer eine Bitte für das noch zu Erlangende - und beim Heiland war das schon eingeschlossen; Er sah es schon; Er hatte schon in den sieben Broden soviel als vier tausend Brode in Händen, durch Seinen Glauben und Seine Zuversicht zum Vater. Der Glaube ist so sicher und gewiß, daß gegeben wird, warum man gläubig bittet, daß Er gleich dankt, als hätte Er's schon in Händen. O wer möchte Ihn nicht gesehen haben, den dankenden, den segnenden Brodvermehrer! wie Er gen Himmel blickte zum Vater! welch ein Auge! welch ein Blick! wie leuchtete Glaube und Liebe aus ihm hervor! welch ein freudiger Dank strahlte aus Seinem Angesichte! Dürfen, sollen wir nicht auch so kindlich, zuversichtlich uns hinstellen, aufblicken, bitten und danken, glauben und hoffen? Hat Er es nicht uns zum Vorbilde, zur Nacheiferung gethan? Hat Er es nicht beim Grabe des Lazarus deutlich gesagt, daß Er dieses nur um der Umstehenden willen thue, daß sie glauben? Wird Er sich nicht freuen, wenn wir das von Ihm lernen, und uns von Ihm schenken lassen? Will Er nicht in uns dasselbe thun und wirken, ja noch Größeres, als Er selbst gethan hat? Gereicht es Ihm nicht zur Ehre, wenn wir es so machen, wie Er, und zur Unehre und Schande, wenn wir nicht glauben, sondern zweifeln und verzagen, als ob wir einen ohnmächtigen tauben Gott hätten, der nicht hören und helfen will oder nicht kann?

Und hatten ein wenig Fischlein, und Er dankte, und hieß dieselben auch vorlegen. Selbst diese kleinen wenigen Fischlein warf Er nicht weg, sagend, was helfen diese? ich kann ja andere, bessere und größere machen. Nein, Er hat Alles geachtet so klein und wenig es war - Er dankte dafür, segnet es und gebrauchte es. Verachte ja nichts, was du schon hast, im Zeitlichen und Geistlichen; hast du nur eine kleine Kraft, danke, brauche sie; wer hat, dem wird gegeben. Wer aber nicht achtet, was er hat, dem wird Alles genommen, und nichts gegeben. Es ist zum Erstaunen, wie der Heiland haushälterisch war, und Alles zu benutzen wußte, nicht das Geringste verachtete. O das Kleine, Geringe hat großen Segen, wenn es mit Danksagung verwendet und gebraucht wird. Denn es ist Demuth, und allein den Demüthigen giebt Gott Gnade und Segen; den Stolzen, die das Wenige, Geringe, Kleine verachten, widersteht Er.

Sie aßen aber, und wurden satt, und hoben die übrigen Brocken auf, sieben Körbe. Sieh doch, was der gläubige Dank vermag, wie er die kleinen Gaben unter den Händen so vermehrt, daß nicht nur unglaublich Viele satt werden, sondern noch mehr übrigbleibt, als vorher da war. Denn vorher waren nur sieben Brode, nun sind sieben Körbe voll übrig - also offenbar ungleich, wenigstens siebenmal - mehr, als vorher. H du wunderbarer Heiland! Dank Dir, Dank dem Vater, daß Du uns gegeben und gemacht bist, nicht nur zum Brod des Lebens, sondern zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung! Wie wird sich das Alles, wenn wir auch nur noch schwache Anfänge davon haben, wenn wir es aber in Deine Hände legen, Dir vertrauen, Dich walten lassen, wie wird es sich durch Dich vermehren! wie wirst Du Dich an uns Armen verherrlichen, Du Anfänger und Vollender unsers Glaubens! Wie satt werden wir seyn, wenn wir erwachen nach Deinem Bilde! und was wird uns für die Ewigkeit übrig bleiben! Hier schon sättigest Du uns mit wenigen Broden, und tränkst uns mit Wasser des Lebens, daß Ströme vom Leibe dessen fließen, der an Dich glaubt, was wird es dort werden? Dort werden wir trunken seyn von den reichen Gütern Deines Hauses - dort ist Freude die Fülle und liebliches Wesen immer und ewiglich vor Deinem Angesicht. So beliebt es dem Herrn, immer aus Nichts etwas zu machen, das Kleine, Geringe, Schwache und Unansehnliche zu erwählen, um zu Schanden zu machen, was etwas ist, was stark, herrlich und groß scheint. Sey du noch so schwach und elend, arm und unansehnlich, so glaube eben darum desto mehr, daß der Herr etwas aus dir machen und sich an dir verherrlichen wird. Es ist so Seine Weise und Lust; laß Ihm diese Freude und glaube nur.

Und ihrer waren bei vier tausend, die da gegessen hatten. Und Er ließ sie von sich. Wenn Ihm vier tausend nicht zu viel sind, sollst du und die Deinigen Ihm zu viel seyn? Wenn Er so Viele mit wenigen Broden sättigen kann in der Wüste, warum dich nicht, du Kleingläubiger? Wenn Er schon so viele tausend Sünder zu allen Zeiten selig gemacht hat, warum denn dich nicht? Wenn Er Alle zu jeder Zeit, die nach Gerechtigkeit hungerten und dursteten, gesättigt hat, warum denn dich nicht? Wenn Er Keinen, der zu Ihm gekommen, von sich gestoßen, oder ungesättigt, unerhört, ungesegnet hat von sich gehen und verschmachten lassen, warum soll Er denn gerade dich so hart behandeln? Wärst du unter den vier Tausenden gewesen, Er hätte dich nicht ausgeschieden, Er hat Keinen weggewiesen, und daher hätte Er dich auch mitgesättiget und gespeiset. Darum geselle dich jetzt und halte dich zu denen, die Ihm nachfolgen und Sein Wort gerne hören; komm alle Sonntage in die Versammlung der Gläubigen; es ist alle Sonntag, in jeder Predigt, eine Brod-Vermehrung; sind gleich die Worte des Predigers kleine Brosamen, geringe wenige Fischlein, der Herr segnet sie, und vermehrt sie, daß Alle essen und satt werden. Und wenn du darunter bist, so wirst du auch satt, und es bleibt dir noch für die ganze Woche übrig, daß du noch Andern mittheilen kannst. Ja wahrlich dies Wunder wirkt der Herr ohne Aufhören, beim Lesen oder Predigen Seines Wortes, ob Tausende oder Millionen Zuhörer zugegen sind; die wenigen Worte Gottes, die vorgetragen werden, werden unter der Hand so gesegnet und vermehret, daß sie Alle trösten, starken, beleben und selig machen, die da essen, d. i. glauben und nehmen. Dies Wunder kannst du dir alle Tage in deinem Kämmerlein oder mit den Deinigen in deiner Stube bereiten; lies und betrachte nur das Wort, glaub und iß, ergreif's und verdaue es; und es wird in dir sich vermehren, dich sättigen; du wirst mächtig gestärkt und neu belebt davon gehen, wie Einer, der sich an einer reichen Tafel satt gegessen hat; und Alle, die mit dir das Wort betrachtet und geglaubt haben, werden nicht weniger erfrischt und gesättigt seyn.

Da Er sie gesättigt hatte, ließ Er sie von sich, ließ sie nach Hause gehen; sie wären sonst nicht mehr weggegangen von Ihm. Man muß aber auch wieder in das Seinige gehen, und nicht immer hören und am Wundertisch und vom Wunderbrod essen wollen. Hat man sich satt gegessen, so muß man wieder arbeiten, und an sein Tagewerk gehen. Es hat Alles seine Zeit.

Jesu, wahres Lebensbrod,
Labsal in der größten Noth,
Der Du meinen Leib ernährest
Und mir Speis' und Trank bescherest,
Speis' doch auch mit Himmelsbrod
Meine Seele, Herr und Gott!

Meine Seele ist entbrannt,
Dürstet wie ein dürres Land;
Du allein kannst sie erfüllen,
Ihren Durst und Hunger stillen;
Denn Du bist selbst Speis' und Trank
Für uns, die wir matt und krank.

Hier in dieser Wüstenei
Find ich nichts als leere Spreu;
Bitt'res Wasser, herbe Speise
Ist die Kost auf meiner Reise.
Drum bereite mir den Tisch,
Daß sich Herz und Geist erfrisch'.

Theil in meines Herzens Haus
Dein verborgnes Manna aus;
Laß Dein reichlich Brünnlein fließen,
Und sich in mein Herz ergießen,
Daß das Lebenswasser mich
Stärk und labe süßiglich;

Denn ein Brosam Deiner Kraft
Und ein Tröpflein von dem Saft,
Das aus Deinem Herzen quillet
Und des Geistes Hunger stillet,
Ist mir lieber als ein Meer
Dessen, was die Welt giebt her.

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