Gerok, Karl - Der Heimat zu! - 3. Advent.
1881.
(Luk. 3,2-18.)
(2) Da Hannas und Caiphas Hohepriester waren, da geschah der Befehl Gottes zu Johannes, Zachariä Sohn, in der Wüste. (3) Und er kam in alle Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße, zur Vergebung der Sünden; (4) Wie geschrieben steht in dem Buch der Rede Jesajä, des Propheten, der da sagt: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige richtig. (5) Alle Täler sollen voll werden und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was krumm ist, soll richtig werden, und was uneben ist, soll schlichter Weg (gerade) werden. (6) Und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen. (7) Da sprach er zu dem Volk, das hinausging, dass es sich von ihm taufen ließ: Ihr Otterngezücht, wer hat denn euch gewiesen, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? (8) Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. (9) Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen. (10) Und das Volk fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun? (11) Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zween Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, tue auch also. (12) Es kamen auch die Zöllner, dass sie sich taufen ließen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? (13) Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist. (14) Da fragten ihn auch die Kriegsleute und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemand Gewalt noch Unrecht und lasst euch begnügen an eurem Sold. (15) Als aber das Volk im Wahn war und dachten alle in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht Christus wäre; (16) Antwortete Johannes und sprach zu allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber ein Stärkerer nach mir, dem ich nicht genugsam bin, dass ich die Riemen seiner Schuhe auflöse; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen; (17) In desselben Hand ist die Wurfschaufel, und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in seine Scheuer sammeln und die Spreu wird er mit ewigem Feuer verbrennen. (18) Und viel anders mehr vermahnte und verkündigte er dem Volk.
Es ist ein großartiges und ergreifendes Gesicht des Propheten Ezechiel, wie ihn des Herrn Hand auf ein weites Gefilde voll Totengebeine führt. Und auf das Wort des Propheten, im Auftrag des Herrn gesprochen, rauscht es über das Totenfeld und regt sich in den Gebeinen und sie finden sich zusammen jegliches zu seinem Gebein und überziehen sich mit Fleisch und ein Wind kommt daher und bläst ihnen wieder den Odem ein und sie werden lebendig und richten sich auf ihre Füße und ihrer war ein sehr groß Heer.. (Ezech. 37.)
Es ist die Erweckung seines in der babylonischen Gefangenschaft zerstreuten und wie tot darniederliegenden Volkes, seine sittliche und staatliche Erneuerung durch den Geist Gottes, was der Prophet zunächst unter jenem erhabenen Bild weissagt.
Es ist die geistliche Erweckung überhaupt, wie sie nicht nur über einzelne Menschen, sondern hin und wieder über ganze Familien, über ganze Gemeinden, über ganze Völker gleich einem gewaltigen Frühlingswehen kommt, dass sie wie aus einem Todesschlaf erwachen in sittlicher Ermahnung, religiöser Erhebung und geistiger Wiedergeburt, was wir in jenem Bild vorgebildet sehen.
Eine solche Erweckung hat die Christenheit vor 350 Jahren durch die Reformation, eine solche Erweckung hat unser deutsches Volk vor bald 70 Jahren zur Zeit der Befreiungskriege erlebt. Eine solche geistige Erweckung wünscht so mancher Freund Gottes und der Menschen auch heutzutage sehnlich herbei für die im Glauben und Leben so vielfach erschlaffte Christenheit, für unser sittlich und religiös so vielfach erstorbenes Volk.
Auch in den Tagen Johannes des Täufers ging etwas wie eine Erweckung durch das jüdische Volk; es war, als rauschte es in den Totengebeinen, als führe der Geist Gottes wie ein Frühlingswind durch das Land hin - und doch ist's zu einer nachhaltigen Erweckung, zu einer rechtschaffenen Bekehrung nur bei wenigen gekommen. Vielleicht ist es heilsam, wenn wir daraus lernen: Was gehört zu einer rechten Erweckung im Volk Gottes?
Antwort:
- Der rechte Mann;
- das rechte Wort;
- die rechte Zeit;
- die rechte Frucht.
O dass dein Feuer recht entbrennte,
Dass wir es säh'n in alle Lande geh'n,
Auf dass bald alle Welt erkennte,
Was zur Erlösung ihr von dir gescheh'n!
O Herr der Ernte, siehe du darein:
Die Ernt' ist groß, der Knechte Zahl ist klein!
Amen.
Was gehört zu einer rechten Erweckung im Volk Gottes? Vor allem:
1) Der rechte Mann,
von Gott berufen und ausgerüstet, seinem Reich neue Bahnen zu brechen, wie Johannes, der Prediger in der Wüste.
Wenn das Volk dort in Scharen hinausströmte an den Jordan, von nah und fern, aus Städten und Dörfern, schriftgelehrte Pharisäer und einfache Zöllner, friedliche Hirten und raue Kriegsleute; wenn eine Bewegung der Herzen, ein Fragen: was sollen wir tun? durch alle Schichten des Volkes ging - so muss es wahrlich ein starker Magnet gewesen sein, der eine solche Anziehungskraft ausübte auf die verschiedensten Menschenklassen.
Und ein solcher Magnet war Johannes, Zacharias Sohn. Ein Gottesmann, dem es auf der Stirn geschrieben stand: Der Herr ist's, der mich sendet; dem der Eifer für das Reich Gottes aus den Augen flammte, der mit Herz und Seele ganz aufging in seinem Prophetenberuf. Und zugleich ein Volksmann, der mit dem Volke zu reden wusste in jener schlichten und doch gewaltigen, in jener gemeinverständlichen und doch urkräftigen Sprache, die den Nagel auf den Kopf und den Menschen ins Herz trifft. Ein großer Mann, von eigenartigem, imponierendem Gepräge, kein Rohr, das der Wind hin und her weht, sondern wie aus Eichenholz geschnitzt; kein Mensch in weichen Kleidern oder von weichem Gemüt, sondern ein scharfkantiger, schneidiger Charakter.
Mit einer ähnlichen Ausrüstung hat einst Mose, der Mann Gottes, sein Volk erweckt aus der Knechtschaft Ägyptens, und Elias, die Feuerflamme des Herrn, Israel vom Baalsdienst zurückgeführt zum lebendigen Gott; hat Paulus, der große Heidenapostel, durch seine Predigt vom Kreuz ein Feuer angezündet in Kleinasien, Griechenland und Rom, und hat Luther, der teure Reformator, seinen Deutschen ans Herz und Gewissen gesprochen und einen neuen Geistesfrühling über die Christenheit heraufgeführt.
Auch im kleineren Kreis einzelner Gemeinden sendet Gott der Herr je und je solche auserlesene Rüstzeuge, die mit der Gabe erwecklicher Predigt in besonderem Maß begnadigt sind, die etwas von Prophetenart an sich tragen und die, wo sie auftreten, eine tiefere Bewegung der Geister hervorrufen, eine mächtige Anziehungskraft auf die Herzen ausüben.
Solch eine Johannesgestalt war vor 60 Jahren hier in Stuttgart der jugendliche Ludwig Hofacker mit seiner feurigen Predigt vom Gekreuzigten: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! So hat vor 40 Jahren der verewigte Christoph Blumhardt als ein Prediger in der Wüste seine Gemeinde im Schwarzwald erweckt und lebenslang, wo er weilte und wirkte, sei's mit dem Weckruf zur Buße oder mit dem Gnadentrost des Evangeliums eine merkwürdige Macht über die Gemüter geübt.
Wir wollen Gott danken für solche Männer, die gewaltig wirken in ihrer Zeit und noch fortpredigen über ihrem Grab. Wir wollen Gott bitten, dass er auch ferner, wo es not tut, seiner Kirche es nicht fehlen lasse an auserlesenen Rüstzeugen, zum Beweis: Er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist und Gaben.
Aber wir wollen nicht von jeder Zeit das Außerordentliche erwarten. Wir wollen nicht neugierig und genusssüchtig nur dem Ungewöhnlichen und Pikanten nachlaufen. Wir wollen auch den redlichen Dienst des treuen Knechtes nicht gering achten, der mit einem Pfund statt mit fünfen gewissenhaft haushält und mit liebreicher Hirtenstimme statt mit erschütterndem Posaunenton an die Herzen spricht. Gehört ja überhaupt zur rechten Erweckung nicht nur der rechte Mann, sondern auch:
2) Das rechte Wort,
nämlich das Wort Gottes, das da ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert und dringt durch, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter unserer Gedanken und der Sinne unseres Herzens.
Geht zu Johannes hinaus an den Jordan. So gewaltig der Mann dasteht wie ein Fels in der Wüste und so mächtig seine Stimme tönt gleich dem Rollen des Donners: nur in Gottes Wort hat er seine Stärke, nur durch Gottes Wort will er etwas wirken.
Er weist zurück auf das Wort des alttestamentlichen Propheten, der vor ihm kam, und will nichts sein, als was Jesajas geweissagt, eine Stimme eines Predigers in der Wüste: „Bereitet den Weg des Herrn und machet seine Steige richtig. Alle Täler sollen voll werden und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was krumm ist, soll richtig werden, und was uneben ist, soll schlichter Weg werden, und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen.“
Und er weist hinaus auf den Stifter des Neuen Bundes, der nach ihm kommt und stärker ist als er, dem er nicht genugsam ist, auch nur die Riemen seiner Schuhe aufzulösen, der sein Volk mit Geist und mit Feuer taufen wird.
Und wie Johannes, so jeder echte Gottesknecht. Wodurch hat Paulus soviel Herzen bezwungen und soviel Gemeinden gegründet? Es war nicht die unscheinbare Persönlichkeit des kränklichen Mannes mit dem Pfahl im Fleisch. Es war nicht die rabbinische Gelehrsamkeit des Pharisäerschülers, der zu Gamaliels Füßen gesessen: Es war das Wort vom Kreuz, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; es war das Evangelium von Jesu Christo, eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, die daran glauben!
Welches war der Lebensquell, den der Bergmannsohn Luther dem deutschen Volk wieder aufschloss und wie belebende Frühlingswasser hinausleitete in alle Lande, dass Glaube, Liebe und Hoffnung wieder frisch aufgrünte, wie einst in den Tagen nach Pfingsten? Es war Gottes Wort, das er in seinen Predigten trieb, das er in seinen Liedern sang, das er in seiner deutschen Bibel dem Volk in die Hand gab, das er in seinen Katechismen der Jugend auslegte und um das er brünstig zu Gott betete: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort und steure aller Feinde Mord!
Und dabei bleibt's. Der Hammer, der Felsen zerschmeißt, und der Schlüssel, der Herzen eröffnet, ist und bleibt Gottes Wort mit dem heiligen Ernst seines Gesetzes und dem himmlischen Trost seines Evangeliums.
Eine gewaltige Persönlichkeit kann die Leute anziehen, dass sie scharenweise zu einer Kirche strömen, Gebildete und Ungebildete, Kriegsleute und Frauen; eine glänzende Beredsamkeit kann die Gemüter ansprechen und anregen und auf eine Stunde fesseln und unterhalten; ein schöner Schmuck des Gottesdienstes in edlem Bildwerk und heiliger Musik kann die Herzen stimmen zu frommer Andacht. Aber was die Seelen erweckt, gründlich aufweckt aus ihrem Sündenschlaf zu rechtschaffener Buße, die da fragt: Was muss ich tun, dass ich selig werde; himmlisch erquickt mit dem rechten Gnadentrost, dass sie es im Glauben fassen: Mir ist Barmherzigkeit widerfahren; kräftig stärkt zu neuem Gehorsam, dass es heißt: Das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu worden; das ist keine Rednerkunst aus Menschenmund, kein Kerzenglanz und kein Chorgesang; das ist und bleibt allein Gottes lebendiges, lebendigmachendes Wort.
Dieses Wort, in Einfalt verkündigt von einem schlichten Prediger so gut als von einem gewaltigen Prediger Johannes; dieses Wort, in Andacht gehört in der Wüste so gut als unter dem vergoldeten Zederngebälk des Tempels zu Jerusalem; dieses Wort, gläubig zu Herzen genommen in einem schmucklosen Dorfkirchlein oder im stillen Kämmerlein so gut als im prächtigsten Gotteshaus, dieses Wort tut Wunderkuren, bildet neue Kreaturen, und ist eine Gotteskraft, die uns Seligkeit verschafft.
Darum, wenn wir eine Erweckung wünschen für unser Volk, so weiß ich kein anderes Mittel, als das alte, das schon der Prophet Jeremias in sein Volk hineingerufen hat: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“ Und wenn eine einzige Seele hier kräftig erweckt, gründlich bekehrt, göttlich getröstet werden soll, so können wir sie nur immer aufs Neue hinweisen auf Gottes Wort, das eine Kraft Gottes ist, selig zu machen alle, die daran glauben. Wo man an dies Wort sich hält, da kommt dann für die rechte Erweckung gewiss auch
3) Die rechte Zeit,
eine Zeit der gnädigen Heimsuchung Gottes.
„Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen,“ so begann der Täufer seine Predigt. „Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt,“ so rief er mit warnender Stimme unter sein Volk hinein und mahnte damit an eine gnädige Zeit der Heimsuchung Gottes, die lange erwartet, nun endlich erschienen sei und ja nicht versäumt werden dürfe.
„Hüter, ist die Nacht bald hin?“ so hatte schon zu Jesajas Zeiten das verstörte Volk sehnsüchtig gefragt nach dem Tag des Heils. „Ach, dass die Hilfe aus Zion über Israel käme und Gott sein gefangenes Volk erlöste!“ so seufzt schon im Psalm (53) der fromme Sänger.
Jahrhunderte gingen noch vorüber, immer dunkler wurde die Nacht, immer schlimmer die Zeit, immer schwerer der Druck äußerer Not und geistlicher Knechtschaft, der über dem Volk lag. Aber wann die Not am höchsten, dann ist Gott am nächsten.
Endlich hat die rechte Stunde geschlagen auf Gottes Uhr. Jetzt war das Volk Israel mürbe geworden unter den Hammerschlägen der Trübsal. Jetzt war auch die Heidenwelt müde ihrer Götzen und reif für ein neues Heil. Der Boden der Menschheit war bereit für den Samen des Evangeliums. Das Himmelreich war nahe herbeigekommen. Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten! Dieser Weckruf scholl aus der Wüste am Jordan mächtig ins jüdische Land hinein und über die Grenzen des jüdischen Landes in die Welt hinaus, die Menschheit zu erneuern.
Wann die Not am höchsten, dann ist Gott am nächsten! So hieß es auch in Luthers Tagen. Jahrhunderte vorher hatten edle Wahrheitszeugen das Licht des Evangeliums wieder auf den Leuchter zu stecken gesucht und hatten ihr Blut dabei gelassen. Jetzt war des Herrn Stunde gekommen und nun konnte keine päpstliche Bannbulle und keine kaiserliche Reichsacht den Geist mehr dämpfen und das Licht mehr unter den Scheffel stellen. Die Christenheit wachte auf.
Wann die Not am höchsten, dann ist Gott am nächsten! Dabei wird's auch künftig bleiben. Gottes Stunde muss geduldig erwartet sein und kein Mensch kann den Zeiger auf seiner Uhr eigenmächtig vorrücken, aber kein Mensch kann auch seinem Geist wehren, wenn er vom Himmel braust, einen neuen Frühling auf die Erde zu bringen.
So wollen wir denn getrost erwarten, wann es dem Allmächtigen gefällt, wieder einen Geist der Erweckung über seine Kirche zu senden, dass es rauscht in den Totengebeinen, und wieder eine Zeit der Erquickung von seinem Angesicht seinem Volk zu schicken, wie unsere Abendlektion sie verheißt.
Für uns selber aber, meine Lieben, wollen wir nicht warten auf einen fernen Tag des Heils, sondern uns freuen: Jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils; und unsere Buße nicht verschieben auf eine ungewisse Zukunft, sondern uns gesagt sein lassen: Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht gute Früchte bringt, der wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
Frucht ist's ja:
4) Die rechte Frucht
einer rechtschaffenen Buße, was zu einer rechten Erweckung gehört als die entscheidende Probe. Wie stand es wohl damit beim Volk der Juden in den Tagen Johannis des Täufers? Eine Bewegung ging ja wohl durch viele Herzen. Neugierig zogen sie hinaus, den merkwürdigen Mann zu sehen und zu hören. Lernbegierig fragten sie: was sollen wir tun? aufmerksam ließen sie sich ihre Standessünden vorhalten, ihre Standespflichten ans Herz legen. Erschüttert gingen sie weg und brachten manchen guten Eindruck und Vorsatz mit heim. Aber wirklich erweckt waren nur die wenigen, bei denen die Predigt auch Frucht brachte im Leben, bei denen die Taufe auch eine wahre Sinnesänderung wirkte, die sich auch dem zuführen ließen, dem Johannes Bahn machen wollte in den Herzen, der mit Geist und mit Feuer taufen kann, dem Heiland aller Menschen.
Und wie steht es bei uns mit den Früchten einer rechten Erweckung? Eine flüchtige Bewegung geht ja wohl manchmal durch eine Gemeinde, wenn irgend eine schwere göttliche Heimsuchung die Herzen mürbe macht, wie eine herzzerreißende, entsetzliche uns jetzt wieder aus jener glänzenden Kaiserstadt berichtet wird, oder wenn das Wort Gottes aus einem neuen Mund in neuer Tonart erschallt, aber wie oft ist's ein flüchtiges, schnell aufloderndes und schnell verrauchendes Strohfeuer und in den Herzen und in den Häusern bleibt alles nach wie vor. Eine augenblickliche Anfassung durch Gottes Wort und Geist, eine vorübergehende Rührung in Herz und Gewissen, ein rascher Vorsatz und Anlauf zum Guten bei wem unter uns wäre es dazu nicht schon gekommen? Aber war's auch eine rechte Erweckung, oder war's nur eine fruchtlose Regung, nur das Blinzeln des Schlaftrunkenen, der die Augen einen Moment öffnet, um sie sofort wieder zu schließen, der sich umwendet auf dem Kissen, um auf der andern Seite fortzuschlafen? Seht zu, tut rechtschaffene Frucht der Buße, ruft der Täufer uns zu und der Herr spricht: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Er helfe uns selber dazu durch seinen heiligen Geist und wecke uns recht auf zum neuen Leben durch sein kräftiges Wort. Ja Herr,
Wecke mich recht auf, dass ich meinen Lauf
Unverrückt zu dir fortsetze,
Und mich nicht in seinem Netze
Satan halte auf; fördre meinen Lauf.
Zeuch mich ganz zu dir, dass dein Lieben mir
Ganz durchströme Herz und Sinne,
Und mein Elend ganz zerrinne,
Süßes Heil, in dir; wohne du in mir.
Amen.