Magnus, Albertus - Das Anhangen an Gott - Das 3. Capitel.

Wie des Menschen Gleichförmigkeit der Vollkommenheit in diesem Leben geschaffen.

Je mehr das Gemüth sorgfältig ist, diese niedrige, menschliche, irdische Sachen zu erwägen, zu suchen, zu behandeln: desto mehr wird es von den obern himmlischen Dingen in der innern Begierde abgerissen. Hingegen je mehr das Gemüthe von denen niedrigen Sachen abgerissen und gesammlet wird zu denen himmlischen: desto vollkommener wird alles geistliche Leben, das Gebeth, die Beschaulichkeit rc. Die Einfalt sagts, daß die Seele zu beyden ohnmöglich zugleich aufmerksam und hingewandt seyn kann, weil sie beyde als Licht und Finsterniß von einander unterschieden. Denn wer Gott anhanget, der wandelt im Licht; wer aber der Welt anklebet, ist in der Finsterniß. Deswegen ist des Menschen völlige Vollkommenheit in diesem Leben, also mit Gott vereiniget zu werden, daß die ganze Seele mit allen ihren Kräften in Gott gelenket, gezogen, und ganz versenket sei; ja, daß sie ein einiger Geist mit Gott sey, an nichts gedenke, als an Gott, nichts empfinde und verstehe, als an Gott, und also alle Neigungen des Herzens, in der Liebes-Freud und Uebergab vereiniget mit seinem Willen, in der Geniessung des Schöpfers süßiglich ruhen. Also will das Ebenbild Gottes sich wieder ganz in die Eigenschaft der Seelen eindrucken, nemlich in Willen, Verstand, Gedächtniß. So lange diese Kräfte nicht ganz in Gott gleichsam eingerucket sind; so wird die Seele Gott nicht gleichförmig, und in ihren Erschaffungs-Ursprung wieder gebracht. Der Seelen Seele ist Gott, dem sie wieder einverleibet werden muß, wie das Wachs mit dem Siegel, wie das Gezeichnet mit dem Zeichen vereinet wird. Dieses geschiehet also nimmer, wo nicht der Verstand (Gemüth) völlig zur Erkenntniß Gottes gezogen, und also erleuchtet wird, wo nicht der Wille sich völlig hinlenket, die höchste Gütigkeit zu lieben, wo nicht das Gedächtniß völlig verschlungen wird, die ewige Glückseligkeiten anzuschauen, zu behungern, zu genießen, und süßiglich in inniger Belustigung darinnen zu ruhen. Weil nun in solchen göttlichen Kräften und deren vollzogener Erlangung die Glorie der Seligkeit bestehet, die in unserm ewigen Vaterland vollzogen wird; so ists klar, daß deren gänzlicher Anfang die Vollkommenheit in diesem Leben sey.

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