Spurgeon, Charles Haddon - Das Ultimatum des Glaubens

Spurgeon, Charles Haddon - Das Ultimatum des Glaubens

Gehalten am Sonntag, den 18. Juli 1875.

„Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen.“
Hiob 13,15 (engl. Übers.)

Dies ist einer der erhabensten Aussprüche der Schrift. Er erhebt sich wie ein Gipfel der Alpen, klar über alle gewöhnlichen Höhen der Rede, er dringt durch die Wolken und glänzt im Lichte Gottes. Wenn ich eine Auswahl der großartigsten Äußerungen des menschlichen Geistes machen sollte, würde ich diese unter den ersten anführen: „Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen.“ Mich deucht, ich könnte zu dem Manne, der so sprach, beinahe sagen, was unser Herr zu Simon Petrus sprach, als er ihn für den Sohn des Höchsten erklärt hatte: „Fleisch und Blut haben dir das nicht geoffenbart.“ Solch festes Halten, solch unbewegliches Vertrauen, solch unwandelbare Zuversicht, sind nicht die Erzeugnisse der bloßen Natur, sondern seltene Blumen reicher, allmächtiger Gnade. Der Text enthält einen kostbaren Edelstein der Gnade, passend eingefasst in das reinste Gold ausgewählter Worte; glücklich der Mann, der es am Tage der Schlacht als Feldzeichen an seinem Arm tragen kann.

Es ist wohl der Beachtung wert, dass Hiob in diesen Worten sowohl die Anklagen Satans als die Beschuldigungen seiner Freude beantwortete. Obwohl ich nicht weiß, dass Hiob davon unterrichtet war, dass der Teufel gesagt hatte: „Meinest du, dass Hiob umsonst Gott fürchtet? Hast du doch ihn, sein Haus und alles, was er hat, rings umher mit einem Zaun verwahrt?“ (engl. Übers.) so antwortete er doch dieser niedrigen Verdächtigung auf die bestmöglichste Art, denn er sprach dem sinne nach: „Ob Gott auch diesen Zaun niederbräche und mich bloß legte wie die Wüste selber, so will ich doch in festem Glauben an ihm hangen.“ Der Erzfeind hatte auch zu sagen gewagt, dass Hiob unter seinen ersten Trübsalen Stand gehalten, weil sie nicht hinreichend seine eigene Person betroffen hätten; Haut für Haut; und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben. Aber recke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an; was gilt´s, er wird dich ins Angesicht segnen.„ In den kühnen Worten, die wir vor uns haben, bringt Hiob diese Verleumdung kräftig zum Schweigen, indem er in Wahrheit spricht: „Obgleich meine Trübsal nun nicht mehr in dem Getötetwerden meiner Kinder, sondern meiner selbst, besteht, so will ich doch auf ihn trauen.“ Er antwortet in einem Worte auf zwei Verleumdungen Satans; so wirft die Wahrheit unbewusster Weise ihre Feinde nieder, indem sie die geheime Bosheit der Lüge durch die Einfachheit der Geradheit zu Boden schlägt. Hiobs Freunde hatten auch darauf hingedeutet, dass er ein Heuchler sei. Sie fragten ihn: „wo ist ein Unschuldiger umgekommen? Oder wo sind die Gerechten je vertilgt?“ Sie glaubten ganz sicher zu gehen, wenn sie den Schluss zogen, dass Hiob ein Betrüger gewesen sein müsse, weil er sonst nicht so besonders gestraft worden wäre. Auf diese Beschuldigung war Hiobs großartige Erklärung seines unwandelbaren Glaubens die bestmöglichste Antwort, denn nur eine aufrichtige Seele konnte so sprechen. Wird ein Heuchler Gott vertrauen, wenn er ihn tötet? Wird ein Betrüger an Gott hängen, wenn er ihn schlägt? Gewiss nicht. So wurde den drei leidigen Tröstern geantwortet, wenn sie weise genug gewesen wären, es zu sehen.

Unser Text stellt uns ein Kind Gottes dar unter dem härtesten Druck und zeigt uns den Unterschied zwischen ihm und einem Weltmenschen. Ein Weltmensch in der gleichen Lage wie Hiob würde zur Verzweiflung getrieben sein und wäre mürrisch und finster oder trotzig und herausfordernd geworden! Hier seht ihr, was in einem Gotteskinde an die Stelle der Verzweiflung tritt. Wenn Andre verzagen, traut er auf Gott. Wenn er auf nichts Andres blicken kann, wendet er sich zu seinem himmlischen Vater; und wenn er eine Zeitlang, selbst indem er auf Gott schaut, keinen fühlbaren Trost erhält, harrt er in der Geduld der Hoffnung, erwartet ruhig die Hilfe und ist entschlossen, dass er, selbst wenn diese nicht kommt, an Gott hängen will mit der ganzen Kraft seiner Seele. Hier tritt aller Mut des Mannes hervor, nicht, wie bei dem Ungöttlichen, um sich eigensinnig zu empören, sondern kühn zu vertrauen. Das Kind Gottes ist mutig, denn es weiß zu trauen. Sein Herz sagt: „Ach, Herr, es steht jetzt schlecht mit mir und es wird immer schlimmer, aber sollte das Schlimmste zum Schlimmsten kommen, doch will ich an dir hängen und dich nimmer gehen lassen.“ Auf welche bessere Art kann der Gläubige seine Treue gegen seinen Herrn zeigen? Er folgt augenscheinlich seinem Meister, nicht nur in schönem Wetter, sondern auf den sumpfigsten und rauesten Wegen. Er liebt seinen Herrn, nicht bloß, wenn er freundlich blickt, sondern auch, wenn die Stirn runzelt. Seine Liebe ist nicht mit den Gaben aus den Herrn goldener Hand erkauft, denn sie wird nicht vernichtet durch die Schläge seiner schweren Rute. Ob mein Herr gleich seine strengste Miene annähme, ob er gleich von zornigen Blicken zu schneidenden Worten zu grausamen Streichen schritte, welche das Leben selbst aus meiner Seele zu schlagen schienen, ja, wenn er gleich das Schwert herab nähme und drohte, mich zu täten, doch steht in meinem Herzen Ein Entschluss fest, nämlich, Zeugnis abzulegen, dass er unendlich gut und gerecht ist. Ich habe kein Wort gegen ihn zu sagen, keinen Gedanken gegen ihn zu hegen, viel weniger wollte ich von ihm weggehen; sondern, ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen.

Was ist mein Text anders, als eine alttestamentliche Übertragung des neutestamentlichen „Quis separabit?“ - Wer will scheiden? Hiob nimmt die Frage des Paulus vorweg: „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Fährlichkeit oder Schwert? Aber n dem allen überwinden wir weit, um des willen, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentum, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andre Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.“ War nicht derselbe Geist in Hiob wie in Paulus? Ist er auch in uns? Wenn das, so sind wir in Wahrheit Männer, und unsre Sprache hat Kraft und für uns ist diese Erklärung keine eitle Prahlerei, keine törichte Großsprecherei, obgleich sie sehr lächerlich wäre, wenn nicht ein Herz voll göttlicher Gnade dahinter wäre, um sie wahr zu machen. Es ist das Siegesjauchzen eines allaufopfernden Glaubens, der Alles hinfahren lässt, nur nicht Gott. Ich wünschte, wir Alle hätten heute Morgen diesen Geist, so dass wir, ob wir Hiobs Leiden erdulden oder nicht, doch auf jeden Fall so fest an dem Herrn hangen wie Hiob, so gläubige Zuversicht zu dem Höchsten haben, wie er.

Es sind drei Dinge in dem Text: eine schreckliche Voraussetzung - „ob er mich auch tötete;“ - ein großer Entschluss - „so will ich doch auf ihn trauen;“ und drittens, eine geheime Verbindung beider. Dies letztere wird einer näheren Betrachtung bedürfen, aber ich hoffe, es klar zu machen, dass es durchaus richtig ist, auf Gott zu trauen, wenn er uns auch tötet - diese zwei Dinge passen gut zusammen, obgleich es nicht so scheinen mag.

I.

Zuerst also ist hier eine schreckliche Voraussetzung - „ob er mich auch tötete.“ Der Herr wird hier dargestellt, als wenn er seinen auf ihn trauenden Knecht tötete. Eine Vorstellung voll Schrecken! Es ist eine Voraussetzung, die in einem gewissen Sinne keine Minute zu dulden ist. - „Ob er mich auch tötete.“ Hier bin ich, sein liebes Kind, Einer, den er geliebt hat, ehe der Welt Grund gelegt ward, Einer, für den er sein Leben am Kreuze dahingegebenen, Einer, von dem er gesprochen: „Ich habe dich in meine Hände gezeichnet.“ Wie kann er mich töten? Wenn er es tut, so kann es nur in einem untergeordneten Sinne des Wortes sein, denn mein bestes und wahrstes Leben, das muss gesichert sein, denn er ist dessen Urheber und Hüter und kann nicht sein Zerstörer sein. Kann eine Mutter ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Könnte sie eins ihrer Kinder sterben lassen, wenn sie Macht hätte, es am Leben zu erhalten? Würde sie gewaltsam Hand an das Kind ihrer Liebe legen und es verderben? Da sei Gott vor! Ebenso wenig will Gott eins seiner lieben Kinder verderben oder dulden, dass es ins Verderben gestürzt werde. Jesus hat feierlich gesprochen: „Ich gebe meinen Schafen das ewige Leben und sie werden nimmermehr umkommen und Niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Die schönsten Erdenkinder werden sterben, denn was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch und alles Fleisch ist ein welkendes Gras; aber das schwächste Gotteskind wird für immer leben, denn auf jeder Stufe schon ist das göttliche Leben Unsterblichkeit. Die Zeit wird die Sonne auslöschen, die Lampe des Monds wird in künftigen Zeitaltern trübe werden, aber weder Zeit noch Alter werden einen einzigen Funken des himmlischen Gnadenlichtes auslöschen. Obgleich der Glaube nur wie ein Senfkorn ist, ist er doch seinem Wesen nach etwas Lebendiges und es ist nicht denkbar, dass Gott selber das töten sollte, was er mit seinem Leben lebendig gemacht hat. Obgleich es manchmal unmerklich ist, selbst für den, der es besitzt, und obgleich manche schmerzliche Frage aufgeworfen wird, ob es überhaupt da ist, doch wird Gott es, wenn es vorhanden ist, bis zum Ende bewahren. Komm´, Kind Gottes, du musst nicht voraussetzen, dass der Herr dich auf immer töten wolle. Du musst dir keine Annahme erlauben, die deinem Gott Unehre bringen würde. Du magst annehmen, was du willst, wenn es unschuldig ist, aber du darfst nichts voraussetzen, was die göttliche Liebe lästern oder einen Tadel auf Gottes Treue in seinen Verheißungen werfen würde. Er mag dich auf eine Weile bei Seite werfen, aber er kann dich nicht auf immer ausstoßen; er mag deine Güter nehmen, aber nicht dein höchstes Gut. Er mag zugeben, dass eine Wolke über deinem guten Namen bleibt, dass ein Mehltau auf deine Wirksamkeit fällt, und ein Sturm dein Glück hinweg fegt, aber seine Barmherzigkeit ist nicht gar aus für immer, er hat nicht im Zorn sein Herz von dir abgewandt. Er hat dich schwer gezüchtigt, aber er hat dich nicht dem Tode übergeben. Nein, ihr müsst die Annahme des Textes nicht deuten, als wenn es hieße: „Obgleich er mich umkommen ließe, obgleich er mich in die Hölle würfe,“ denn das kann niemals sein. Aber ich wage kühn, zu sagen, selbst wenn der Teufel euch ins Ohr flüstern sollte, dass der Herr euch auf immer verderben wollte, so würde es eine herrliche Sache sein, wenn ihr tapfer erwidern könntet: „Und wenn er es täte, wollte ich ihm doch trauen.“ Ein alter Heiliger führte einst eine sehr gewagte, und vielleicht nicht zu rechtfertigende Sprache, wenn er in der Entzückung seiner Liebe sprach: „Wenn Gott mich in die Hölle wirft, will ich ihn so fest halten, dass er auch dahin gehen muss; ich will ihn nicht lassen und die Hölle selber wird mir keine Hölle sein, wenn er da ist.“ Geliebte, sagt in eurem herzen: Wenn der Herr mich gleich verdammen würde, wollte ich mich nicht auflehnen, sondern bekennen, dass er gerecht ist; wenn er sich auch weigern sollte, meine Gebete zu hören, so ist er doch ein unendlich guter und preiswürdiger Gott und ich will ihn doch loben. Aber, Geliebte, es kann nicht sein, dass Gott einen Gläubigen töten oder verdammen sollte und ihr braucht der Annahme keinen Raum zu geben. Gelobt sei sein Name, er hat das Volk nicht verworfen, das er zuvor versehen hat, auch ist keine Seele, die auf ihn vertraut hat, je verlassen worden.

Die schreckliche Voraussetzung unseres Textes schließt alle möglichen Übel ein. „Ob er mich auch tötete.“ ER meint, wenn jede Art der leiden bis zu wirklichem Tode über ihn kommen sollte, so wollte er doch auf Gott trauen. Wenn er gleich Alles verlöre, was er besäße an Feldern und Herden, Geld und gut, so wollte er dennoch vertrauen. Verloren gingen dem Hiob die Rinder und Esel, verloren gingen die Schafe, verloren gingen die Kamele, verloren gingen die Diener und jedes Mal, wenn der Bote atemlos hereingelaufen kam, sprach er: „Ich bin allein entronnen, dass ich´s dir ansagte.“ Zuletzt kamen die schlimmsten Nachrichten von allen, denn all´ seine Kinder waren mit Einem Schlage hinweg genommen. Alles war verloren, denn sein Weib war auch so gut wie verloren, da sie zum Feinde überging, und sagte: „Segne Gott und stirb.“ Wohl gesprochen war es von Hiob: „Obgleich meine Leiden mir nichts als das leben übrig gelassen haben, obgleich mir nichts bleibt, als dieser Aschhaufen und diese Scherbe, womit ich meine Schwären schabe, so will ich doch auf den Herrn trauen.“ O, das war tapfer gesprochen!

In diesem Entschluss sind nicht bloß alle Verluste an Eigentum, sondern auch alle Verluste von Freunden mit einbegriffen; und ich möchte, dass ihr christlichen Leute dies ins Auge fasst. Vielleicht nimmt der Herr plötzlich die teuersten Gegenstände eurer Herzensneigung von euch hinweg, - euren Gatten oder eure Gattin; könnt ihr ihm dann vertrauen? Die beinahe vergötterten Kinder können eins nach dem andern weggenommen werden und eine traurige Leere im Herzen zurücklassen. Du treues Weib, der Geliebte deiner Seele mag in der Blüte seiner Jahre hinübergehen, der Bruder mag vielleicht niedergemäht werden wie das grüne Gras und die Schwester welken wie eine Blume. Eltern, Kinder, Brüder, All´ und Jede von diesen können weit von euch gerissen werden und ihr werdet vielleicht wie die einsamen Bäume sein, während ihr jetzt noch von einem befreundeten Walde umgeben seid. Ihr seid vielleicht die letzten Rosen, allein übrig, kaum blühend, sondern euer Haupt beugend unter den heftigen Schauern der Leiden, welche euch bis an die Seele gehen. Nun, Gläubiger, wenn du ein einem solchen bejammernswerten Zustande bist, kannst du dennoch sprechen: „Wenn der Herr sogar noch weiter ginge, wenn seine nächsten Pfeile mein eigenes zerrissenes Herz durchbohrten, selbst dann, wenn ich zu Tode blute, will ich seine Hand küssen?

Hiob schloss in seine Voraussetzung alle Arten von Schmerz ein. Wir können uns kaum die körperliche Qual des Hiob vergegenwärtigen, als er mit bösen Schwären von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel bedeckt war. Niemand konnte sich ihm nahen, die Krankheit war so ekelhaft, auch konnte er nicht ertragen, berührt zu werden. Doch spricht er: „Obwohl ich alle diese Schwären habe und selbst, wenn sie noch schlimmer würden, so dass die Schmerzen, die ich jetzt ertrage, unerträglich würden, und sollte ich selbst die Angst des Todes erleiden, doch wollte ich mein Vertrauen auf meinen Gott setzen. Weder Armut, Verlassenheit, noch heftige Qualen sollen mich dazu bringen, von dem Herrn zu weichen, noch sollen sie alle vereint mich bewegen, an ihm zu zweifeln.“ Welch´ ein Glaubenstriumph ist das!

Hiob erduldete damals auch Verunglimpfung, denn die, welche einst mit Ehrfurcht zu ihm aufschauten, verachteten ihn nun in ihrem Herzen. Er sagt, dass die seiner lachen, deren Väter er verachtet hätte, zu stellen unter seine Schafhunde; und während früher, wenn er in der Gasse saß, die „Stimme der Fürsten sich verkroch,“ so war er nun für lose und verachtete Leute ein „Saitenspiel und Mährlein“ geworden. Und seiner irrenden Freunde war er so müde, dass er sprach: „Wollte Gott, ihr schweiget, so würdet ihr weise.“ Der arme Hiob war schwer verletzt durch den Spott, der auf ihn ausgeschüttet ward zu einer Zeit, wo er sowohl Teilnahme als Ehre verdiente, aber doch ruft sein Glaube: „Wenn ich noch mehr verachtet werde und meiner vergessen wird wie eines Toten, doch will ich auf dich trauen, mein Gott.“

Zugleich mit all´ diesem muss der leidende Patriarch viel Niedergeschlagenheit des Geistes empfunden haben. Sagte er nicht: „Meine Rede bleibet noch betrübt, meine Macht ist schwach über meinem Seufzen. Gott hat mein Herz blöde gemacht und der Allmächtige hat mich erschreckt.“ Diejenigen von uns, die an Schwermut leiden, finden viel Gleichartiges im Buch Hiob, die Melodie desselben ist in Harmonie mit unserer eigenen. Wie bitterlich klagt er zu Zeiten! Welche wunderbare Blicke tut er in das Geheimnis des Schmerzes! Obgleich sein Leiden nie vollständig gewogen ist, und seine Trübsale nicht alle zusammen in die Waagschale gelegt, so ist doch sein Wehe von viel tausend Leidenden betrachtet und hat ihnen einen Reichtum von Tröstungen gebracht. Hiob schließt nicht seine verzagten Gedanken aus bei seinem Entschluss, nein, er denkt hauptsächlich hieran, denn diese sind in einem besonderen Sinne Schläge, die einen Menschen persönlich treffen, - und er sagt: „Ob er mich auch töten wollte“ - obgleich mein Herz vor Angst bräche, von Verzagtheit ganz durchbohrt würde, doch will ich auf Gott trauen. Ich nannte im Anfang die Voraussetzung des Textes eine schreckliche, und nun meine ich, gezeigt zu haben, dass sie dies ist, da sie alle Arten von Leiden einschließt.

Hört aber wiederum zu. Diese Voraussetzung geht bis an die äußerste Grenze der Möglichkeit, wenn nicht darüber hinaus, denn es würde schwer sein, einen Fall zu finden, wo Gott wirklich einen seiner Knechte getötet hat. Die Märtyrer wurden für ihn getötet, aber nicht von ihm. Für keins seiner Kinder, Eins ausgenommen, ist der Herr gewesen, was Abraham für Issak war, als er sein Messer aus der Scheide zog, um ihn zu töten. Wenn er so gewesen, wären wir die das Lamm unter dem Opfermesser gewesen? Die Steine, die den Stephanus erschlugen und das Schwert, das den Jakobus tötete, waren in der Hand grausamer Menschen, und nicht in der Hand Gottes; aber hier wird angenommen, dass Gott selber uns tötet. Nun, obgleich er das nicht wirklich getan hat, mögen wir wohl fragen, ob wir uns ihm übergeben könnten, selbst wenn er Leben und Alles mit seiner eigenen Hand hinweg nehmen sollte? Könnten wir auf dem Altar liegen und keinen Widerstand versuchen? Hassen wir selbst unser eigenes Leben aus Liebe zu ihm? Was sagen wir dazu? Ist unsre Liebe stärker als der Tod? Gott gebe, sie möge so erfunden werden.

Aber diese Voraussetzung geht weiter, als die Tatsachen je gehen werden. Warum setzt denn der Psalmist einen solchen Fall voraus? Ich erwidere, weil er nur durch solche Voraussetzungen seinen Glauben völlig ausdrücken kann. Denkt an den Psalm: „Darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken.“ Wir erwarten nicht, dass die Welt untergeht oder die Berge sich in den Ozean stürzen, aber um unsre Zuversicht auszudrücken, erklären wir, dass selbst ein solches Erdbeben nicht den Grund unsers Glaubens erschüttern könnte. Gott selbst redet zu seinem Volk in der gleichen Weise: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und de Bund meines Friedens soll nicht hinfallen.“ Kind Gottes, du magst, wenn du willst, etwas annehmen, was nimmer geschehen wird und deine Seele dadurch in Tiefen des Wehes und des Leides versetzen, in die du nie in Wirklichkeit hinein kommen wirst, und doch wirst du durch Gottes Gnade den Entschluss fassen: „Selbst, wenn es dazu käme, wollte ich ihm doch trauen.“

Obgleich der Text etwas annimmt, was niemals stattfinden wird, so ist er doch eine richtige Beschreibung von dem, was oft unserer Vorstellung nach geschieht. Habt ihr nie erfahren, was es heißt, eurer Vorstellung nach von Gott getötet zu werden? Mein Herz hat es oft erfahren. Es ist wie der Tod selber, wenn ihr all´ eure Religion dahin schmelzen fühlet, gleich dem Reif am Morgen, wenn die Sonne aufgegangen ist; und all eure Freuden, an denen ihr euch ergötzet, davon fliegen, wie die Vögel, wenn eine Mann in die Hände klatscht. Habt ihr niemals wieder von vorn anfangen müssen bei dem Alphabet der Buße und des kindlichen Glaubens, und dies kein leichtes Ding gefunden? Habt ihr nie erfahren, was es heißt, euren Becher voll zu haben von dem, was ihr heilige Freude und süße Erfahrung nanntet und dann zu sehen, wie der Herr das Unterste zu oberst kehrt und euch zeigt, dass es eine Mischung von Selbstgefälligkeit und Sentimentalität war, mit dicken Hefen von Stolz und Falschheit auf dem Grunde? Könnt ihr mit David sprechen: „Ich habe von aller Vollkommenheit ein Ende gesehen.“ (Ps. 119,96, engl. Übers.) Seid ihr nie von eingebildetem Reichtum zu bitterer, aber ehrlicher Armut heruntergekommen? Habt ihr nie gedacht, ihr wäret so wundervoll heilig geworden, dass ihr kaum einen halben Bogen Seidenpapier zwischen euch und die Vollkommenheit legen könntet, und dann hat der Herr euch plötzlich bloßgelegt und euch Ekel empfinden lassen vor eurer angeborenen Verderbnis? Ihr seid wie ein Becher gewesen, der aufsprudelte und überschäumte, und der Herr hat den Schaum hinweg geblasen und euch den schwarzen Bodensatz eurer inwendigen Schlechtigkeit sehen lassen? Gott hat viele Wege, umso in seinen Kindern alles zu töten, was sterben muss. So schlägt er die geistliche Heuchelei, die uns Allen so gemein. Unser Leben scheint zu Zeiten ganz aus Seifenblasen und aufgedunsenen Schwämmen des Selbstruhms zu bestehen, wir denken, dass wir etwas sind, wenn wir in Wirklichkeit nichts sind und dann schneidet der Herr alle Auswüchse ab, und wir kommen in unsern wirklichen Zustand zurück. Wisst ihr niemals, was es heißt, so getötet zu werden? Ach, meine Brüder, zu Zeiten ist unser Leben ein langes Innewerden der Macht des Todes. Wisst ihr nicht, was es heißt, zu sagen: „Ist dies Gebet? Wie, während ich betete, waren meine Gedanken verwirrt,. Zerstreut und herumschweifend. Ist das Glaube? Wie, von den allerwichtigsten Punkten wagt meine Seele kaum mit Zuversicht zu sprechen! Ist dies Liebe? - Liebe zu Christo, die sogar, wenn ich sie durch die Tat beweise, mich anklagt um ihrer Lauheit willen und ihres Mangels an selbstverleugnender Wärme. Kann dies geistliches Leben sein? Ein Leben davor ich erröte und über das ich traure! Ein Leben, welches kaum empfunden wird, und wenn es das tut, bald wieder in Fühllosigkeit versinkt!“ Geliebte Brüder, ich spreche aus Erfahrung, all ´ dies ist eine Art von Töten, wodurch der Herr den Stolz der Menschen wegnimmt und sie von eitler Zuversicht abhält. Hat er nicht geschrieben: „Ich töte und mache lebendig, ich verwunde und ich heile?“ In diesen Zeiten des Verwundens und Tötens, die sehr häufig sind in der Erfahrung einiger Kinder Gottes, da ist das einzige, was wir tun können, noch zu trauen, - „Ob er mich auch töten würde, doch wollte ich auf ihn trauen.“ Traue ihm, ob er auch neun Zehntel aller deiner Hoffnungen aussichtet, alle deine Erfahrungen verbrennt, deine Gewissheit zermalmt, all´ deine vermeinte Heiligkeit zu Boden tritt und all´ deine Ruheplätze und Zufluchtsorte hinweg fegt. Dann ist es in der Tat die Beste Zeit, Glauben zu üben.

Noch einmal, die f u r c h t b a r e Voraussetzung des Textes, wenn sie sich überhaupt bei Jemandem verwirklichte, ward bei unserem Herrn Jesu verwirklicht. Unser großes Bundeshaupt kennt vollständig, was seine Glieder dulden. Gott tötete ihn und, gepriesen sei sein hochgelobter Name, er vertraute Gott, während getötet wurde. „Der Herr wollte ihn also zerschlagen mit Krankheit;“ doch hören wir von den Lippen unsers teuren Herrn keine Ausdrücke des Unglaubens. Leset den zwei und zwanzigsten Psalm, wo er sagt: „Unsre Väter hofften auch dich; und da sie hofften, halfst du ihnen aus. Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch.“ Hört, wie er Gott anflehet und horcht besonders auf seine letzten Worte, wo er, obwohl er sagt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ doch ein paar Minuten nachher ruft: „In deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Was! In die Hände eines Gottes, der ihn verlassen und ihn zerschlagen hatte; befahl er sich in diese Hände? Ja, gerade in diese Hände; und hierin müssen wir seinen Fußstapfen folgen. Obgleich der Herr zerschneidet, zerhaut, zerhackt, zerreißt und uns zu Pulver zermalmt, doch müssen wir aus dem Staub und den Tränen und dem Blut des Kampfes zu ihm aufblicken und sagen: „Ich traue dir dennoch.“ Hier ist die Geduld der Heiligen! Hier ist die Herrlichkeit des Glaubens! Selig ist der Mann, welcher in dem Allen weit überwindet. Ich sage es ruhig, ich wollte lieber fähig sein, zu tun, wie Hiob tat, als Einer von jenen Seraphim sein, die niemals gelitten und folglich nie an einem tötenden Gott festgehalten haben. Ich rechne es für das Größte, was einem geschaffenen Wesen möglich ist, wenn es im Stande ist sich vollständig des Schöpfers Hand zu übergeben und ohne Wanken an des Schöpfers Liebe zu glauben, und zu glauben „auf Hoffnung, da nichts zu hoffen ist.“ O, königliches Wort einer echt königlichen Seele: „Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen.“

II.

Wir haben vor uns einen großen Entschluss - „so will ich doch auf ihn trauen.“ Hiob meinte, dass er gewiss wäre, der Herr sei gerecht und obwohl er nicht fühlte, dass die Leiden, die er duldete, ihm um seiner Sünden willen zugeschickt seien, doch zweifelte er nie, dass Gott gerecht sei, während er ihm solche Trübsal sandte. Seine Freunde sagten: „Du siehst, Hiob, du leidest mehr, als irgend ein Anderer, deshalb musst du ein Heuchler gewesen sein, denn Gott wird keinem Menschen mehr auflegen, als was gerecht ist.“ „Nein,“ sagte Hiob, „ich bin aufrichtig vor dem Herrn gewesen; und doch klage ich auf der andern Seite den Herrn nicht der Ungerechtigkeit an, ich bin gewiss, er tut, was recht ist, und ich traue ihm so sehr als je.“ Es waren zwei Dinge, an denen Hiob fest hielt: „Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen, aber ich will meine eignen Wege vor ihm aufrecht halten“ (engl. Übers.), das heißt, ich will nicht zugeben, dass ich ein Heuchler gewesen bin, denn ich bin ihm aufrichtig gehorsam gewesen; ebenso wenig will ich zu dem andern Schluss getrieben werden, dass Gott ungerecht ist, wenn er mich schlägt. Hiob verstand nicht des Herrn Gründe, aber er fuhr fort, auf seine Güte zu vertrauen. Er setzte des Herrn Handlungen keine Schranken oder Bedingungen, sondern überließ alles seinem freien Willen, und war gewiss, dass was er täte, recht sein müsse. Sollte der Tod alle sichtbare Möglichkeit verhindern, seinen Verlust und sein Wehe wieder gut zu machen, so schwang sein Glaube sich über das Grab und sah Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im Jenseits lebendig und Alles am Ende gut werden. O, es war großartig, die allmächtige Güte so im Angesichte des Todes selbst zu verteidigen.

Nun, liebe Brüder, ihr und ich können sagen, wenn wir in Gott ruhen: „Was auch geschieht, wenn ich auch Gottes Schickungen nicht besser verstehen kann, als Hiob Gottes Schickungen verstand, doch bin ich dessen ganz sicher, er wird mir in meiner Not helfen und ich will mich daher auf ihn werfen in dem Glauben, dass „wie mein Tag so auch meine Kraft“ sein wird; oder wenn er mir in meinen Nöten nicht mit sichtbarer Hilfe hilft, so will ich doch vertrauen, dass er mich heraus bringen wird, dass, wenn er mich eine Weile zu verlassen scheint, es doch von mir wie von Gad heißen wird: „Ein Heer wird ihn besiegen, aber er wird zuletzt überwinden.“ (1. Mose 49,19, engl. Übers.)

Wenn ich weder jetzt Hilfe, noch augenblickliche Befreiung erhielte, so würde ich doch überzeugt sein, dass meine lange Trübsal zu meinem Besten verordnet ist und dass Gott das Allerschlimmste zu meinem ewigen Wohl und zu seiner Ehre dienen lässt; deshalb will ich mich seinem Willen unterwerfen und erwarten, dass ich am Ende die Freundlichkeit des Herrn sehen werde. Ja, und wenn ich jetzt weder Hilfe noch Befreiung hätte und auch nicht augenblicklich etwas Gutes aus meiner Trübsal entstehen sehe, so will ich mich doch auf Gott verlassen, denn auf die eine oder andre geheimnisvolle Weise werde ich noch seine Vorsehung als recht und gut erkennen; denn er kann nicht irren, sein Handeln muss weise sein; er kann nicht unfreundlich sein, sein Tun muss liebevoll sein. Obgleich die scharfe Schneide des Todes mich berührt, will ich mich an diesem Glauben halten, dass du, o Herr, alle Dinge recht tust. Wenn hinunter ins Grab meine Schritte gehen müssen, und durch des finstern Tales düsterste Schatten mein Pilgerpfad sich wendet, doch fürchte ich kein Unglück, denn dein Stecken und Stab ist meine Zuversicht; und ich will gewiss sein, dass er, der mich sterben heißt, mich auch wieder leben heißen wird; aus dem Grabe wird mein Leib einst auferstehen und in meinem Fleisch werde ich Gott schauen. Und mein Geist, obgleich er durch den Todesschatten geht, wird in ein glänzendes Licht hinein kommen und in der ewigen Herrlichkeit wird er überreichlichen Lohn für die Schmerzen der Gegenwart empfangen. Dies ist der Glaube, den wir zu allen Zeiten festhalten müssen - „Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen.“

Warum, denkt ihr, war Hiob fähig, so bestimmt über sein Vertrauen auf Gott zu sprechen? War es nicht, weil er Gott kannte? „Darum hoffen auch dich, die deinen Namen kennen.“ Wenn ihr Gott glauben wollt, müsst ihr ihn kennen. die, welchen er ein Fremder ist, können nicht auf ihn hoffen. O, Geliebte, denkt nur, was Gott ist! Manchmal wenn ich sein Wesen und seine Eigenschaften betrachte, ist mir, als könnte ich vor Freude hüpfen, und wenn ich dies Thema auf der Kanzel berühre, so fühle ich, als wenn ich immerfort zu seinem Preise reden könnte und die höchsten, süßesten, reichsten Worte der menschlichen Sprache brauchen, um zu sagen, welch ein hochgelobter Gott mein Gott ist. Wie! der Herr irgend Einem von uns Unrecht tun? Unmöglich! Der Herr unfreundlich gegen uns sein? Die Voraussetzung kann keinen Augenblick geduldet werden. Wenn wir ihn erst kennen, so fühlen wir, dass all die Güte und Freundlichkeit von Vätern, Müttern, Brüdern, Kindern, Gatten und Gattinnen, alle zusammen genommen, nur wie ein einziger Tropfen Süßigkeit ist, verglichen mit dem Meere von Honigsüßigkeit, das in seiner unendlichen Liebe gefunden wird. Außerdem haben wir nicht allein seine Eigenschaften, auf die wir trauen, sondern sein früheres Handeln mit uns. Vergab mein Herr mir alle meine Sünde? und wird er danach je unfreundlich gegen mich sein? Gab er sein Leben für mich hin an dem Holz des Fluches und kann ich dann träumen, dass er mich verlassen wird? Habe ich in die Wunden meines sterbenden Heilandes geblickt und soll ich je murren, wenn er meine Schmerzen und Leiden, Verluste und Kreuze vermehrt? Da sei Gott vor! Solche Liebe wie die seine verbietet alle Furcht. Hast du dich je auf den Arm deines Freundes gelehnt? Hast du je wie die Braut im Hohenliede gesungen: „Seine Linke lieget unter meinem Haupt und seine Rechte herzet mich?“ Hat er dich je „mit Blumen erquicket und mit Äpfeln gelabet, weil du krank warst vor Liebe;“ und darnach willst du dir harte Gedanken über ihn gestatten? O nein, bis „der Tag anbricht und die Schatten weichen,“ können wir nicht hart von ihm denken, der so freundlich gegen uns gehandelt hat. Seine Wege müssen die rechten sein; solche wundervollen Taten der Liebe wie die seinen haben uns über allen Zweifel hinaus bewiesen, dass er die Liebe ist, die wesentliche Liebe und uns daher nichts Böses zufügen kann.

Außerdem kennen wir das Verhältnis, in dem er zu uns steht. Man hat gesagt, dass keinem Feinde zu trauen sei und es ist mit gleicher Richtigkeit hinzugefügt, dass keinem versöhnten Feinde zu trauen ist; der Argwohn bleibt lange zurück. Aber unser Gott ist kein versöhnter Feind, obgleich er manchmal so dargestellt wird; er hat uns je und je geliebt, seine Freundschaft ist keine von gestern, keine Leidenschaft, die vor ein oder zwei Monaten zu brennen begann; sondern lange, ehe die Hügel ihr Haupt erhoben, hat er uns geliebt. Die Bande seiner Vaterschaft sind um uns und wir können uns wohl seinen Händen anbefehlen.

Sind einige von uns in großer Bedrängnis heute Morgen: dann lasst uns jetzt auf den Herrn trauen, denn was anders können wir tun? Gesetzt, wir gäben unser Vertrauen auf, zu wem oder wohin sollen wir gehen? Wenn dieser Anker schleppt, welch andere Stütze kann gefunden werden? Lasst uns fortfahren unserem Herrn zu trauen, denn er verdient es. Er hat niemals etwas getan, das einen Zweifel an ihn rechtfertigen könnte. Ist er jemals falsch gegen uns gewesen? Ah, Judas, du verkauftest deinen Meister, aber dein Meister verkaufte dich nie. Ah, ungläubiges Herz, du bist von Jesu weggegangen, aber er ist nie von dir gegangen. Wenn du nicht an ihn zweifelst, bis du Grund dazu hast, so wird es sobald nicht der Fall sein. Lasst uns unserem Gott trauen, denn das ist der süßeste Trost, den ein Mensch haben kann. Auf dieser Seite des Himmels kann nichts einem Leidenden so viel Kraft in der Anfechtung verleihen, als wenn er seine Zuflicht zu der starken Liebe Gottes nehmen kann und glauben, dass die Weisheit Gottes alles leitet. Nichts dient so dazu, unsere Trübsal zu heiligen und gute Resultate derselben vorzubringen, als der Glaube an Gott. Dies ist der Simson, der im Löwen Honig findet. Aus tausend Gründen möchte ich sagen: „Hoffet auf ihn allezeit, lieben Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsere Zuversicht.“ Sage Jeder von euch: „Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen.“

III.

Und nun ist der letzte Punkt dieser: eine geheime Verbindung dieses allen.

Es ist etwas in dem Getötetwerden von dem Herrn, was uns helfen sollte, ihm zu trauen.. Ich möchte lieber, der Herr schlüge mich mit Trübsalen und Anfechtungen, als dass er mich in meiner Sünde in Ruhe ließe. Was sagt die Schrift? „Seid ihr aber ohne Züchtigung, welcher sie Alle sind teilhaftig geworden, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder, denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt.“ Ich bemitleide nicht so sehr die Kinder Gottes, die ein Kreuz zu tragen haben, behalte meine Furcht auf für jene Weltlinge, die nicht in Not sind und nicht geplagt werden wie andere Menschen. Es würde sehr töricht sein, wenn der Leidende sagen wollte: „Ich bin kein Kind Gottes, denn er schlägt mich: „es würde mehr Vernunft darin sein, wenn der Sünder sagte: „Ich bin kein Kind Gottes, denn ich habe mein Teil in diesem Leben.“ Gewiss, es ist etwas in dir, was Gott liebt, sonst würde er nicht das töten, was er hasst. Wenn er die Sünde in dir hasst, so ist das ein gutes Zeichen, denn wo hassen wir die Sünde am meisten? Nun, in denen, die wir am meisten lieben. Wenn ihr einen Fehler in einem Fremden seht, so drückt ihr ein Auge zu und sagt nur wenig, aber ihr seid tief bekümmert, wenn ihr ihn in eurem eigenen lieben Kinde bemerkt. Wo wahre Liebe ist, da ist ein gewisses Maß von Eifersucht und je heißer die Liebe ist, desto heftiger die Eifersucht, besonders in Jesu Christo. Wo er Sünde sieht in denen, die ihm sehr teuer sind, da entbrennt sein Zorn, nicht gegen sie, sondern gegen ihre Sünde, und er wird nicht ruhen, bis er sie ertötet hat. Sein Tadel ist strenge, nicht aus Mangel an Liebe, sondern weil er sie so sehr liebt. Ein ungöttlicher Mann kam vor einigen Jahren zu mir, als ich leidend war und sagte spottend zu mir: „Ah,“ wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, sehe ich.“ Ich erwiderte: „Ja, das ist seine Gewohnheit.“ „Ah,“ sagte er, „so lange ich ohne Züchtigung bin, bin ich es ganz zufrieden, ohne Liebe zu sein.“ Oh, das trieb das Blut mir in die Wangen und die Tränen in die Augen und ich rief aus. „Ich wollte nicht mit Ihnen tauschen für zehntausend Welten. Wenn mein Gott mich von Kopf bis zu den Füßen schlagen wollte, so würde ich es freudig tragen, lieber als einen Augenblick ohne seine Liebe leben.“ Wenn der Herr uns stäupt, so lieben wir ihn und wir wollten ihn nicht verlassen, wenn auch der Teufel uns alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit geben wollte. Unser Vater sperrt uns zuweilen in eine dunkle Kammer ein, und wir weinen da bitterlich unter einem Gefühl seines Zornes, aber wir lieben ihn doch und wenn Jemand ihn tadeln sollte, so würden wir gleich aufstehen und sagen: „Er ist ein guter Gott und sein Name sei gelobt.“

Bedenkt ferner, das Ertöten der Kreatur ist gerade der Zustand, in welchem der Glaube geboren wird und in welchem er gern seine Macht beweist. Wir werden errettet, indem wir vom Tode zum Leben übergehen. Wie Noah gleich einem Toten war, dessen vergessen ist, da er in der Arche eingeschlossen war, und durch sein Begrabenwerden in eine neue Welt hinüber kam; und wie wir in der Taufe in demselben Sinnbild mit Christo begraben werden, auf dass wir mit ihm auferstehen, so ward der Glaube geboren in dem Tod der Kreatur zu der Zeit, als das neue Leben in uns eingehaucht ward. Wenn Gott alles tötet, was des Todes fähig ist, und unser neues unsterbliches Leben allein übrig bleibt, so fühlt der Glaube, als wenn sein Geburtstag wiederum gekommen wäre und seine heimatliche Luft mit sich gebracht hätte.

Bemerkt noch, zu den Zeiten, wo Gott uns schlägt, wird unser Glaube geprüft, ob er wahrhaft ist oder nicht. Wenn alle Winde günstig sind, wie könnt ihr sagen, ob eure Barke einen Sturm ertragen könnte? Wie viel Glauben haben unserer Einige zu Zeiten! Habt ihr nie gefühlt, als wenn ihr sieben Teufel mit Einer Hand schlagen könntet? Es war kein Teufel auf sieben Meilen in der Runde, als ihr so kühn wart; aber wenn der kleinste Feind sich näherte, so floss euer Mut ab. Wir sind gleich einem alten Manne, den ich früher kannte, der zu mir sagte: „Ich bin jetzt achtzig Jahre alt, und im Winter denk ich oft, ich möchte gern ein wenig zu mähen und zu ernten haben, denn ich fühle mich wieder ganz jung; aber sobald die Ernte herankommt, und ich meine alte Sichel herunternehme, so tue ich nicht viel ohne zu fühlen, dass der alte Mann ein sehr alter Mann ist und besser täte, die Arbeit ruhen zu lassen.“ Zeiten der Ertötung lehren uns, ob unsere Stärke wirkliche Stärke und ob unsere Zuversicht wirkliche Zuversicht ist, und dieses ist gut, denn es würde schlimm für uns sein, wenn wir mit Haufen von falschem Glauben, unechter Gnade und schnell verfertigter Heiligkeit vollgepfropft wären. Einige von meinen Freunden sprechen, als wenn sie Heiligkeit genug für ein Dutzend Leute hätten, aber mir ist bange, wenn sie geprüft würden, wie Einige von uns es werden, so würden sie finden, dass sie nicht halb genug für Einen hätten. Dies ist der Nutzen der Trübsal, - sie lässt uns sehen, was Gold und was Flittergold ist, was Wirklichkeit und was Einbildung ist. Ah, wie viel religiöse Einbildung gibt es heutzutage!

Bemerkt ferner, dass die Zeiten der Ertötung die günstigsten sind, um Gott zu vertrauen. Ich habe mir ein kleines Rätsel vorgelegt. Hier ist es. Ist es leichter, Gott zu vertrauen, wenn ihr Nichts habe oder wenn ihr Alles habt? Ist es leichter, zu sprechen: „Ob er mich auch tötete, so will ich ihm doch vertrauen,“ oder zu sagen: „Ob er mich auch lebendig machte, so will ich ihm doch vertrauen?“ Wollt ihr drüber nachdenken? Soll ich euch helfen? Hier ist ein Mann ohne einen Pfennig in der Welt; sein Brotschrank ist leer, seine Herden sind vom Felde hinweggerafft und sein Vieh aus dem Stalle; ist es schwer für diesen Mann, Gott zu vertrauen? Wenn ihr das sagt, will ich nicht mit euch streiten. Aber hier ist ein anderer Mann, der eine Bank voll Gold hat, seine Wiesen sind mit Herden von Schafen und Rindern bedeckt, seine Scheunen brechen fast nieder von der Last des Korns und sein Geschäft gedeiht überall. Nun, ist es leicht für diesen Mann, auf Gott zu trauen? Sagt ihr „Ja?“ Ich sage „Nein.“ Ich sage, dass es für ihn eine sehr schwere Aufgabe ist, im Glauben zu leben und die Wahrscheinlichkeit ist dafür, dass er, wenn er spricht: „Ich traue auf Gott,“ auf seine Scheuer oder seine Bank vertraut. Alles zusammengenommen scheint mir, ist es leichter, Gott im Unglück zu trauen als im Glück, denn das Vertrauen, was im Unglück da ist, ist wahrhaftes Vertrauen, aber ein gut Teil des Vertrauens, das wir im Glück haben, ist eine Art Glauben, den wir auf Glauben anzunehmen haben, und ob es Glaube ist oder nicht, das ist eine Sache ernster Prüfung. Ihr Herren, wo ist der Raum für den Glauben, wenn ihr Alles, dessen ihr bedürft, schon sehen könnt? Eine volle Scheuer hat keinen Platz für den Glauben, wenn dieser etwas größer ist, wie eine Maus; aber in einer leeren Scheuer hat der Glaube Raum und Freiheit. Wenn der Bach Crith aufgetrocknet ist, wenn die arme Witwe nichts mehr übrig hat, als eine Hand voll Mehl und ein wenig Öl, dann ist Raum für den Propheten, Glauben zu beweisen. O, Brüder, es ist gut, das Verdeck zu klären, ehe wir das Gefecht beginnen. Im Namen Gottes, mit den doppeltgeladenen Kanonen voll starken Glaubens könnt ihr die Welt, den Teufel und das Fleisch wissen lassen, was Glauben ist; aber wenn euch auf dem Deck überall Luxusartikel und sichtbare Hilfsquellen im Wege stehen, könnt ihr kaum eine Hand rühren oder eine Kanone bewegen. „Ob er mich auch tötete“ - gut, das heißt, Alles ist hin, nur Atem genug gelassen, um gerade noch zu existieren; und nun, mein Gott, bist du Alles in Allem für mich. Nun kann ich sprechen: „Wen hab ich im Himmel als dich; da ist Nichts auf Erden, das ich begehre neben dir.“

Noch Eins; diese Zeiten der Ertötung sind sehr wünschenswerte Vorkommnisse, denn sie gestatten einem Kinde Gottes, zu zeigen, dass er kein Lohndiener ist, der eine Brot-Liebe bei Christo hält. Wenn Gott uns in Allem Gedeihen gäbe, würde die Welt sagen: „Diese Christen folgen Gott nach, wie verlaufene Hunde denen folgen, die ihnen Knochen geben, aber sie haben keine aufrichtige Liebe.“ Wenn der Herr uns schlägt und wir ihn nur desto mehr lieben, so können sie nicht anders, als sagen, dass wir treu sind, und vermögen das Werk der Gnade in unserer Seele nicht zu leugnen. O, ihr, die ihr Christen seid, so lange es angenehm ist, Christen zu sein; ihr, die ihr eure Liebe zu Christo davon abhängen lasset, ob ihr euch glücklich fühlt, - was für verächtliche Wesen seid ihr. Unser Herr will nicht solche niedriggesinnte Jünger, sondern solche, die sagen können: „Wenn ich Alles verliere, was ich habe, so will ich dich doch lieben, o mein Heiland: deine süße Liebe ist so kostbar, dass ich, wenn auch der Tod mir drohte, doch dich als mein Alles in Allem wählen würde.“ Liebe wünscht sich Gelegenheiten, um ihre Selbstlosigkeit zu beweisen, und eine solche ist die, wovon der Text spricht.

Es sind suchende Seelen heute morgen hier, und ich darf wohl sagen, sie haben gesprochen: „Spurgeon hat einen großen Glauben beschrieben, wir werden den nie erlangen.“ Ich habe gedacht, liebe Seelen, welcher Mann ist am meisten gleich einem kleinen Kinde? Ist das nicht ein sehr alter Mann? Welche Art Glauben ist am meisten gleich dem neugeborenen Glauben? Nun, der reifste und gefördertste Glaube. Mein Text ist ein sehr alter Glaube: „Ob er mich auch tötete, so will ich doch auf ihn trauen,“ aber der allererste Glaube an Christum, den ich hatte - ich erinnere mich dessen sehr wohl - war diesem ganz gleich. Ich glaubte, er würde mich verderben, ich vermochte nicht zu sehen, wie er anders könnte und doch ein gerechter Gott bleiben. Ich dachte, er müsse mich niederschmettern, wenn ich zu ihm ginge. Er schien mit dem gezückten Schwerte in der Hand zu stehen, aber ich fühlte: „Wohl, wenn er mich tötet, so ist es besser durch seine Hand zu sterben, als sein Feind zu bleiben;“ und ging zu ihm. Ich war gleich dem Knaben, der aus dem Hause weglief und nicht zurückzukehren wagte, weil er fürchtete, der Vater werde ihn schlagen. Er war die ganze Nacht draußen, zitternd vor Kälte und Nässe und hatte den ganzen Tag nichts zu essen. Als der nächste Abend heran kam, hatte er solche Furcht, noch eine zweite Nacht allein zu sein, das er zu sich sagte: „Ich will lieber meines Vaters Rute fühlen, als hier liegen,“ so ging er heim und wurde mit zärtlicher Liebe empfangen. So mit mir. Ich dachte, wenn ich zu dem Herrn ginge, würde ich dafür zu leiden haben, aber ich beschloss, lieber zu leiden, als zu bleiben, was ich war, und so ging ich zu ihm, und fand, dass ich geborgen war. O, arme Seelen, kommt zu Jesu Christo in dieser Weise. Sprecht:

„Ich will es wagen, jetzt zu gehen,
Ich kann im schlimmsten Fall nur sterben,
Und, bleib´ ich zaudernd ferne stehen,
So muss ich ewiglich verderben.
Doch, wenn um Gnad´ ich fleh´ zu Gott
Und würde dennoch einst verderben,
Das wär´, o seliger Gedank´! Ein Tod,
Den Sünder niemals sterben.“

Sprecht: „Wenn ich zur Hölle gehe, so will ich Christo trauen; wenn ich für immer verworfen werde, will ich Christo trauen: „und das kann nicht sein, denn: „Wer an ihn glaubet, der wird nicht gerichtet.“ Gott gebe euch wahren Glauben, um Jesu willen. Amen.

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