Das Ehe-Gericht in Zürich ...
… erholet sich Rathes wegen den Widertäuffern.
FRomme, veste, ehrsame, fürsichtige und weise Herren! Wir werden geursachet und genöthiget Euch um Rath und Bericht anzuruffen, von des aufrührischen Fassels der Täuffer wegen, die alle christl. Ordnung berecht und zernichten wollen, wo ihnen nicht ernstlich widerstanden wird mit Straffen und Ausreuten.
Der Handel verhaltet sich also: Es ist zum öfftern vor uns erschienen Balthasar Spillmann von Dellickon, und hat geklaget wegen seiner ehelichen Frauen Adelheit Schwartzin von Watt, daß, obwolen sie zweymahl gefangen gewesen, wegen der Täufferey, und ernstlich gewarnet worden, daß sie darvon stünd, dasselbige auch zu thun bey geschwohrnem Eid gelobt und versprochen habe, dieselbige nichts desto weniger weder Eid noch Warnung geachtet, sondern seye wieder von ihm zu der täufferischen Rott, der sie anhangen will, geloffen, und also ihren Ehemann mit sieben ihrer beyder Kinder ohne Ursach, unverdient und unverschuldet verlassen, es helffe auch bey ihr kein Bitt noch Güte, deßwegen bät er uns, daß wir ihn von dieser ungehorsamen, abtrünnigen Frauen entledigeten und ihm erlauben wollten, sich mit einer anderen ehrlichen Haußhalterin zu versehen, dann er möchte nicht also bestehen, er müßte mit sammt den Kindern verderben. Auf solches Anruffen gaben wir ihm einen Brief nach Form und Innhalt der Satzung die Frau zu suchen, und mit sicherem Geleit her vor uns und wieder von dannen zu beruffen, damit wir beyde Theile verhören und hernach besser handlen könnten. Hierauf ist er am Donnerstag dem 27. April wieder vor uns gekommen zusammt einem ehrsamen Mann seinem Freund und sagte: Daß er seine Frau gefunden, und zu ihm in sein Haus gebracht, auch ihr des Briefes Innhalt eröffnet hätte, darbey auch hätte er sie gebeten, daß sie mit ihm vor uns käm und lossete, was ihnen beyden würde vorgehalten werden. Darauf hätte sie geantwortet: Sie wolle dem irrdischen Gewalt nicht gehorsam seyn, Gott wär ihr Oberer und sonst niemand. Dergleichen irrige worte hätte sie ihm gesagt, und wär darauf wiederum ihren Weg ihrem Hauffen zugeloffen, und wüßte er nicht, wohin sie gekommen wär. Da sie nun weder die Obrigkeit noch die Liebe gegen ihn und ihre Kinder wolle achten, bät und begehrte er, wie vormahls, daß ihm geholffen würde. Diese Sach ehrsame, weise, liebe Herren! will uns zu schwehr seyn. Dann obwol einem solchen verlassenen Mann zu helffen wär, so ist doch zu besorgen, daß der Eingang mit der Zeit zu groß und des Scheidens zu viel werden möchte, dann es sind schon jezt dergleichen mehrere vorhanden. Ferner es möchte ein Gemahl, dem das andere erleidet wär, solche oder andere Ursachen erdenken oder sich solcher Fantasey annehmen, damit es gescheiden würde. Darum will nach unserem Beduncken die Nothdurfft erforderen, daß eine härtere Straff auf solche abtrünnige, hinlaufende Persohnen, auch mit Nachjagen, Schreiben, Verrufen und durchächten, gesezet werde. Was euere ehrsame Weisheit hierinnen erkendt und uns zu thun befihlt, demselbigen wollen wir gehorsamlich statt thun nach unserem Vermögen. Euer ehrsam Weisheit unterthänige Bürger an dem Ehe-Gericht.
Auf dem Rand des Originals ist mit Bleyweis geschrieben, A. 1530.
Beyträge zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes 3. Theil Johann Conrad Fürlin Zürich, bey Conrad Orell und Comp. 1747