Göbel, Karl – Stephanus - Vorrede.

Göbel, Karl – Stephanus - Vorrede.

Es ist nicht zu leugnen, dass unseren Gemeinden, auch den Gebildeten unter denselben, vielfach die genauere Bekanntschaft mit dem geschichtlichen Inhalt der Bibel fehlt. Und doch ist die Bibel fast nur Geschichte, von der Schöpfungsgeschichte an bis ans Ende der Offenbarung Johannis, wo Jesus den Gemeinden noch zum Schluss sich mit seinem geschichtlichen Namen bezeugt als „die Wurzel des Geschlechtes Davids.“ Was in der Bibel nicht rein geschichtlichen Inhaltes ist, das steht doch im Dienst der heiligen Geschichte und soll die verschiedenen Entwicklungsstufen des Reiches Gottes beleuchten und den stufenweisen Heilsgewinn bezeugen. Wie weit waren die Kinder Israel der Christenheit unserer Tage in dem Stück voraus, dass sie vertraut waren mit der Geschichte der Vater! Wenn die Apostel von den Begebenheiten des alten Bundes zum Volk redeten, verstanden ihre Zuhörer die leiseste Andeutung, und schon die flüchtigste Hinweisung auf die Geschichte der Väter genügte, um sie zu begeistern, oder zu erbittern. Wenn ein christlicher Prediger bei der Heilsverkündigung auf die biblische Geschichte Bezug nehmen will, wie weitschweifig muss er da nicht sein, um nur verstanden zu werden! Dennoch sollten die Diener am Wort nicht müde werden, die Gemeinden auch durch Predigten in die Geschichte der Ratschlüsse Gottes über sein Volk und Reich einzuführen. Dazu gehört freilich nicht bloß Liebe zum Evangelium im Allgemeinen, sondern auch ein offener Blick in die Ratschlüsse Gottes, die sich in der Geschichte seines Volkes und seiner Gemeinde verwirklichen. Ein rechter „Teiler des Wortes der Wahrheit“ soll Früchte brechen vom lebendigen Baum, d. h. nehmen (und austeilen), was ihm das Wort darreicht; aber er soll nicht einen Christbaum putzen d. h. nicht an das dürre Reis seines Themas die eigenen, willkürlichen, wenn auch frommen Gedanken anhängen. Um den Grundsatz geschichtlicher Behandlung der Schrifttexte neue Freunde zu gewinnen, habe ich den wiederholten Aufforderungen, die vorliegenden gehaltenen Predigten drucken zu lassen, Folge gegeben. Dass die Heilige Schrift alle Heilswahrheiten, namentlich die Kardinallehren von der Rechtfertigung und Wiedergeburt nicht bloß als Lehrsätze aussprechen, sondern auch in geschichtlichen Vorgängen uns vor Augen stellen will, mag aus der Zugabe von der Lossprechung des Hohenpriesters Josua und vom Kampf Jakobs ersehen werden. Möchte meine Gabe einen Baustein liefern zur Erbauung des seiner Vollendung noch wartenden Tempels Gottes, der da ist die Gemeinde in Christo Jesu.

Erlangen, den 18, Oktober 1852,

Der Verfasser.

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