Augustinus, Aurelius - Soliloquien - XII. Von den Stricken der bösen Begierden.

Augustinus, Aurelius - Soliloquien - XII. Von den Stricken der bösen Begierden.

Dies sind die Schatten der Finsternis, damit ich bedeckt bin in dieses dunkeln Kerkers Tiefen, darin ich liege, bis der Tag anbricht, und die Schatten weichen, und bis es Licht wird an der Veste Deiner Kraft! Die Stimme des HErrn soll gehen mit Macht: die Stimme des HErrn soll gehen herrlich und sagen: Es werde Licht, dass die Finsternis weiche und das trockne Erdreich erscheine, die Felder grünen und Früchte der Gerechtigkeit Deines Reiches bringen. HErr GOtt und Vater, Du Leben, durch welches alle Dinge leben, ohne welches alle Dinge für tot zu achten sind: verlass mich nicht in bösen Gedanken und gib mir nicht Hoffart der Augen. Nimm von mir hinweg die bösen Lüste und behüte mich vor mutwilligem und frechem Sinn. Besitze mir aber mein Herz, dass es Deiner allezeit gedenke!

Erleuchte meine Augen, dass sie Dich sehen, und dass sie sich von Dir, Du ewige Herrlichkeit, nicht erheben, sondern sich demütigen, nicht mit großen wunderlichen Dingen umgehen, die ihnen zu hoch sind; lass sie sehen, was zur Rechten und nicht was zur Linken ist, so von Dir abführt! Leite Du mich mit Deinen Augen, denn sie erforschen der Menschen Kinder. Vertreibe meine böse Begierde mit Deiner Süßigkeit, die Du verborgen hast denen, die Dich fürchten; dass ich Deiner mit ewigem Verlangen begehren möge, auf dass der innerliche Geschmack nicht gereizt und betrogen werde mit eitlen Dingen und also aus Saurem Süßes und aus Süßem Saures mache, aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis; auf dass ich möge erledigt werden von so vielen heimlichen Nachstellungen, welche der Feind auf diesen Erdenpfad gelegt hat, um der Sünder Seelen zu fangen. Die ganze Welt ist voll solcher gelegten Fallstricke. Hat es doch der, der das Wort gesehen, nicht verschwiegen, indem Er spricht: Alles was in der Welt ist, nämlich der Augen Lust und des Fleisches Lust und hoffärtiges Leben!

HErr, mein Gott, schaue doch: die ganze Welt ist voll Stricke von allerlei Lüsten, die sie meinen Füßen gelegt haben. Und wer kann diesen Stricken entgehen? Fürwahr wie selig ist der, von dem Du die Hoffart seiner Augen hinwegnehmen wirst, auf dass ihn der Augen Lust nicht erhasche: und von dem Du hinwegnehmen wirst die Fleischeslust, auf dass ihn diese nicht erhasche: und von dem Du wirst hinwegnehmen ein mutwilliges und unverschämtes Herz, auf dass ihn des Lebens Hoffart nicht mit ihrer List betrüge: O wie selig ist der, dem Du solches tun wirst; denn er wird frei und unverletzt hindurchgehen! So bitte ich Dich nun, mein Erlöser, um Deiner selbst willen, hilf mir, dass ich nicht zu Boden stürze vor dem Angesicht meiner Widersacher und werde gefangen mit ihren Stricken, die sie meinen Füßen gelegt haben, meine Seele zu fällen. Errette mich, Du Horn meines Heils, auf dass meine Feinde, die Dich hassen, sich nicht freuen mögen über mir. Mache Dich auf, HErr mein GOtt, meine Stärke, dass Deine Feinde zerstreut werden und die Dich hassen, fliehen müssen vor Deinem Angesicht. Wie das Wachs vor dem Feuer schmilzt, also lass die Gottlosen vor Deinem Angesicht verderben! Mich aber verbirg heimlich bei Dir, dass ich mich freue mit Deinen Kindern, ersättigt an allen Gütern, Und Du, o HErr GOtt, Du Vater der verlassenen Waisen, Du Mutter Deiner kleinen unerzogenen Kindlein, höre das Geschrei Deiner Kinder, breite Deine Flügel aus, dass wir darunter fliehen mögen vor unsern Feinden. O Du starker Turm Israels, Du Hüter Israels, Du schläfst noch schlummerst nicht; denn der Feind, welcher Dein Israel anficht, schläft und schlummert auch nicht! Amen.

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