Stiller, Erich - Psalm 14.
In diesem Psalme ist hingewiesen auf das Verderben des Menschengeschlechtes und dessen Errettung.
Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott, beginnt David. Von Natur aus sind alle Menschen Toren. Sie sind Toren, denn sie erkennen weder Gott, noch sich, und die sich selbst überlassene Vernunft gerät in Glaubenssachen auf lauter Irrtum und Torheit. Der Verstand des Menschen ist durch den Sündenfall verblendet. Die Seele war ein schöner heller Spiegel, in dem die Klarheit Gottes leuchtete, die Sünde aber hat denselben durch ihren unreinen und giftigen Odem verfinstert und verderbt! Die menschliche Vernunft weiß besonders nichts von der rechten Weise, vor Gott gerecht zu werden; der Gott, welcher das Evangelium predigt, ist ihr eine Torheit, und sie nimmt ihn nicht an. Das ganze Evangelium ist ein Geheimnis, eine verborgene Weisheit Gottes, nicht eine Weisheit dieser Welt; und wenn die Vernunft sich unternimmt, von der Gerechtigkeit des Glaubens zu urteilen, so ist es eben so, als wenn ein Kind, das noch nicht lesen kann, sich unterfangen wollte, vom Himmel und vom Laufe der Gestirne mit einem in dieser Sache wohl erfahrenen Manne zu reden. Das Kind bleibe ein Kind, und lasse Männer Männer sein; - und die Vernunft bleibe an der Erde und übe sich in irdischen, zeitlichen Dingen; wer aber mit seiner Vernunft sich anmaßt, Gott zu erforschen, der wird auf Nichts, als Irrtum geraten, wie der sich selbst überlassene Mensch auf Nichts, als Sünde gerät; denn wie der Verstand des Menschen von Natur verfinstert ist, so ist auch der Wille verkehrt. Von den Unwiedergebornen gilt das Wort im Psalme:
Sie taugen nichts und sind ein Gräuel mit ihrem Wesen, da ist keiner, der Gutes tue. Der Herr schaut vom Himmel auf der Menschen Kinder, dass er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage; aber sie sind allesamt abgewichen und untüchtig, da ist Keiner, der Gutes tue, auch nicht Einer!
Die Sünde ist bei dem ersten Menschen nicht geblieben, sondern sie ist durch ihn in die Welt gekommen und zu allen Menschen hindurch gedrungen; sie sind allzumal Sünder, und mangeln des Ruhms, den sie an Gott haben sollen. Die Sünde aber geht nicht allein über alle Menschen, sondern sie durchgeht auch den ganzen Menschen! Sie taugen nichts, sagt David, und sind ein Gräuel mit ihrem Wesen. Alles Dichten und Trachten ist nun böse immerdar. Es geht her wie mit der Erde selbst: wenn auch ein Reicher dieser Welt ein Stück Feldes zu einem schönen Garten umwandelt, so wird doch immer das Unkraut sich zeigen, - und wenn der Gärtner nicht immer in steter Arbeit ist, so wird das Unkraut bald überhand nehmen, und die edlen Gewächse ersticken und verderben. So bleibt auch im Herzen der Frommen sogar die Sünde, und gibt sich kund in bösen Gedanken, Begierden und Bewegungen, ja oft in Worten und Werken, dass sie immer zu streiten und zu kämpfen, zu klagen und zu beten haben.
Will denn der Übeltäter keiner das merken? Ach dass doch Hilfe aus Zion über Israel käme und der Herr sein gefangenes Volk erlöste! Hilfe aus Zion ist da! Jesus Christus ist gekommen, um zu suchen, was verloren war und eine ewige Erlösung zu erfinden. O dass nur alle Menschen ihr Sündenelend fühlen möchten! Die Erkenntnis der Sünde treibt sie zu dem Sündentilger, das Gesetz wird ein Zuchtmeister auf Christus! Wer gelernt hat aus dem Gesetze seine und aller Menschen Richtigkeit, Sünde und Elend zu erkennen, der wird hernach dem Evangelio, das ihm den Herrn Jesum mit seiner Gerechtigkeit und Seligkeit vorhält, nicht mehr widersprechen.
Ihr schändet der Armen Rat, ihr schändet den: Ratschluss, den Gott zum Heil der armen, sündigen Menschheit gefasst hat, muss man leider heute noch vielen zurufen;. sie wollen nicht aus Gnade durch die Erlösung selig werden, sondern durch sich selber, sie suchen nicht in Christus ihre Gerechtigkeit, sondern in sich. O lasst sie nur, liebe Christen! lasst sie nur bis das Stündlein vorhanden ist, in dem sie abscheiden müssen; wenn Alles verschwindet, auf das sie hier sich verließen; wenn ihr Leben wie ein aufgeschlagenes Buch vor ihnen liegt, und sie auf jeder Seite eine und die andere Sünde lesen; wenn vor ihren Augen sich das Jenseits auftut, und sie gedenken des Tages und der Stunde, da der Herr ihnen zurufen wird: Tut Rechenschaft von euerm Haushalten, dann wird eintreffen, was David sagt:
Daselbst werden sie sich fürchten!
Sie werden zittern und zagen, und es wird ihnen bange werden vor Furcht und Warten der Dinge, die da kommen sollen! Heil Allen, die im Glauben an ihren Erlöser von der Erde scheiden! Sie sprechen getrost in der letzten Not, im letzten Kampfe: Was betrübst du dich meine Seele und bist so unruhig in mir? Du stehst durch den Glauben, in der Gnade Gottes und in der Gemeinschaft Jesu Christi; wofür solltest du dich fürchten? Gott macht dich gerecht, wer will dich anklagen? Christus schützt dich und ist deine Gerechtigkeit, wer will dich ungerecht heißen? Er ist deine Heiligung, wer will dich unrein achten? Er ist deine Erlösung, wer will dich gefangen halten? Er ist dein Mittler bei Gott, wer will dich in Ungnade bringen? Er ist dein Schutz und Schild, wer will dich beschädigen? Er ist deine Seligkeit, wer will dich verdammen? Er ist dein Alles, was kann dir fehlen? O bedenke es, mein Christ, Gott ist es, der uns gerecht macht, Christus ist es, der für uns gestorben und auferstanden ist, Gott ist bei dem Geschlechte der Gerechten, wer will wider uns sein?
O dass doch alle Welt im Gefühle der Sündhaftigkeit sich des Ratschlusses Gottes in Christo Jesu zu unserer Seligkeit getröstete und spräche: Gott ist meine Zuversicht! dann würde die Sünde immer mehr und mehr ihr Panier einziehen, dann würde Jakob fröhlich sein und Israel sich freuen, es würde Freude im Himmel sein vor den Engeln Gottes! Ich freue mich Jesu Christi, meines Heilandes, und hoffe auf ihn im Leben und im Sterben; ich fasse ihn mit meinen Glaubensarmen und zweifle nicht, dass auch Er mich in die Arme seiner Liebe einschließt! O fasst ihn also, und betet mit Herzensgrund:
Höre, Jesu! doch mein Flehen,
Schlag' mir diese Bitt' nicht ab;
Wenn die Augen nicht mehr sehen,
Und ich keine Kraft mehr hab',
Mit dem Mund' was vorzutragen,
Lass mich doch zuletzt noch sagen:
Ich bin dein und du bist mein;
Lass mich dein auf ewig sein!
Amen.
Wer heilig wird, wer abgewandt vom Bösen,
Sich von der Sünde Herrschaft lässt erlösen:
Wer an den Sohn glaubt, seinen Herrn ihn nennet,
Ihn frei bekennet,
Den, den wird Gott, die Wonne der Erlösten,
Nach dieses Lebens kurzem Kampfe trösten;
Den schmückt im Himmel einst vor deinem Throne
Des Mittlers Krone.
Amen.