Brenz, Johannes - Die sechste Predigt. Auslegung des sechsten Gebots.

Brenz, Johannes - Die sechste Predigt. Auslegung des sechsten Gebots.

Nun habt ihr im zunächst Vorhergehenden gehört, wie ihr das fünfte Gebot verstehen sollt, darin wir lernen, wie wir uns gegen unseres Nächsten eigene Person verhalten sollen, daß wir ihm an seinem Leib und Leben kein Leid thun sollen, weder mit Werken, Worten oder Gedanken. Nun hat aber der Mensch nach seinem eignen Leib nichts Lieberes, denn sein eignes eheliches Gemahl, wenn es anders christlich und recht zugeht; darum folgt hernach das sechste Gebot, das also lautet:

Du sollst nicht ehebrechen.

Das lehrt uns nun fein, wie wir uns gegen unsern und unseres Nächsten Ehegemahl sollen verhalten, nämlich also, daß wir unsere Ehegemahl nicht sollen verachten, noch von ihnen weichen oder brüchig an ihnen werden, sondern sollen sie lieb haben; desgleichen sollen wir auch keine Andern Ehegemahl verführen, oder die Ehe mit ihr brechen, sondern helfen und rathen, daß ihr Zucht und Ehre bewahrt werde.

Denn das sollt ihr, meine lieben Kinder, wissen, und mit Fleiß in das Herz bilden, daß Gott, der Herr, den ehelichen Stand selbst geordnet und gesegnet hat: darum gefällt er ihm wohl, und will, daß man ihn unverrückt halte. Denn da Gott den Menschen geschaffen hatte, sprach er 1 Mos. 2,18.22.: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sey, ich will ihm einen Gehülfen machen; und ließ ihn entschlafen, und nahm eine Ribbe aus seiner Seite, und machte ihm ein Weib daraus. Da sprach der Mensch, das ist einmal Bein von meinem Bein, und Fleisch von meinem Fleisch. Darum wird ein Mann seinen Vater und Mutter verlassen, und an seinem Weibe hangen, und werden sie zwei ein Fleisch seyn. Und Gott der Herr segnete sie, und sprach zu ihnen: Seyd fruchtbar und mehret euch, und erfüllet die Erde, und bringet sie unter euch.

Da hört ihr, meine lieben Kinder, daß Gott, der Herr, den ehelichen Stand segnete: darum ist kein Zweifel, er gefällt ihm wohl, und ist ein edler köstlicher Stand, wie auch der Apostel anzeigt, und spricht Hebr. 13,4.: Die Ehe soll ehrlich gehalten werden bei Jedermann, und das Ehebette unbefleckt; die Hurer aber und die Ehebrecher wird Gott richten.

Weiter spricht der Herr: Seyd fruchtbar und mehret euch, und zeigt uns damit an, daß die Früchte des ehelichen Standes, nämlich die Kinder, eine Gabe Gottes seyen; denn wenn er's nicht geheissen und geschaffen hätte, so könnten die Eheleute nicht Kinder mit einander zeugen. Darum sollt ihr merken, daß es ein grosser Unterschied ist zwischen dem ehelichen Leben, und dem Bubenleben. Das eheliche Leben ist nicht Sünde; denn Gott hat es geordnet, und gefällt ihm wohl; aber das Huren- und Bubenleben ist Sünde: Gott hat es verboten und gefällt ihm übel. Dazu hat er den ehelichen Stand befohlen, er soll die Welt mehren; dem unzüchtigen Bubenleben aber hat er's nicht befohlen, sondern verboten.

Darum ist gar viel am ehelichen Stand gelegen, als aus dem alle frommen, ehrbaren, weisen, gelehrten und herrlichen Leute herkommen; und wo man den ehelichen Stand fein hält, da werden die Kinder wohl gezogen, und wächst eine feine, geschickte junge Welt nach. Wo aber das Hurenleben überhand nimmt, da geht es übel zu, sehen, hören und lernen die Kinder nichts Gutes, wächst ein böses, unartiges und ungeschlachtes Volk auf, das in allen Sünden und Lastern lebt: so kommt denn Gott und straft mit Theurung, Krieg und Sterben, bis er alles umkehrt.

Auch sollt ihr das wohl merken, daß der Herr spricht: Erfüllt die Erde, und bringt sie unter euch; denn viele Leute kommen darum nicht in den ehelichen Stand, daß sie sorgen, sie können sich nicht ernähren. Darum zeigt Gott, der Herr, hier an, daß er die Eheleute ernähren und reichlich versorgen will, wenn sie ihm nur trauen, und arbeiten. Denn er spricht: Bringet die Erde unter euch, das ist, was Gutes auf dem Erdboden ist und wächst, allerlei Thiere, Fische, Vögel und Früchte, die habe ich um euretwillen geschaffen, und euch gegeben: arbeitet nur darnach, daß ihr es redlich und aufrichtig gewinnt, und in eure Gewalt bringt. Und das sagt Gott den Eheleuten, sie sollen den Erdboden unter sich bringen: aber Huren und Buben sollen nichts haben, wie man es auch fein sieht, daß sie gemeiniglich verderben, wie reich sie auch seyen.

Zu solchem ehelichen feinen Leben sind nun alle Menschen, die zu ihrem Alter gekommen, beschaffen und geordnet. Darum sollt ihr, meine lieben Kinder, nicht gedenken, daß es in eurem freien Willen stehe, ob ihr wollt ehelich werden oder nicht. Das sage ich aber darum, daß ihr desto fleißiger und bei Zeiten lernt, wie ihr euch ehrlich ernähren, wohl haushalten, und euere Kinder fein auferziehen wollt. Denn Gott hat es geboten, daß wir alle ehelich werden sollen, ausgenommen dreierlei Leute, die der Herr Christus im Evangelio ausgenommen hat, daß sie nicht dürfen ehelich werden. Die ersten sind die, die da von Mutterleib her zum ehelichen Leben untüchtig sind; die andern sind die, die da von Menschen verschnitten, oder sonst durch Krankheit verdorben sind; die dritten sind die, denen Gott, der Herr, aus besonderer Gnade verliehen hat, daß sie rein und keusch mögen leben, auf daß sie dem Reich Gottes und dem heiligen Evangelium desto fleissiger mögen dienen und sein warten. Wer diese hohe Gabe von Gott hat, der soll Gott danken, und mag des ehelichen Standes wohl müssig gehen; denn Christus, der Herr, vermahnt uns dazu, und spricht: Es ist nicht einem Jeden gegeben; wer's ergreifen kann, der ergreife es.

Den andern allen ist geboten, daß sie ehelich werden sollen; denn Gott spricht 1 Mos. 1.: Seyd fruchtbar und mehret euch; und der heilige Paulus sagt 1. Cor. 7,9.: Wer sich nicht enthält, der soll freyen; denn es sey besser freyen, denn Brunst leiden; und abermals spricht er 1 Cor. 7,2.: Um der Hurerei willen habe ein jeglicher sein eignes Weib, und eine Jegliche ihren eignen Mann.

Dieweil dann der eheliche Stand ein solcher feiner Stand ist, und soviel daran gelegen ist, auf daß je die Leute gern ehelich werden, und feine fromme Kinder aufziehen, damit es alles ordentlich und wohl zugehe: so hat Gott, der Herr, das Gebot gegeben 2 Mos. 20,14.: Du sollst nicht ehebrechen.

Und damit wir es ja recht verstehen, wie es Gott der Herr gemeint habe, und es auch fleißig und treulich halten, so hat es unser lieber Herr im Evangelium selbst fein ausgelegt, und spricht also Matth. 5,29.: Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch, wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen. Das ist nun gut und leicht zu verstehen aus der Auslegung des vorigen Gebots. Denn Christus, unser Herr, lehrt uns da, daß es nicht genug sey, wenn man schon den Ehebruch vermeidet im äusserlichen Werk, sondern man soll auch alle unzüchtigen, schandbaren Worte, Geberden und Gedanken vermeiden. Darum spricht er: Welcher ein Weib nur ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon die Ehe gebrochen in seinem Herzen.

So merkt es nun mit allem Fleiß, meine lieben Kinder, daß Gott der Herr geboten hat, man soll nicht ehebrechen. Seine Meinung ist nun, man soll weder mit Werken, noch mit Worten, noch mit Mienen und Geberden, auch nicht mit den Gedanken im Herzen, ehebrechen, sondern man soll züchtig, rein und keusch leben, entweder im Jungfraustand, oder im ehelichen Stand, oder im Witwenstand; denn diese Stände alle drei sind reine, keusche Stände, wenn man sie recht hält. Man soll auch Niemand helfen oder rathen, noch Ursache, Statt oder Raum dazu geben, daß er seine Ehe breche, sondern man soll davor seyn mit Warnen und Vermahnen, mit Verhindern und mit Strafen, wie man immer kann.

Ihr sollt auch nicht gedenken, meine lieben Kinder, daß allein der Ehebruch verboten sey, und die andere Hurerei nicht; denn man findet etliche gottlose, tolle Leute, die da meinen, dieweil unser lieber Herr, Gott, in den zehn Geboten allein den Ehebruch nennt, und verbeut, es soll ihnen die andere Hurerei erlaubt seyn. Aber also sollt ihr nicht gedenken, meine lieben Kinder, sondern sollt fest glauben, daß alle Hurerei, alle Unkeuschheit und alle Unreinigkeit, wie man sie nur immer erdenken kann, Sünde ist, und Gott, dem Herrn, auf's Höchste mißfällt, ausgenommen den ehelichen Stand. Denn Moses spricht im alten Testament 5 Mo. 13,17. also: es soll keine Hure seyn unter den Töchtern Israel, und kein Hurer unter den Söhnen Israel. So spricht der heilige Paulus im neuen Testament 1 Cor. 5,6. also: Hurerei und alle Unreinigkeit laßt nicht von euch gesagt werden, desgleichen schandbare Worte und Narrentheidungen auch nicht. Denn das sollt ihr wissen, daß kein Hurer noch Unreiner Erbe hat in dem Reiche Christi und Gottes. Laßt euch Niemand verführen mit vergeblichen Worten; denn um dieser Willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens. Aus diesen Worten könnt ihr, meine lieben Kinder, wohl merken, wie hoch die Hurerei von Gott verboten ist, und wie er sie so ernstlich straft: darum sollt ihr euch mit allem Fleiß davor hüten. Denn Gott der Herr hat alle Hurerei und Unreinigkeit mit einander verboten, da er spricht: Du sollst nicht ehebrechen; denn wer Hurerei treibt, ist vor dem Ehebruch auch nicht sicher. Wer aber den Ehebruch von Herzen meidet, der muß alle Hurerei auch meiden. Das werdet ihr zu seiner Zeit fein verstehen lernen; jetzt ist es euch noch zu schwer, und zu hoch.

So gedenkt nun, meine lieben Kinder, daß ihr es fleissig merket, und tief in euer Herz bildet, daß ihr dieß Gebot Gottes treulich haltet, zum Ersten, daß ihr nicht Hurerei und Ehebruch treibet mit den Werken, sondern haltet euch keusch und rein, bis ihr mit Gottes Hülfe und eurer Aeltern und guten Freunde Willen und Wissen in den ehelichen Stand kommt. Alsdann haltet eurem ehelichen Gemahl euere Treue, die ihr ihm zugesagt habt, brecht die Ehe nicht mit andern Personen, und haltet euch gegen euern Ehegenossen, wie es sich gebührt. Denn der heilige Paulus spricht 1 Cor. 7,4.: Das Weib ist ihres Leibes nicht mächtig, sondern der Mann; desgleichen auch der Mann ist seines Leibes nicht mächtig, sondern das Weib. So soll auch Reines ohne redliche Ursache, und ohne des Andern Willen hinlaufen, und das Andere in der Gefahr sitzen lassen, wie die bösen leichtfertigen Leute viel und oft thun; denn es ist auch Sünde und Unrecht, wenn sie gleich beide fromm bleiben, und ihrer Keines seine Ehe bricht.

Zum Andern sollt ihr Hurerei und Ehebruch meiden in den Worten, das ist, man soll Niemand unzüchtig anreden, Niemand nichts Unehrliches anmuthen, nicht unzüchtige, schandbare Worte reden oder Liedlein singen, dadurch andere Leute zur Unkeuschheit und Ehebruch gereizt werden möchten. Desgleichen soll man auch meiden alle unzüchtige Weise und Geberde, und unordentlichen Schmuck mit Kleidern und andern Sachen, damit man andern Leuten wohlzugefallen begehrt, und sie dadurch zur Unzucht gereizt werden.

Zum Dritten sollt ihr Hurerei und Ehebruch meiden auch im Herzen und in Gedanken; denn ob es wohl die Welt nicht weiß, und nicht straft, wenn ihr etwas Böses gedenkt, so sieht's doch unser Herr Gott im Himmel, und straft's: darum spricht Christus: Wer ein Weib nur ansieht, ihrer zu begehren, der hat die Ehe schon gebrochen in seinem Herzen.

Ihr sollt auch alle Ursachen fleißig meiden, daraus diese Laster entspringen, als überflüssiges Essen und Trinken, Müssiggehen, Tanzen, und was dergleichen ist. Darum spricht Christus, der Herr, eben von dem Ehebruch Matth. 5,29.: Aergert sich dein rechtes Auge, so reisse es aus; denn es ist bester, daß eines deiner Glieder verderbe, denn daß der ganze Leib in die Hölle geworfen werde, das ist, wenn dir dein rechtes Auge Ursache zum Ehebruch geben wollte, oder andern Sünden, so wäre dir nützer, du hättest es nicht: wie viel mehr, wenn dir Essen und Trinken, Tanzen und Spazieren Ursache zu Sünden gibt, sollst du es von dir werfen und unterbleiben lassen, auf daß du nicht in die Hölle geworfen werdest.

Zum Letztern sollt ihr nicht allein für euch selbst züchtig und keusch seyn, sondern auch keinem andern Menschen zur Unkeuschheit Ursache geben, nicht dazu rathen oder helfen, nicht sie belaufen oder beherbergen, sondern allen Fleiß anwenden, so viel mit Gott immer möglich ist, daß Jedermann fromm, züchtig und keusch bleibe, auf daß der eheliche Stand, der Gott so wohl gefällt und der ganzen Welt so viel daran gelegen ist, recht gehalten werde.

Also sollt ihr nun dieß Gebot verstehen, daß ihr alle Hurerei und Ehebrecherei meidet in Werken, Worten und Gedanken, und aller Ursache, die dazu bewegt, zuvorkommt bei euch und andern Leuten, auf daß wir alle ein feines, reines, züchtiges, keusches Leben führen, damit der eheliche Stand unzerrüttet bleibe, und die Welt mit feinen, frommen, wohlgezogenen Kindern erfüllt werde zu der Ehre Gottes und zum Nutzen des Nächsten.

Denn das ist die Meinung und der rechte Verstand dieses sechsten Gebots, daß man Gott den Herrn über alle Dinge fürchten und lieben soll, daß wir um seinetwillen keusch und züchtig leben in Worten, Werken und Gedanken, und ein Jeglicher sein Gemahl liebe und ehre.

Darum, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß, und wenn man euch fragt: Wie verstehst du das sechste Gebot? so sollt ihr also antworten: Wir sollen Gott den Herrn über alle Dinge fürchten und lieben, daß wir um seinetwillen keusch und züchtig leben in Worten, Werken und Gedanken und ein jeglicher sein Gemahl lieben und ehren.

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