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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig Graf von – Einige der letzten Reden - Erste Rede.
gehalten am 23. Juli 1755, über die Worte:
Was wollt ihr, dass ich euch tue?
Mark. 10,36.
Der Heiland, der da weiß, was im Menschen ist, kann den Leuten selten so zuvor kommen, als Er nach Seiner Neigung gern wollte, sondern muss es gemeiniglich darauf ankommen lassen, dass sie sich aufs Bitten legen, und muss sie fragen: Was wollt ihr? Wisst ihr auch, was ihr wollt? Daher im Christentum sehr viel darauf ankommt, dass man anfängt zu wissen, was man will, und dem Heiland die Frage beantworten kann: Was willst du, dass ich dir tun soll?
Bei uns wird die Frage ziemlich auf einerlei Weise beantwortet werden. Denn wenn wir in einer Sache einerlei denken können, so ists in dem Artikel von Seinem Verdienst für uns; „dass wir an Dich glauben, und uns Dir einleiben, in Deinem Verdienst uns weiden, darinnen verscheiden zun ewigen Freuden.“
Ich habe mich vielmals erklärt, dass ich nichts weiß, was höher und größer gedacht ist, als wenn wir ans Heilands Kreuz und Wunden denken.
Vor dreißig Jahren haben wir schon gesungen: „So hoch der Sinn der Jünger auch gestiegen, so wissen sie nichts höhers, als das Kreuz.“ Es bleibt unser Ein und Alles, was Er für uns getan. Es scheint wohl eine törichte Predigt zu sein; aber wers genau betrachtet, der findet die Weisheit der Vollkommenen drinnen.
Es kommt mir lächerlich vor, wenn die Leute Theodizeen1) machen, und Gott das Wort reden wollen. Er hat uns ja den Verstand gemacht; wie wollten wir denn über Ihn wegdenken, und Seine Handlungen und Bewegursachen wissen können? Wenn Er uns keine Ursachen gesagt hat, was gehts uns an? Wir halten uns an das, was geschehen ist, dass Jesus gestorben ist für unsere Sünden, nach der Schrift, und dass Er begraben und auferstanden ist am dritten Tage, nach der Schrift, 1 Kor. 15,3.4. So stehts im Buche geschrieben, so hats der heilige Geist gepredigt seit siebzehnhundert Jahren. Da das nun eine historische Wahrheit ist: Gott ist offenbart im Fleisch, 1 Tim. 3,16. und wohnte unter uns, Joh. 1,14. Er hat unsere Sünde selbst geopfert an Seinem Leib auf dem Holz, 1 Petr. 2,24. so hält man sich bei dem auf, das schreibt sich ins Herz und vergisst sich nie. Es bleibt uns ewiglich im „Sinn, wie viel es Ihn gekostet, dass wir erlöset sind.“
Wenn wir uns also was ausbitten sollen, so ists das beständige Aufschauen auf Ihn und Seine Wunden. Bei den Leuten, die über dem Punkt fest halten, darüber denken, davon singen und sagen, ist das ganze Leben voll seliger, dankbarer, zärtlicher Erinnerungen an das, was Er für uns getan hat. Das geleitet uns durch alle Umstände. Sein teurer Arbeitsschweiß macht uns alle Mühe leicht, Seine Wunden machen uns von dem selbstgemachten Büßen frei, erstatten unseren Schaden, reinigen unsere Herzen, und heilen die vergifteten Wunden. Der tägliche Umgang mit dem Schmerzensmann, der Zusammenfluss mit Seinem Herzen, der Umgang, den wir unter und miteinander haben, da wir einander nichts besseres zu sagen wissen, und die unvergleichliche Methode, sich Seiner Seele zu empfehlen auf die künftigen Stunden, und dem Immanuel alle Seine Wunden zu grüßen macht uns nach und nach Ihm ähnlich, dass uns Sein Bild zun Augen heraussieht.
Wenn Er uns dann heut oder morgen besucht und mitnimmt, so hat Er uns, wie Er uns haben will, und legt Ehre mit uns ein vor Seinem Vater und vor Seinen Engeln. Da halten wir dann zusammen Haus in Ewigkeit.
Das ist die wichtige Sache, die daraus entsteht, wenn Er uns das Verdienst Seiner Wunden verklärt, zueignet, und zu genießen gibt.
„O mein trauter Herre! gib mir nur was Du verdient; mehr ich nicht begehre.“