Magnus, Albertus - Das Anhangen an Gott - Das 5. Capitel.

Von der Herzens-Reinigkeit, deren man vor allem nachjagen muß.

Wenn du auf sichere Tritte, ja kürzlich und eiligst, auf dem Wege des Lebens zu gelangen dich bemühest; so seufze immer fleißig nach wahrer Herzens-Reinigkeit, nach Verklärung des Gemüths, und nach Ruhe der Sinnen und allen Kräften des Geistes. Sammle alle Neigungen des Herzens in das Innigste zu Gott. Entziehe dich von allen äussern Geschäften und Gesellschaften, die dir in diesem guten Vorsatz können verhinderlich seyn. Suche allezeit Zeit und Weise, um Ruhe zur Beschaulichkeit zu finden, und solches in lauter Stillschweigen. Fliehe aus dem Schiffbruch der gegenwärtigen Welt, und vermeide ihre verwirrte Geschäfte. Um deswillen befleißige dich der Herzens-Reinigkeit und Ruhe, damit du dich allezeit mit verschlossenen leiblichen Sinnen zu dem Innersten wenden mögest. Ja laß die Herzens-Thür veste verriegelt seyn, damit die Bilder der irdischen Sachen nicht eindringen mögen. Denn des Herzens-Reinigkeit besitzt unter allen geistlichen Uebungen und deren Früchten den obersten Platz. Hie ist das endliche Ziel und gleichsam Wiedervergeltung aller Arbeit, die ein wahrer Nachfolger Jesu Christi in seiner Gnade auf sich nimmt. Dahero befreye dein Gemüth mit allem Fleiß von allen solchen Sachen, auch in gutscheinenden weltlichen Geschäften, die dich können beflecken, verdunklen und verwirren. Bearbeite dich emsig, alle Herzens-Begierde auf das eine, wahre, einwesige und vortreffliche Guth zu lenken. Alle Geistes-Kräfte werden und bleiben in dem Innigsten versammlet, um Gott allein mit ganzem Gemüth anzuhangen, und mit beygesetzter aller irdischen Gebrechlichkeit dasselbe ganz zu Jesu zu lenken, und ihm ähnlich zu machen. Wenn du dich also von allen Welt-Bildern, Sorgen, Geschäften ganz entäusserst und reinigest, hingegen immer näher und inniger mit grossem Vertrauen zu der göttlichen Quelle zuankerst; so wirst du schöpfen und kosten den Brunnen des göttlichen Wohlgefallens in allen deinen Anliegenheiten. Weil du Gott in solchem lautern Willen mit deinem Verstand vereiniget findest; so kann dir dieses zur Ausübung der Liebe Gottes und des Nächsten gnug seyn, wie nemlich die Gabe des Heil. Geistes dich lehret, daß du aller Bücher entbehren kannst. Mache nur dein Herz mit allem Fleiß recht einfältig, daß du von allen Bildern unbeweglich und ruhig abgekehrt seyst und bleibest. Du must innerlich allezeit bey dir in dem Herren stehen, als wenn deine Seele schon in der Ewigkeit, d.i. in Gottes Anschauen, stünde. Du must dich aus Liebe zu Jesu mit reinem Herzen, mit gutem Gewissen, mit vesten und nicht erdichteten Glauben, ganz verlassen, und also Gott ganz übergeben in allen Trübsalen und Anliegenheiten, daß du nichts anders begehrest, als seinen Willen in allem zu thun und zu leiden. Damit dieses immer völliger geschehe, so ist nöthig, daß du immer aufs neue wieder in dein Herz einkehrest, dich immer aufs neue von allen andern Vorwürfen befreyest, den Verstand von irdischen Bildern auch behütest, den Willen von vergänglichen Sorgen abziehest, hingegen dem höchsten und wahren Guth allezeit auf das neue steiffer anzuhangen arbeitest. Du must die innerste Gedanken und Sinnen des Geistes immer höher empor schwingen, um also ganz bey dem alleinigen wesentlichen Guth unbeweglich zu verharren. Endlich wird also deine Seele mit allen ihren Kräften in Gott versammlet ein Geist mit ihm werden, ja erkennen und betasten, daß darinnen die höchste Vollkommenheit dieses Lebens bestehe. Dieses ist die Einigkeit des Geistes und die wahre Liebe, dadurch der Mensch mit allen Begierden dem obern und ewigen Willen Gottes gleichförmig wird, was Gott von Natur ist. Dabey ist zu merken, ja zu erfahren, daß in dem Augenblick, in welchem der Mensch durch Gottes Hülfe seinen Willen übergeben und überwinden kann und will, d.i. seine unordentliche Neigungen verläugnen, er Gott so nahe und wohlgefällig wird, und er ihm alle Gnade mittheilet, durch welche er solche Macht und Gewißheit des Glaubens und Liebes-Brünstigkeit empfindet, welche alle Zweifel und Furcht vertreibt, und die Hoffnung und Vertrauen auf Gott gründet. So ist denn nichts seliger, als dem alles zu befehlen, in welchem kein Mangel ist. Wie lange bauest du und stehest auf dir selbst, da du so bald erliegest? Wirf dich ganz und mit grosser Zuversicht zu Gott, er wird dich aufnehmen, heilen, führen, erretten. Wann du dieses stets in dir mit Wahrheit wiederholest und erneuerst, so wirds dir zum seligen Leben, auch schon hier, förderlicher seyn, als aller Reichthum, Ehre, Herrlichkeit, Weisheit der betrüglichen Welt, wann du auch darinnen übertreffen solltest alle, die jemalen gelebet haben.

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