Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (424)

Nr. 424 (C. R. – 2050)

Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (424)

Vgl. 422. Calvins Sekretär war z. B. Jean Bude.

Von der Notwendigkeit einer baldigen Bekämpfung Westphals.

Eure Bemerkungen, verehrtester, bester Bruder, in denen Ihr zeigt, was Euch von meiner Schrift nicht ganz gefallen hat, habe ich gelesen, samt der Begründung, die Ihr beifügtet. Da Ihr sorgfältig nicht nur Blatt- und Seitenzahlen, sondern sogar die einzelnen Zeilen angebt, so ist es wohl nur aus Vergesslichkeit geschehen, dass Ihr mir das Manuskript nicht auch zurücksandtet. Ich habe aber alles genau mit den Stellen [in der ersten Niederschrift] verglichen und versucht, soweit es ging, nicht nur Eurem Rat zu folgen, sondern Euch überhaupt zu Gefallen zu sein. Ist noch nicht genug geschehen, so will ich gern mein Werk unveröffentlicht liegen lassen, oder jedes erdenkbare bessere Vorgehen gern annehmen. Übrigens, wie ich beim gemeinsamen Vorgehen meinesteils nicht versäumen wollte, so glaube ich, nun meine Pflicht so getan zu haben, dass ich weiter persönlich nichts mehr zu tun habe. Denn findet sich eine andere bessere Art des Vorgehens, so schließe ich mich gerne an. Findet aber nun die auf Euer Mahnen hin verbesserte Form Gefallen, so wird man mit der Veröffentlichung nicht säumen dürfen. Denn von allen Seiten her wird berichtet, dass die Verteidiger des Gottes im Brot maßlos wüten. Auch aus dem Brief Melanchthons, den ich neulich erhielt, siehst du, wie fürchterlich ihr Wahnwitz guten, aber zu wenig mutigen Leuten erscheint. In ihrer Notlage so furchtsam, werden sie vielleicht etwas kühner, wenn wir sie anspornen. Sicher muss Melanchthon ohne Zögern bearbeitet werden. Ich muss indessen mich für mein Säumen entschuldigen, an dem aber nur mein zeitweiliger Sekretär Schuld trägt. Es ist zwar ein sehr guter Mann, vor kurzem noch Sekretär des Königs [von Frankreich], der mir seinen Dienst anbot, aber nun seiner Braut, die aus Frankreich hierher gekommen ist, sich mehr widmet, als dass er für mich viel freie Zeit hätte. Doch lässt er sich die Niederschrift, die ich für mich behielt, und zwar eine voll Korrekturen, nicht aus den Händen reißen. Doch ists noch früh genug, wenns gut wird, besonders da es in Eurer Hand liegt, die Versäumnis wieder gut zu machen. Von den Baslern fürchte ich stets das Gleich wie du. Vielleicht macht dem Mann, den du als weich und nachgiebig kennst, die zitierte auf diese Sache bezügliche Stelle aus Melanchthons Brief Mut. Schicke mir aber bitte das Original des Briefes gleich wieder zurück. Ich zweifle nicht daran, dass die Berner nun ihre Zustimmung geben werden; doch muss man drauf dringen, damit sie nicht wieder Angst bekommen.

In wie weit Lelio [Sozzini] sich bei Euch maßvoll zusammennimmt, weiß ich nicht; schließlich wird er doch sein Gift, das er bisher in sich hegte, herauslassen müssen, gerade wie bei uns. Ich habe bei ihm stets eine wunderliche Gemütsart vermutet; aber er übertrifft meine Meinung noch. Da aber solche Tollköpfe nicht mit menschlichen Mitteln gebändigt werden können, so möge der Herr sie mit seiner Macht bezwingen. Lebwohl, trefflicher Mann und stets verehrter Bruder. Der Herr behüte dich und dein Haus mit seinem Schutze und leite dich mit seinem Geiste. Grüße deine Schwiegersöhne und Töchter von mir.

Genf, 23. November 1554.
Dein
Johannes Calvin.

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