Erasmus Alberus geistliche Lieder... - Alber als Theologe und Schulmeister

Erasmus Alberus geistliche Lieder... - Alber als Theologe und Schulmeister

Diesen kurzen Notizen aus dem vielbewegten Leben des Alberus fügen wir einzelne Bemerkungen über ihn als Theologen und Schulmeister bei, ehe wir bei ihm, dem Sänger geistlicher Lieder stehen bleiben.

Wie bemerkt, bewies er seine Treue gegen Luther darin, daß er fast an allen Kämpfen, welche dieser zu führen hatte, Theil nahm. So wurde er denn auch zum Vertheidiger Huttens, als denselben Erasmus von Rotterdam angegriffen hatte, und Hutten während des Streites gestorben war. Gegen die Wiedertäufer in Münster und ihr Heidenleben zieht er selbst in den Fabeln zu Feld und sagt: Der Spruch: „Wer sich selbst erhöhet, soll erniedrigt werden“ gelte nicht mehr; denn sie, die Münsterer, seien ja erhöht worden, weil sie sich erhöht hätten und er spielt damit an auf die bekannte Todesart der Parteiführer. Gegen den Papst und die Vertheidiger seiner Macht hat er viel und oft geschrieben, dabei aber auch stets auf Gottes Wort und den rechtfertigenden Glauben hingewiesen. Daß er sich auf die Seite der Lutheraner stellte, welche gegen das Interim, die Adiaphoristen und gegen Osiander stritten, ist bemerkt worden. So wenig er vom Papst wissen wollte, so wenig wollte er auch vom „Bapst-Kayser“ wozu sich der Kaiser durch das Interim aufwarf, hören. Mitten in diesen durch das Hereinziehen von Persönlichkeiten unangenehm berührenden Schriften, abgefaßt in derber Redeweise, sind oft die tiefgehendsten von innigem Glauben zeugenden Auseinandersetzungen, Gebete und Seufzer zu finden, welche und den eckigen und scharfen Mann liebenswürdig und verehrungswerth machen. Die Möncherei und das Pfaffenwesen verfolgte er in vielen Schriften und wies dagegen auf das „Gehn im Christenorden“ hin, welches allein dem Herrn gefalle. Das Buch, welches eine Vergleichung Christi mit dem heiligen Franziskus enthält (Liber conformitatum) gab ihm Gelegenheit zu seiner polemisch Schrift: Der Barfüßer Mönche Eulenspiegel und Alkoran 1542. Luther hat zu diesem in das Lateinische, Französische und Holländische übersetzten und oft aufgelegten Buche eine Vorrede geschrieben, worin er ausdrücklich sagt, die darin aufgezählten Gräuel seien alle wirklich vorgefallen, er wolle das bezeugt haben, wiewohl sie kaum glaublich schienen. Dieser Streitschrift wie andern, in Prosa und gebundner Rede, waren Spottbilder vorgedruckt, um die Aufmerksamkeit recht auf den verspotteten Gegenstand zu lenken. Alberus hat jedoch nicht bloß im Streite (er schrieb auch wider die Messe rc.) geschrieben, sondern er hat auch das Wort Gottes selbst hingestellt und reden lassen, z. B. in der Harmonia Evangelistarum. Auf ein Christenleben suchte er zu wirken in Predigten und Schriften über die Ehe.

Der Grundton, welcher sich durch die Lieder des Alberus zieht, ist: „Gott hat das Evangelium gegeben, daß wir werden fromm.“ Dieses Dringen auf einen rechtschaffnen Christenwandel, auf ein dem Evangelium gemäßes Leben gewahren wir auch in den Schriften, die seinem Wirken als Schulmeister zuzurechnen sind. Daß er als Lehrer richtige Grundsätze hatte, zu dem Schluß berechtigt schon die obige Mittheilung aus seiner Jugendzeit, wie auch der Vers:

Es steht dem Lehrer übel an,
Wenn er sich selbst nicht lehren kann,
und unterdes er straft und lehrt,
Ist er wohl selber strafenswerth. 1)

Wir rechnen unter die hierher gehörigen Bücher auch seine Fabeln. „Das Buch von der Tugent und Weisheit nemlich: Neun und vierzig Fabein, der mehrer theil auß Esopo gezogen vnd mit guten Rheimen verkleret durch Erasmum Alberum. Allen stenden nützlich zu lesen. Psalmo 103. Lobet den Herrn alle seine werk. Gedruckt zu Frankfurt a. M. bei Peter Braubachen 1550, 4. Ebendaselbst 1565 in 8. Die den Fabeln vorgeworfene und nachgesagte Breite läßt sich zum Theil aus dem didactischen Zwecke derselben erklären, theils aber auch aus dem Gefallen, sich gehn zu lassen und, über das was ihm bei Gelegenheit einfällt, belehrende Beschreibungen anzufügen. So sind denn eine Menge Mittheilungen aus seinem Leben, über die Orte seiner Wirksamkeit, über Fluß und Thal rc. in die Fabeln eingestreut. Diese Schilderungen und Beschreibungen sind mitunter recht lebendig und beweisen, wie der Hesse einen gesunden Sinn hatte für Luft und Frucht des Waldes, offene Augen für Thal und Höhe, Wild und Wein, und ein fröhlich Herz, das Jeden in seinem Berufe liebte und jedem den ihm beschiedenen Genuß an Gottesgaben gönnte. Um so mehr war er zur Breite veranlaßt, als er eine „lustige Beschreibung etzlicher Orte deutsches Landes“ (Titel von 1565) geradezu beabsichtigte und darin hielt ihn die Verlegung der Fabeln auf heimathlichen Boden der Wetterau selbstverständlich noch länger. Seinen graden Sinn und seinen Haß gegen das Tragen auf zwei Schultern sprach er in den berühmten Versen aus:

Der Leut findt man jetzunder viel,
Die listig sind und schweigen stil
und nehmen sich des Schnupfens an,
Wie dieses Füchslein hat gethan.
Als ob der Weg der sicherst sei,
Daß man sich häng an sein Partei.
Dann entweder sie bleiben stumm,
Oder sprechen: Dum, mum, mum, mum.
Das sind die Weisen in der Welt;
Kein Frommer aber von ihn' hält.
Der Bär wird für gerecht erkennt,
Der hat weiß weiß, schwarz schwarz genennt.
Ein frommer Mann die Wahrheit soll
Verleugnen nimmer, ob er wol
Darum muß wagen Leib und Leben,
So wirds ihm Gott doch wiedergeben rc.

Noch ausdrücklicher als die Fabeln waren für gute Lehre bestimmt: Praecepta vitae ac morum honestatis et pietatis. Exquisitae item sententiae variorum atque optimorum autorum in Decalogum distributae, Germanicis rhytmis non inepte redditae ab Erasmo Albero. Francof. ap. Chr. Egenolphum. 1548. 1572. 1582 in 8. (Vergleiche des Verfassers Artikel: „Zur Litteratur des Dekalogs“ in der Darmstädter allgemeinen Schulzeitung 1855. Nr. 106.) Zur Illustration der 10 Gebote werden außer den Worten der heil. Schrift und Sprüchen kirchlicher Schriftsteller auch Sentenzen von Profanschriftstellern herbeigezogen, eine Folge der humanistischen Bestrebungen, mit welchen sich die Reformation bis zu einem gewissen Grade in naher Verbindung wußte. -

Mit seiner Thätigkeit als Poet für Jung und Alt hängt ein für den ersten Blick sonderbares Werk, ein Reimlexicon zusammen (Novum Dictionarii genus), das er behufe seiner Dichtungen anlegte und den Söhnen des Landgrafen Philipp von Hessen dedicierte, wie er die Praecepta Luthers Sohn Johannes gewidmet hatte. Diese drei Werke des Alberus sind eine Hauptquelle für die Gestalt der deutschen Sprache im 16. Jahrhundert, ganz besonders wichtig für ein Idioticon der Wetterau.

Aus seiner großen Anhänglichkeit an seine Heimath ist auch die kleine Topographie der Wetterau: Kurze Beschreibung der Wetterau 1550 in 4. zu erklären. Diese Heimathsliebe und die Dankbarkeit gegen alle Personen, die ihm Wohlthaten erwiesen, gehören zu den schönsten Zügen im Charakterbild des Alberus. Luther nennt er vielfach mit Verehrung; er erklärt gradezu, daß er ihm nächst Gott am meisten zu danken habe. An einer andern Stelle rühmt er ihn als den, der den Unterschied von Gesetz und Evangelium klar hingestellt habe, was vor ihm Niemand gethan habe. In den Fabeln bricht er in Luthers Lob aus:

Der Mann ist wahrlich Ehren werth,
(Wiewohl er nicht der Ehrn begehrt)
Der uns vom Esel (Papst) hat erlöst
Und angezeigt den rechten Trost,
Den frommen Heiland Jesu Christ,
Der aller Menschen Heiland ist.
Martinus Luther ist der Mann,
Der solchen Dienst uns hat gethan
und offenbart den Widerchrist,
Daß uns nicht mehr sein falsche List
Betreugt; darum von Herzen wir,
Du lieber Christe, danken dir.

Dem „theuren Fürsten“ von Hessenland, Philipp dem Großmüthigen, rühmt er nach, daß er Marburg zur Universität gemacht und darin den trefflichen Poeten halte Eobanum Hessum. Er ist ihm und den Bewohnern der Stadt Nidda, in der er im 8ten Jahre lebte, herzlich dankbar:

Drum ich der Stadt und ihrem Herrn,
Dem theuern Fürsten, herzlich gern
Danksage und bin bereit,
So viel mir möglich, allezeit
zu danken. Aber weil ich ihn' (ihnen)
zu dienen nicht wohl tüglich bin,
So laß ich doch mit nichten ab,
Geb ihn das Beste, das ich hab,
Nämlich, ich opfer für sie stets
Christo das Opfer meins Gebets2);
Daß er ihn' helf zum ewigen Leben;
Sonst hab ich ihnen nichts zu geben.

Es sei vergönnet Ein Zeugnis statt vieler dafür anzuführen, daß die hier genannten, wie seine Schriften für die Jugend überhaupt, in hohem Ansehen standen. Joh. Schuwardt, Pfarrer in Dolzig, schreibt uns in seiner Regententafel 1584 also: „Dietrich von Starschedel, churfürstlich sächsischer Marschall und Landrath, sprach seinen Kindern oft Lutheri Katechismus vor. Und sonderlich hatte er seine große tröstliche Freude in seinem Alter an den schönen Reimen, darin der Spruch von dem Nutz des Leidens unsers Erlösers Jesu Christi durch Doctor Erasmum Alberum gefasset ist. Diese Reime mußten ihm die Kinder alle Tag vor dem Tisch erzählen, welche also lauten:

Das Lämmlein Gottes Jesu Christ
für unser Sünd gestorben ist.
Er trug die Straf an unsrer Statt
Von wegen unsrer Missethat:
Ein jeder Christ das eben merk,
und frei verwerf all ander Werf,
Die sich setzen an Christus Statt
Wider des ewgen Vaters Rath.

Darauf sagte er manchmal: Da liegts alles. Wenn das meine Kinder behalten, wo es gleich zur Verfälschung göttliches Worts wiederum käme (da Gott vor behüt), so würde Gott sie und alle, die dies von Herzen glauben, durch seinen heiligen Geist wohl vor allem Irrthum bewahren und erhalten.“

Was nun die geistlichen Lieder des Alberus nach ihrer äußerlichen Entstehung betrifft, so sind 2 Arten zu unterscheiden. Die eine Art sind Bearbeitungen vorhandener Stoffe. Diese zerfallen wieder in zwei Abtheilungen. Die erste Abtheilung bilden die Umdichtungen biblischer Lieder, also die Reproductionen von Lobgesängen aus der heiligen Schrift. Darin sehn wir die Wirkung des Schriftprincips. Gottes Wort sollte auf den Leuchter gestellt werden. Die großen Thaten zur Erlösung in der Verkündigung Maria, dem Lobgesang der Engel, der Geburt des Heilandes, seines Todes, seiner Auferstehung und Himmelfahrt wurden, als gingen die Apostel erst jetzt durch die Welt, dem Volke in seiner Sprache verkündet. Es war um so wichtiger, daß diese Verkündigung aus der Schrift unmittelbar in das Volk kam, als die Tradition die lautre Wahrheit überdeckt und verdeckt hatte.

Die hierher gehörenden Lieder sind:

1. Ein Engel schon. Vom englischen Gruß und der Empfängnis Christi.
2. Mein lieber Herr ich preise dich. - Lobgesang Maria.
3. Der Engel sprach zu den Hirten. - (Angelus ad pastores.)
4. Gelobet sei der Herr, der Gott. - Lobgesang des Priesters Zacharias.
5. Gott sprach zu Adam. - Von Adams Fall und Erlösung durch Christum.

Die zweite Abtheilung seiner Bearbeitungen sind Umdichtungen lateinischer Kirchenlieder. Es sind folgende:

1. Christe, du bist der helle Tag. - Christe, qui lux es. - Abend- oder Vespergesang.
2. Jesus Christus unser Heiland. - Regina coeli. - Regina coeli erneuet.
3. Dank sagen wir alle - Grates nunc omnes.
4. Laßt uns alle Dank sagen. - Grates nunc omnes.

Im Nachstehenden zergliedern wir 2 Originallieder des Alberus, das Lied von der Buße: „Ach Gott thu dich erbarmen“ und das Lied vom jüngsten Tag: „Gott hat das Evangelium.“ Das Lied: Ach Gott thu dich erbarmen hat ursprünglich die Ueberschrift: „Von der Welt Bosheit, so zur Buße ermahnet.“ Es wird (Strophe 1.) um Gottes Erbarmen durch Christum gefleht, daß Buße gethan werde. Gott hat eine Ruthe gebunden, den Hirten mit den Schafen zu züchtigen. (Str. 2.) Gott hat lang gerufen; es wurde nicht gehört. Seine Strafe ist im Land; noch mehr sind zu fürchten. Auch (Str. 3.) die großen Wunderzeichen bringen nicht zur Erkenntnis der Wahrheit, so arg ist die Verblendung. (Str. 4). Aerger war es nie auf der Welt.

Kein Lieb noch Glaub auf Erden ist.
Ein jeder braucht sein Tück und List,
Der Reich den Armen zwinget
Und ihm sein'n Schweiß abdringet,
Daß nur sein Groschen klinget.

(Str. 5.) Wer kanns ermessen, was die Welt treibt mit Saufen und Fressen, Hochmuth und großem Pracht! Gott wirds nicht in die Länge leiden. Besser nie geboren, als seinem Gericht heimfallen. (Str. 6.) Gewiß eilt Gott zum Ende. Der Gottlose spricht: Es kann noch lang Zeit währen, Wir wollen schlemmen und zehren. Der Teufel thut sie's lehren. (Str. 7.) Das wildköpfige Thier, die Welt, läßt nicht ab, wenn sie nicht ins Grab geworfen wird. Der Teufel hats dahin gebracht, daß Gott und sein Wort verachtet und ein Spott ist. (Str. 8.) Die Axt ist an die Wurzel gelegt. Wer wacht, wenn der Erlöser kommt, ist wohl vor der Hölle behütet. (Str. 9.) Christi Prophezeyung ist erfüllt. Zeit und Stunde des Gerichts weiß Niemand. (Str. 10.) Die Welt erkennt nicht die Nähe des Gerichts und rennt nach zeitlichem Gut, das Ewige sie vergessen thut. Das kränkt manchen Christen. (Str. 11.) Die er aber erweckt hat, hält er in seiner Hut. Er hat durch Christi Blut erkauft und erlöst; sonst wären wir alle verloren. (Str. 12.) Das ist der Trost der Christenheit. Wem seine Sünde leid ist, bitte Gott allzeit um Gnad, daß er nimmer in Sünden bad.

Das helf er uns allsammen
Zu Lobe seinem Namen
Durch Jesum Christum. Amen.

Noch viel schärfer ist das Lied:

Gott hat das Evangelium
Gegeben, daß wir werden fromm.

Hat je ein Dichter an die Schrecken des jüngsten Tages gemahnt, so war es Alberus. Seine drei darauf bezüglichen Lieder sind:

Gott hat das Evangelium.
Ihr lieben Christen freut euch nun.
Ach Gott thu dich erbarmen.

Das Lied: „Gott hat das Evangelium,“ das wegen des darin ausgesprochenen Trotzes gegen die Mächtigen der Erde einen unumstößlichen Beweis für die Wahrheitsliebe und die Unerschrockenheit der Dichters abgibt, des Dichters, der um des Evangeliums willen gern ein exul Christi ward, hat die Ueberschrift: „Von dem jüngsten Tage und Bosheit der Welt in den letzten Zeiten nach der Prophecey Christi. Matthäi am 24. Capitel.“ (Str. 1.) Gott hat das Evangelium gegeben, daß wir werden fromm. Die Welt achtet diesen Schatz nicht hoch, der mehrste Theil fragt nichts darnach; das ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag. Nun werden weitere Zeichen angeführt. (Str. 2.) Geiz und Wucher; (Str. 3.) Gesetze, der Armen Gut an sich zu reißen; (Str. 4.) Rühmen des Evangeliums, aber selbst nicht trachten nach Frömmigkeit, mit der Ausrede, es habe keine Noth; (Str. 5.) Bedrückung der Armuth; (Str. 6.) die Schätz der Kirche nimmt man hin, das wird ihn'n bringen kein Gewinn. Die Armen läßt man leiden Noth und nimmt ihn'n aus dem Mund das Brot. Das ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag. (Str. 7.) Dieser Kirchenraub ist ihnen Gift, sie greifen zu aus Geiz. (Str. 8.) Hoffart und eitle Ehre, Betrug und Lug ist keine Schande mehr. (Str. 9.) Wo bleibt die brüderliche Lieb? Die ganze Welt ist voller Dieb. Kein Treu, noch Glaub ist in der Welt. Ein jeder spricht: Hätt' ich nur Geld! Das ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag. (Str. 10.) Fressen und Saufen, Verachten von Gottes Wort haben sie gelernt. (Str. 11.) Ihr große Kunst ist bankettier ‘n und in der Büberei studiern. Die Welt ist aller Schalkheit voll, so daß (Str. 12.) die liebe Sonne kann nicht mehr zusehn und sich entsetzet sehr. Darum verleurt sie ihren Schein, Das mag ein großer Trübsal sein. Das ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag. (Str. 13.) Auch Mond und Sterne ängsten sich und seufzen. Darum die Bitte zu Christus (Str. 14.): Darum, komm lieber Herre Christ! Das Erdreich überdrüssig ist zu tragen solche Höllenbränd. Drum machs einmal mit ihr ein End und laß uns sehn den lieben jüngsten Tag!“

Alberus stellt ein scharfes großes Sündenregister auf und bringt mit den herrschenden Gebrechen und Greueln das Einbrechen des jüngsten Tages als Tag des Gerichtes in Verbindung; ist nicht die Zeichnung des Verderbens der Welt in jener Zeit eine wahre? Aber die Langmuth Gottes und seine Barmherzigkeit sind doch größer als des Dichters Ungeduld, die freilich aus dem Schmerz über die Sünde und den Abfall der Welt abzuleiten ist.

Die Originallieder des Alberus sind folgende:

1. Freut euch, freut euch. - Vom Preis göttlichs Worts, durch Exempel der Alten u. Neuen Testaments gemehret und gebessert.
2. Von Maria der reinen Magd. - Von Erlösung der Welt.
3. Gott hat uns ein Mittler. - In festo paschali.
4. Nun laßt uns Christum loben fein. - Hymnus: Ad coenam agni. Teutsch.
5. Freut euch ihr Gotteskinder all. - Von der Frucht der Himmelfahrt unsers Herrn Christi und den Gaben des heiligen Geistes.
6. O Wort ein wahrer Mensch geborn. - Ein Gebet zu dem ewigen Wort Gottes, aus unaussprechlicher Liebe gegen die Menschen Mensch geboren, den Kindern, die Jesum lieb haben, zum neuen seligen Jahr. E. 4. 1552.
7. Steht auf ihr lieben Kinderlein. - Morgenlied.
8. Ihr lieben Christen freut euch nun. - Von der Zukunft des Herrn Christi.
9. Wer Gotts Wort hat und bleibt dabei. - Der 119. Psalm.
10. Gott der Vater wohn uns bei. (Str. 2 u. 3.)
11. Ach Gott thu dich erbarmen.
12. Gott hat das Evangelium.

Fassen wir nun das Gesagte zusammen. Alberus war ein Reformator der lutherischen Kirche. Seine derbe ehrliche Natur hat ihm viel Anstoß bereitet, weil er es laut sagte: „Man rühmt das Evangelium und will doch Niemand werden fromm.“ Er stritt für Gottes Wort und aus Gottes Wort gegen die Bosheit der Welt, er bekämpfte muthig die habsüchtigen Gewaltigen und Reichen. Alberus ist ein lutherischer Ethiker. Dieses Drängen auf sittliches Leben, auf das „Gehn im Christenorden“ durchzieht auch seine Lieder. Dadurch wird er veranlaßt, auf Exempel der Schrift hinzuweisen und die frommen Väter zu citieren, wird veranlaßt, die Sünden seiner Zeit und der Welt Bosheit zu schildern und den lieben Christ zu bitten, daß er dem leidigen Zustande, aus dem sich Sonne und Mond und alle Creatur heraussehnen, ein Ende mache, ja daß er den lieben jüngsten Tag sehn lasse. Neben den Ausbrüchen des sittlichen Eiferns und Grimmes stehn die ergreifendsten Ergüsse seines festen Glaubens, seines mannesmuthigen Vertrauens auf Christum den einigen Mittler, seiner herzlichen Dankbarkeit gegen den frommen Christ. Wie der ganze Mann dreinschlagend und eckig erscheint, so sind auch einzelne seiner geistlichen Lieder in der Form ungelenk und gehn schwerfällig einher. Aus allen aber tritt uns eine männliche, auf Gott und nicht auf Menschen schauende Gesinnung entgegen, ein Christusliebendes Herz, das allein trutzt und vertraut auf Gottes Wort: denn Gottes Wort bleibt ewig stan! Morgenlied: Steht auf ihr lieben Kinderlein und ein ergreifendes Gebet zum Neujahr. Durch alle Lieder leuchtet die liebe Sonne klar, Christus. Zu ihm betet er, und also sei auch unser Gebet:

All unsre Hoffnung steht zu Dir.
Verstoß uns nicht aus Deinem Reich,
Ist unsers Herzen Begier.
Wenn Du nicht bei uns armen Leuten immer bist,
So ist's aus mit uns. Ach, hilf Jesu Christ!
Nicht laß an uns das theuer Leiden Dein,
Nicht laß Dein heilges Blut und Sterben
An uns immer verloren sein!

1)
Ein warmes Herz für die Kinder bekunden einzelne seiner geistlichen Lieder. Wie ein frischer Morgenhauch weht uns das Wort an: „Steht auf, ihr lieben Kinderlein!“ Den Kindern widmet er am Abend seines Lebens das glaubensinnige Lied: „O Wort, ein wahrer Mensch geborn.“
2)
Dies eine beliebte Wendung bei dem Dichter, vgl. G. L. Nr. 14, 12. Er kann es auch nicht lassen, mit seinem Namen zu spielen, s. Nr. 14, 22.
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