Hörschelmann, Paul Eduard - Dritter Advent Im Reiche Gottes hängt alles von der Treue ab.

Hörschelmann, Paul Eduard - Dritter Advent Im Reiche Gottes hängt alles von der Treue ab.

Altar-Gebet

So finde er Jeden unter uns auch einst durch Deine Gnade, ewiger und barmherziger Gott! Das erflehen wir von Dir heute, da Deine Macht und Treue uns diesen Einen Tag zu unserer Gnadenzeit hinzufügt, und Dein teures, heiliges Evangelium uns abermals verkündigt werden soll, um das Reich Deines lieben Sohnes fester zu gründen in unseren Herzen und. in unserem Wandel. Wende uns seinen ganzen Segen zu, Du reicher Geber aller heiligen Güter, in dem wir Alles haben, was wir an Leib und Seele bedürfen, und dem wir täglich und stündlich zu danken haben, für alle Deine Gnadengaben, die Du uns zugewandt hast, als allmächtiger Schöpfer unseres Lebens und Vater aller Dinge, und als Erlöser Aller, die Dich auf Erden anrufen, in Deinem eingeborenen Sohne, unserm Herrn Jesu Christo, und als der da heiligt die Gläubigen allzumal durch Kraft des Heiligen Geistes, ausgesandt uns zum Trost und zur Lehre und zur Kräftigung im Dienste Deines Reiches. Fördere denn auch heute dieses Dein Werk an unseren Seelen, dass sie Deinen Frieden lieben und ihn suchen lernen mit Ernst und frommer Treue! - Ach, Herr! den Mangel frommer Treue und des rechten Ernstes für Dein Reich bekennen wir auch heute vor Deinem Thron! bekennen die Sünde, die vielfach dadurch in unser Leben eingetreten ist und unsere Herzen schwer belastet, und bitten Dich: vergib sie uns in Jesu Christo, damit wir in Deiner erneuerten Gnade auch die Kraft gewinnen, Dir mit neuem Gehorsam dienen und Deinem Reiche alle unsere Treue weihen. Erhöre uns um Jesu Christi Willen! Amen.

Predigt über 1. Kor. 4,1-5.

Darf denn ein Mensch so sprechen, wie es hier gelautet hat? Ziemt sich denn uns, bei unserem dürftigen, schwankenden, vielfach getrübten Leben in Christo, solche rein freudige Aufblicke zu tun, als hier geschehen, und einen Himmel für uns offen zu sehen mit seiner Seligkeit, mit seinem Trost und Frieden. Wo nimmt denn Jemand von uns die süße Ruhe, bei dem Gedanken an den, der da kommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten, noch von einem Lohne zu träumen, der ihm zufallen könnte und das aus einer Hand, die heilig und rein ist? - Da siehe doch Dein Leben darauf an, Dein ganzes Werk und Wesen, wer Du auch sonst seist unter den Kindern der Zeit, oder wie hoch sie Dich stellen im Reiche Gottes, ob Dir dabei jemals anders zu Mute werden könne, als wie, nach dem Worte des Herrn zu erwarten steht, da Er spricht: Wenn Ihr nun Alles getan habet, was Euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, das wir zu tun schuldig waren! So lange das unser Schmerz im Leben ist, mit Paulus sprechen zu müssen: Wollen habe ich wohl, aber Vollbringen das Gute finde ich nicht!- und so sprechen zu müssen, die Augen mögen hingehen, in welche Kreise Deines Lebens es auch sei, so wird sich auch, wo wir von einem Lohne reden hören, desselben Apostels Wort uns in den Weg drängen, da es heißt: Ja! lieber Mensch, wer bist Du denn, dass Du mit Gott rechten willst! - Es ist nicht fein, aus Einem Munde Beides gehen zu lassen, nämlich das tägliche Gebet und Flehen: Herr! gehe nicht mit mir ins Gericht! und daneben doch auch bisweilen das Wort: Herr, reiche mir nun meinen Lohn dar!

Das soll kein Tadel sein für den Sänger des Liedes, sondern eine Warnung für die, die es ihm nachsingen. Der brauchte zwar auch das übellautende Wort, aber in seinem Munde hatte es seine Bedeutung verloren und sollte nichts sein, als ein freies Geschenk der Gnade Gottes, in der gläubigen Hoffnung von ferne her erschaut, auf welche wir Alle bauen und bauen dürfen, dass Jesus Christus in die Welt gekommen ist, und hat sein Leben uns zum Pfand gegeben, dass wir Gottes Gnade hätten! Ja! so söhnen wir uns aus mit diesem Worte! So duldest Du es auch in unserem Munde, Du unser Herr und Richter! Bist Du nur allzeit unsere Zuversicht, und lässt die Seele nur von Dir im Glauben nicht, so wirst Du es machen, weit über Alles, was wir bitten und verstehen und verdienen! In Deine Hände befehlen wir unseren Geist und Dir zum Eigentume geloben wir unsere Herzen. Mache Du, Herr, dass sie stets in der Treue gegen Dich erfunden werden mögen, und lass nach Deiner Gnade und Barmherzigkeit diese allen unseren Mangel vor Dir bedecken! Amen!

Auch zu solchen Gebeten würde es uns an Mut gebrechen, flößte nicht das Gotteswort uns denselben ein! Wir haben aber ein solches, welches uns gerade zur Feier des dritten Advent- Sonntages in unserer Festepistel entgegen tritt, die zu lesen ist:

1. Kor. 4,1-5.
Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener und Haushalter über Gottes Geheimnisse. Nun sucht man nicht mehr an den Haushaltern, denn dass sie treu erfunden werden. Mir aber ist's ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde, oder von einem menschlichen Tage, auch richte ich mich selbst nicht. Ich bin mir wohl nichts bewusst, aber darinnen bin ich nicht gerechtfertigt: Der Herr ist es aber, der mich richtet. Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr komme, welcher auch wird ans Licht bringen, was im Finstern verborgen ist, und den Rat der Herzen offenbaren, alsdann wird einem jeglichen von Gott Lob wiederfahren.

Ihr seht, Geliebte, aus diesen Worten des Apostels seht Ihrs aufs Neue, was vielfach unserer Seele großer Trost, wenn auch noch lange nicht der einzige oder höchste ist, nämlich, dass im Reiche Gottes Alles von der Treue abhängt.

Bevor wir den Gedanken weiter entwickeln und die darin ruhenden Schätze christlicher Erbauung uns aneignen, lasst mich nur Eines vorausschicken, zur Verwahrung und Verwarnung dawider, dass nicht Jemand glaube, wir führten durch dieses Wort im Reiche Gottes nur eine Münze vom neuen Gepräge ein statt der alten, durch das Evangelium für ungültig erklärten, welche die Welt sonst in die Hand nahm, um sich das Reich Gottes mit seinen Freuden, seinem Frieden und seiner Seligkeit zu erkaufen. Damals war alles Vertrauen auf die Werke gesetzt, sogar auf die, so der Mensch abtun und erfüllen kann, ohne einmal mit dem Herzen dabei zu sein, wenigstens auf solche, die aus den natürlichen Regungen eines noch nicht völlig verhärteten und verstockten Herzens hervorgegangen waren, ohne alle Rücksicht darauf, welcher Geist über den Tiefen desselben schwebte, und ob es irdische oder himmlische Kräfte waren, die sich drinnen regten. Meinst Du die hätten bestehen können vor dem Flammenauge des Gottessohnes? Siehe die Blumen auf dem Felde an; wenn sie in der Dürre stehen, so heben sie wohl auch für eine kleine Zeit ihre welkende Häupter auf, wenn eine stille Nacht sie mit Perlen des Taues bestreut hat; trifft aber der Senne heißer Strahl sie, so ist es mit der Hoffnung aus, und auch die letzte, arme Blüte fällt dahin. Sind sie aber gewurzelt in einem Erdreich voll treibender Kraft, die ihm der Himmel gegeben hat, so färbt derselbe Strahl sie nur noch schöner, als zuvor. So sind die guten Werke auch, je nachdem sie her sind; entweder von außen Deinem Leben angesetzt, als sein Schmuck und seine Zierde, oder von innen hervor getrieben, durch himmlische Kräfte, durch Kraft des Gotteswortes, durch Kraft der Gemeinschaft mit dem Gottessohne, durch Kraft des heiligen Gottesgeistes. Ja! da mögen sie wohl bestehen und sich immer schöner vollenden, nur dass Dir dabei stets im Gedächtnis bleibe, dass sie dann nicht Deine Werke sind, sondern Gottes, dessen, der da heißt ein Gott des Friedens, der allein Euch fertig macht in allem guten Werk, zu tun seinen Willen, und in Euch schafft, was vor ihm gefällig ist durch Jesum Christum! In diesem ist Deiner Seele einziger oder höchster Trost. Hast Du Ihn nicht in völligem Glauben bei Dir wohnend und in Dir wirkend, waltend und regierend, so ist Deine Hoffnung ewig eine eitle, ob Du sie auch bautest auf eine noch so große Summe Deiner Werke, die ja doch, so lange sie bloß Dein sind, weder an Zahl, noch an Art, weder an Umfang noch an Inhalt Dem genügen können, der allein heilig ist, ja wirklich Dir selbst nicht genügen in jeder schöneren ernsteren Stunde Deines Lebens, wenn Du im Lichte des Evangeliums Dein Leben und Wesen betrachtest; oder wenn sich Dein Auge eben an dem Anblick der Herrlichkeit geschärft und geläutert hat, die Dir in dem Sohne Gottes entgegen leuchtet. Wendest Du Dich nun ab mit Deinem Vertrauen von den Werken, die Dir selbst und Dir allein gelungen sind, und meinst, weil wir sagen: Im Reiche Gottes hängt Alles von der Treue ab! Du könntest durch erhöhte Treue den Mangel der Werke ersehen, so hast Du nur Werk gegen Werk vertauscht, und dienst unter einem andern Namen demselben Herrn, wie zuvor, nämlich Dir selbst, und hast wieder Dein Vertrauen auf Deine eigene Kraft gesetzt, nämlich auf die Kraft Deines Willens, was immer nichts Anderes ist, als sein Haus auf Sand bauen, wie das vorige auch darauf gebaut war. Unsere Meinung in der Sache konnte aber, so weit sie evangelisch ist, keine andere sein, als die, dass im Reiche Gottes in so fern Alles von der Treue abhängt, als nur nach dem Maße der Treue, die Du übst, die rechte Stellung für Dich gefunden sei gegen Welt und Himmel, gegen Gott und die Menschen. Lass Dich nicht wundern, dass wir auch für das Reich Gottes und in Beziehung auf seine Angelegenheiten von dieser deiner Stellung zu Welt und Himmel reden. Notwendig ist es nicht, dass Beide in dieser Rücksicht einander feindlich entgegen gesetzt wären, wie Viele wähnen. Die Welt ist ja des Herrn und der Himmel ist sein. Jene trägt die Spuren seiner Herrlichkeit dem leiblichen Auge sichtbar an sich, und dieser enthüllt sie dem, aus dem Himmel stammenden Geiste, in einer Klarheit und in einem Lichte, das uns überwältigt, wenn wir aus dem irdischen Dunkel in dieses Meer von Glanz einen Blick tun. Die Welt ist der Vorhof des Himmels, das arme, dürftige, aber liebe Elternhaus, die enge Schule, in welcher unser Geschlecht seines Daseins Kindheit und Jugend zubringt, unter strenger und mühseliger Übung, um sich geschickt zu machen für höhere Kreise. Aus der Welt nimmt und wählt Gott die Bürger seines Reiches, die ganze, selige Schar der Verklärten. Und dazu noch ist die Welt in ihrer Dürftigkeit geehrt, verherrlicht und geheiligt worden durch den Eintritt dessen in ihre Kreise und in die Gemeinschaft ihres Lebens, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden. Wäre es notwendig, dass in der Welt nichts Himmlisches gedeihen könnte, so hätte auch der Sohn Gottes, da Er unter uns wohnte, seine göttliche Herrlichkeit nicht in diesen Kreisen ungetrübt bewahren mögen, oder er wäre nicht allerdinge seinen Brüdern gleich geworden und nicht in die volle Lebensgemeinschaft derer eingetreten, die in der Welt sind, wovon das Eine und das Andere gleich sehr der Heiligen Schrift und unserem Glauben zuwider ist. Sondern die Feindschaft tritt erst da ein, wo Jemand die rechte Ordnung verkehrt; also wenn Dir die Welt Eins und Alles ist, wenn sie Dir aus des Daseins Wiege seine bleibende Stätte und sein Ziel geworden ist; wenn Dein Sinn, Dein Sein und Wesen nicht mehr ist ein freies, fröhliches unaufhaltsames Streben himmelan, nicht mehr vergleichbar dem Wuchse des kräftigen Stammes, welcher in der Erde wurzelnd, wo sein Keim hingelegt ward, doch die Krone emporhebt und Äste und Zweige mit ihren Blüten und Früchten, dem Himmel entgegen treibt, sondern vergleichbar ist dem verächtlichen Kraute, dessen Schößlinge alle im Staube kriechen und die Erde ängstlich umschlungen halten. Von solchem Sinne und Wesen gilt des Apostels Wort: Wisst Ihr nicht, dass der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist! Drum ermahnt er und spricht: Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist, denn so Jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters! So gibt es also in der Welt eine Stellung, die die rechte ist nach beiden Seiten hin, nämlich gegen Welt und Himmel. Und dass diese darin zu fassen sei, dass wir treu erfunden werden, das meinen wir, wenn wir sagen, im Reiche Gottes hänge Alles von der Treue ab. Beweis und Zeugnis für dieses Wort ist der Apostel in unserem heutigen Text, als welcher ja wohl wissen konnte, was uns für das Reich Gottes Not tue. Freier kann man wohl das Wort nicht dahin stellen, als er es hier tut. Denn nachdem er gesagt hat, wofür uns Jedermann zu halten habe, nämlich für Christi Diener und Haushalter über Gottes Geheimnisse, spricht er ohne alle Beschränkung: Nun sucht man nicht mehr an den Haushaltern, denn dass sie treu erfunden werden! - so dass sich dieses sein Wort gar nicht rechtfertigen ließe, wenn sonst noch etwas im Reiche Gottes über uns entschieden, und er hätte uns dasselbe dennoch an dieser Stelle verschwiegen, da er frei und öffentlich redet. Und umso weniger ist zu besorgen, er habe uns hier etwas vorenthalten, da wir ja ein gleich lautendes Wort aus dem Munde des Herrn selbst auch haben, welcher spricht: O! wie ein groß Ding ist's um einen treuen und klugen Haushalter, welchen der Herr setzt über sein Gesinde, dass er ihnen zu rechter Zeit ihre Gebühr gebe! So müssen wir wohl darauf bestehen, im Reiche Gottes hange Alles von der Treue ab, und nach dem Maße, als sie daran gesetzt und geübt ist, sei auch die rechte Stellung gefunden gegen Welt und Himmel, gegen Gott und die Menschen. Ja! gegen den zuerst, der auch des Himmels Herr und Haupt ist! Oder war es denn etwas anders, als eben diese Zuversicht, was den Apostel Paulus in unserm heutigen Text weit über alles Urteil der Menschen hinweg hob, so dass er es für ein Geringes achtete, von ihnen gerichtet zu werden! Was war denn seiner großen Freudigkeit Grund und Wurzel, mit welcher er sich dem Machtspruche der Welt über seine Tätigkeit im Reiche Gottes entnommen, jedem menschlichen Spruche unzugänglich und allein den Händen seines Herrn hierin überantwortet sah, ihn zu richten, wenn es nicht das war, was er eben zuvor gesagt hatte, dass an ihn, als den Haushalter über Gottes Geheimnisse nur eine Forderung von dem Herrn gemacht werde, die nämlich, dass er treu erfunden werde! Welche Hoffnung lebte ihm in seinem Herzen, wenn er freudig ruft: der Herr wird ans Licht bringen, was im Finstern verborgen ist, und den Rat der Herzen offenbaren! welche andere Hoffnung, als die, sein Herr werde das treue Herz zu erkennen wissen, dass er ihm darzubringen habe, werde zu scheiden wissen die Kraft von dem Rate, werde nicht die Erfolge messen oder wägen, sondern die Liebe für seinen Dienst und den treuen Sinn für seine Sache ansehen und danach ihn richten und ihm Lob widerfahren lassen! Und ob Du nun sagen wolltest: so baut also doch der Apostel, der nichts von sich wissen und rühmen will, auf sein Selbstwerk, auf den Ruhm seiner eignen daran gesetzten Treue, und lässt mich trostlos stehen, der ich so fern davon bin, ihm an Größe des Werkes und an reiner Treue für den Dienst des Herrn zu gleichen? so hast Du nur hierin Recht, dass er Dir weit voraus ist in Beidem, sonst aber in nichts. Er baut nicht auf sich, nicht auf sein Verdienst und Würdigkeit, sonst müsste er glauben, der Mangel der Werke, den er wohl fühlt, durch die daran verwandte Treue ersehen zu können. Mitnichten aber! Ersetzt wird solcher Mangel nicht durch die bewahrte Treue für die Sache; aber er wird nur bedeckt dadurch, und das tut nicht der Mensch, sondern sein himmlischer Richter, und tut es aus lauterer Gnade und Barmherzigkeit. Es ist Seine Ordnung, dass Er nicht mehr an seinen Haushaltern sucht, als dass sie treu erfunden werden; es ist seiner unendlichen Liebe Werk, dass er sich hierin genügen lassen will; gleich wie wir an dem Sohne einen Hohenpriester haben, der mit unserer Schwachheit Mitleid hat, so tut es auch der, der ihn zu uns gesandt hatte. Und wer ihm hierin fest vertraut mit völligem Glauben und alle Zweifel samt der Furcht von sich getan hat, der ist in seinem Glauben selig und vor ihm gerechtfertigt, weil er auf die Gnade des Herrn trauet und nichts in Anspruch nimmt, als seine Barmherzigkeit! und eine andere Stellung im Reiche Gottes gebührt Dir auch nicht gegen Welt und Menschen, was ferner zu erwägen war, wenn wir das Wort bedenken: Im Reiche Gottes hängt Alles von der Treue ab! Zwar weiß ich, gerade die Welt und die Menschen, sie wollen am wenigsten von diesem Worte wissen. Sie drängen sich dazu, auch im Reiche Gottes Richter zu sein Einer über den Andern, und weil sie nur Augen haben, zu sehen, was sich in Worten und in Werken, an Früchten und Erfolgen in lebendiger Wirklichkeit vor ihr Angesicht hinstellt, so glauben sie nicht, dass es überhaupt einen Dienst im Reiche Gottes gebe, dem sich die Herzen geweiht haben, wiewohl die sichtbaren Spuren davon entweder überhaupt noch nicht, oder noch nicht in solcher Fülle und Menge hervortreten, als ihre Schaulust sie verlangt. Gerade so geht es ja auch im Evangelio des heutigen Tages zu, dem unsere Epistel als Ergänzung dienen soll. War es denn etwas Anderes, als eben dieses, was Johannes den Täufer antrieb, aus dem Gefängnisse Boten zu senden und den Herrn zu fragen: Bist Du, der da kommen soll, oder sollen wir eines Andern warten? Zu sagen, wie man das oft hört: Er wollte seine, vor Warten der Dinge im Glauben ermüdenden Jünger stärken! kann doch kaum genügen, denn wie die Sachen standen, konnte wohl diesen kein anderes Wort noch eindringlicher und überzeugender sein, als ihres eigenen Meisters Wort und Erklärung. Aber in seinem dunklen Kerker war eine finstere Stunde über ihn gekommen, wie sie ja im Leben der Menschen mehr oder weniger oft wiederkehrt, da sich der fromme Glauben in seinem heiteren Lichte auf eine Zeit lang in der Seele trübt, da sich das Gemüt beklommen fühlt von einer inneren Verdunklung und der Geist sich für einen schweren und bangen Augenblick verlassen fühlt. Auch Männer Gottes haben solche Kämpfe zu bestehen, um sich durch Kampf und Sieg zu bewähren. Ihm schien die stille, und scheinbare Wirksamkeit des Herrn zu wenig für den Dienst im Reiche Gottes. Er verstand die verborgene und tief dringende Tätigkeit seines Herrn in den Seelen derer nicht zu würdigen, die zuerst bereitet wurden, zu Gehilfen seines Werkes. Ihm war verborgen der unermesslich reiche Schatz der Treue, der des Herrn ganze Seele ausfüllte, dass sie für nichts zu leben wusste, als für das Himmelreich, das er zu gründen gekommen war. Ihm fehlte noch der Anblick seiner Werke in der äußeren Welt, und die innere, die sich schon zu bilden anfing, um sich bald aufzutun vor allem Volke, war seinem Auge noch verschlossen. Er urteilte also, wie Welt und Menschen tun, die die Augen nach allen Seiten hinwenden und fragen: was ist denn nun geworden? da ja doch jedes Werden erst lange ein verborgenes ist, gleich dem Samenkorn in dem Schoß der treuen Erde, an welchem längst ein Werden stattgefunden hat, ehe das Auge was davon sieht. Wenn nun aber der Herr auf solche Frage dessen, der vor Ihm hergehen sollte, auch nichts Neues zu sagen hatte, als was Alle längst wussten, und Johannes mit ihnen, dass die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Tauben hören, die Toten auferstehen und den Armen das Evangelium gepredigt wird; wenn er sogar für jetzt auch nichts Neues und nichts Gewisses einmal zusagt, sondern nur spricht: Selig ist, der sich nicht an mir ärgert! so siehst Du wohl, wie er gegen Welt und Menschen auch auf nichts verweist, als auf die stille, unerkannte Treue, die ihm im Herzen wohnt für das Reich seines Vaters, und die in sich selbst Bürgschaft trägt, sie werde ihrer Zeit sich in Tat und Wirklichkeit in vollem Segen bewähren, und lernst an ihm, gleichwie an seinem Apostel, Dich selbst über das Urteil der Welt und der Menschen getrösten, bei dem bewahrten Kleinod der Treue für die heilige Sache. Bist Du Dir dessen bewusst, so lass Deine Seele stille sein, ob sich auch Viele an dir ärgern sollten. Der Welt und den Menschen zu genügen durch Tat und Werke ist ohnehin unmöglich! Sie wissen nichts, als über alle Kraft hinaus stets neue zu fordern! So halte denn an der Treue im Dienst des Reiches Gottes, halte daran mit stiller Seele und festem Mut! Mache Deine Rechnung auf des Herrn Gnade und Barmherzigkeit, denn Er nimmt die Treue in seinem Dienste an statt vieler Werke, die Dir noch nicht gelingen wollen! Lass Deines Herzens Wahlspruch sein: Meinen Jesum lass ich nicht! dann wird Er's wohl machen, und Dir helfen sein Reich bauen, um seinen Himmel zu erben.

Das wollest Du tun, Du Herr und Haupt des Reiches voller Frieden.

Schluss-Gebet.

Ja! wer's spricht und nach dem Worte tut, allezeit und mit Freudigkeit! Herr! hierin stehe Du uns bei! Wir wissen es, in Deinem Reiche hängt alles von der Treue ab! Du prüfst die Herzen, und erforschst, ob wir es redlich meinen, und weißt, ob sie an dir hangen oder sich einem andern Herrn zugewandt haben! Erhalte uns Dir bei Dir und lass Dein Wort in seiner ganzen Macht und Stärke in uns bleiben, damit wir Dir zum Eigentum zufallen mit aufrichtiger Freudigkeit der Herzen! In Dir sei unser Heil allein in Zeit und Ewigkeit! Amen!

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