Thomas von Kempen - Buch 2 - Kapitel 7
Von der Liebe Jesu über Alles.
1. Wohl dem, der das weiß, was es sei, Jesum lieb haben und sich selbst um Jesu willen verachten.
Man muß das Geliebte um des Geliebten willen verlassen, weil Jesus allein über Alles geliebt sein will.
Die Liebe der Kreatur ist trügerisch und unbeständig, die Liebe Jesu treu und ohne Wanken.
Wer der Kreatur anhangt, fällt mit dem Hinfälligen, wer Jesum umfängt, wird feststehen in Ewigkeit.
Ihn liebe und erhalte dir zum Freunde, der, wenn Alle dich verlassen, dich nicht verlassen, noch gestatten wird, daß du am Ende verloren gehest.
Von Allen mußt du dich einst trennen, du magst wollen oder nicht.
2. Halte dich zu Jesu im Leben und Sterben und seiner Treue überlasse dich, der, wenn Alle treulos werden, dir allein helfen kann.
Dein Geliebter ist der Art, daß er keinen Fremden zulassen will; sondern er allein will dein Herz haben und als König auf eigenem Throne sitzen.
Wenn du dich aller Liebe zur Kreatur zu entschlagen wüßtest, so würde Jesus gern bei dir wohnen.
Du wirst finden, daß fast Alles verloren ist, was du außer Jesu auf Menschen bauest.
Vertraue und stütze dich nicht auf das vom Winde bewegte Rohr, weil “alles Fleisch, Gras und alle Herrlichkeit des Fleisches wie des Grases Blume abfällt.“ (Jes. 40,7.)
3. Ach wie bald wirst du dich getäuscht sehen, wenn du nur auf den äußern Schein der Menschen siehst.
Denn wenn du deinen Trost und Gewinn bei Andern suchst, so wirst du sehr oft Schaden leiden.
Wenn du in Allem Jesum suchst, so wirst du Jesus allenthalben finden.
Suchest du aber dich selbst, so wirst du auch dich selbst finden, aber zu deinem Verderben.
Denn der Mensch, wenn er Jesum nicht sucht, schadet sich selbst mehr, als die ganze Welt und alle seine Widersacher ihm schaden können.