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Stiller, Erich - Psalm 10

Stiller, Erich - Psalm 10

Der vorgelesene Psalm ist ein Klagelied, das David wohl zu einer Zeit gemacht hat, da er von vielen und mächtigen Feinden sich umringt sah; wir lernen aus demselben

Wie Christen sich bei der Feindschaft der Welt zu verhalten haben.

Meisterhaft beschreibt David die Art und Natur, das Herz und Gemüt, die Zunge und das Werk seiner Feinde. Weil der Gottlose Übermut treibt, muss der Elende viel leiden, beginnt er, und will damit sagen, wenn die Gottlosen einmal die Oberhand haben, wehe dann den Kindern Gottes! Die Gottlosen hängen sich aneinander und erdenken böse Tücke, sie machen heimliche Anschläge, wie sie dem Frommen schaden mögen, und stehen fest zusammen, um ihr schändliches Vorhaben auszuführen. Sie scheuen und schämen sich ihres Verhaltens nicht, sondern rühmen sich noch ihres Mutwillens. Sie suchen reich und mächtig zu werden in der Welt, und segnen sich, halten sich für glückselig, dass sie zeitlichen Gewinn errungen, und lästern den Herrn im Gebrauche des erlangten Gutes. Sie sind stolz und zornig, dass sie jedermann verachten und trotzen, und weder nach Menschen, noch nach Gott im Himmel etwas fragen; ja ihre Werke beweisen, dass sie im Herzen gar nicht glauben, dass ein Gott im Himmel sei, der sich um die Menschen und ihr Tun bekümmere. Sie lassen sich gar nicht wehren, sondern fahren fort mit ihrem Tun immerdar, besonders wenn sie sehen, dass Gottes Gericht ferne von ihnen ist, und er sie nicht nur nicht straft, sondern wohl gar noch zeitliches Glück zu Teil werden lässt. In ihrer Vermessenheit und in ihrem Hochmute, mit dem sie Alles um sich her beleidigen, meinen sie, sie würden nimmermehr darnieder liegen, es werde für und für keine Not haben; und darum ändern sie ihr Verhalten nicht im Geringsten. Ihr Mund ist immer voll Fluchens, voll Falschheit und Trug; sie stellen den Kindern Gottes immer nach, und lauern auf sie, wie ein Löwe in seiner Höhle auf einen Raub wartet, und den Armen, welchen sie in ihre Gewalt bekommen, zerschlagen sie, drücken ihn nieder, stoßen ihn zu Boden und sprechen freventlich in ihrem Herzen: Was sollte Gott nach diesen Leuten fragen; er achtet ihrer nicht; er hat sie vergessen; er wird sie nimmermehr sehen!

So sind in der Tat die Gottlosen heute noch. Bist du, lieber Christ, von solchen Leuten umgeben, o so folge nur einem David nach, der in seiner Trübsalshitze Kühlung bei Gott suchte. Das Vertrauen stand bei ihm felsenfest, dass Gott der Waisen, der Verlassenen, Helfer, und ein König immer und ewig sei; dass er das Verlangen der Elenden höre, und den Armen Recht schaffe. In dieser Gewissheit seines Herzens erhebt er seine Stimme, und ruft: Stehe auf, Herr Gott! erhebe deine Hand, vergiss der Elenden nicht! Wolltest du, o Christ, eine andere Sprache führen? bedenke, Gott hat sich in Christo Jesu als ein Vater geoffenbart, der uns mehr liebt, als ein Weib den Sohn ihres Leibes; darum muss er gewiss seine heiligen Ursachen haben, warum er oft die schönsten Blumen unter die Dornen pflanzt, seine Schafe unter die Wölfe sendet, und seine Lichter in die dickste Finsternis setzt. Die Feindseligkeit und Bosheit der Menschen ist für die Gläubigen wohl ein Kreuz; kein Kreuz aber ist ohne Nutzen; - und so muss auch das Fluchen und Lästern, das Toben und Lärmen unserer Feinde uns zum Nutzen dienen!

So ist es auch! Die gottliebenden Seelen haben an den feindseligen und bitteren Leuten, mit denen sie umgeben sind, eine immerwährende Geduldschule und Übung der Gottseligkeit. Es ist keine Kunst, ein guter Christ zu sein, und sich sanftmütig und friedlich zu bezeigen, wenn man unter sanftmütigen und friedliebenden Menschen lebt; die Sanftmut und Friedfertigkeit gibt sich am besten im Umgange mit den Feinden kund. Was ist ein Gemälde ohne Schatten, was ist eine Tugend ohne Widerwärtigkeit? Die Magnetnadel wird auf dem ungestümen Meere zwischen Wind und Wellen am besten erkannt, ob sie richtig und gut sei, wenn sie nämlich trotz Sturm und Wetter immer nach Norden gerichtet bleibt; und so wird auch der Geist und Sinn des sanftmütigen und demütigen Christus am besten bewährt und erkannt, wenn dem Menschen von seiner Umgebung mit Verleumden, Lästern und Lügen zugesetzt wird! Die Feindschaft der Welt macht oft die beste Freundschaft zwischen Gott und seinen Gläubigen, oder befestigt le doch immer mehr, dass sie immer vertraulicher und beständiger wird. Die Bitterkeit und Bosheit der Gottlosen macht Gottes Wort, und namentlich die edlen Psalmen desto süßer; der bösen Menschen Verfolgen, Lästern und Schmähen treibt den Gottseligen in seine Kammer, dass er desto eifriger und fleißiger betet, und Gott um Schutz und Hilfe und Trost anruft. Wenn wir auf der Erde noch einen Ausgang wissen und hoffen, so bleiben wir gerne an der Erde, und begnügen uns mit irdischem Troste; wenn uns aber die Bosheit der Feinde ganz umringt hat, so lernen wir den Weg gen Himmel treffen, und sind froh, dass derselbe uns offen steht. Die Erfahrung lehrt es, dass auch die frömmsten Menschen noch immer Mängel und Schwachheiten haben, gegen die sie nicht recht kämpfen und streiten, weil sie dieselben nicht recht erkennen; da schickt ihnen dann manchmal der Herr bittere Feinde zu, welche ihnen diese Sünden vorwerfen, dass sie dieselben nun erkennen, und mit Gottes Beistand auch ablegen.

Luther sagt in dieser Beziehung gar schön und kräftig: Gott ist der Zimmermann, wir sind das Holz, das Werkzeug ist das liebe Kreuz, mit diesem zimmert und bearbeitet uns der liebe Gott, dass er den alten Menschen in uns töte, und uns zu neuen Kreaturen bilde. Solches Werk Gottes währt bis in den Tod! Durch solches Werk ist die Christenheit so groß und stark geworden; - dadurch sind die Märtyrer gen Himmel gekommen; dadurch sind die heiligen Väter in der Schrift erleuchtet worden; dadurch werden wir zu erfahrenen und geschickten Christen, die da nütze sind in allen Dingen zu raten und zu helfen; dadurch werden wir gerüstet wider den Teufel und die Sünde zu streiten; dadurch werden wir tüchtig zu allem guten Werke, - in Summa, dadurch wird der Glaube geübt, das Evangelium geschärft, der Christ ein rechtes Werk Gottes und eine neue Kreatur! Unsere Feinde sind Mittel und Arzneien von Gott zu unserer Seelen Gesundheit verordnet; ihre Bosheit ist eine bittere Pille, welche von Gott zu unserm Besten zugerichtet ist; unsere ärgsten Feinde sind ein Werkzeug in der gnädigen Hand Gottes, mit dem er an uns arbeitet, dass wir dem Bilde Jesu Christi ähnlich und somit eine neue Kreatur werden.

Wenn du das bedenkst, lieber Christ, so wirst du gewiss dein Herz zufrieden stellen, wenn auch die Gottlosen Übermut treiben, und du viel von ihnen leiden musst; dann wirst du dich nicht betrüben, sondern dem Herrn danken, zumal wenn du mit Christus und um des Herrn willen leidest. Denn siehe du bist dann auf demselben Wege, den dein Herr und Meister und seine Heiligen zum Himmel gegangen sind; du bist in demselben Zustand, in dem Christus war, als er sprach: Ich ehre meinen Vater, und ihr unehrt mich; ich suche nicht meine Ehre, es ist aber einer, der sie sucht und richtet. Wenn du das recht erwägst, dann wirst du den Gottlosen ein gottergebenes Herz entgegensetzen, und mit David rufen: Herr du bist gerecht, und deine Gerichte sind recht!

Amen.

Ich trau auf Gott!
Lasst Feinde schnauben!
Ohnmächtig tobt der Bösen Rott;
Sie kann mir doch nicht meinen Glauben,
Nicht Gott und seinen Himmel rauben.
Ich trau auf Gott!

Amen.

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autoren/s/stiller_erich/psalter/stiller_psalter_010.txt · Zuletzt geändert: von aj
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