Thomas von Kempen - Buch 4 - Kapitel 18

Thomas von Kempen - Buch 4 - Kapitel 18

Daß der Mensch nicht über das heilige Abendmahl vorwitzig grübeln, sondern glauben und Christo demüthig nachfolgen soll.

Stimme des Geliebten.

1. Du mußt dich hüten vor der unnützen und vorwitzigen Grübelei über dieses unerforschliche Sakrament, wenn du nicht in den Abgrund des Zweifels versinken willst.

Wer die göttliche Majestät ergrübeln will, der wird von ihrer Herrlichkeit zerdrückt. Gott vermag mehr zu wirken, als der Mensch begreifen kann. Erlaubt ist eine fromme und demüthige Erforschung der Wahrheit, sofern sie stets bereit ist, sich bekehren zu lassen, und sich bestrebt, nach der gesunden Lehre der Väter zu wandeln.

2. Selig die Einfalt, welche die schwierigen Wege der Untersuchungen verläßt, und auf dem ebenen und festen Pfad, der Gebote Gottes einherwandelt.

Schon Viele büßten die Andacht ein, da sie das Höhere ergründen wollten.

Glaube wird von dir gefordert und ein reines Leben; nicht hoher Verstand, noch tiefe Erkenntniß der Geheimnisse Gottes.

Wenn du nicht verstehest und begreifest, was unter dir ist: wie wirst du fassen, was über dir ist?

Unterwirf dich Gott, und demüthige deinen Sinn unter den Glauben, und es wird dir gegeben werden das Licht der Erkenntniß, soweit es dir ersprießlich und nöthig ist.

3. Manche werden schwer versucht wegen des Glaubens und des Sakraments; aber das ist nicht ihnen selbst, sondern vielmehr dem Feinde anzurechnen.

Kümmere dich nicht, streite nicht mit deinen Gedanken, antworte auch nicht auf die vom Teufel dir eingegebenen Zweifel: sondern glaube den Worten Gottes, glaube seinen Heiligen und Propheten, und weichen wird von dir der böse Feind.

Oft ist es sehr heilsam, daß ein Diener Gottes dergleichen aussteht.

Denn die Ungläubigen und Sünder, die er schon sicher besitzt, versucht er nicht; aber die andächtigen Gläubigen versucht und beunruhigt er auf mancherlei Weise.

4. So fahre denn fort, und nahe dich dem Sakrament mit einfältigem und ungezweifeltem Glauben und mit tiefster Ehrfurcht.

Und was du nicht zu begreifen vermagst, das überlasse getrost Gott dem Allmächtigen.

Gott täuscht dich nicht; getäuscht aber wird der, welcher sich selbst zu viel zutraut.

Gott läßt sich gerne zu den Einfältigen herab, offenbart sich den Demüthigen, gibt Verstand den Unmündigen, öffnet reinen Herzen das Verständniß und verbirgt seine Gnade vor den Vorwitzigen und Hoffärtigen.

Die menschliche Vernunft ist schwach und kann sich täuschen; der wahre Glaube aber kann nicht getäuscht werden.

5. Alle Vernunft und natürliche Forschung muß dem Glauben folgen, nicht vorgehen oder ihn beschränken. – Denn Glaube und Liebe treten hier am meisten hervor, und wirken auf geheime Weise in diesem heiligsten und allererhabensten Sakramente.

Gott, der Ewige und Unermeßliche, dessen Macht unendlich ist, thut Großes und Unerforschliches im Himmel und auf Erden, und seine Wunderwerke kann Niemand ergründen.

Wären die Worte Gottes [b]der[/b] Art, daß sie von der menschlichen Vernunft leicht begriffen würden: so wären sie nicht mehr wunderbar, noch unaussprechlich zu nennen.

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