Baxter, Richard – Selbstverleugnung - Das XX. Capitel.
Leichtfertige Reden und Gesaenge muessen verlaeugnet werden.
Ein ander Stueck der Fleischlichkeit / das verlaeugnet werden muß / bestehet in unzuechtigen und leichtfertigen Reden / unzuechtigen Buechern und Gesaengen / insgemein genannt Liebes-Buecher und Liebes-Gesaenge. Gleichwie diese sind die Fruechte mueßiger und eiteler Gemuether / die sie erstlich auf die Bahn bringen / also erwecken sie eben dergleichen Eitelkeit bey andern / warlich es sind des Teuffels Gesaenge und Litaneyen / darinnen er bedienet wird mit Lust und Froelichkeit / von Leuten / deren Gemuether und Vernunfft im Fleisch verblendet und ersoffen sind. Diejenigen / die nicht so viel Muehe und Arbeit anwenden wollen / als den Catechismum zu lernen / wollen noch lernen einen unzuechtigen Gesang / davon man meynen solte / daß er noch schwerer zu behalten sey. Wann wir von ihnen begehren / sie sollen etwas lernen / das ihnen zur Seligkeit noethig ist / so bekommen wir zur Antwort / sie seyn keine Schueler / sie haben schwache Gedaechtniß / sie koennen nicht lernen / aber ein unnuetz Maehrlein und unzuechtigen Gesang koennen sie lernen / wie schwach auch ihr Gedaechtniß sey / ihr schwaches Gedaechtniß ist gut genug zu behalten dasjenige / das nicht taug / gleich wie ein Siebe / die nicht kan halten die Milch / aber das Haar und Unreinigkeit haelt sie / und ist die Suende so viel groesser denn viele andere / weil man sich darauf befleißiget / und muß darum arbeiten / und wird darum begangen vorsetzig und mit Belustigung / und nicht wie andere Suende / damit die Menschen bisweilen durch die Groesse der Versuchung beruecket werden. Wie hat der Teuffel so viele Schueler taeglich in seiner Schulen / die viel Tage und Stunden anwenden / solche Lectiones zu lernen / und wann sie es gelernet haben / muß er sie es verhoeren / daß sie es mehr als einmal des Tages uebersingen. Wann sie bey ihrer Arbeit sind / so muß diese Lection gesungen werden / dem Teuffel zu Ehren / ja sie schaemen sich nicht / dieselbe zu singen / oder garstige Reden zu fuehren / wann sie laengst die Gassen gehen. Mercket diß / ihr rechte Diener CHristi / wollt ihr euch hinfuehro schaemen eures HErrn und seines heiligen Dienstes / wollet ihr euch schaemen / Ihn zu bekennen auch auf oeffentlichen Gassen / oder euch schaemen / daß man euch hoere beten oder lesen oder singen zum Lobe GOttes in euren Haeusern / da des Teuffels Diener von Kind auf dazu auffgezogen sind / seine Psalmen und Lieder auch auf oeffentlichen Gassen zu singen / und ihm oeffentlich zu dienen ohne Furcht und Schaemen. Kan man nicht aus solcher Aufferziehung schliessen / zu was Handwerck solche Kinder aufferzogen werden? Die in einem Handwercke dienen / und ihr Lehr-Jahr aushalten / thun es ja in der Meynung / daß sie von dem Handwerck leben wollen / es solte einer gedencken bey den Reden und Gesaengen vieler unser Kinder auf der Gassen / daß die Eltern sie haeten ausgethan auf die Lehre in einem Hurhause / und daß ihre Handthierung seyn solte Hurerey / Bueberey und allerley Unreinigkeit / denn warum lernen sie die Kunst so zu reden / als daß sie es auch hernach ins Werck richten? Dieses bin ich versichert / daß sie dem Teuffel in die Lehre gegeben sind / und ist diß eine betruebte Sache / daran zu gedencken / daß / gleichwie die Tuercken nehmen der Christen Kinder / und ziehen sie auf in der Armee der Janitscharen / daß sie gegen die Christen / als ihre besten Soldaten fechten muessen / wenn sie zu ihrem Alter kommen / also nimmt der Teuffel und die Eltern selbst ihre Kinder / die einmal Christo geheiliget waren / und zu seinem Blut-Faehnlein in der H. Tauffe geschworen hatten / und lehren sie fechten und streiten gegen Christum / mit Fluchen und Schweren / Verachtung der Gottseligkeit / unzuechtigen Huren-Gesaengen und groben Zotten. Christus sagt uns / weß das Hertz voll ist / das gehet der Mund ueber / und darum haben sie es nicht Ursach / uns zu verdencken / wann wir aus ihren Reden von ihren Hertzen urtheilen: dann obschon die Zunge zuweilen besser redet / dann das Hertze ist / so redet sie doch selten aerger / dann das Herz beschaffen ist / und warlich / wo wir von vielen unter uns urtheilen sollen nach dieser Regel Christi / muessen wir nothwendig schliessen / daß sie haben Lust-volle / unreine und ehebrecherische Hertzen / dann was koennen wir anderst von ihnen gedencken; Wenn ihre Rede und Lieder unrein sind / daß auch ihr Herz unrein sey? Christus hat uns versichert / daß der Schluß richtig gehet. Faul und unzuechtig Gespraech kommen her von einem faulen und Unzucht-vollen Hertzen. Ihr jungen Leute / ich ersuche euch / und bitte / bedencket doch eure eigne Ehre / wo ihr nicht betrachtet eure Seligkeit: wolt ihr dann oeffentlich ausruffen fuer den Ohren der Welt / daß ihr geworbene Soldaten des Teuffels seyd / die da lernen Huren und Huren-Hengste zu seyn / oder daß ihr Lust und Hurerey in euren Hertzen heget? Muß dann dieses gantze Stadt wissen / daß ihr solche seyd? Warum fuehret ihr es in eurem Munde / wann es nicht in eurem Hertzen ist / pfleget ihr nicht aus eines Mannes Sprache zu urtheilen / was er fuer ein Landsmann ist: Redet er Welsch / so schliesset ihr / er ist ein Welscher; Redet er Teutsch / so werdet ihr sagen / es sey ein Teutscher / etc. Wann ihr nun redet wie die Huren / oder wie man in Huren-Haeusern redet / was kan man anderst gedencken / als daß ihr selber solche seyd / oder zum wenigsten gedencket zu werden? Thut doch euren Eltern / die euch erziehen / und denen Haeusern / darinnen ihr lebt / nicht solche Schande an! Was moegen die Leute gedencken und sagen / wann sie solche garstige Reden oder Gesaenge von euch hoeren? werden sie nicht gedencken / daß ihr ehebrecherische oder unzuechtige Eltern habet / die euch solche Sachen entweder lehren / oder wehrens nicht / daß ihr sie lernet? und daß sie euch so erziehen wollen / wie sie sind? Werden sie nicht gedencken / daß ihr ihn Huren-Haeusern und nicht in Christlichen Haeusern euch auffhaltet? Ehren-halber gebet doch nicht Ursach / so von euren Eltern zu argwohnen / oder von den Haeusern / darinnen ihr seyd / es moechte dann seyn / daß ihr es euch eine Ehre achtet / vor leichtfertige Personen angesehen seyn. Es moegen einer ehrlichen Person die Ohren gellen / wann man hoeren muß die Possen und Zotten / die da vorgehen in etlichen gottlosen Haushaltungen / sonderlich in Wirths- und Wein- oder Bier-Haeusern / da die Gesellschafft / und der Stand oder Beruff ein solcher ist / daß man nichts bessers davon vermuthen kan.
Darum sollen alle diejenigen / die da wollen vor Christen gehalten werden / verlaeugnen in ihnen selbst und den Ihrigen dieses Stueck der fleischlichen Lust / und betrachten abermal das Gebot GOttes: Hurerey aber / und alle Unreinigkeit oder Geitz lasset nicht von euch gesaget werden / wie den Heiligen zustehet / auch schandbare Wort oder Narrentheidungen oder Schertz / welche den Christen nicht geziemen / sondern vielmehr Dancksagung / Ephes. 5/ 3.4. und Cap. 4. v. 29.30. Lasset kein faul Geschwaetz aus eurem Munde gehen / sondern was nuetzlich zur Besserung ist / da es noth thut / daß es holdselig sey zu hoeren / und betruebet nicht den H. Geist GOttes / durch welchen ihr versiegelt seyd auf den Tag der Erloesung. Da dann in acht zu nehmen ist / wie solche garstige Reden genennet werden: Faul Geschwaetz / oder verfaulet / stinckend / wie ein Aas / da ein jeglicher die Nase vor zustopffet: und daran koennen sich unsere Leute ergetzen: wie sagen sie / moegen wir nicht schertzen / und lustig seyn / wann wir niemand schaden / oder nichtes boeses thun / warum solte man da so groß Werck von machen? Ey / habet ihr dann keine ehrlichere Froelichkeit als diese? oder keinen reinern Schertz als solchen? Habet ihr solche Lust / euch zu ergetzen an einem stinckenden Aas / daß ihr darinnen Freude suchet? wollet ihr euch lustig machen mit deme / das GOtt verdammet / und weswegen Er euch drohet aus seinem Reich zu stossen / welches Er setzet als ein Kennzeichen der Unheiligen / und wil / daß es nicht einmal soll von euch gesagt oder genennet werden? (nemlich / ohne Haß und Widerwillen dagegen) Habet ihr nichts / da ihr mit schertzen oder spielen koennet / als Unzucht / und den Dienst des Satans / oder den Zorn GOttes? Ein Narr treibet Muthwillen / und hats noch dazu seinen Spott / Prov. 10/ 23. Ich mag wol sagen von dieser Suende / was Salomon saget von einer andern / Prov. 26/ 18.19. Wie einer heimlich mit Geschoß und Pfeilen scheust und toedtet / also thut ein falscher Mensch mit seinem Naechsten / und spricht darnach: Ich habe geschertzet. Es ist eine tolle und unsinnige Lust mit den Suenden zu spielen / und sonderlich vorsetzlich dieselbe zur Lust und Ergetzlichkeit erwehlen; vornemlich so eine abscheuliche Suende wie diese / die andere mit anstecket / und verhindert alle erbauliche Reden / und vermehret die angeborne Boßheit des Hertzens / und veranlasset den Menschen zur Hurerey / Unreinigkeit / und abscheulichen Lastern: Dann Gedancken und Worte sind gleichsam die Vorbereitung zur That.