Brenz, Johannes - Zweiter Advents-Sonntag.

Brenz, Johannes - Zweiter Advents-Sonntag.

1539.

Luk. 21,25-36.
Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne, und Mond, und Sternen; und auf Erden wird den Leuten bange sein, und werden zagen; und das Meer und die Wasserwogen werden brausen. Und die Menschen werden verschmachten vor Furcht, und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden; denn auch der Himmel Kräfte sich bewegen werden. Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen; so seht auf, und hebt eure Häupter auf, darum, dass sich eure Erlösung naht. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht an den Feigenbaum und alle Bäume. Wenn sie jetzt ausschlagen; so seht ihr es an ihnen, und merkt, dass jetzt der Sommer nahe ist. Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht angehen; so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist. Wahrlich, ich sage euch: Dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dass es alles geschehe. Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht. Aber hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen, und mit Sorgen der Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch; denn wie ein Fallstrick wird er kommen über Alle, die auf Erden wohnen. So seid nun wacker allezeit, und betet, dass ihr würdig werden mögt, zu entfliehen diesem allen, das geschehen soll und zu stehen vor des Menschen Sohn.

Wir haben am vorigen Sonntag gehört, dass diese Zeit nach öffentlichem Sprachgebrauch die Zukunft des Herrn genannt worden ist. Obwohl aber Heuchler diese Anordnung zum Aberglauben missbraucht haben, darum haben unsere Altvordern dennoch solchen Zeitabschnitt festgesetzt, damit es eine bestimmte Zeit gäbe, worin die Kirche belehrt würde über die Verheißungen der Zukunft Christi, sei es in das Fleisch, sei es zum Gerichte; damit wir nicht glaubten, die Religion des Christentums wäre eben erst entstanden, und damit wir bei dieser Gelegenheit zu der Sinnesänderung ermahnt würden, mit der wir Christum aufnehmen sollen, wenn er kommt. Es gibt aber eine zweifache und zwar öffentliche Zukunft Christi; denn insbesondere kommt er, wie man sagt, so oft Jemand auf Christum getauft wird und an ihn glaubt. Öffentlich nämlich ist er einmal gekommen in Niedrigkeit, geboren aus der Jungfrau Maria, als er gelitten hat, von den Toten auferstanden ist und sein Evangelium über den ganzen Erdkreis verbreitet hat. Und weil wir letzthin über diese erste, niedrige Zukunft Christi Etliches geredet haben, als wir vom Alter unserer Religion gemäß den Verheißungen des Alten Testamentes über die Zukunft Christi handelten: so wollen wir nun, meine Teuersten,

von der letzten Zukunft Christi

reden. Öffentlich wird Christus nämlich noch einmal in großer Herrlichkeit und Majestät kommen am jüngsten Tag, um zu richten die Lebendigen und die Toten.

Es ist aber notwendig, von solcher Zukunft mit Sorgfalt zu handeln. Denn die Frommen haben in den so großen Nöten dieser Welt, in solcher Unordnung und Verwirrung aller Dinge keinen anderen Trost, als den aus dieser Zukunft Christi, wodurch Alles in seine rechte Ordnung gefügt werden soll. Indem Paulus an die Thessalonicher schreibt, redet er von dieser Zukunft mit dem Zusatz: „So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.“ (1. Thess. 4,18.) Und ferner spricht er (2. Thess. 1,6.7.): „Es ist recht bei Gott, zu vergelten Trübsal denen, die euch Trübsal anlegen; euch aber, die ihr Trübsal leidet, Ruhe mit uns, wenn nun der Herr Jesus wird offenbart werden vom Himmel samt den Engeln seiner Kraft.“ Damit also die Frommen im Glauben und im Gehorsam des Glaubens erhalten bleiben, muss uns die Zukunft Christi in der Majestät immerdar vor Augen gestellt werden. Und obwohl die Gottlosen lachen, so oft von solcher Zukunft Christi die Rede ist, und vollständig das tun, was er im Gleichnis bei Matthäus (24,48-51.) von dem Knecht erzählt, der seine Mitknechte schlug, als der Herr zu kommen verzog: so ist dennoch erstens: Nichts gewisser als diese Zukunft. Denn die Schrift bezeugt schon vom Anbeginn des Erdkreises, der Heilige Geist habe offenbart, es werde ein allgemeines Gericht über die ganze Schöpfung stattfinden, wobei die Frömmigkeit ewig belohnt, die Gottlosigkeit aber ewig bestraft werden solle. Dem Kain predigt der Herr von jenem letzten und allgemeinen Gericht, wenn er (1. Mose, 4,7.) spricht: „Wenn du fromm bist, so bist du angenehm; bist du aber nicht fromm, so ruht die Sünde vor der Tür,“ d. h. sie wird nicht ungestraft bleiben. Das ist eine Predigt vom allgemeinen und letzten Gerichte Gottes. Und Judas (V. 14. 15.) bezeugt, der Erzvater Enoch habe von diesem Gerichte verkündigt: „Siehe! der Herr kommt mit viel tausend Heiligen, Gericht zu halten über Alle, und zu strafen alle Gottlosen“ usw. Danach haben auch die Propheten von dieser Zukunft Christi zum Gericht geredet, indem sie seiner ersten Zukunft Erwähnung tun. Denn wenn sie aussagen, Christus, ein König, werde Gericht und Gerechtigkeit handhaben und Alles in den rechten Zustand versetzen, so zeigen sie damit an, er werde zum Gericht kommen, aus dem Grunde, weil von Christo bei seiner ersten Zukunft durch die Predigt allein das offenbart worden ist, was nachher durch die Tatsachen selbst offenbart werden soll. Allein Christus selber, desgleichen seine Apostel, haben Nichts deutlicher erklärt, als das Christus zum Gerichte wiederkehren werde. Das ist aus den Evangelisten und den apostolischen Schriften zu bekannt, als dass es noch weiter ausgeführt werden müsse. Sind doch alle sonstigen Weissagungen der Schrift auch erfüllt worden! Als Noah lebte, ward von der zukünftigen Sündflut geweissagt, und dieselbe kam. Zu Abraham ist gesagt worden, Gott werde seinen Samen aus Ägypten befreien und ihm das Land Kanaan nach der Vertilgung der darin wohnenden Heiden geben, - und so ist es geschehen. Es ist gesagt worden, Christus würde in die Welt kommen und sein Reich durch die Predigt offenbaren, und es ist geschehen. Es ist gesagt worden, die Reiche Juda und Israel sollten verheert werden, und sie sind verheert worden. Es ist gesagt worden, die Juden würden aus Babylon nach ihrem Lande heimkehren, und sie sind heimgekehrt. Kurz all' und jede Vorherverkündigung in der Schrift ist wirklich erfüllt. Daher bleibt kein Zweifel übrig, dass auch diese letzte Zukunft Christi nicht, wie man zu sagen pflegt, von den Wölfen verschlungen ist, sondern aufs Gewisseste zu seiner Zeit offenbart werden soll. Das mag in Hinsicht der Zukunft Christi am jüngsten Tage genügen.

Nun wollen wir von der Art und Weise seiner Zukunft handeln. Was also wird die Weise der Dinge sein bei der Zukunft Christi? Was soll vorhergehen und was bei jener Zukunft geschehen? Das Evangelium, welches am heutigen Sonntag pflegt gelesen zu werden, redet von Zeichen an Sonne, Mond und Sternen und wird gewöhnlich ausgelegt in Betreff der Zeichen, welche der zweiten Zukunft Christi vorangehen sollen. Obwohl wir nun an einem anderen Ort gezeigt haben, Christus rede in solcher Predigt vornehmlich von der Zerstörung der Stadt Jerusalem und dem Untergang des jüdischen Volkes zu der Zeit, als diese Zeichen in Erfüllung gingen: so wollen auch wir es dennoch von den Zeichen des jüngsten Tages auslegen. Denn es ist wahrscheinlich, dass viele schreckliche Zeichen der allgemeinen Zerstörung des Erdkreises vorangehen werden; weil sie jedoch durch kein bestimmtes Zeugnis des Heiligen Geistes feststehen, lassen wir sie bei Seite und wollen uns mit dem beschäftigen, was aus der Schrift gewiss ist. Was nämlich jene äußerliche Schöpfung, den Himmel und die Erde, betrifft, werden, wie einst die Erde in der allgemeinen Sündflut untergegangen ist, so bei der Zukunft Christi die Elemente im Feuer zerschmelzen. So spricht Petrus (2. Petri 3,10 ff).: „Die Himmel werden zergehen mit großem Krachen, die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darinnen sind, werden verbrennen.“ Und nachher: „In welchem (Tage) die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden. Wir warten aber eines neuen Himmels und einer neuen Erde nach seiner Verheißung.“

Was aber Christum selbst anlangt, sagt der Apostel (1. Thess. 4,16): „Der Herr wird mit einem Feldgeschrei und Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel.“ Und (Matth. 25,31): „Des Menschen Sohn wird kommen in seiner Herrlichkeit, und alle heiligen Engel mit ihm, und wird sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit.“ Was aber die Menschen betrifft, welche dann noch am Leben sind, so werden sie im Augenblick verwandelt, die Toten aber erweckt werden, und hervorgehen; die da Gutes getan haben, zum ewigen Leben, die aber Böses, in das ewige Feuer. Und eben diese Zeit es ist derjenige Tag, an dem alle Verwirrung und Unordnung in die rechte Ordnung gebracht werden soll.

Es gibt aber auch keinen anderen Tag, an welchem Alles soll umgestaltet werden, außer diesem Tage. Vieles, ja Unzähliges ist in dieser Welt ungeordnet. Groß ist die Verwirrung, dass die Frommen unterdrückt werden, die Gottlosen dagegen glücklich leben; aber diese Verwirrung wird nicht eher umgestaltet werden, als bis jener Tag gekommen ist. Groß ist die Verwirrung der Dinge, dass man predigt, Christus habe den Satan überwunden, den wir noch so mächtig sehen, und die Sünde hange noch immer unserem Fleisch an; aber diese Verwirrung wird nicht eher geordnet werden, als bis jener Tag gekommen ist. Groß ist die Verwirrung, dass man predigt, Christus habe den Tod besiegt und vernichtet, und trotzdem wütet der Tod, beides gegen die Frommen, wie gegen die Gottlosen; aber diese Verwirrung wird nicht eher in die rechte Ordnung verwandelt werden, als bis jener Tag kommt, an welchem auch der Tod selbst ausgerottet werden soll. In bürgerlichen Geschäften ist Vieles verwirrt und ungeordnet, bevor das staatliche und bürgerliche Gericht stattfindet. Ein Bürger unterdrückt den andern und nimmt, was sein ist: was geschieht? Man wartet auf das Gericht, man wartet auf die öffentlichen Versammlungen der Landschaften oder Reiche, und da pflegt man die bürgerlichen Verhältnisse zu gestalten, wie es sich tun lässt. So ist auch fast Alles in dieser Welt verwirrt, soll jedoch in jener allgemeinen Versammlung geordnet werden, die Christus am jüngsten Tage halten wird. Wie daher den Gottlosen dieser Tag furchtbar ist, so wird er den Frommen der willkommenste sein. Und wir müssen jetzt vor allen Dingen ins Auge fassen, dass Christus bei so großer Angst aller Menschen, welche dem jüngsten Tag vorangehen wird, uns gebeut die Häupter aufzuheben, d. i. uns zu freuen, weil nun die Erlösung bevorstehe. Also, könnte man sagen, haben die Christen das gleiche Los wie Söldner, die das Unglück der anderen Leute für ihr gutes Glück halten? Darin scheint allerdings eine gewisse Ähnlichkeit zu liegen; allein die Frommen freuen sich nicht über das Unglück Anderer, freuen sich jedoch über ihre Erlösung, mit der es sich indessen also verhält, dass sie nicht erlöst werden, so die Gottlosen, d. i. die Welt, nicht zu Grunde gehen. Ein Beispiel ist die Zeit Noahs, die Zeit Lots, die Zeit der Israeliten unter Pharao. Diese Alle nämlich sind erlöst worden, indem die Gottlosen zu Grunde gingen, und haben sich gefreut, nicht über den Untergang der Gottlosen, sondern über ihre eigene Erlösung. So So hast du nun Bericht über die Weise dieser Zukunft und über das, was sie bringen soll.

Nun lasst uns von der Zeit derselben hören. Wann also, oder in welchem Jahre, oder an welchem Tage wird Christus kommen? Über die Zeit dieser Zukunft ist dasselbe zu sagen, was Christus über die Zerstörung Jerusalems sagt. Von diesem Tage, spricht er, weiß nicht einmal des Menschen Sohn. Er weiß es zwar nach seiner Herrlichkeit; nach seinem Amt aber, das er in dieser Welt versehen hat, weiß er es nicht. Und Paulus schreibt (1. Thess. 5,2.3): „Der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb in der Nacht; wenn sie werden sagen: es ist Friede, es hat keine Gefahr,“ rc. Denn wollte Christus seinen Jüngern den Tag der Zukunft des Heiligen Geistes nicht anzeigen, welche doch nicht über vierzehn Tage entfernt war, wie man im ersten Kapitel der Apostelgeschichte liest: so hat er noch viel weniger den Tag dieser seiner letzten Zukunft bezeichnen wollen. Und obwohl Nichts gewisser ist als seine Zukunft, ist dennoch Nichts ungewisser als der Tag und die Stunde derselben.

Die Tage unseres Lebens währen siebzig oder achtzig Jahre, und ist es mehr, so ist's Arbeit und Schmerz; und dennoch bereiten wir uns nicht zu rechter Zeit auf den Tod vor. Was würden wir also tun, wäre uns die Zeit des jüngsten Tages bekannt? Ebendeshalb verbirgt uns Gott den Augenblick dieser Zeit, um uns zur Wachsamkeit zu ermuntern. Denn wie jeder große Festtag, z. B. Weihnachten, Ostern und Pfingsten, seinen heiligen Abend und die dazwischenliegende Nacht hat: so hat dieser größte Festtag, den es auf Erden geben wird, ebenfalls seinen heiligen Abend, nämlich unser ganzes Leben oder die ganze Zeit dieser Welt; so hat er auch seine Nacht, d. h. die Zeit, in welcher die Toten schlummern. Wie wir uns daher am heiligen Abend eines Festtages auf denselben vorbereiten, so sollen wir uns die ganze Zeit unseres Lebens hindurch auf jenen großen Festtag vorbereiten, um lauter und heilig den Herrn zu empfangen. „Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen; und seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wenn er aufbrechen wird von der Hochzeit; auf dass, wenn er kommt und anklopft, sie ihm bald auftun“ (Luk. 12,35.36). Unser Licht aber halten wir, wenn wir Christum durch den Glauben festhalten und seinem Rufe gehorchen. Um uns daher auf die Zukunft des Herrn vorzubereiten, müssen wir Christum lernen, damit wir in ihm die ewige und unvergängliche Glückseligkeit erlangen. Amen.

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