Rieger, Carl Heinrich - Sacharia - Das siebente Kapitel.
Mit demselben fangen nun die Reden GOttes durch den Propheten an. Zu diesen ersten im siebenten und achten Kapitel enthaltenen Reden GOttes hat eine Anfrage Gelegenheit gegeben, die wegen des bisherigen Fastens ist aufgeworfen worden, und die durch des HErrn Zebaoth Wort so ist beleuchtet worden, dass was dem Volk zu seiner Bestrafung und Beschämung, aber auch Ermahnung und Trost zu sagen nötig war, damit eingeflochten worden ist.
I. Die Gelegenheit zu dieser Offenbarung des Willens GOttes.
1. Und es geschah im vierten Jahr des Königs Darius, dass des HErrn. Wort geschah zu Sacharja, am vierten Tage des neunten Monats, welcher heißt Chisleu; 2. Da Sar-Ezer und Regem Melech samt ihren Leuten sandten in das Haus GOttes, zu bitten vor dem HErrn; 3. Und ließen sagen den Priestern, die da waren um das Haus des HErrn Zebaoth, und zu den Propheten: Muss ich auch noch weinen im fünften Monat, und mich enthalten, wie ich solches getan habe nun etliche Jahre?
Vermutlich waren das Familien, die in Babel oder einer andern Zerstreuung in fremden Ländern zurückblieben, gleichwohl aber, da sie den Fortgang des Tempelbaues hörten, auch einige Liebe für ihren väterlichen GOttesdienst zeigen wollten; wie manchmal noch so etwas vorkommt, dass man sich nicht bis zum Ungemach-leiden mit dem Volk GOttes einlassen, aber doch sonst sein Gewissen mit etwas stillen will. Am siebenten Tag des fünften Monats ward der Tempel zu Jerusalem durch Nebukadnezars Heer verbrannt; 2. Buch der König. 25, S. ff. und daher mag dies Fasten geordnet gewesen sein. Nun wollen sie fragen: ists mit dem Tempelbau so weit gekommen, dass man dies Fasten aufheben kann, oder ists doch gut, es zum Gedächtnis bei wieder aufgerichtetem Tempel beizubehalten?
II. GOtt gibt aus Gelegenheit dieser Anfrage eine gar lehrreiche Antwort, darin Er zuerst zeigt, das Fasten sei kein von Ihm ihnen aufgelegter Dienst, sondern sie haben sich in Schuld und Strafe, und damit in die Notwendigkeit des Fastens gebracht; GOtt habe ihren Vätern bessere Übungen zum Gottesdienst aufgegeben, aber das umsonst, und so sei der Zorn gekommen.
4. Und des HErrn Zebaoth Wort geschah zu mir, und sprach: 5. Sage allem Volk im Lande, und den Priestern, und sprich: Da ihr fastetet und Leide trugt im fünften und siebenten Monat, diese siebzig Jahre lang, habt ihr mir so gefastet? 6. Oder da ihr aßt und trankt, habt ihr nicht für euch selbst gegessen und getrunken? 7. Ist es nicht das, welches der HErr predigen ließ durch die vorigen Propheten, da Jerusalem bewohnt war, und hatte die Fülle samt ihren Städten umher, und Leute wohnten beides gegen Mittag und in den Gründen? S. Und des HErrn Wort geschah zu Sacharja, und sprach: 9. So spricht der HErr Zebaoth: Richtet recht, und ein Jeglicher beweise an seinem Bruder Güte und Barmherzigkeit; 10. Und tut nicht Unrecht den Witwen, Waisen, Fremdlingen und Armen; und denke keiner wider seinen Bruder etwas Arges in seinem Herzen. 11. Aber sie wollten nicht aufmerken, und kehrten mir den Rücken zu, und verstockten ihre Ohren, dass sie nicht hörten, 12. Und stellten ihre Herzen wie einen Demant, dass sie nicht hörten das Gesetz und Worte, welche der HErr Zebaoth sandte in seinem Geist, durch die vorigen Propheten. Daher so großer Zorn vom HErrn Zebaoth gekommen ist. 13. Und ist also ergangen: Gleichwie gepredigt ward, und sie nicht hörten; so wollte ich auch nicht hören, da sie riefen, spricht der HErr Zebaoth. 14. Also habe ich sie zerstreut unter alle Heiden, die sie nicht kennen; und ist das Land hinter ihnen wüste geblieben, dass Niemand darinnen wandelt noch wohnt, und ist das edle Land zur Wüste gemacht.
Die Anfrage ward nur von einigen Wenigen gemacht; die göttliche Antwort aber wird an alles Volk im Lande gerichtet. Wenn oft nur Einer etwas von seinen Anständen, Gedanken und Eindrücken über die Wahrheit GOttes herausließe, könnte oft etwas für Alle Nützliches aus einer solchen Veranlassung angebracht werden. Sie fragten nur vom Fasten im fünften Monat, die göttliche Antwort nimmt aber auch das im siebenten Monat dazu. Da wurde nämlich Gedalja erschlagen, 2. Buch der Könige 25, 25. und vollends alles Judenvolk zerstreut; darum mag man auch auf dieser Tage Gedächtnis solch ein Fasten verordnet haben, aber freilich nur, wie ihnen GOtt nun zu erkennen gibt, anfangs mehr dem eigenen Schmerzen nachzuhängen, als hierunter auf GOtt und dessen Dienst im Geist und in der Wahrheit zu sehen. Von Speise und Trank sich zu enthalten, kommt den Menschen nicht so schwer an, trägt aber auch zu seiner gründlichen Besserung nicht so viel aus, als einer Vorteilhaftigkeit, Unbarmherzigkeit absagen, eine Gelegenheit, sich zu rächen, vorbei lassen u. dgl. Der Bedacht auf das Wort GOttes und die Erfüllung desselben macht eine leibliche Übung erst nützlich und heilsam; das Zurückdenken, wie man GOtt von Seinem Gnadenvorsatz abbringen könne, dass Er ein edles Land, darin Er selbst vorher zu wohnen Lust hatte, abbrechen und ausrotten möge, wo man Seiner Gnade nicht gnadenmäßig begegne, das bringt erst ein Demütigen unter die gewaltige Hand GOttes, woraus ein Fasten kommen kann, das der HErr erwählt.