Gossner, Johannes Evangelista - Briefe an eine leidende Freundin - Berlin, den 26. Mai 27.

Gossner, Johannes Evangelista - Briefe an eine leidende Freundin - Berlin, den 26. Mai 27.

Immer wartete ich, Ihnen hinsichtlich meiner eine frohe Nachricht geben zu können. aber ich muss noch immer mehr im Warten geübt werden. Darum kann ich Sie nicht länger warten lassen, ich muss Ihnen nun doch ein paar Worte auf Ihr Letztes, das Sie mit so vieler Mühe schrieben, erwidern.

Es freute mich recht sehr, dass der liebe R. Sie besucht hat. Wenn Ihr Schwiegersohn sich besonders an ihm erbaut hat, so würde er hier sich noch vielmehr erbauen, wenn er nicht nur diesen Einen aus dem Militär, sondern zwanzig und dreißig von jedem Range als wahre Christen sehen würde ich sehe mich oft von lauter Generälen, Obersten, Majors rc. umgeben, die mit heißer Begierde das Wort hören, und sich nicht schämen öffentlich zu bekennen, dass nur im HErrn allein ihr Ziel stehe. Das ist hier wirklich ein Segen, den man selten so finden wird.

Wenn Ihnen aufs Hinübergehen bange wird, indes Sie sich aufs Drübensein freuen so denken Sie, es ist Derselbe, der uns Drüben erfreuen wird, der uns auch hinüber hilft. Er ist unser Himmel und unser Weg und unsere Türe zum Himmel. Er ist im Hinübergehen bei uns und unser Alles, wie Er es drüben sein wird. Der uns nie verlässt, wird uns ja doch dann gewiss nicht verlassen, wenn wir Ihn am Nötigsten brauchen unter der engen Tür beim Abstreifen unseres sündigen Balges. Oder meinen Sie, Er wird dort zurücktreten und sagen: Nun magst Du Dir selber helfen, bis hierher und nicht weiter? Das sei ferne! Nun und nimmermehr verlässt uns unser HErr. Der Teufel ist's, der uns so böse Gedanken von Ihm eingibt.

Ihren lieben herzlichen Gruß erwidert Idda ebenso freundlich und herzlich, ach sie hat wieder sehr viel gelitten; jetzt scheint's besser zu werden. Sie hat auch nun einige Freundinnen gefunden, die sie erkennen und zu schätzen wissen, anfangs war das etwas schwer. Die vornehmen Zirkel wollten sie nicht annehmen, was ihr auch Leiden machte, aber der HErr weiß alle Leiden in Freuden zu verwandeln, wenn wir nur warten können.

Von Petersburg kommen immer bessere Nachrichten. Ein Pastor klagte beim Kaiser über die gefährlichen Versammlungen meiner dortigen Gemeine. Der Kaiser schrieb eigenhändig auf seinen Bericht: „Ihre Besorgnisse sind Unsinn, nie werden Versammlungen gefährlich, wo man betet. Ich hoffe, sie beten auch für mich.“ Auch in Hinsicht der Bibelgesellschaft hat er Gutes versprochen. Meine Seele harrt. Beten Sie, dass sie es erharrt. Grüßen Sie die lieben Herzen, die Sie besuchen, und freuen Sie sich allezeit mit ihnen des Heils, das Er uns schenkt und wovon Er uns unbeschreiblich mehr geben würde, wenn wir mehr nähmen. Lasst uns nehmen alle Tage mehr! Empfehlen Sie mich angelegentlich Ihren Kindern. Der HErr segne Sie, ich sage noch: HErr! geh hinter den grünen Vorhang und sieh wer dort sitzt und nicht gehen kann. Sie werden's fühlen. Er sei mit und in Ihnen, und mit

Ihrem Gossner.

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