Nr. 180 (C. R. – 832)
Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (180).
Weggelassen sind einige Sätze über Angelegenheiten des Arztes Textor.
Über Calvins schriftstellerische Arbeiten und ihre Verleger. Über Perrin.
Um nicht falsche Erwartungen in Euch zu erwecken, [will ichs sagen:] ich glaube nicht mehr, dass ich vor dem Winter nach Neuchatel komme. Denn da ich einmal erfahren, dass die Seefahrt mir unzuträglich ist, so wage ichs nicht mehr, mich dem Wasser anzuvertrauen. So müsste ich einen guten Teil des Wegs zu Fuß zurücklegen; denn beim Reiten ist mir nicht nur das Geschütteltwerden schädlich, sondern auch die Reibung geradezu gefährlich. - - -
Du mahnst mich zu schriftstellerischer Arbeit. Hätte ich doch einmal mehr Muße und eine festere Gesundheit! Doch habe ich jetzt den Galaterbrief ernstlich in Angriff genommen. In der Wahl des Verlegers bin ich nicht frei, wenigstens für die Kommentare zu den Paulusbriefen. Du hast schon einmal von mir gehört, dass Wendelin während meines Straßburger Aufenthalts mich durch solche Liebesdienste sich verpflichtet hat, dass ich mich der Undankbarkeit zeihen müsste, wenn ich ihm das nicht gewährte. Denn als ich in größter Bedrängnis war, hat er mehr als 40 Goldgulden in meinem Interesse ausgelegt, und in der Besorgung aller meiner häuslichen Angelegenheiten war mir seine Hilfe immer so zur Hand, als wenn er in meinem Solde stünde. Also wäre es nicht recht, wenn ich ihm jetzt den Druck meiner Kommentare nicht überlassen wollte. Schreibe ich etwas anderes, so solls dann eher hier herausgegeben werden. Doch hat des Gallars hier für die beiden Schriftchen, die er ins Lateinische übersetzte, niemand gefunden, der den Druck übernehmen wollte. Übrigens, bevor ich wieder meine Schriften der gefahrvollen Reise [nach Straßburg] anvertraue, behalte ich mir eine Abschrift hier zurück. Das Schriftchen über das Ärgernis habe ich angefangen, aber weil es nicht aus der Feder floss, wie ich wünschte, einstweilen bei Seite gelegt und habe keine Lust, es wieder vorzunehmen, ehe ich den Galaterbrief fertig gebracht habe.
Mit unserm Perrin habe ich neulich gesprochen. Hält er, was er verspricht, so stehts gar nicht so schlimm. Seine Penthesilea heuchelt zwar in ihrem Benehmen eine außerordentliche Freundlichkeit; in ihren vier Wänden aber wütet sie entsetzlich. Ich sehe, du hast an sie geschrieben. Bei nächster Gelegenheit will ich sie besuchen; dann erfahre ich, wie dein Brief gewirkt hat. Lebwohl, bester Bruder und Freund. Der Herr sei stets mit dir, behüte dich und segne, was du Gutes tust. An die Berner Pfarrer habe ich geschrieben. Willst du den Inhalt wissen, so hat Viret, glaube ich, eine Kopie zurückbehalten. Meine Frau lässt dich ehrerbietig grüßen, ebenso des Gallars, Ferron und mein Bruder. Sonst sah ich niemand, seit ich deinen Brief erhielt. Viele Grüße an die Brüder und Freunde, sowie an dein ganzes Haus.
Genf, 2. Okt. 1546.
Dein
Johannes Calvin.
Über deinen Brief habe ich mit Perrin noch nicht gesprochen. Ich wollte diese Wunde nicht berühren, bis sie im Lauf der Zeit vernarbt ist.
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