Magnus, Albertus - Das Anhangen an Gott - Das 15. Capitel.

Wie die Verachtung seiner selbst so nützlich sey.

Je mehr ein Mensch seine eigene Nichtigkeit erkennet, desto klarer beschauet er die göttliche Majestät. Je mehr er auch um Gottes willen, der die Wahrheit und Gerechtigkeit selbst ist, in seinen Augen sich gering und verächtlich hält, desto herrlicher ist er in den Augen Gottes. Derohalben lasset uns mit aller Begierde und Fleiß dahin bestreben, daß wir uns vor die allergeringsten schätzen, aller Gutthat unwürdig achten, uns selbst mißfällig, Gott aber hingegen allein gefällig seyn. Wenn wir uns so erächtlich halten, so werden wir durch Trübsal, Schmach, Anfechtung nicht beweget und beunruhiget werden. Laßt uns keine widrige Gedanken nicht einmal fassen, sondern glauben mit standhaftem Gemüth, wir wären aller Schmach, Verlassenheit höchst würdig und bedürftig. Dann in Wahrheit, ein Mensch, der in der Bekehrung zu Gott stehet, hat um Gottes Ehre und seiner Sünde Abscheu willen, einen grossen Eckel, geehret und geliebet zu werden; er fluchet hingegen nicht, wenn er von andern sollte gehasset, verachtet, verworfen werden bis ans Ende, damit er nur wahrhaftig recht tief gedemüthiget Gott allein mit aufrichtigem Herzen anhange. Es wird keine äussere Arbeit, Mühe und Mittel gefordert, Gott den Herrn allein zu lieben, und gegen sich einen Unwillen und Haß zu haben. Aber doch ist Einsamkeit, Ruhe und Arbeit des Herzens vonnöthen, um das Gemüth immer zu erheben, dasselbe von der Creatur zu denen himmlischen Sachen aufzuschwingen, damit wir also in Gott immer tiefer einkehren zur wahren Erneuerung. Sehr förderlich wird uns hiezu seyn, wenn wir, wie gesagt, von Herzen uns entschliessen, ohne Verachtung unsers Nächstens, auch dessen, der als ein Werkzeug dazu gebraucht wird, von allen Menschen als ein Spott, Scheusal geachtet zu werden. Ja, wir sollen lieber begehren als ein Koth und Staub der Erden verworfen zu werden, als mit allerley Ergötzlichkeiten umgeben zu seyn, oder von Menschen erhoben, und viele Glückseligkeit zu geniessen. Keinen andern Trost sollen wir in diesem sterblichen Leben verlangen, als unsere Missethaten, Schulden, Sünden zu beweinen, Leid darüber zu tragen, uns gänzlich zu vernichtigen, von Tag zu Tag immer mehr in unsern Augen unwürdig uns in allem zu schätzen, damit wir Gott nur allein gefallen, ihn allein lieben, ihm allein anhangen. So beschäftige dich, o Seele! allein mit deinem Gott. Bekümmere dich um ihn allein. Laß alles andere stehen, weil jedes in seiner Gewalt und Vorsehung gesetzt. Mit und über die Welt belustige dich nicht, sondern weine vielmehr, daß du über ihre Herrlichkeit nicht betrübt bist. Weinest du, so sey betrübt deswegen, daß du dazu durch deine Sünden Ursach gegeben. Wie ein zum Tod verurtheilter Missethäter sich nicht mehr bekümmert, wie der Scharfrichter sich gegen ihn verhält: also, wer da Leid trägt über die Sünde, soll weder auf Freude, noch Zorn, noch Ehr, noch Unwillen mehr merken. Und wie ein Bürger eine andere Wohnung hat, als der zum Tode verurtheilet ist: so soll der Sünder auch zufrieden seyn, welches Loos der Strafe, Zucht, Gnade der Richter wolle anweisen. Der viel bekommen und viel verderbt, wird mehrere Streiche leiden, als der wenig empfangen. Nur ist das sicherste, in Zeiten alles zu verläugnen, alles zu verachten, allem sich entschlagen, auf daß mit vollem Glauben deren Buß-Thränen ein guter Grund geleget werde. Wer dann nun in der Wahrheit Jesum liebet, um seinetwegen weinet, ihn im Herzen träget, wegen seiner begangenen Sünde wahres Leid trägt, das künftige Reich in Wahrheit suchet zu erlangen, Tod, Gericht, Hölle immer in Andenken behält: dieser wird vors künftige, es sey Schmach oder Ehre, u. d. gl. sich nicht bekümmern und besorgen. Ja, er soll dagegen, um zu Gott seinen Lauf desto eiliger zu vollführen, einen jeden Tag, daran er nicht verachtet und verfluchet wird, halten, daß er an demselben einen grossen Schaden und Verlust gelitten. Es ist solche Creutzes-Liebe eine Befreyung von Lüsten und bösen Neigungen, dargegen eine Beförderung der Herzens-Reinigkeit und Vollführung der Tugenden. So achte dich nur als einen schon der Welt Abgestorbenen, weil du nicht zweifelst, daß du einmals gewiß sterben müssest. Der stärkste Beweiß, ob alle Gedanken, Worte und Werke nach Gottes Willen geordnet würden seyn, ist, wenn du dich immer mehr erniedrigest, und also in Gott einsammlest. Befindest du die Sache anders in dir, so schöpfe billig einen Verdacht, daß nicht nach Gottes Willen und dir ersprießlich dein Werk geht.

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