Micha, Kapitel 5
5:1 [4:14] Aber nun, du Kriegerin, rüste dich! denn man wird uns belagern und den Richter Israels mit der Rute auf den Backen schlagen.
5:2 Und du Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir kommen, der in Israel HERR sei, welches Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.
Der Herr Jesus hatte einen Ausgang um seines Volkes willen, als ihr Stellvertreter vor dem Throne, lange bevor sie in dem Laufe der Zeiten an das Licht der Geschichte traten. „Von Ewigkeit her“ besiegelte Er den Bund mit seinem Vater, dass Er wolle dahingeben Blut um Blut, Pein um Pein, Angst um Angst und Tod um Tod, um seines Volkes willen; „von Ewigkeit her“ entäußerte Er sich selbst, ohne einen Laut des Murrens, und gab sich hin, dass von seinem Scheitel bis zu seiner Fußsohle große Tropfen blutigen Schweißes von Ihm herniederströmten, dass Er sich verspeien, verspotten, durchbohren, verwunden und unter Schmerzen des Todes martern ließe: Sein Ausgang als unser Bürge ist von Ewigkeit her. Halte hier ein wenig inne, meine Seele, und bete staunend an! Du hattest in der Person deines Herrn und Heilandes einen Ausgang „von Ewigkeit her.“ Nicht erst, als du in dieser Welt geboren wurdest, liebte dich Christus, sondern Er hatte sein Wohlgefallen an den Menschenkindern, lange bevor Menschen auf Erden waren. Wie viel hat Er an sie gedacht; von Ewigkeit zu Ewigkeit hat Er ihnen seine Liebe zugewendet. Wie, meine Seele, so lange hätte Er an deine Erlösung gedacht, und wollte sie nun nicht vollenden? Er hat von Ewigkeit her seinen Ausgang genommen, um mich zu erretten und wollte mich nun lassen verloren gehen? Wie!
Er hat mich in seiner Hand getragen als seinen kostbaren Edelstein und würde mich nun aus seinen Fingern gleiten lassen? Er hat mich auserwählt, ehe denn die Berge hervorgingen oder das Bett der Tiefe gegraben war, und nun wollte Er mich verwerfen? Unmöglich! Ich weiß gewiss, dass Er mich nicht so lange geliebt hätte, wenn Er mich nicht geliebt hätte ohne Wandel. Wenn Er meiner hätte wollen müde werden, so wäre es schon längst geschehen. Hätte Er nicht geliebt mit einer Liebe, so tief wie die Hölle und so stark wie der Tod, so hätte Er sich schon vor undenklichen Zeiten von mir abgewendet. O Freude über Freude, dass ich nun weiß, ich bin sein ewiges und unveränderliches Eigentum, das Ihm geschenkt ist von seinem Vater, ehe denn die Erde war! Die ewige Liebe soll diese Nacht mein sanftes Ruhekissen sein. (Charles Haddon Spurgeon)
5:3 Indes läßt er sie plagen bis auf die Zeit, daß die, so gebären soll, geboren habe; da werden dann die übrigen seiner Brüder wiederkommen zu den Kindern Israel.
5:4 Er wird aber auftreten und weiden in der Kraft des HERRN und im Sieg des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden wohnen; denn er wird zur selben Zeit herrlich werden, soweit die Welt ist.
Christi Herrschaft in seiner Gemeinde ist diejenige eines Hirten-Königs. Er besitzt Macht und Gewalt, aber es ist die Macht eines weisen und liebevollen Hirten über seine hilfsbedürftige und liebende Herde; Er befiehlt und findet Gehorsam, aber es ist der willige Gehorsam wohlbehüteter und liebevoll gepflegter Lämmer, die sich freudig an ihren geliebten Hirten anschmiegen, und dessen Stimme sie so wohl kennen. Er herrscht durch die Macht der Liebe und durch die Gewalt der Güte.
Seine Herrschaft ist wohltätig in ihrer Wirkung. Es heißt: „Er aber wird auftreten und weiden.“ Das große Haupt der Gemeinde ist besorgt und tätig für das Wohl der Seinen. Er setzt sich nicht in stolzer Ruhe nieder auf seinen Thron, Er hält nicht ein Zepter in seiner Hand, ohne es zu gebrauchen zu seinem Regiment. Nein, Er tritt auf und weidet. Der Ausdruck „weiden“ in der Urschrift bezeichnet ähnlich wie das entsprechende Wort im Griechischen alles, was eines Hirten Treue zu tun vermag: Leiten, überwachen, bewahren, heilen, lieben ebensowohl, wie weiden.
Seine Herrschaft ist von bleibender Dauer. Es heißt: „Er aber wird auftreten und weiden;“ nicht: „Er wird dann und wann weiden und endlich sein Amt aufgeben;“ nicht: „Er wird einmal eine Erweckung herbeiführen, und nachher seine Gemeinde sich selbst überlassen, bis sie vor Dürre verschmachtet.“ Seine Augen schlummern nicht, und seine Hand ruhet nimmer; sein Herz hört nie auf, voller Liebe zu schlagen, und seine Schultern werden nicht müde, die Lasten seiner Kinder zu tragen.
Seine Herrschaft ist mächtig und gewaltig in ihrer Tätigkeit. „Er wird weiden in Kraft des Herrn.“ Wo immer Christus ist, da ist Gott; und alles, was Christus tut, ist die Tat des Höchsten. O! es ist eine köstliche Wahrheit, wenn wir beherzigen, wie Er, der zu dieser Stunde für das Wohl seines Volkes in die Schranken tritt, Gott ist aus wahrem Gott, dem sich alle Kniee beugen sollen im Himmel und auf Erden. O, selig sind wir, dass wir einem solchen Hirten angehören, dessen Menschheit uns Ihm zu Brüdern macht und dessen Gottheit uns beschützt und beschirmt. Lasset uns anbeten und knieen vor dem Herrn, und niederfallen vor Ihm. Denn Er ist unser Gott, und wir sind das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand. (Charles Haddon Spurgeon)
5:5 Und er wird unser Friede sein. Wenn Assur in unser Land fällt und in unsre Häuser bricht, so werden wir sieben Hirten und acht Fürsten wider ihn bestellen,
5:6 die das Land Assur verderben mit dem Schwert und das Land Nimrods mit ihren bloßen Waffen. Also wird er uns von Assur erretten, wenn er in unser Land fallen und in unsre Grenzen brechen wird.
5:7 Und es werden die übrigen aus Jakob unter vielen Völkern sein, wie ein Tau vom HERRN und wie die Tröpflein aufs Gras, das auf niemand harrt noch auf Menschen wartet.
Wenn dies wahr ist von dem buchstäblichen Israel, so ist es viel mehr noch wahr von dem geistlichen Israel, dem gläubigen Volke Gottes. Wenn Heilige das sind, was sie sein sollten, so sind sie ein unberechenbarer Segen für die, unter denen sie zerstreut sind.
Sie sind wie der Tau, denn in einer ruhigen, nicht zudringlichen Weise erfrischen sie die, welche um sie her sind. Stille, aber wirksam fördern sie Leben, Wachstum und Freude derer, die mit ihnen zusammenwohnen. Frisch vom Himmel kommend, schimmernd wie Diamanten in der Sonne, dienen begnadigte Männer und Frauen den Armen und Geringen, bis jeder Grashalm seinen eignen Tautropfen hat. Klein als einzelne, sind sie doch, wenn vereinigt, allgenügend für die Zwecke der Liebe, die der Herr durch sie erfüllt. Tautropfen bewirken die Erfrischung breiter Äcker. Herr, mache uns gleich dem Tau!
Es gibt auch Schauer, die auf Gottes Geheiß kommen ohne des Menschen Genehmigung und Verstattung. Sie wirken für Gott, ob Menschen es wünschen oder nicht; sie bitten ebensowenig um Erlaubnis, wie der Regen es tut. Herr, mache uns so kühn und schnell in Deinem Dienste, wo immer auch unser Los gefallen ist. (Charles Haddon Spurgeon)
5:8 Ja, die übrigen aus Jakob werden unter den Heiden bei vielen Völkern sein wie ein Löwe unter den Tieren im Walde, wie ein junger Löwe unter einer Herde Schafe, welchem niemand wehren kann, wenn er dadurch geht, zertritt und zerreißt.
Es sind große Hoffnungen, welche der Prophet in diesen Worten seinem Volke kundthut, für die Zeit, wo der Messias erscheinen wird. Aber wahrlich, nicht blos erfüllt, übertroffen worden sind diese Hoffnungen und Verheißungen in der Wirklichkeit, so wahr Jesus Christus ein viel erhabener König ist, als Israel den verheißenen irdischen Messias sich dachte. Wir mögen auf die Person des Herrn, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist, oder auf den Umfang seines Reiches, das nicht ein einzelnes Volk, sondern die ganze Menschheit beglücken soll, oder auf die Segnungen, welche es seinen Genossen spendet, oder auf die Dauer, womit es in die Ewigkeit hinüberreicht, unsere Betrachtungen lenken, in jeder dieser Beziehungen müssen wir Gott preisen, daß Er, als die Zeit erfüllet war, seinen Sohn gesendet, daß Er den Herrn der Engel unter die Engel erniedrigt, den Schöpfer und Herrn aller Dinge zum Menschen als einen Menschen hat kommen lassen. Deine Hand wird siegen rief der Prophet, seinem durch die Prüfungen der Gefangenschaft zur Anbetung zurückgeführten Volke zu; das Reich des Messias wird über alle Feinde, irdische und geistige, triumphiren, ob es gleich zu erliegen scheint, tröstet er dasselbe. Und die Geschichte der christlichen Kirche zeigt uns die herrliche Erfüllung dieser Verheißung. Die heilige Macht, welche die ewige Wahrheit, Christus, über das menschliche Herz ausübt, verbürgt uns ihren gewissen Sieg. Noch immer gleichen alle Gläubigen und Frommen, ob auch ihr Häuflein noch geringer wäre als damals, dem Grase, auf welches der Thau und Regen des Himmels fällt; und unter ihren Widersachern den Löwen. Dieser Schaar anzugehören, über die der Herr seine Hand hält und welche zuletzt den Sieg behalten wird, das ist die Aufgabe unseres Lebens. Dann wird das Reich Gottes zu uns komme und bei uns bleiben ewiglich! Hilf uns dazu, treuer Gott, und erfülle auch an uns in diesem Advent Deine großen Verheißungen. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)
5:9 Denn deine Hand wird siegen wider alle deine Widersacher, daß alle deine Feinde müssen ausgerottet werden.
5:10 Zur selben Zeit, spricht der HERR, will ich deine Rosse von dir tun und deine Wagen zunichte machen;
5:11 und will die Städte deines Landes ausrotten und alle deine Festen zerbrechen.
5:12 Und will die Zauberer bei dir ausrotten, daß keine Zeichendeuter bei dir bleiben sollen.
5:13 Ich will deine Bilder und Götzen von dir ausrotten, daß du nicht mehr sollst anbeten deiner Hände Werk.
5:14 Und will deine Ascherabilder zerbrechen und deine Städte vertilgen.
5:15 Und will Rache üben mit Grimm und Zorn an allen Heiden, so nicht gehorchen wollen.