Luger, Friedrich - Der Brief des Jakobus - Siebente Betrachtung.

Luger, Friedrich - Der Brief des Jakobus - Siebente Betrachtung.

Ohne ein reines Herz und eine reine Zunge, ohne reine Werke und reinen Wandel kein reiner und unbefleckter Gottesdienst.

Über Jak. 1, 26. 27.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesu Christo! Amen.

Jak. 1, 26. 27:

“So aber Jemand sich lässt dünken, er diene Gott, und hält seine Zunge nicht im Zaum, sondern verführt sein Herz; des Gottesdienst ist eitel. Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen, und sich von der Welt unbefleckt behalten.“

„Wer aber durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit, und darinnen beharrt, und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter, derselbige wird selig sein in seiner Tat.“ Das waren die Worte des Jakobus im 25. Verse. Und derselbige allein, fährt er fort, ist ein rechter Gottesdiener, bereit und geschickt, sich selbst und Alles, was sein ist, dem Gott, des er ist, und dem er dient, in willigem Gehorsam zum Opfer zu bringen. Anders, wenn nicht das Herz Gottes ist, und das ganze Leben in Wort, Werk und Wandel von der Liebe zu Gott und dem willigen Gehorsam gegen ihn getragen und erfüllt ist, was ist es um all euer Gottdienen, und was sind all euere Gottesdienste vor ihm!

Ohne ein reines Herz und eine reine Zunge, ohne reine Werke und reinen Wandel kein reiner und unbefleckter Gottesdienst!

Das denn der Gegenstand unserer heutigen Betrachtung.

1.

Wir denken, wenn wir von Gottesdiensten reden, meist nur an unsere Versammlungen im Hause des Herrn, zu welchen wir zusammenkommen, um vor ihm anzubeten, und uns an der Predigt seines Wortes zu erbauen. Jakobus freilich meint mehr als das; er denkt an den Gottesdienst unseres ganzen Lebens. Aber sei es, dass wir das Wort zunächst in jenem beschränkteren Sinne fassen; in wie fern nennen wir sie denn Gottesdienste, diese unsere Versammlungen im Hause des Herrn? Doch nicht so, als dürften wir meinen, Gott damit einen Dienst zu erweisen, dass wir kommen, um vor ihm anzubeten, und Erbauung in der Predigt seines Wortes zu suchen. Erweist er doch vielmehr uns den allergrößten Dienst, wenn er es uns aus Gnaden vergönnt, die Opfer unseres Danks und unserer Anbetung vor ihm darzubringen, und in der Predigt seines Wortes Erquickung zu suchen für unsere Seelen. Aber eben darum, was sollen unsere Gottesdienste im Hause des Herrn, wenn wir sie anders als mit diesem Verlangen besuchen? Was soll vor dem allwissenden, heiligen Gott, welcher Herzen und Nieren prüft, und ins Verborgene sieht, ein Kirchgang oder Abendmahlsgang, der nicht in dem lauteren Drange einer nach Gott, dem lebendigen Gott, dürstenden Seele geschieht, sondern etwa um des Urteils der Menschen willen, oder in dem eitlen Wahne, damit etwas vor Gott Verdienstliches zu tun? Auch hier gilt es: „Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen!“ (Matth. 5,8.) Und wer sein Herz verführt, und anders, als in solchem lauteren Drange desselben vor Gott kommt, des Gottesdienst ist eitel, ob er sich auch für viel frömmer hält, als Andere, die nicht in unsere Versammlungen kommen, und sich dünken lässt, dass er Gott viel treuer und eifriger diene, denn sie. Das ist es darum vor Allem, was Gott an denen sucht, die ihn suchen, dies lautere Verlangen eines heilsbegierigen Herzens, das zu ihm naht in der demütigen Erkenntnis der eigenen Schuld, und seine Gnade in einfältigem Glauben ergreift, und, durch die Erquickungen seines Wortes getröstet, von seinem Angesichte wieder hinweggeht mit einem: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ (Ps. 103,2.) Das sind die reinen Herzen, welche Gott von denen fordert, die ihm dienen wollen. Ohne diese Reinheit des Herzens kein reiner und unbefleckter Gottesdienst!

2.

Wo aber das Herz so zu Gott gerichtet ist, wie sollte da nicht der Mund überfließen von dem, des das Herz voll ist! „Ich glaube; darum rede ich!“ (Ps. 116,10.) „Wir können es ja nicht lassen, dass wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben.“ (Apg. 4,20.) Wohl darum Jedem, dem es vergönnt ist, wenn er bewegten Herzens aus dem Hause Gottes heimkehrt, eine gleichgestimmte Seele zu finden, zu welcher er reden kann von dem, was seine eigene Seele erfüllt; und nun das eigene Haus ein Haus Gottes, da die durch das Wort der Wahrheit Gesättigten und Erquickten noch einmal mit einander Gott loben können für Alles, was er aus Gnaden an ihnen getan hat! Und selig der Christ, den es dann aus dem eigenen Hause wieder hinaustreibt zu den Hütten der Armut, in ein Trauerhaus, an ein Krankenlager, die Friedensbotschaft auch zu denen zu tragen, welche das Wort des Predigers im Hause des Herrn nicht erreichte, um in seinem Dienst und Namen die Mühseligen und Beladenen zu ihm zu weisen, dass er sie erquicke. Das sind reine und unbefleckte Gottesdienste vor Gott, dem Vater, wo so der Mund seiner Kinder von dem überfließet, dessen das Herz voll ist!

Aber wie oft und wie leicht, dass es nicht also geschieht, dass unsere Häuser auch am Tage des Herrn eitlen Geschwätzes, ja des Zanks und des Haders voll sind, und wir die Segensfrucht unserer Gottesdienste im Hause des Herrn uns durch Zungensünden selbst wieder verderben!

„So aber Jemand sich lässt dünken“, schreibt darum Jakobus, „er diene Gott, und hält seine Zunge nicht im Zaum, und verführt sein Herz, des Gottesdienst ist eitel.“ Auch sonst warnt dieser Knecht Gottes und des Herrn Jesu Christi in seinem Briefe ernstlich vor Zungensünden. Wir betrachteten bereits sein Wort im 19. Verse dieses Kapitels: „Darum, liebe Brüder! Ein jeglicher Mensch sei schnell zu hören, langsam aber zu reden, und langsam zum Zorn!“ Noch ernster und gewaltiger sind die Worte, mit welchen er hernach im dritten Kapitel vor dem Missbrauch der Zunge warnt, indem er ausruft: „Durch sie loben wir Gott, den Vater, und durch sie fluchen wir den Menschen nach dem Bilde Gottes gemacht; aus einem Munde geht Loben und Fluchen. Es soll nicht, liebe Brüder! also sein. Quillt auch ein Brunnen aus einem Loche süß und bitter?“ (Kap. 3,9-11.) Oder wie können eure Gottesdienste dem Herrn gefallen, wenn ihr kaum für die Zeit des Gebets, der Versammlung in seinem Hause, eure Zunge im Zaum haltet, und euch schon auf dem Heimwege den Segen des Kirchgangs in eitlem Geschwätz wieder verdirbt, oder mit der vorigen Schärfe und Bitterkeit des Urteils die Brüder richtet?

Aber Jakobus denkt bei seinen Worten noch an eine besondere Art von Zungensünden, vor welcher er seine Leser warnen will. Sein Brief ist zunächst an Juden gerichtet, freilich an Juden, welche an den Herrn Jesum gläubig geworden waren, aber denen es dennoch schwer ward, von der Art des jüdischen Volkes zu lassen, welches sich etwas darauf wusste, das erwählte Volk Gottes zu sein, und die anderen Völker neben sich verachtete, und darum immer wieder der Versuchung erlag, mit fleischlichem Eifer für die Ehre Gottes und das väterliche Gesetz zu streiten. Wie nahe lag da für diese an den Herrn Jesum gläubig gewordenen Juden die Gefahr, sich auch also in fleischlichem Eifer über ihre ungläubig gebliebenen Volksgenossen, wie über die heidnische Welt zu erheben! Dem vor Allem tritt das warnende Wort des Jakobus entgegen.

So geht es denn recht eigentlich unter uns diejenigen an, die an den Herrn Jesum aufrichtig glauben, und sein Wort lieb haben, denen es darum Ernst damit ist, den Tag des Herrn zu heiligen, und sich den Segen desselben und seine gottesdienstliche Feier nicht durch die Welt und ihre Verachtung des Wortes Gottes und ihre Entheiligung des Feiertages verkümmern zu lassen. Wahrlich, leicht macht die Welt es dem Christen nicht, sich vor fleischlichem Eifer zu hüten, und seine Zunge im Zaum zu halten, wenn er sieht, wie die Spuren der Verachtung des Wortes Gottes und der Entheiligung des Feiertages auch am Tage des Herrn, wenn er kaum das Haus Gottes verlassen hat, ihm auf jedem Schritte begegnen; und wer mag dem Wort des Zeugnisses für die Wahrheit und das gute Recht unseres Christenglaubens wehren gegenüber dieser offenen Feindschaft gegen die Wahrheit oder dieser fast noch schlimmeren Gleichgültigkeit und Lauheit derer, welche weder kalt noch warm sind? Nur dass das Wort der gerechten Klage und des berechtigten Zeugnisses für die Wahrheit nicht zum fleischlichen Eifer, zum Eifer mit Unverstand, werde! Aus welcher Quelle fließt deine Klage über die gottlose Welt und ihr Verderben? Fließt sie aus deinem Schmerze über den Undank der Welt gegen Gottes Güte, aus deiner Sorge und deinem Gram über das drohende Verderben, das Gottesgericht, welchem die Welt in ihrem Unglauben und in ihrer Verachtung des Wortes Gottes entgegenreift? Ist dein Eifer der Eifer heiliger Liebe? Anders, wenn ihr für euch selbst und eure eigene Ehre, in Zorn und Bitterkeit eifert, ist euer Gottesdienst eitel, mit wie starken Worten ihr euch auch wider die gottlose, ungläubige Welt ereifert.

3.

Ohne ein reines Herz und eine reine Zunge, aber auch ohne reine Werke kein reiner und unbefleckter Gottesdienst.

Ein rechter Gottesdiener muss als ein solcher auch in allen seinen Werken offenbar werden. Dazu ruhen wir am Tage des Herrn von unserer Arbeit, dass wir aus dem Worte Gottes neue Kraft und Weihe schöpfen, immer mehr jedes Werk unseres Lebens als einen Gottesdienst zu verrichten, und „Alles, was wir tun mit Worten oder mit Werken, zu tun in dem Namen des Herrn Jesu, und Gott und dem Vater durch ihn zu danken“. (Kol. 3,17.) Soll doch auch die geringste Magd es immer mehr lernen, ihres Dienstes als eines Gottesdienstes zu warten in dankbarer Liebe gegen Gott und in kindlichem Gehorsam gegen seinen Willen. Je mehr aber Gottes Wort uns das Herz weit, und die Zunge bereit gemacht hat zum Lobe Gottes, um so mehr muss auch die Hand willig werden zu Werken und Gaben der Liebe, und neben den Lobopfern unseres Danks und unserer Anbetung dürfen die Opfergaben der helfenden, barmherzigen Bruderliebe nicht fehlen. „Wohlzutun und mitzuteilen vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott wohl!“ (Hebr. 13,16.) Und wer im Haus Gottes, unter der Predigt seines Wortes, unter den Lobgesängen zu seinem Preise nicht williger wird zu solchen Opfern barmherziger Bruderliebe, der verführt sein Herz „und betrügt sich selbst und sein Gottesdienst ist eitel“. Aber ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen“, im Namen dessen, der der Waisen Vater und der Witwen Richter ist, der leiblich, wie der geistlich Verwaisten, Verlassenen, derer, die noch nicht wissen von dem, der der rechte Vater ist über Alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden, wie derer, die nicht mehr von ihm wissen, oder von ihm nicht wissen wollen, und aller derer, denen um Trost bange ist in ihrer Trübsal, in werktätiger Liebe und Hilfe sich anzunehmen.

Freilich, was sollen alle Gaben der Liebe, wenn sie nicht in Liebe gegeben werden, und alle Werke der Liebe, wenn sie nicht in Liebe getan sind? Wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe, und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre es mir nichts nütze“. (1 Kor. 13,3.) Das ist kein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater: Werke der Liebe ohne Liebe zu tun, um des Lohns willen vor Gott, oder um der Ehre willen bei den Menschen; Gaben der Liebe zu geben, bei denen, während die Hand sich auftut, das Herz verschlossen bleibt. Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist es vielmehr: Wohltun aus reinem Herzen und aus lauterer Dankbarkeit gegen Gott, in barmherziger Bruderliebe. Als Priester Gottes dürfen wir in sein Heiligtum eingehen, um vor ihm anzubeten, und aus seiner Fülle Gnade um Gnade zu nehmen; als Priester Gottes gehen wir wieder hinaus von seinem Angesichte, Segen spendend unseren Brüdern, und einander dienend, ein Jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter seiner mancherlei Gnade.

4.

Und als Priester Gottes gehen wir in die Welt hinaus, und durch die Welt, nicht der Welt, sondern dem Herrn, unserem Gotte, in der Welt zu dienen berufen, mit den Weinenden weinend, mit den Fröhlichen uns freuend, nichts Menschliches uns fremd achtend, und doch unberührt von der Eitelkeit und Lüge, den Verführungen und dem trügerischen Scheine der Welt, in der Welt, aber nicht von der Welt, und nicht für die Welt lebend. „Denn ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen, und sich von der Welt unbefleckt behalten“.

„Von der Welt unbefleckt!“ O, leicht ist das doch nicht, liebe Brüder! Wie Mancher, der am Morgen des Sonntags gegen die Welt eiferte, hat das zum Schaden seiner Seele vor Abend erfahren! Sind wir doch nicht bloß im Getümmel des Marktes, in mitten der eitlen Pracht und rauschenden Lust der Welt, von Versuchungen der Welt umgeben, und in Gefahr, durch die Welt befleckt zu werden. Wir haben eine Welt voll versuchlicher Lust in uns selbst, ein Jeglicher in seinem eigenen Herzen. Aber eben darum, im Kämmerlein, wie unter dem Geräusch der Welt, nur Herz und Auge empor zu ihm, der uns vor der Welt erwählt, und zum Volk seines Eigentums berufen. hat, in inbrünstigem Gebet, dass er uns vor den Befleckungen durch die Welt bewahre, und uns die Reinheit und Keuschheit des Herzens erhalte, in ernstem Streben, uns von jeder Befleckung durch die Welt vor ihm in Buße und Glauben zu reinigen zu neuer Reinheit des Herzens und des Wandels, bis wir aus der Welt zu ihm kommen, aller Gefahr der Befleckung durch sie nun ewig entnommen, um mit Allen, die ihre Kleider helle gemacht und gewaschen haben in dem Blute des Lammes, aus reinen Herzen, mit reinen Zungen seinen Namen zu loben, und ihm zu dienen, und seine schönen Gottesdienste zu schauen im himmlischen Heiligtume, bis wir singen mit Gottes Heer: Heilig, heilig ist Gott der Herr!

Und schauen Dich von Angesicht
In ew'ger Freud und sel'gem Licht! Amen.

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