Stockmayer, Otto - Krankheit und Evangelium - Anhang.

Stockmayer, Otto - Krankheit und Evangelium - Anhang.

Bis jetzt haben wir die Bedingungen ins Auge gefasst, die ein Kind Gottes erfüllen muss, um mit Freudigkeit und Bestimmtheit auf Heilung warten zu können. Dabei ist es gewiss selbstverständlich, dass Gott abgesehen von aller und jeder Bedingung heilt, wen er will, Bekehrte oder Unbekehrte, mit oder ohne Handauflegung. Was insbesondere die zahlreichen Kranken betrifft, die zu Lebzeiten des HErrn und seiner Apostel geheilt wurden, so war es ja gar nicht möglich, dass der HErr etwas Anderes von ihnen verlangte, als das einfache Zutrauen, dass Er sie heilen könne. Der alte Bund war zerfallen, und Israel wäre nicht mehr fähig gewesen, irgendwelche Bedingung, an die der HErr Heilung des Leibes oder andere seiner Gaben geknüpft hatte, zu erfüllen. Um einen neuen Bund aufrichten zu können, fängt der HErr damit an, dass Er als Stellvertreter und Bürge für das abtrünnige Volk vor Gott einsteht, und als solcher kann Er nun demselben alle Segnungen Gottes zuströmen lassen. Christus und nach Ihm seine mit seinem Geist gesalbten Jünger (Luk. 4,18.19. Apg. 6,8) sind die vermittelnden Organe, durch die Gott seine Macht, sein Erbarmen und seine Liebe wieder offenbart (Joh. 9,3; 11,4. Matth. 20,34), durch die Er Heilungen und andere Wunder vollbringt1).

Hat die Kirche erst für sich selbst wieder Besitz ergriffen von allen Früchten des Erlösungswerkes Christi, so kann ihr Gott auch die Wundergaben wieder verleihen, deren sie durch ihren Unglauben verlustig geworden. ist, und somit die Gabe der Heilung; sie kann dann Gott wieder verherrlichen durch Taten der Macht. Ihr HErr und Meister hat es ihr verheißen nicht nur in der merkwürdigen Stelle Mark. 16,17.18 (vergl. auch Matth. 28,20: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ mit Ebr. 13,8), sondern schon in der feierlichen, Joh. 14,12 ausgesprochenen Versicherung: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird größere denn diese tun; denn ich gehe zum Vater.“ Bei den „größeren Werken“ kann man nur an Bekehrung von Sündern denken, an Gründung und Aufbau der Gemeinde. Wer an Jesum Christum glaubt, wird in seinen Händen ein Werkzeug zur Errettung, und geistlichen Heilung seiner Brüder. Doch ehe in unserer Stelle von diesen größeren Werken die Rede ist, heißt es, er werde die Werke tun, die Jesus auf Erden getan hat, und zu denen gehört leibliche Heilung. Wie herrlich sich diese doppelte Verheißung in der durch Ausgießung des Heiligen Geistes gegründeten Gemeinde zu Jerusalem erfüllt hat, lesen wir in der Apostelgeschichte. In den Tagen ihrer ersten Liebe, als die Gemeinde ihrem königlichen Bräutigam Tausende von Seelen zuführte, hat sie auch, gleichwie Er, alle Kranken geheilt, die man ihr brachte (Apg. 5,16). Dasselbe finden wir bei Paulus auf der Insel Melite (28,9).

So wenig wir aber Andere auf den Weg des Heils führen können, so lange wir selbst nicht bekehrt sind, so wenig können wir Andere heilen, so lange wir nicht Glauben haben, um selbst geheilt zu werden.

Die Stelle in Mark. 16,17.18 sagt nicht, dass jedes Glied in der Gemeinde sämtliche daselbst erwähnte Gaben besitzen müsse. Der Heilige Geist verteilt sie unter den Gliedern der Gemeinde: „Er teilt einem jeglichen insonderheit zu, nachdem Er will“ (1 Kor. 12,11.28-30). Zu gleicher Zeit aber knüpft die Schrift die Ausübung dieser Gaben an den Dienst am Wort; Evangelisten sowohl als Älteste (Hirten, Seelsorger) sollen dieselben besitzen (Luk. 9,1.2; 10,9.17-19. Mark. 16,15.17-18. Ebr. 2,3.4. Jak. 5,14).

Amt und Gaben, Dienst am Wort und außerordentliche Geisteskräfte sind in den Augen der Apostel unzertrennlich. Um in schwerer Zeit das Wort Gottes mit voller Freudigkeit verkündigen zu können, erscheint es ihnen notwendig, dass Gott ihr Zeugnis mit mächtigen, offenkundigen Taten begleite: „Gib deinen Knechten mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort, damit, dass du deine Hand ausstreckest zur Heilung, und dass Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Kindes Jesu“ (Apg. 4,29.30).

Wir haben hier nicht zu untersuchen, ob die Verhältnisse für Verkündigung des Evangeliums in gegenwärtiger Zeit günstiger sind, als in der ersten Christengemeinde zu Jerusalem. So lange aber die Kirche in unserer Zeit ihr Zeugenamt nicht mit der Freudigkeit und Geistesbeweisung erfüllt, die wir bei den Aposteln finden, so lange steht ihr die Behauptung übel an, es bedürfe jetzt von Seiten Gottes zur Verkündigung des Wortes keiner sichtbaren und äußeren Bezeugung mehr.

Gemeinde des HErrn, „gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke!“ (Offb. 2,5.) Mögen „deiner letzten Werke mehr sein, als der ersten!“ (V. 19). Möge dein Pfad sein, „wie des Lichtes Glanz, das da fortgeht und leuchtet bis auf den vollen Tag!“ (Spr. 4,18).

„Ach, HErr, höre, ach, HErr, sei gnädig, ach, HErr, merke auf und tue es und verzeuch nicht, um deiner selbst willen, mein Gott! Denn dein Name ist genannt über deine Stadt und dein Volk“ (Dan. 9,19).

1)
Seit der Ausgießung des Heiligen Geistes sind wir als Kinder Gottes ganz anders gestellt, als das Volk, unter dem Christus und seine Apostel wirkten; wir haben weit größere Vorrechte, weit größere Verantwortung. Durch den heiligen Geist, den wir empfangen haben, sind wir befähigt und verantwortlich, uns alle Früchte der Erlösung Christi anzueignen, also auch Heilung und Gesundheit des Leibes. Dies geschieht durch einfachen Glauben, d. h. es sind Gnadengaben und Gnadenwirkungen, die unserm Glauben zugesichert sind. Es bedarf zu deren Erlangung keines neuen unmittelbaren Eingreifens Gottes, keines eigentlichen Wunders. Es gehört darum auch der Gegenstand, den dieses Schriftchen behandelt, keineswegs ins Gebiet der Wunder, während die vom HErrn und seinen Aposteln vollbrachten Heilungen Wunder waren.
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