Diedrich, Julius - Der vierte Psalm.
In diesem Psalm, welcher dem vorigen eng verbunden ist, bezeugt David vor dem HErrn seine feste Zuversicht in allem seinem Leide, da er vom Thron gestoßen umherirren musste. Er wendet sich redend an seine Feinde und warnt sie und beschwört sie von ihrem gottfeindlichen Vorhaben abzustehen, welches ihnen nur Verderben bringen könne. In Gott ist der Verfolgte ganz sicher und voll himmlisches Friedens: Darum versichert er sich zu Anfange erst wieder seines Gottes und dann handelt er kühnlich mit seinen Feinden. Darnach aber ruht er voll Friedens und Freuden im Schoß seines Gottes sicher. Ähnlich wie der Sänger sich hier aber fühlt, muss es auch jede gläubige Seele irgendwie in dieser Welt erfahren, darum eignet sich der Psalm sehr wohl als Gemeindegesang, wozu er vom Verfasser laut der Überschrift von Anfang bestimmt war.
1. Dem Gesangmeister ist dies Lied Davids übergeben, damit es mit Saitenspiel im Tempel aufgeführt werde, so lautet die Überschrift.
2. Auf mein Rufen antworte mir mein gerechter Gott, in der Enge schaffst Du mir weiten Raum, gnade mir und erhöre mein Flehen! Vor allen Dingen muss meine Seele in Gott festen Grund haben, Seiner Gnade und Erhörung gewiss sein, dann kann man auch ohne Furcht und Grauen der ganzen Welt voll Feinde entgegentreten und sie mit dem Worte Gottes niederwerfen. Deine Sache muss vor allen Dingen richtig sein, die du verfichtst, dass du dich kühnlich auf Gottes Gerechtigkeit berufen darfst, nach der Er Seine eigne Sache nicht wieder aufgeben noch uns täuschen kann. Und dann hat man's ja schon immer erfahren, dass unser Gott uns in Seinem Dienste mitten in der Enge und Not weiten Raum gemacht hat, dass wir uns schon mitten im Kampfe über alles erhoben und sehr getröstet fühlten.
3f. In solcher Gewissheit kann man nun mutig mit den Feinden handeln: Ihr Mannessöhne, die ihr euch für große Helden haltet: wie lange soll meine Ehre, die mir Gott gegeben, zu Schanden sein, wollt ihr das Eitle lieben und die Lüge suchen? Was wollt ihr eurer Hoffart zu Liebe aus mir machen? Meine Ehre muss doch wohl wieder an den Tag kommen; ihr seid mit eurem Streben aber auf lauter Nichts gegründet, darum werdet ihr gegen mich wohl fallen müssen, der ich in Gottes Wort und Ordnung gegründet bin. Sela! dem denkt weiter nach. Und erkennt, dass der HErr sich den Frommen ausgesondert und den, der auf Ihn allein vertraute, in seine Würde und sein Amt eingesetzt hat: wie könnt ihr gegen den streiten? Der HErr wird auf mein Rufen hören und dann wird Er euch bald verstören und zernichten. So gibt die rechte Gottesgemeinschaft die wahre Majestät, den Feinden mit der Frage entgegenzutreten: „Wen sucht ihr?“ Sie müssen dann einen andern, als sie dachten, finden.
5f. Zürnt und sündigt nicht, sündigt nicht mit eurem hoffärtigen und wider Gott angehenden Zürnen. Redet in eurem Herzen auf eurem Lager, betrachtet es im Kämmerlein vor Gott, was ihr angerichtet habt und schweigt dann beschämt vor der Welt, damit euch noch geholfen werde. Sela! Ja dem denkt nach, ob's so nicht recht sei. Opfert Opfer der Gerechtigkeit, nachdem ihr Buße getan und euch versöhnt habt, denn jetzt ist all euer Gottesdienst ein Spott auf Gott. Hinterher vertraut auch auf den HErrn, dass Er euch auf redlichen Wegen behüten werde, jetzt könnt ihr bei Gott keine Hilfe haben. So hat der Sänger seine Feinde die ganze aufrührerische, des Wortes Gottes überdrüssige Partei unter seinem eignen Sohne Absalom ermahnt. Er ist in Gott gesichert und seine Feinde sind nun die verlassenen und verlornen.
7. Nun schildert David seinen Stand den Feinden gegenüber. Äußerlich betrachtet ist er zwar ein jämmerlicher und viele sprechen: Wer wird uns gutes schauen lassen? und möchten gar verzweifeln bei unsrer Sache. Erhebe aber Du über uns das Licht Deines Angesichts o HErr! Gib Dich als den leuchtend offenbaren Gott, der Du Deinen Gläubigen bist, als solchen gib Dich jetzt auch den kleingläubigen zu schauen. Du gibst Freude in mein Herz, mehr denn zur Zeit, da ihr Korn und ihr Most viel sind: ich bin im Glauben viel glücklicher mitten in meinem Unglücke als die Feinde es je in ihren besten Tagen sein können. Ihre Herrlichkeit sind die irdischen Güter, meine Lust und Ehre sind Gott und Sein Wort, so werde ich wohl bleiben, wenn sie bald jämmerlich und plötzlich untergehen.
Im Frieden will ich zugleich liegen gehen und ich werde wohl schlummern, denn Du Gott, Du ganz alleine machst mich sicher wohnen: wenn ich nur Dich durch Deine Gnade für mich habe, so wohne ich auch mitten auf der Heide sicher und lege mich getrost in des Schlafes Arme, Du bist mir Wächter genug.
Solche freudige Zuversicht hat man, wenn man im Namen Gottes dasteht und darüber eine kleine Zeit Ungemach leidet nach Gottes Zulassung.
Gebet. HErr Gott, himmlischer Vater! der Du uns auf Dein himmlisches Wort gegründet und einen ewigen Beruf gegeben hast, verleihe uns Deines Geistes Licht und Kraft von demselben nicht zu lassen; sondern in aller Anfechtung uns genugsam Deiner Gnade zu getrösten und Deiner Erlösung in froher Hoffnung zu harren: durch Jesum Christum. Amen.